I.
Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, iVm §24 des Verwaltungsstrafgesetztes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, teilweise Folge gegeben.
Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wird insoweit abgeändert, als dieser wie folgt zu lauten hat:
"Die Firma V Kosmetika Handelsgesellschaft mbH (Standort **** B**********-Ost, H********** ***) hat am 25. Februar 1991 an die Firma B Parfumerien Gesellschaft mbH in I******** das kosmetische Mittel mit der Bezeichnung "S***-D***-MED 6 - Pflege Creme, 75 ml" geliefert. Auf der Verpackung befand sich die Angabe "klinisch getestet", obwohl es verboten ist, irreführende Hinweise auf physiologische oder pharmakologische Wirkungen anzubringen.
Herr Dr E S hat es daher als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma V Kosmetika Handelsgesellschaft mbH und somit als das gemäß §9 Abs1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ zu verantworten, daß die genannte Firma ein kosmetisches Mittel in Verkehr gebracht hat, das falsch bezeichnet war."
Übertretungsnorm:
§§26 Abs1 und 2 iVm 74 Abs1 LMG 1975.
Gemäß §74 Abs1 LMG 1975 wird über den Beschuldigten eine Geldstrafe in Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt.
Gemäß §64 Abs1 und 2 VStG hat Herr Dr E S den Betrag von S 200,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens I. Instanz zu bezahlen.
II.
Gemäß §59 Abs2 AVG ist der Gesamtbetrag von S 2.200,-- binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides zu bezahlen.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft xx über Herrn Dr E S eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Std) verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma V Kosmetika Handelsgesellschaft mbH dafür die Verantwortung trage, daß diese Gesellschaft ein kosmetisches Mittel mit der Angabe "klinisch getestet" in Verkehr gebracht habe, obwohl diese Angabe gegen das Verbot gesundheitsbezogener Angaben verstoße. Die Bezeichnung "klinisch getestet" stelle nämlich einen Hinweis auf eine ärztliche Empfehlung bzw ein Gutachten dar. Darüberhinaus wurde die Tragung der Verfahrenskosten in Höhe von S 200,-- und der Untersuchungskosten in Höhe von S 400,-- angeordnet.
Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung des Beschuldigten mit dem Vorbringen, daß die Rechtsmeinung der Behörde I. Instanz unrichtig wäre. Der erwähnte Hinweis wäre lediglich dahingehend zu verstehen, daß durch die Verwendung des kosmetischen Mittels die Gesundheit nicht gefährdet werde und daß keine Krankheiten ausgelöst oder gefördert werden. Daraus ergäbe sich, daß eine Irreführung des Konsumenten nicht möglich sei. Darüberhinaus wäre es zweifelhaft, ob die erwähnte Bezeichnung überhaupt unter den Tatbestand des §9 Abs1 litb LMG 1975 subsumiert werden könne. Die Angabe "klinisch getestet" bedeute lediglich, daß ein Test an einer Klinik durchgeführt worden ist. Rückschlüsse auf Wirkungen des kosmetischen Mittels sind daraus nicht unmittelbar ableitbar. Sie stelle auch keinen Hinweis auf eine ärztliche Empfehlung dar, weil dies schon begrifflich voraussetzen würde, daß die Angabe eine ausdrückliche Befürwortung des Produktes beinhaltet.
Ebenso sei dadurch kein Hinweis auf ein Gutachten gegeben, da dies zur Voraussetzung hätte, daß aus einem Tatsachenbefund durch Sachverständige entsprechende Schlüsse inklusive Begründung gezogen würden.
Darüberhinaus bestreitet der Beschuldigte seine Verpflichtung zur Tragung der Untersuchungskosten, da die Feststellung der seitens der Behörde behaupteten unzulässigen Angaben schon durch den bloßen Augenschein möglich war und daher eine gutächtliche Äußerung der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung nicht erforderlich gewesen wäre.
Aus den genannten Gründen wurde die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.
Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ wie folgt erwogen:
Nach §26 Abs1 litd LMG 1975 ist es verboten, kosmetische Mittel in Verkehr zu bringen, die falsch bezeichnet sind.
Nach §26 Abs2 legcit gelten §8 lita, b und f sinngemäß, §9 gilt mit der Maßgabe, daß nicht irreführende Hinweise auf physiologische oder pharmakologische Wirkungen sowie bildliche Darstellungen zur Erläuterung des Anwendungsbereiches zulässig sind. Werden solche Wirkungen behauptet, sind der Behörde auf Verlangen die wirksamen Komponenten bekanntzugeben.
§8 litf LMG 1975 bestimmt, daß Lebensmittel, Verzehrprodukte und Zusatzstoffe falsch bezeichnet sind, wenn sie mit zur Irreführung geeigneten Angaben über Umstände, die nach der Verkehrsauffassung, insbesondere nach der Verbrauchererwartung, wesentlich sind, wie über Art, Herkunft, Verwendbarkeit, Haltbarkeit, Zeitpunkt der Herstellung, Beschaffenheit, Gehalt an wertbestimmenden Bestandteilen, Mängeln, Maß, Zahl oder Gewicht oder in solcher Form oder Aufmachung oder mit verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben (§9) in Verkehr gebracht werden.
Nach §9 Abs1 LMG 1975 ist es verboten, beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln, Verzehrprodukten oder Zusatzstoffen
a)
sich auf die Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krankheitssymptomen oder auf physiologische oder pharmakologische, insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende Wirkungen zu beziehen oder den Eindruck einer derartigen Wirkung zu erwecken;
b)
auf Krankengeschichten, ärztliche Empfehlungen oder auf Gutachten hinzuweisen;
c)
gesundheitsbezogene, bildliche oder stilisierte Darstellungen von Organen des menschlichen Körpers, Abbildungen von Angehörigen der Heilberufe oder von Kuranstalten oder sonstige auf Heiltätigkeiten hinweisende Abbildungen zu verwenden.
Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ ist für die Beurteilung, ob eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne des §9 Abs1 LMG 1975 vorliegt, wegen des erklärten Zwecks der Bestimmung, die Verbraucher vor Täuschungen zu schützen (§9 Abs3 LMG 1975), die Verkehrsauffassung maßgebend, wobei der Gesamteindruck der Ankündigung, wie er sich bei flüchtiger Wahrnehmung für einen nicht ganz unerheblichen Teil der angesprochenen Kreise ergibt, entscheidend.
Unter diesem Gesichtspunkt bedeutet nach Ansicht der Berufungsbehörde die Aufschrift "klinisch getestet" nicht nur die Aussage, daß dieses Kosmetikum einer Prüfung unterzogen wurde, sondern darüberhinaus, daß diese Prüfung ein positives Ergebnis erbracht hat (bei negativem Erfolg würde wohl kaum für das Produkt geworben werden).
Diese Rechtsmeinung deckt sich auch mit der zu einem ähnlichen Fragenkomplex ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Aufschrift "klinisch auf Hautverträglichkeit und Entfernung des Haares mitsamt Wurzel geprüft" nicht nur die Aussage enthalte, daß dieses Kosmetikum einer klinischen Prüfung hinsichtlich Hautverträglichkeit und Haarwurzelentfernung unterzogen wurde, sondern daß das gegenständliche Kosmetikum hautverträglich sei, dh daß seine Anwendung keine negativen, der Gesundheit abträglichen Hautreaktionen hervorrufe und daß es das Haar mitsamt der Wurzel entferne. Diese Aussage gibt daher Auskunft über Teilaspekte der Auswirkungen des Kosmetikums auf den menschlichen Körper (Zl 91/10/0005).
Der Berufungswerber hat auf Verlangen der Berufungsbehörde das der Angabe "klinisch getestet" zugrunde liegende Gutachten vorgelegt, ebenso ein solches für das nunmehr in Neuzusammensetzung vertriebene Kosmetikum. Beide Produkte wurden auf Hautverträglichkeit getestet und konnte dabei kein Anhaltspunkt für eine Hautunverträglichkeit bzw für eine hautreizende Wirkung gefunden werden.
Die vorgelegten Untersuchungsbefunde geben somit lediglich darüber Auskunft, daß das untersuchte Kosmetikum hinsichtlich Hautverträglichkeit keine negativen Auswirkungen verursacht, über sonstige negative Auswirkungen konnten hingegen keine Aussagen getroffen werden, ebenso treffen diese Gutachten keinerlei Aussage über allfällige positive Auswirkungen auf den menschlichen Körper, insbesondere für die Haut.
Im gegenständlichen Fall liegt im Gegensatz zu dem der vorhin erwähnten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zugrunde liegenden Fall keinerlei Einschränkung der Angabe "klinisch getestet" vor. Es entsteht daher nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ bei flüchtiger Wahrnehmung für einen nicht ganz unerheblichen Teil des angesprochenen Personenkreises der Eindruck, daß das angebotene kosmetische Mittel nicht nur keine wie immer gearteten negativen Auswirkungen habe, sondern darüberhinaus auch mangels Einschränkung in der Ankündigung "klinisch getestet" einen umfassenden positiven Effekt hat (zB die ebenfalls in der Aufmachung erwähnte Herbeiführung eines frischen, natürlichen Aussehens bei regelmäßiger Anwendung oder das Entgegenwirken der Fältchenbildung).
Aus diesem Grunde ist dem Berfungsvorbringen nicht zu folgen, wonach die Angabe "klinisch getestet" lediglich ein Hinweis auf die gesundheitliche Unbedenklichkeit darstelle.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ gelangt daher zur Ansicht, daß die Verwendung der Aufschrift "klinisch getestet" im gegenständlichen Fall einen irreführenden Hinweis im Sinne des §26 Abs2 LMG 1975 darstellt.
Die Korrektur des Spruches des angefochtenen Bescheides war einerseits notwendig im Hinblick auf den Entfall unwesentlicher Bestandteile, andererseits erforderlich zur Einfügung wesentlicher Merkmale (zB Angabe aufgrund welcher Eigenschaft der Beschuldigte die Verantwortung für die Firma V Kosmetika Handelsgesellschaft mbH trägt).
Ebenso mußten die Rechtsgrundlagen (Übertretungs- und Strafnorm) einer Korrektur unterzogen werden, insbesondere wurde die Strafnorm unrichtigerweise mit §71 Abs1 LMG 1975 anstatt §74 Abs1 LMG 1975 angegeben.
Zur Behebung des angefochtenen Spruches im Hinblick auf die Vorschreibung der angefallenen Untersuchungskosten wird auf die diesbezüglichen zutreffenden Ausführungen des Berufungswerbers verwiesen. Die Beurteilung, ob die Angabe "klinisch getestet" zulässig ist oder nicht, stellt ausschließlich eine von der Behörde vorzunehmende rechtliche Beurteilung dar, weshalb die Durchführung einer Untersuchung nicht notwendig war. Im übrigen beschränkt sich das Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Innsbruck ebenfalls auf rechtliche Ausführungen.
Hinsichtlich der Strafhöhe hat die Berufungsbehörde wie folgt erwogen:
Gemäß §19 Abs1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbunden Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß Abs2 legcit sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Gemäß §5 Abs1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Zum Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, derern Schutz die Strafdrohung dient ist festzustellen, daß dieses nach Ansicht der Berufungsbehörde als durchschnittlich anzusehen ist. Es liegen keine Umstände vor, die dieses Ausmaß als besonders geringfügig oder erheblich einstufen lassen.
Mildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit gewertet, erschwerend war kein Umstand.
Hinsichtlich des Verschuldens wird ausgeführt, daß im Sinne des §5 Abs1 zweiter Satz VStG der Beschuldigte nicht glaubhaft machen konnte, aus welchen Gründen ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Es kann der bloße Hinweis darauf, daß die Auffassung der Zulässigkeit der Angabe "klinisch getestet" gewissenhaft recherchiert wurde, keine Exculpierung herbeiführen. Zum Verschuldensausmaß selbst ist auszuführen, daß es dem Beschuldigten durchaus zuzumuten gewesen wäre, sich im Zweifelsfall bei der zuständigen Behörde über die Rechtslage zu informieren, weshalb das Verschuldensausmaß nicht mehr als geringfügig eingestuft werden kann.
Der Beschuldigte verfügt nach eigenen Angaben über ein monatliches Einkommen von ca S 40.000,--, besitzt kein Vermögen und ist sorgepflichtig für seine Gattin und vier minderjährige Kinder.
Der Strafrahmen der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung beträgt bis S 50.000,--.
Unter den genannten Umständen kann daher die Berufungsbehörde nicht finden, daß die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in Höhe von S 2.000,-- (das sind lediglich 4 % der Höchststrafe) als unangemessen hoch einzustufen ist, weshalb das Strafausmaß ebenfalls zu bestätigen war.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß §51e Abs2 VStG unterbleiben, da die Berufungsausführungen lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung zum Gegenstand haben und eine Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt wurde.