TE Vwgh Erkenntnis 2001/9/25 98/14/0011

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Veröffentlicht am 25.09.2001
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §67 Abs7;
EStG 1988 §83 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Dr. Urtz, über die Beschwerde der P GmbH in K, vertreten durch Dr. Manfred Trentinaglia und Dr. Clemens Winkler, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Kirchgasse 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 20. November 1997, Zl. RV/010-06/15/97, betreffend u.a. Haftung für Lohnsteuer samt Säumniszuschlag für den Zeitraum 1. Jänner 1992 bis 31. Dezember 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bei der beschwerdeführenden GmbH, die offenkundig vor allem auf dem Gebiet der Gasversorgung tätig ist, wurde hinsichtlich der Jahre 1992 bis 1995 eine Lohnsteuerprüfung vorgenommen. Dabei vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die an vier in leitender Position tätige Dienstnehmer ausbezahlten Prämien für Verbesserungsvorschläge zu Unrecht gemäß § 67 Abs. 7 EStG 1988 begünstigt besteuert worden seien. Die prämierten Vorschläge hätten allgemeine Rationalisierungen, Maßnahmen zur Kostenreduktion, Umsatzsteigerung, der Logistik und Erweiterung des Kundenstockes im In- und Ausland, sowie sonstige Expansions- und Strukturmaßnahmen zum Gegenstand gehabt, somit grundsätzliche Bestrebungen jeder Geschäftsführung bzw. Firmenleitung.

In der dagegen erhobenen Berufung wurde zunächst erläuternd ausgeführt, dass den Prämienzahlungen eine innerbetriebliche Vereinbarung vom 3. Jänner 1989 zugrunde liege, wonach der erweiterten Geschäftsführung, bestehend aus vier namentlich angeführten Personen für Vorschläge, die zu Kostensenkungen bzw. Ertragssteigerungen führen, Beträge gemäß § 67 EStG beschränkt bis zur Höhe eines Jahressechstels ausbezahlt werden. Die beschwerdeführende Gesellschaft stehe im Alleineigentum einer französischen Gesellschaft, die sämtliche Entscheidungen in allen personellen, kaufmännischen, technischen und verkaufsstrategischen Belangen treffe. Die österreichische "Firmenleitung" habe lediglich die Funktion einer "offiziellen Vertretung des Unternehmens gegenüber dem eigenen Personal, Kunden, Lieferanten und Behörden bzw. wurde aus rechtlichen Gründen installiert". Von an die "Geschäftsführung bzw. Firmenleitung im engeren Sinne" bezahlte Prämien für Verbesserungsvorschläge könne daher nicht gesprochen werden. Die Verbesserungsvorschläge seien aufgrund ihrer Außerordentlichkeit immer gemeinsam von den angeführten vier (bzw. drei) Personen ausgearbeitet worden. Der Umfang der Vorschläge habe den Rahmen der Tätigkeit der einzelnen Personen weit überstiegen bzw. teilweise nicht betroffen. Die erarbeiteten Verbesserungen seien anschließend der Konzernleitung in Paris vorgelegt worden. Erst nach Genehmigung durch die entsprechenden französischen Stellen sei es möglich gewesen, die Vorschläge vor Ort umzusetzen. Die eingereichten Verbesserungsvorschläge hätten die Ergebnisse der Beschwerdeführerin außerordentlich verbessert und sich auch positiv auf andere Schwesterunternehmen ausgewirkt. Die Höhe der Prämien sei vom Eigentümervertreter erst nach Vorliegen des effektiven Zahlenmaterials entsprechend bewertet, festgestellt und ausbezahlt worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung zum einen mit der Begründung ab, dass es sich bei "leitenden Angestellten" nicht um eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern im Sinne des § 68 Abs. 5 Z. 7 EStG 1988 handle und darüber hinaus auch aus der Gruppe der leitenden Angestellten nur vier (Geschäftsführer, Verwaltungsleiter und zwei Verkaufsleiter) herausgegriffen worden seien. Zum anderen seien auch die materiellrechtlichen Voraussetzungen für die steuerbegünstigte Behandlung nach § 67 Abs. 7 EStG nicht erfüllt. Die Beschwerdeführerin habe im Laufe des Verwaltungsverfahrens die prämierten Vorschläge wie folgt dargestellt:

1. Reorganisation der Marketing Strategie Ostösterreich:

Dieser Vorschlag habe in der Umwandlung einer in G. bestehenden Freizeitniederlassung in einen offiziellen Standort, in der Installation des Servicebereiches an diesem Standort und der Einrichtung der entsprechenden Lagerräumlichkeiten bestanden. Dadurch seien Personal- und Lagerkosten eingespart, der Flüssiggasabsatz und die Zahl der abgeschlossenen Verträge und somit das Betriebsergebnis gesteigert worden.

2. Umstrukturierung der internen Geschäftsfelder:

Diese Umstrukturierung habe den Abschluss einer Vereinbarung zwischen der Beschwerdeführerin und der C-GmbH beinhaltet.

3. Verbesserung der Lagersituation in Österreich und Zentraleuropa:

Dabei sei die Einrichtung eines neuen Lagers in E. vorgeschlagen worden, welches den Vorteil gehabt habe, gleichzeitig mittels Schiffen, über die Straße und durch Geleise erreichbar zu sein.

4. Central Supply System Concept:

Dieser Vorschlag habe in der Versorgung mehrerer kleinerer Abnehmer in kleinen Städten oder Ansiedlungen von einer Zentrale aus bestanden, was für die Abnehmer geringere Preise und für die Vertreiber geringere Kosten bewirkt habe.

Die Beschwerdeführerin habe vorgebracht, dass alle vier Dienstnehmer für die Umsetzung der durch die Konzernleitung vorgegebenen Geschäftsziele zuständig gewesen seien. Die genannten Vorschläge seien demnach der normale und selbstverständliche Ausfluss der Bemühungen, den Geschäftsbereich auf Ostösterreich auszudehnen, die dortigen bzw. allgemeinen Umsätze der Beschwerdeführerin am Markt zu verbessern und Kosten einzusparen. Die Vorschläge repräsentierten das ureigenste Bestreben von Geschäftsleitungen, die Möglichkeiten des Marktes auszureizen und für das Unternehmen den bestmöglichen Geschäftserfolg zu erreichen. Aus der Stellenbeschreibung des Geschäftsführers gehe hervor, dass er dafür verantwortlich sei, alle Maßnahmen zu setzen, die den Transfer der durch die Muttergesellschaft vorgegebenen Ziele auf die Beschwerdeführerin ermöglichten. Der Verwaltungsleiter habe die Verwaltungsorganisation nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu führen, wozu unter anderem auch die Kostenplanung gehöre. Der "Verkaufsleiter Propan" habe die Koordination innerhalb des Verkaufsaußendienstes im Rahmen der von der Muttergesellschaft vorgegebenen Ziele zu gewährleisten, wozu auch die Entscheidung über Maßnahmen zur Umsatzerhaltung, die Information über die Marktsituation, die eigenverantwortliche Leitung von Großprojekten und die Verantwortlichkeit für eine betriebswirtschaftliche Geräte- und Lagerbevorratung gehöre. Einen annähernd gleichartigen Aufgabenbereich habe auch der "Verkaufsleiter Freizeit" zu erfüllen. Der Umstand, dass ihre Entscheidungen und Vorschläge durch die Muttergesellschaft genehmigt werden mussten, ändere nichts daran, dass die gegenständlichen Vorschläge in den Aufgabenbereich der prämierten Personen gefallen seien. Selbst wenn einzelne Vorschläge Bereiche betroffen haben sollten, die in den einzelnen Stellenbeschreibungen nicht ausdrücklich angeführt seien, fielen die Maßnahmen jedenfalls in den Bereich der Geschäftsführung und als solche zur normalen Tätigkeit. Bei den strittigen Vorschlägen handle es sich somit nicht um Sonderleistungen, welche über die Dienstpflichten der betroffenen Personen hinausgingen. Davon abgesehen seien alle Vorschläge in Teamarbeit (1992 von allen vier, in den Folgejahren nur mehr von drei der betroffenen Personen) erarbeitet worden. Die Beschwerdeführerin habe selbst eingeräumt, dass es die Komplexität der Maßnahmen nicht erlaube, die Anteile der einzelnen Arbeitnehmer an der Teamarbeit zu bewerten. Die den einzelnen Personen gewährten Prämien könnten daher nicht auf ihre Angemessenheit hin geprüft werden. Auch lasse sich aufgrund der Höhe der Beträge im Vergleich zu den Einsparungen bzw. Gewinnerhöhungen keinerlei konkrete und stichhaltige Belohnungsmethodik feststellen. Ob die den einzelnen Arbeitnehmern gewährten Prämien ihren Anteil an der Teamarbeit angemessen berücksichtigten, entziehe sich damit der behördlichen Überprüfbarkeit.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Nach § 67 Abs. 7 EStG 1988 sind aufgrund lohngestaltender Vorschriften im Sinne des § 68 Abs. 5 Z. 1 bis 7 gewährte Prämien für Verbesserungsvorschläge im Betrieb im Ausmaß eines Sechstels der bereits zugeflossenen, auf das Kalenderjahr umgerechneten laufenden Bezüge, begünstigt zu versteuern.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müssen Verbesserungsvorschläge im Sinne des § 67 Abs. 7 EStG 1988 Sonderleistungen sein, die über die Dienstpflichten des Vorschlagenden hinausgehen und - auch unter Berücksichtigung des jeweiligen Aufgabengebietes des Vorschlagenden - keine Selbstverständlichkeiten darstellten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. September 2000, 99/13/0165, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Die belangte Behörde hat die Feststellung getroffen, dass die gegenständlichen Vorschläge zur Verbesserung der Unternehmensstruktur (Umsatzsteigerung, Kostensenkung) Selbstverständlichkeiten einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung darstellten. Sie konnte sich dabei auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin stützen, wonach es sich bei den prämierten Arbeitnehmern um die oberste Führungsebene gehandelt habe, welche der Muttergesellschaft unmittelbar für die Umsetzung der Ziele der Konzernleitung verantwortlich gewesen seien. Die Beschwerde wendet dagegen ein, gerade diese Verantwortlichkeit gegenüber der Muttergesellschaft begründe im Beschwerdefall eine Beschränkung der Geschäftsführung auf operative Aufgaben, während die prämierten Vorschläge in die Unternehmensstuktur der Beschwerdeführerin eingegriffen hätten.

Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt. Weder der Umstand, dass die Vertreter der Eigentumsrechte Unternehmensziele (gegenständlich etwa die Osterweiterung) vorgegeben haben noch der Umstand, dass bestimmte wichtige Angelegenheiten der Geschäftsführung der Zustimmung durch die Muttergesellschaft bedurft haben, lässt eine Beschränkung der Geschäftsführung auf die Abwicklung der laufenden Geschäfte erkennen. Der von der Beschwerdeführerin gesehene Unterschied zwischen Gesellschafter-Geschäftsführer und Fremdgeschäftsführer dergestalt, dass nur ersterer zu strategischen Überlegungen verpflichtet sei, negiert die auch bei Gesellschafter-Geschäftsführern notwendige Trennung zwischen Geschäftsführungstätigkeit und Gesellschaftersphäre.

Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, die Tätigkeit leitender Angestellter sei stets darauf ausgerichtet, die üblichen Erfolgsparameter (Umsatz, Gewinn, Kosten) von Unternehmen zu verbessern. Träfe die behördliche Sichtweise zu, wäre dieser Personenkreis von der gegenständlichen Steuerbegünstigung von vornherein ausgeschlossen, was nicht dem Gesetzeszweck entsprechen könne.

Dieses Vorbringen lässt zunächst außer Acht, dass die Beschwerdeführerin selbst ausdrücklich innerhalb der Gruppe der leitenden Angestellten eine Unterscheidung getroffen hat, zwischen solchen, die mit "normalen Leitungsaufgaben" befasst seien und solchen, die der "erweiterten Geschäftsführung" angehören. Dass die gegenständliche Steuerbegünstigung aber in Bezug auf Geschäftsführer im Allgemeinen keinen Anwendungsbereich finden wird, erscheint dem Gerichtshof mit dem Gesetzeszweck durchaus in Einklang. Stellt die Begünstigung doch gerade ein Instrumentarium der Geschäftsführung dar, ihre Mitarbeiter zu einem Beitrag zur Verbesserung der genannten Parameter anzuregen.

Die Beschwerdeführerin rügt in diesem Zusammenhang auch, die belangte Behörde habe zu Unrecht nicht zwischen dem Geschäftsführer und den beiden (bzw. drei) weiteren Personen unterschieden, welche lediglich als "Angehörige der erweiterten Geschäftsführung" anzusehen seien. Dass nach den jeweiligen Stellenbeschreibungen der Verwaltungsleiter u.a. für die Kostenplanung und die beiden Verkaufsleiter u.a. für Maßnahmen zur Umsatzerhaltung zuständig seien, lasse den von der Behörde gezogenen Schluss, die prämierten Vorschläge fielen in ihren selbstverständlichen Aufgabenbereich nicht zu.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits angeführten Erkenntnis vom 26. September 2000 ausgeführt hat, kommt die steuerrechtliche Begünstigung des § 67 Abs. 7 EStG nur für Prämien in Betracht, die dem jeweiligen Arbeitnehmer aufgrund der von ihm persönlich gemachten Verbesserungsvorschläge gewährt werden.

Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren vorgebracht, die strittigen Verbesserungsvorschläge seien von den drei bzw. vier prämierten Arbeitnehmern gemeinsam erarbeitet worden; wer welchen Anteil an den einzelnen Vorschlägen habe, könne nicht gesagt werden. Erstatten mehrere Arbeitnehmer einen gemeinsamen Verbesserungsvorschlag, wird dies vor dem Hintergrund der angeführten Judikatur der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Steuerbegünstigung gemäß § 67 Abs. 7 EStG dann nicht hinderlich sein, wenn festgestellt werden kann, dass der jeweilige Beitrag des Vorschlagenden für den Begünstigten keine Selbstverständlichkeit darstellt. Die Beschwerdeführerin hat - trotz der sie treffenden erhöhten Mitwirkungspflicht bei der Inanspruchnahme abgabenrechtlicher Begünstigungen - weder im Verwaltungsverfahren noch in ihrer Beschwerde konkrete Ausführungen zum Beitrag der "erweiterten Geschäftsführung" gemacht. Wenn die belangte Behörde solcherart anhand der jeweiligen Stellenbeschreibungen die Feststellung getroffen hat, die Vorschläge fielen jedenfalls in Teilbereichen in den selbstverständlichen Aufgabenbereich der für die Kostenplanung bzw. die Verkaufsorganisation zuständigen Personen, kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden. Es entspricht nämlich der Lebenserfahrung, dass die Leiter von Abteilungen, die von einer Umstrukturierung betroffen sind, in die Planung, Begutachtung und Umsetzung der entsprechenden Projekte miteinbezogen werden.

Bei dieser Sach- und Rechtslage kann es auf sich beruhen, ob die belangte Behörde davon hätte ausgehen müssen, dass es sich bei den durch die innerbetriebliche Vereinbarung angesprochenen vier Personen um eine "bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern" im Sinne des § 68 Abs. 5 Z. 7 EStG gehandelt hat.

Die Beschwerde war demnach gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 25. September 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998140011.X00

Im RIS seit

23.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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