TE UVS Niederösterreich 1992/11/24 Senat-GD-91-027

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Veröffentlicht am 24.11.1992
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Ebenso: GD-91-020, GD-91-021, GD-91-022, GD-92-003, GD-92-004, GD-92-013, GD-92-014, GD-92-015, GD-92-017 und GD-92-023 Spruch

I.

Gemäß §66 Abs4 AVG, BGBl Nr 51/1991 wird das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Deliktes 1 behoben. Gemäß §45 Abs1 Z2 VStG, BGBl Nr 52/1991, wird bezüglich des Deliktes 1 die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

 

 

II.

Die Berufung wird gemäß §66 Abs4 AVG, BGBl Nr 51/1991, hinsichtlich des Deliktes 2 abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

 

Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens wird mit S 100,-- bestimmt.

 

Der Berufungswerber hat dem Land NÖ gemäß §64 VStG, BGBl Nr 52/1991, S 200,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen zwei Wochen zu zahlen.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 27.11.1991, Zl 3-     91, wurden über Herrn O      B     Geldstrafen verhängt, und zwar

1.

in Höhe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 42 Stunden) wegen Übertretung des §134 Abs1, §45 Abs4 KFG 1967 und 2. in Höhe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 42 Stunden)

wegen Übertretung des §99 Abs3 lita, §23 Abs3 StVO 1960.

 

Im Schuldspruch des Straferkenntnisses wurde es als erwiesen

angesehen, daß der Beschuldigte als Fahrzeuglenker am 2.10.1991 um

ca 10,20 Uhr

zu 1.: mit dem PKW Marke Mercedes 500 mit dem Probefahrtkennzeichen

       dieses in xx ,        Straße 1, bei der Fahrt, die keine

Probefahrt war, geführt hat und

zu 2.: in xx, vor der Hauseinfahrt        Straße 1, das

Kraftfahrzeug vor der Hauseinfahrt abgestellt hat, wobei er aber

nicht im Fahrzeug verblieben ist. Begründend wurde ausgeführt, der

Sachverhalt stütze sich auf das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens,

dem die Gendarmerieanzeige und die Zeugenaussagen von P     T

und dem Gendarmeriebeamten H    zugrundelägen. Die Strafbemessung

wurde in Ermangelung der Bekanntgabe allseitiger Verhältnisse von der Behörde durch Schätzung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse und in Berücksichtigung von Vormerkungen, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen, vorgenommen.

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschuldigte fristgerecht Berufung mit der Begründung, er sei mit dem Fahrzeug zum Zweck der Vorführung gefahren. Das Fahrzeug sei auch nicht vor der Hauseinfahrt abgestellt worden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat in den Akt 10

    der Bezirkshauptmannschaft xx Einsicht genommen und folgendes festgestellt:

Die Bewilligung zur Durchführung von Probefahrtkennzeichen wurde von

der Bezirkshauptmannschaft xx der Antragstellerin H     B    ,

 straße   ,      xx , Gewerbeinhaberin (Handelsgewerbe gemäß

§103 Abs1 litb Z25 GewO 1973 eingeschränkt auf den Einzelhandel) am

28.5.1991 mit dem dabei zugewiesenen Kennzeichen         erteilt.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft xx vom 17.9.1991, Zl  10-

      wurde die Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten vom

28. Mai 1991 aufgehoben und Frau H     B     verpflichtet, den

Probefahrtschein sowie die Probefahrtkennzeichen unverzüglich bei

der Bezirkshauptmannschaft xx abzuliefern. Die gegen diesen Bescheid

erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Amtes der NÖ

Landesregierung vom 2.3.1992, Zl. I/7           , als verspätet

zurückgewiesen. Dieser Bescheid wurde Frau H     B     am 14.3.1992

zugestellt. Aufgrund einer Vollstreckungsverfügung der

Bezirkshauptmannschaft xx vom 16.3.1992, Zl              ,

zugestellt am 16.3.1992, wurden die Kennzeichentafeln für Probefahrtkennzeichen und der dazugehörige Zulassungsschein (Probefahrtsschein) abgenommen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat am 5. November 1992

in Entsprechung des §51e VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung

durchgeführt. In dieser gab der Beschuldigte im wesentlichen an, er

stelle sich grundsätzlich nie vor diese Einfahrt, weil er wisse, daß

diese öfter am Tag benützt wird. Er sei auch an diesem Tag sicher

nicht vor der Einfahrt gestanden. Der Zeuge AbtInsp  H    gab an,

nicht persönlich wahrgenommen zu haben, daß der PKW des

Beschuldigten die Ausfahrt vor dem Haus        Straße 1 verstellt

habe. Er sei erst nach Anzeige des Zeugen T     , der dabei in

sachlicher Weise die Situation geschildert habe, wonach ein

Vorbeigehen mit Schachteln durch den abgestellten PKW unmöglich war,

zum Tatort gegangen. Dort habe er wahrgenommen, daß das Auto des

Herrn B     nicht vor der Einfahrt, sondern vorschriftsmäßig

abgestellt war. Er konnte auch nicht wahrnehmen, ob das Fahrzeug von

der Einfahrt weggebracht worden sei oder schon immer

vorschriftsmäßig abgestellt war. Dies insbesondere deshalb, da er

dem Zeugen T      vom Gendarmerieposten mit einiger zeitlicher

Verzögerung gefolgt sei, da er noch ein Telefonat zu Ende zu führen

hatte. Der Zeuge T      gab im wesentlichen an, die Anzeige

erstattet zu haben, weil das Auto des Beschuldigten so knapp vor der Einfahrt gestanden sei, daß er zwischen dem Tor und dem Fahrzeug nicht mehr durchgehen habe können. Er habe außerdem wahrgenommen, daß der Beschuldigte das Fahrzeug von der Einfahrt weggestellt habe und er habe ihn noch nach diesem Vorgang aussteigen gesehen. Überhaupt sei der Beschuldigte auf ihn nicht gut zu sprechen, da Mietrechtsstreitigkeiten zwischen ihnen ausgetragen wurden.

 

Während der Einvernahme des Zeugen T      verließ der Beschuldigte plötzlich aufgebracht das Verhandlungszimmer und ist bis zum Schluß der Verhandlung nicht mehr wieder erschienen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Gemäß §45 Abs1 KFG 1967 dürfen Probefahrten auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur mit Bewilligung der Behörde durchgeführt werden, in deren örtlichen Wirkungsbereich der Ort liegt, von dem aus der Antragsteller hauptsächlich über die Verwendung der Probefahrtkennzeichen verfügt. Die Bewilligung ist auf Antrag unter den im Abs3 dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen zu erteilen. Nach §45 Abs4 KFG 1967 ist bei der Erteilung der im Abs1 angeführten Bewilligung auch auszusprechen, welche Kennzeichen bei den Probefahrten zu führen sind. Diese Kennzeichen sind Probefahrtkennzeichen und dürfen nur bei Probefahrten geführt werden. Über die Erteilung der im Abs1 angeführten Bewilligung ist dem Antragsteller eine Bescheinigung, der Probefahrtschein, auszustellen. Gemäß §45 Abs6 treffen den Besitzer einer Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten verschiedene Aufzeichnungspflichten.

 

§45 KFG 1967 ist eine Rechtsnorm, deren Adressat einerseits die Behörde, andererseits der Besitzer einer Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten ist. Dies ergibt sich daraus, daß einerseits Regelungen betreffend die Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung enthalten sind (Adressat-Behörde) und andererseits auch für den Antragsteller (= Bewilligungsinhaber) die unterschiedlichsten Verpflichtungen (z B  Nachweispflicht, Bescheinigungspflicht) auferlegt sind. Die erteilte Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten und die damit verbundenen Rechte und Pflichten erstrecken sich somit ausschließlich auf den Besitzer dieser Bewilligung und nur dieser kann daher der Behörde gegenüber für deren Einhaltung zur Verantwortung gezogen werden. Die Position des Bewilligungsinhabers ist mit jener des Zulassungsbesitzers vergleichbar, wie auch der Probefahrtschein in seiner Funktion dem Zulassungsschein entspricht.

 

Zur Benützung bzw Überlassung der Probefahrtkennzeichen und zur Verfügung über das damit verbundene Recht ist ausschließlich der Inhaber der Bewilligung befugt. Die Führung der Probefahrtkennzeichen im Sinne des Gesetzes ist daher nur durch ihn möglich. Wenn also von dritten Personen mit dem dem Besitzer der Bewilligung zugewiesenen Probefahrtkennzeichen eine Fahrt durchgeführt wird, die nicht den Charakter einer Probefahrt aufweist, so ist der Bewilligungsinhaber in Ansehung der Unzulässigkeit der Überlassung des Probefahrtkennzeichens für eine solche Fahrt selbst zur Verantwortung zu ziehen.

 

Die mißbräuchliche Führung der Probefahrtkennzeichen, die eine Übertretung nach §45 Abs4 KFG 1967 darstellt, kann daher nur durch den Besitzer der Bewilligung begangen werden. Da der Fahrzeuglenker nicht Adressat der bezeichneten Rechtsnorm ist, kann dieser somit auch nicht die darin bezeichnete Straftat begehen.

 

Daraus ergibt sich, daß im gegenständlichen Fall der Berufungswerber, der nicht auch gleichzeitig Inhaber der Bewilligung war, die im §45 Abs4 KFG 1967 bezeichnete Übertretung nicht begangen hat und dafür nicht bestraft werden konnte.

 

Hinsichtlich des Deliktes 2 folgte die Berufungsbehörde den Aussagen des Zeugen T     , der glaubhaft angab, daß er an dem Fahrzeug des Beschuldigten nicht vorbeigehen konnte, als er mit dem Aus- und Einräumen von Schachteln aus seinem Fahrzeug beschäftigt war und der daraufhin den Beschuldigten, der sich in seinem Geschäft aufhielt, aufforderte, wegzufahren. Für die Berufungsbehörde ist dieses Verhalten nachvollziehbar; insbesondere deckt es sich mit den Angaben, die der Zeuge H    darüber gemacht hat, in welcher Form die Anzeigeerstattung durch den Zeugen T      erfolgt ist. Schon bei der Anzeigeerstattung am Gendarmerieposten hatte dieser vorgebracht, man könne nicht einmal in das Haus hineingehen, so knapp stehe das Fahrzeug des Beschuldigten vor der Einfahrt. Auch der Umstand, daß der Zeuge H    selbst nicht mehr gesehen hat, daß das Fahrzeug vor der Einfahrt abgestellt war, ändert daran nichts, zumal auch nachvollziehbar ist, daß der Zeuge H    infolge eines noch zu Ende zu führenden Telefonates erst mit zeitlicher Verzögerung dem Zeugen Täuber zum Tatort gefolgt ist. Letztlich läßt auch das - auch für die Berufungsbehörde nicht einzusehende - Verlassen der Verhandlung durch den Beschuldigten während der Einvernahme des Zeugen T den Schluß zu, daß dieser den Ausführungen dieses Zeugen nichts entgegenzusetzen hatte, das seiner Entlastung dienen hätte können und aus Verärgerung darüber die Verhandlung verlassen hat.

 

Da die Berufungsbehörde somit zu dem Ergebnis gelangte, daß der Beschuldigte mit dem Fahrzeug vor der Hauseinfahrt        Straße 1 gehalten hat, ohne im Fahrzeug zu verbleiben, hat dieser damit die Bestimmung des §23 Abs3 StVO 1960 übertreten und ist diesbezüglich gemäß §99 Abs3 lita StVO 1960 zu bestrafen.

 

Hinsichtlich der Bemessung der Strafe für diese Übertretung wurden von der Berufungsbehörde folgende Überlegungen zugrundegelegt:

 

Gemäß §19 Abs1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Weiters haben die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen Berücksichtigung zu finden.

 

Wenn der Beschuldigte sein Fahrzeug vor einer Hauseinfahrt gehalten hat ohne im Fahrzeug zu verbleiben, ist darin eine Schädigung der Interessen der anderen Straßenbenützer zu erblicken, da diesen nicht in ausreichenden Maße das ungehinderte Benützen der Hauseinfahrt ermöglicht wurde.

 

Darüberhinaus wurde der Berufungswerber bereits dreimal wegen Taten, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen, bestraft. Die Höchststrafe für das zur Last gelegte Delikt beträgt gemäß §99 Abs3 lita StVO 1960 S 10.000,--.

 

Auch unter besonderer Berücksichtigung der allseitigen Verhältnisse des Beschuldigten gelangt die Berufungsbehörde zu der Ansicht, daß es der Geldstrafe in der im Spruch bezeichneten Höhe bedarf, um den Beschuldigten in Hinkunft von der Begehung gleicher oder gleichartiger Übertretungen abzuhalten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Der Beschuldigte hat insgesamt zu bezahlen:

 

Verhängte Geldstrafe zu Delikt 2                  S 1.000,--

Beitrag zu den Kosten des Verfahrens I. Instanz   S   100,--

Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens     S   200,--

                                                  ----------

                             Insgesamt            S 1.300,--

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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