TE UVS Wien 1992/11/06 03/31/830/92

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Veröffentlicht am 06.11.1992
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Betreff

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der BW schuldig erkannt, er habe ein KFZ in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt.

Der UVS stellte als Sachverhalt fest, daß der BW zwischen 20.00 und 23.45 Uhr drei Gläser Sekt, kurz vor 24.00 Uhr ein viertes Glas Sekt konsumiert hat. Bei der Atemalkoholuntersuchung blies er insgesamt sieben Mal in das Gerät, wobei nur ein einziges Meßergebnis von 0,41 mg/l AAG bei einem Blasvolumen von 1,8 l und einer Blaszeit von 5 sec zustande kam. Eine ärztliche Untersuchung mit Blutprobe oder Festestellungen über die Pupillenreaktion des BW wurde nicht durchgeführt.

Der UVS gab der Berufung Folge und stellte das Verfahren gem §45 Abs1 Zif1 ein.

Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr Schnizer-Blaschka nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25.5.1992 über die Berufung des Herrn Harald H gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Donaustadt, vom 14.2.1992, Zl: Pst 2238/Dt/91, wegen Übertretung des §5 Abs1 StVO, am 6.11.1992 wie folgt entschieden:

Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß §45 Abs1 Zif1 VStG eingestellt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß §65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber schuldig erkannt, er habe am 18.4.1991, um 00.45 Uhr, in Wien, Kdamm das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen W-35 in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt.

Hiedurch habe er §5 Abs1 StVO verletzt, weswegen über ihn gemäß §99 Abs1 lita StVO eine Geldstrafe von S 8.000,--(Ersatzfreiheitsstrafe: 7 Tage) verhängt und ihm Barauslagen in Höhe von S 10,-- (Mundstück für Alkomattest) sowie S 800,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt wurde.

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich vorliegende Berufung.

2. Laut polizeilicher Anzeige vom 18.4.1991 sei der Berufungswerber um 00.45 Uhr (später auf "00.57 Uhr" verbessert) in Wien, K-damm auf Grund seiner unsicheren Fahrweise zu einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle angehalten worden. Hiebei seien näher angeführte Alkoholisierungssymptome festgestellt worden, weswegen der Berufungswerber zur Ablegung eines Alkomattestes aufgefordert worden sei.

Der Berufungswerber blies insgesamt sieben Mal in das Gerät, wobei nur ein gültiges Meßergebnis von 0,41 mg/l bei einem Blasvolumen von 1,8 l und einer Blaszeit von 5 sec zustande kam. Laut Protokoll zur Atemalkoholuntersuchung habe der Berufungswerber seinen eigenen Angaben zufolge zwischen 20.00 Uhr und 24.00 Uhr 1/4 l Sekt konsumiert (Blatt 2).

Eine ärztliche Untersuchung mit Blutprobe oder Feststellungen über die Pupillenreaktion des Berufungswerbers wurde nicht durchgeführt.

3. Diese vorhandenen Grundlagen reichen nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht aus, die dem Berufungswerber zur Last gelegte Verwaltungsübertretung mit der für einen Schuldspruch erforderlichen Sicherheit zu beweisen:

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der Berufungsbehörde am 25.5.1992 führte der Berufungswerber aus, er habe am Abend vor der Anhaltung zwischen 20.00 Uhr und 23.45 Uhr drei Gläser Sekt, kurz vor 24.00 Uhr ein viertes Glas Sekt getrunken; weiters machte er Angaben über die von ihm an diesem Tag konsumierten Speisen. Der als Zeuge einvernommene Sicherheitswachebeamte, RvI Peter S, der damals die Amtshandlung führte und die Anzeige erstattete, gab - in Übereinstimmung mit dem Berufungswerber an - daß das Alkomatgerät erst angefordert worden sei. Das erste Meßergebnis des Alkomaten (Blatt 2) weist als Uhrzeit 00.47 Uhr auf. Der Meldungsleger konnte im Ermittlungsverfahren der Berufungsbehörde nur Aussagen machen, die eine sichere Feststellung über das Vorliegen von Alkoholisierungssymptomen zugelassen hätten.

Nach den Verwendungsrichtlinien des BMI für Alkoholanalysegeräte - die zwar als bloße "Verwaltungsverordnung" nicht verbindlich ist, die aber Anhaltspunkte für eine fachlich fundierte Messung bietet - ist zum Beispiel mit dem Beginn der Untersuchung mindestens 15 Minuten nach dem letzten Alkoholkonsum zuzuwarten. Als Testergebnis ist von den beiden (gültigen) Einzelmessungen immer der niedrigere und somit der für den Untersuchten günstigere Wert anzunehmen. Liegen zwischen den beiden Meßergebnissen bestimmte näher bezeichnete Differenzen vor, so geben die Richtlinien entsprechende Vorgangsweisen (etwa die Verwendung eines anderen Alkomats oder eine ärztliche Untersuchung) vor.

Im vorliegenden Fall ist nicht mit Sicherheit festzustellen, ob der Beginn der Untersuchung tatsächlich 15 Minuten nach dem letzten Alkoholkonsum erfolgte, insbesondere geben die Angaben in der Anzeige sowie die im angefochtenen Straferkenntnis festgestellte Tatzeit diesbezüglich Grund zu Zweifeln. Weiters befindet sich der gültige Meßwert mit 0,41 mg/l im Grenzbereich jenes Wertes, auf Grund welches der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt gilt. Aufgrund mehrerer denkbarer - heute nicht mehr nachvollziehbarer - Umstände wäre ein Meßergebnis mit einem Wert unter 0,40 mg/l bei einer zweiten Messung durchaus möglich gewesen. Auch kann die Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens auf der Grundlage dieser Ergebnisse zu keiner gesicherten Festestellung über das Vorliegen einer Alkoholbeeinträchtigung führen, was der Amtssachverständige der Bundespolizeidirektion Wien, Dr. F, nach Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsstrafakt Pst 2238/91 bestätigte (s Aktenvermerk vom 2.10.1992).

4. Da die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat aus diesen Gründen nicht erwiesen werden kann, war das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren gemäß §45 Abs1 Z1 VStG einzustellen.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §65 VStG.

Schlagworte
Alkohol, Atemluftalkoholmessung, Atemluftanalysegerät, Alkomat, Meßergebnis, Verwertbarkeit
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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