Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat über die Berufung des Herrn
Dipl. Ing. K., geboren am 13.3.1927, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 25.11.1991, GZ.:
15.10-K 133-91, wie folgt entschieden:
Die Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG 1991) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991) abgewiesen. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 200,-- zu leisten.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 25.11.1991, GZ.: 15.10-K
133-91, wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, am 30.4.1991, um 16.10 Uhr, den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen W - JUNTA1, auf der Ennstalbundesstraße B 146 in Weißenbach/Liezen (Fahrtrichtung Stainach, auf Höhe Straßenkilometer 64.0) gelenkt zu haben und dabei auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet ist, ein mehrspuriges Kraftfahrzeug überholt zu haben. Dadurch hat der Berufungswerber eine Verwaltungsübertretung gemäß § 16 Abs 2 lit a StVO begangen und wurde über ihn gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe von S 1.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 1 Tag Ersatzarrest) verhängt. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde ein Betrag von S 100,-- vorgeschrieben.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in der der Berufungswerber im wesentlichen ausführt, daß er sich an den Bodenmarkierungen orientiert habe und das bestehende Überholverbot für ihn nicht erkenntlich gewesen sei. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt hiezu nachfolgendes fest:
Gemäß § 16 Abs 2 lit a StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges mehrspurige Kraftfahrzeuge auf Straßenstrecken, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet sind, nicht überholen.
Mit Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 27.3.1991 GZ.:11.0-E 13-85 wurden auf der B 146, Ennstalstraße, diverse Verkehrsverbote und -beschränkungen angeordnet. So wurde in Fahrtrichtung Liezen - Trautenfels, bei Strkm 67,329 das Verbotszeichen "Überholen verboten" (§ 52a Z 4a StVO) mit der Zusatztafel "ausgenommen Zugmaschinen" (§ 54 Abs 5i StVO) angebracht. Das Verbotszeichen "Überholen verboten" mit Zusatztafel " ausgenommen Zugmaschinen" wurde entlang der beschriebenen Strecke einigemale zur Wiederholung des Verbotes installiert, u. a. bei Strkm 65,256 und Strkm. 64,030. Somit steht fest, daß am Tatort des gegenständlich
Verfahrens, nämlich bei Straßenkilometer 64,000 auf der Ennstalbundesstraße
B 146 ein Überholverbot normiert war.
Der Berufungswerber selbst gab dazu an, daß es möglich gewesen sei, daß er die auf der Straße angebrachten Überholverbotstafeln übersehen oder nicht beachtet habe. Er argumentiert in seiner Berufung dahingehend, daß er sich an den Bodenmarkierungen orientiert habe. Die am Boden befindliche Sperrlinie sei zu Ende gewesen und in eine strichlierte Markierung übergegangen. Dabei übersieht der Berufungswerber, daß das Überfahren einer Sperrlinie einen eigenen Tatbestand gemäß § 9 Abs 1 StVO darstellt. Eine solche Verwaltungsübertetung wurde dem Berufungswerber jedoch nie angelastet. Demgegenüber sieht das dem Berufungswerber vorgeworfene Delikt des § 16 Abs 2 lit a vor, daß ein Lenker eines Fahrzeuges mehrspurige Fahrzeuge auf Straßenstrecken, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet sind, nicht überholen darf, ohne auf etwaig vorhandene Bodenmarkierungen Bezug zu nehmen. Somit geht die Argumentation des Berufungswerbers ins Leere. Eine Unkenntnis oder eine irrige Auslegung von Bestimmungen der StVO 1960 kann bei Kraftfahrzeuglenkern nicht als unverschuldet angesehen werden (Erkenntnis des VwGH vom 11.1.1973, 143/72, vom 10.10.1980 Slg 10262A, vom 9.9.1981, Zahl 81/03/0082). Da der Sachverhalt vom Berufungswerber an sich unbestritten blieb und er nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend machte, konnte die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung unterbleiben, zumal dies in der Berufung auch nicht ausdrücklich verlangt wurde. Nach der Schuldfrage war weiters zu prüfen, ob die über den Beschwerdeführer von der belangten Behörde verhängte Strafe angemessen war.
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Die Schutzfunktion des § 16 Abs 2 lit a besteht darin, einen gefahrlosen Gegenverkehr zu ermöglichen und alle Schäden zu verhindern, die beim Überholen und Wiedereinordnen entstehen können. Diese Schutzfunktion hat der Berufungswerber durch sein Verhalten eindeutig verletzt. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte, oder, daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen, noch aufgrund besonderer Tatumstände anzunehmen und kann daher das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden. Die irrige Rechtsansicht des Berufungswerbers, daß für Überholverbote in erster Linie die Bodenmarkierungen ausschlaggebend seien, ändern nichts daran..
Die aus dem Akt ersichtlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (monatliches Nettoeinkommen S 30.000,--, verheiratet, keine Sorgepflichten) sind nicht geeignet, eine Änderung der Entscheidung herbeizuführen, da die von der belangten Behörde verhängte Strafe auch diesbezüglich angepaßt erscheint.
Zu bemerken wäre noch, daß sich die verhängte Strafe im Hinblick auf die gesetzliche Strafobergrenze von S 10.000,-- ohnehin nur im unteren Strafbereich bewegt.
Gemäß § 64 Abs 2 VStG sind die Kosten für das Strafverfahren erster Instanz mit 10% der verhängten Strafe, für das Berufungsverfahren mit weiteren 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit je S 20,-- zu bemessen.
Unter Bedachtnahme auf den gesetzlichen Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden des Berufungswerbers war die verhängte Strafe als
angemessen anzusehen und konnte daher der Berufung keine Folge gegeben werden.