TE UVS Wien 1992/12/16 03/31/2806/92

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.12.1992
beobachten
merken
Betreff

Die BW war mit Straferkenntnis schuldig erkannt worden, sie habe das deutlich sichtbar gegebene Zeichen eines Straßenaufsichtsorganes zum Anhalten nicht beachtet, indem sie nicht sofort angehalten habe.

Die BW bestritt dies und führte aus, sie sei "vom Gas weggegangen und rechts herangerollt", wobei als konkreter Sachverhalt vom UVS in einer öffentlichen mündlichen Verhandlung festgestellt wurde, daß sie erst einige Meter nach dem Standort des Sicherheitswachbeamten angehalten hatte. Es kam kein Umstand hervor, der ein sofortiges Anhalten verhindert hätte. Als Grund nannte die BW, daß sie die Stelle für eine Anhaltung ungeeignet finde, wobei ihr im Vorhinein jedoch nicht klar gewesen sei, warum die Anhaltung überhaupt erfolgt sei.

Der UVS gab der Berufung keine Folge und bestätigte die erstinstanzliche Bestrafung.

Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr Schnizer-Blaschka nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 4.12.1992 über die Berufung der Frau Edith N, wohnhaft in B, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Liesing vom 24.9.1992, AZ Pst 4445-Li/91, wegen Übertretung des §97 Abs5 StVO, am 16.12.1992 wie folgt entschieden:

Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Die Berufungswerberin hat daher gemäß §64 Abs1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 100,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.

Text

Begründung:

I. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde die Berufungswerberin schuldig erkannt, sie habe am 19.9.1991 um 17.58 Uhr in Wien 23, um 17.58 Uhr in Wien 23, Zouvalgasse ca 20 Meter vor der Perfektastraße als Lenkerin des Kfz W-93, das deutlich sichtbar gegebene Zeichen eines Straßenaufsichtsorganes zum Anhalten nicht beachtet, indem sie nicht sofort angehalten habe. Hiedurch habe sie §97 Abs5 StVO verletzt, weswegen über sie eine Geldstrafe in Höhe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden) gemäß §99 Abs3 lita StVO verhängt und ihr ein entsprechender Verfahrenskostenbeitrag auferlegt wurde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Berufung, in der die Berufungswerberin vorbringt, sie habe bei ihren beiden Einvernahmen nie bestritten, das deutlich sichtbar gegebene Zeichen eines Straßenaufsichtsorganes nicht beachtet zu haben. Sie habe ordnungsgemäß am rechten Straßenrand angehalten. II. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat am 4.12.1992 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der die Berufungswerberin und die Zeugen Franz H, Eva Ho und Inspektor Christian Z einvernommen wurden.

 

Aufgrund der Aktenlage und der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung wird folgender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Der Meldungsleger Inspektor Christian Z gab am 19.9.1991 um 17.58 Uhr in Wien 23, auf der Fahrbahn der Zouvalgasse stehend ca 20 Meter vor der Perfektastraße der Berufungswerberin, die damals das im Spruch bezeichnete Fahrzeug lenkte, durch einen senkrecht nach oben gestreckten Arm ein deutlich sichtbares Zeichen zum Anhalten, um eine routinemäßige Lenker- und Fahrzeugkontrolle durchzuführen. Die Berufungswerberin fuhr langsam (30 bis 35 km/h). Als sie das Zeichen wahrnahm, blieb sie nicht vor dem SWB stehen, sondern stieg vom Gaspedal und ließ ihr Kraftfahrzeug am SWB vorbei und an den rechten Fahrbahnrand rollen, wo sie etwa 10 bis 15 Meter nach dem Standort des Sicherheitswachebeamten anhielt. Aus diesem Grund mußte der Sicherheitswachebeamte dem Fahrzeug nachgehen bzw -laufen. Konkrete Umstände, die ein sofortiges - sowohl für die Berufungswerberin als auch für den Sicherheitswachebeamten ungefährliches - Anhalten vor dem SWB unmöglich gemacht hätten, sind nicht hervorgekommen. Diese Feststellungen stützen sich hinsichtlich des Standortes des Sicherheitswachebeamten auf die eigene Angabe der Berufungswerberin in der Verhandlung (UVS- Akt, Bl 19), die mit der Anzeige (Pst-Akt, Bl 1 und 2) im Einklang steht, hinsichtlich des Ortes des tatsächlichen Anhaltens des Kraftfahrzeuges auf die glaubwürdigen Angaben der Zeugen H ("ca 10 Meter vor der Trafik", UVS-Akt, Bl 22) bzw der Zeugin Ho ("etwa 5 bis 6 Meter von der Kreuzung Perfektastraße entfernt", UVS-Akt, Bl 23), welche ebenso mit der Anzeige in Einklang zu bringen sind ("ca 15 Meter" nach dem Standort des Sicherheitswachebeamten). Daß der Sicherheitswachebeamte dem Kraftfahrzeug nachgehen bzw nachlaufen mußte, ergibt sich aus dessen glaubwürdiger Aussage (UVS-Akt, Bl 20 und Bl 21) und jener der Zeugin Ho ("Ich habe mich umgedreht und gesehen, daß er nachkommt, gelaufen ist er nicht. Es war nur ein kurzes Stück", UVS-Akt, Bl 23). Den nunmehrigen Angaben des Zeugen Insp. Z in der mündlichen Verhandlung, wonach die Berufungswerberin etwa 20 Meter weiter gefahren sei (Bl 20, Bl 21), wird nicht gefolgt, zumal diese insofern von seinen seinerzeit in der Anzeige gemachten Angaben abweichen und es naheliegt, daß die Erinnerung an den Vorfall zum Zeitpunkt der Anzeigeerstattung noch im Detail vorhanden war und diese Angaben daher präziser sind. Allerdings kann jenem Vorbringen der Berufungswerberin, sie sei nach 3 bis 4 Metern stehen geblieben (UVS-Akt Bl 19) bzw der Berechnung der Zeugin Ho ("2 bis 3 Meter", UVS-Akt, Bl 23) nicht gefolgt werden, zumal diese mit deren übrigen, eigenen schlüssigen und nachvollziehbaren Ortsangaben nicht übereinstimmen. Daß die Berufungswerberin nicht sofort anhielt, sondern bloß "vom Gas runtergestiegen und rechts rangerollt" ist, brachte sie selbst vor (UVS-Akt, Bl 24), wobei sie in der Verhandlung auch ausführte, "Ich halte die Stelle, an der ich angehalten wurde, nicht für geeignet, Verkehrskontrollen durchzuführen, weil dort der ganze Verkehr aufgehalten wird."

Wenn die Berufungswerberin erstmals in der mündlichen Verhandlung vorbringt, "Ich blieb deswegen nicht mitten auf der Straße stehen, weil vorher eine Kurve ist und die Gefahr bestand, daß mir diesfalls jemand drauffährt. Hinter mir war außerdem starker Verkehr." (UVS- Akt, Bl 19), so wird ihr diesbezüglich nicht gefolgt, zumal der Meldungsleger glaubwürdig angab, "Die Bw ist langsam durch die 90-Grad-Kurve gefahren, sodaß ich mich ohne Risiko in die Mitte der Fahrbahn stellen konnte und habe das Handzeichen für Halt (senkrechter Arm nach oben) gegeben.... Vor ihr war vor der Anhaltung kein Fahrzeug, hinter ihr war zu diesem

 

Zeitpunkt ebenfalls kein anderes Fahrzeug." (UVS-Akt, Bl 20). Die Richtigkeit einer derartigen Wahrnehmung ist einem Organ der Straßenaufsicht jedenfalls zuzubilligen, zumal der Sicherheitswachebeamte seine Aufmerksamkeit dem herannahenden Kraftfahrzeug und den Umständen der Anhaltung widmete und daher ein allfälliger Nachfolgeverkehr aufgrund seines Standortes und seiner Blickrichtung für den SWB besser einsehbar war, als für die Berufungswerberin, die ihre Aufmerksamkeit wohl nicht dem Geschehen hinter, sondern jenem vor ihrem Fahrzeug, nämlich dem deutenden Sicherheitswachebeamten, gewidmet haben dürfte. Auch wird dem erstmals am Schluß der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Ausführungen der Berufungswerberin, sie hätte im Falle einer sofortigen Bremsung die Sicherheit des Sicherheitswachebeamten gefährdet, nicht gefolgt, zumal diesbezüglich konkrete Anhaltspunkte nicht hervorgekommen sind und auch in dieser Hinsicht einem geschulten Organ der Straßenaufsicht zuzumuten ist, derartige Gefahren für sein eigenes Leben zureichend zu erkennen. Die von der Berufungswerberin beantragte Berechnung des Bremsweges zum Beweis dafür, daß sie auch im Falle einer Notbremsung den Sicherheitswachebeamten "überführt" hätte, ist deshalb nicht möglich, weil die hiefür nötigen Parameter (zB die genaue Fahrgeschwindigkeit, die Entfernung des Kraftfahrzeuges vom Sicherheitswachebeamten in dem Zeitpunkt, in dem die Berufungswerberin den Sicherheitswachebeamten wahrnahm, und ähnliches) nicht mehr feststellbar sind.

Hinsichtlich des beabsichtigten Zweckes der erfolgten Anhaltung folgt die Berufungsbehörde den insofern glaubwürdigen Angaben des Meldungslegers.

III. Rechtlich ergibt sich folgendes:

1. Gemäß §97 Abs5 1 und 2 Satz StVO sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, durch deutlich sichtbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle oder anderer den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffenden Amtshandlungen zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten.

Um die Handhabung solcher verkehrspolizeilicher Aufgaben zureichend zu gewährleisten, ist es erforderlich, daß den Anordnungen von Sicherheitswacheorganen unverzüglich nachgekommen wird (siehe die - insofern vergleichbaren - zu §97 Abs4 StVO ergangenen Erkenntnisse des VwGH vom 10.6.1964, 426/63, und vom 29.6.1970, Zl 1323/69).

Dies bedeutet, daß der Fahrzeuglenker bei Wahrnehmung eines solchen Zeichens sofort anzuhalten hat, zumal für ihn der Grund der Anhaltung von vornherein nicht erkennbar sein muß, was auch im Berufungsfall deutlich wurde: In ihrer Einvernahme vom 26.5.1992 führte die Berufungswerberin nämlich aus, den Sicherheitswachebeamten nach dem Grund der Anhaltung gefragt zu haben. Sie habe gedacht, der Sicherheitswachebeamte habe einen anderen Kraftfahrzeuglenker aus einem auf der linken Straßenseite gelegenen Parkplatz ausweisen wollen. Demgegenüber brachte der Meldungsleger vor, er habe die Berufungswerberin - wie unmittelbar vorher bereits mehrere andere Lenker - zu einer routinemäßigen Fahrzeug- und Lenkerkontrolle anhalten wollen. Genausogut hätte die Anhaltung aber der Abwehr einer unmittelbar drohenden Gefahr (Verkehrsunfall am dahinter liegenden Straßenstück, gefährliche Fahrbahnschäden, Bombendrohungen, oä) dienen können, was dem Anzuhaltenden aber erst nach der Anhaltung bekanntgegeben werden kann und in welcher Situation es sehr wohl schwerwiegende Folgen haben könnte, wenn ein Lenker - wenn auch nur ein relativ kurzes Stück - weiterfährt.

 

Aus diesem Grund steht es dem Fahrzeuglenker nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht zu, die Sinnhaftigkeit einer verkehrspolizeilichen Anordnung vor ihrer Befolgung in Frage zu stellen, vielmehr ist der Betreffende verpflichtet, derartige Anordnungen sofort zu befolgen. Empfindet er die Maßnahme rückblickend für vorschriftswidrig, so steht es ihm frei - allerdings erst nach ihrer Befolgung - den Beschwerdeweg an die dem Organ vorgesetzte Behörde zu beschreiten (siehe in diesem Sinn das oben zitierte Erkenntnis des VwGH vom 29.6.1970). Da die Berufungswerberin nach den getroffenen Feststellungen - entgegen dem oben dargestellten Gesetzeszweck - trotz des deutlich sichtbaren Zeichens zum Anhalten nicht sofort anhielt, sondern ohne zwingenden Grund ein Stück weiterfuhr, war ihr Verhalten tatbildmäßig.

Hiebei ist zu bemerken, daß es nicht Aufgabe der Berufungsbehörde ist, im gegenständlichen Verfahren die Sinnhaftigkeit einer derartigen Amtshandlung gerade an dem bezeichneten Ort, der sich nach übereinstimmenden Ansicht der Berufungswerberin und der Zeugen H und Ho als denkbar ungeeignet erweise, zu beurteilen. Da es sich beim Zuwiderhandeln gegen das Gebot des §97 Abs5 2 Satz StVO um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des §5 Abs1 2 Satz VStG handelt, hat die Berufungswerberin zu beweisen, daß ihr die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne ihr Verschulden unmöglich gewesen ist. Wie sich aus den getroffenen Feststellungen ergibt, sind derartige Umstände nicht glaubhaft gemacht worden, insbesondere wäre bei Einhaltung der Verwaltungsvorschrift eine konkrete Gefährdung der Berufungswerberin selbst oder der des Sicherheitswachebeamten nicht eingetreten. Daß es durch verkehrspolizeiliche Maßnahmen aber zu Behinderungen des übrigen Verkehrs kommen kann, liegt im Verantwortungsbereich des einschreitenden Sicherheitswachebeamten, die (ua) erklärte Absicht der Berufungswerberin, sie habe derartige Verkehrsbeeinträchtigungen vermeiden wollen, begründet daher jedenfalls kein mangelndes Verschulden.

Aus diesen Gründen war das angefochtene Straferkenntnis in der Schuldfrage zu bestätigen.

2. Zur Strafbemessung

Gemäß §19 Abs1 VStG ist die Grundlage der Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß Abs2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen, die Einkommens- Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Das der Bestrafung zugrundeliegende Verhalten schädigte in nicht unerheblichem Maße das vom Gesetz geschützte Interesse an der wirksamen Handhabung verkehrspolizeilicher Maßnahmen, weshalb der objektive Unrechtsgehalt der Tat nicht unbedeutend war. Angesichts der konkreten, in den Sachverhaltsfeststellungen angeführten Tatumstände ist davon auszugehen, daß die Berufungswerberin vorsätzlich gehandelt hat, weswegen das Verschulden nicht bloß geringfügig war.

 

Als mildernd wird die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Berufungswerberin gewertet, Erschwerungsgrund ist keiner hervorgekommen.

Hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse geht der Unabhängige Verwaltungssenat Wien von den eigenen Angaben der Berufungswerberin aus (Einkommen von monatlich S 17.500,-- netto, kein Vermögen, keine Sorgepflichten).

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis

S 10.000,-- reichenden Strafsatz befindet sich die von der Erstbehörde mit S 500,-- festgesetzte Geldstrafe ohnedies im untersten Bereich der möglichen Strafbemessung, weswegen eine Herabsetzung auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß nunmehr erstmals der Milderungsgrund der Unbescholtenheit berücksichtigt wurde, nicht in Betracht kommt. Überdies scheint die Geldstrafe in dieser Höhe erforderlich, die Berufungswerberin künftig von gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

3. Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des §64 Abs1 und 2 VStG.

Schlagworte
Aufforderung zum Anhalten; Zweck; Befolgung unverzügliche
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten