Der BW war ua mit Straferkenntnis wegen Verweigerung der Atemluftalkoholuntersuchung bestraft worden. Der UVS behob diesen Punkt, weil die Verweigerung nicht an dem im Spruch zitierten Tatort erfolgte und stellte das Verfahren nur iH auf den unrichtigen Tatort gemäß §45 Abs1 Z2 VStG ein. Die Behörde erließ in der Folge ein Straferkenntnis mit dem richtigen Tatort. In der dagegen erhobenen Berufung wandte der BW im wesentlichen ein, daß durch die bescheidmäßige Einstellung das Verwaltungsstrafverfahren in bezug auf alle Delikte mit absoluter Wirkung endgültig eingestellt worden sei, insbesondere mit "Sperrwirkung für ein weiteres Verfahren, wenn keine Wiederaufnahme stattfindet". Ansonsten würde eintreten, daß die Behörde innerhalb der Strafbarkeitsverjährung von drei Jahren unzählige Versuche solange vornehmen könnte, bis ein rechtlich einwandfreies Straferkennntis zustande käme und dies, obwohl es sich jeweils um dieselbe Tat handle. Der UVS hätte den erstmaligen Strafbescheid mit der Maßgabe einer richtigen Ortsbezeichnung zu bestätigen gehabt. Der UVS gab der Berufung keine Folge und bestätigte das zweite Straferkenntnis.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch seine Mitglieder Mag Wendt, Vorsitzender, Dr Gindl, Beisitzer und DDr Lacina, Berichter über die Berufung des Herrn W gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Liesing vom 27.7.1992, AZ Pst 151/LI/91, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach §5 Abs2 StVO 1960 (Punkt 3 des Straferkenntnisses), entschieden:
Aufgrund der gegen Punkt 3) rechtzeitig eingebrachten Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt hinsichtlich der Strafzumessung und der Kostenentscheidung vollinhaltlich und in der Schuldfrage mit der Abänderung bestätigt, daß die Tatumschreibung wie folgt zu lauten hat:
"Der Beschuldigte, Herr W, hat sich am 11.1.1991, um 21.08 Uhr in Wien 23, Wachzimmer Zeleznygasse Nr 1 geweigert, seine Atemluft von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organe der Straßenaufsicht auf Alkoholgehalt messen zu lassen, obwohl vermutet werden konnte, daß er in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zuvor ein Kfz gelenkt hatte."
Die Übertretungsnorm hat "§99 Abs1 litb iVm §5 Abs2 und §5 Abs2a litb StVO 1960" zu lauten.
Dem Berufungswerber wird gemäß §64 Abs1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu Punkt 3) in der Höhe von S 2.400,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, auferlegt.
Begründung:
Der Berufungswerber bestreitet an sich nicht die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung, führt jedoch lediglich in rechtlicher Hinsicht aus, daß er gegen das ursprüngliche Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien,
Bezirkspolizeikommissariat Liesing, Berufung erhoben hätte, worauf der Unabhängige Verwaltungssenat durch zwei getrennte Bescheide je vom 9.9.1991 seiner Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und die jeweiligen Verfahren gemäß §45 Abs1 Zif2 VStG eingestellt hätte.
Durch diese bescheidmäßige Einstellung sei das gegenständliche Verwaltungsverfahren in bezug auf alle drei angeführten Delikte mit absoluter Wirkung endgültig eingestellt worden, insbesondere mit "Sperrwirkung für ein weiteres Verfahren, wenn keine Wiederaufnahme stattfindet." Demnach sei eine Fortsetzung des Verfahrens - wie hier durch neuerliche Erlassung eines Straferkenntnisses - unzulässig. Da der neuerliche Strafbescheid keinesfalls erlassen hätte werden dürfen, könne er somit auch keine Rechtswirkung entfalten.
Da §66 Abs2 AVG im Verwaltungsstrafverfahren nicht gelte (§24 VStG), hätte der Unabhängige Verwaltungssenat also entweder das erstinstanzliche Straferkenntnis zu bestätigen oder abzuändern bzw ein neues Straferkenntnis zu erlassen oder eine Einstellung zu bestätigen oder aber nach Aufhebung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses durch Bescheid das Verfahren einzustellen gehabt. Die Vorgangsweise der Behörde würde nämlich bedeuten, daß die erstinstanzliche Strafbehörde innerhalb der Strafbarkeitsverjährung von drei Jahren unzählige Versuche solange vornehmen könnte, bis ein rechtlich einwandfreies Straferkenntnis zustande käme und dies, obwohl es sich jeweils um dieselbe Tat handle. Auch würde eine solche Vorgangsweise den in §51 Abs7 VStG normierten Säumnisschutz bis zur Bedeutungslosigkeit aushöhlen.
Der Unabhängige Verwaltungssenat hätte die Möglichkeit gehabt, den damaligen Strafbescheid mit der Maßgabe einer richtigen Ortsbezeichnung zu bestätigen. Da die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens jedoch endgültig erfolgte, könne dieses auch nicht mehr fortgesetzt werden. In der Sache selbst weist der Berufungswerber darauf hin, daß er die Untersuchung nicht verweigert hätte. Er sei von den Beamten, da ein entsprechendes Gerät nicht zur Verfügung stand, in deren Fahrzeug zum nächstgelegenen Wachzimmer in der Zeleznygasse gebracht worden. Dort hätte sich aber gleichfalls herausgestellt, daß weder ein Alkomat noch ein sogenanntes "Röhrchen" vorhanden sei. Die Beamten hätten ihm sodann angeboten, eine Blutabnahme durch den Amtsarzt vornehmen zu lassen, was er jedoch aus persönlichen und aus gesundheitlichen Gründen verweigert, jedoch darauf hingewiesen hätte, daß er nach wie vor bereit sei, sich einer Atemalkoholuntersuchung zu unterziehen. Nach Verstreichen einer längeren Zeitspanne hätte er sich sodann zu Fuß auf den Weg zu seinem Kraftfahrzeug gemacht, da er beabsichtigte, den Anhänger händisch auf das unweit vom Abstellplatz gelegene Firmenareal seines Dienstgebers zu bringen. Eine längere Wartezeit sei ihm nicht zuzumuten gewesen, weshalb auch nicht von der Verweigerung einer Atemalkoholuntersuchung die Rede sein könne. Darüber hinaus bekämpfe er auch das Ausmaß der über ihn verhängten Strafe, da er durch die Führerscheinabnahme für längere Zeit in große berufliche Schwierigkeiten geraten sei und dadurch auch größere Aufwendungen an Reisekosten für sich und seine Familie hätte, was sich auch auf sein Einkommen ausgewirkt hätte. Allein durch die Abnahme des Führerscheines und den dadurch entstandenen Schaden, erscheine der Strafzweck längst erfüllt und bedürfe es keiner weiteren Abschreckung durch eine hohe Geldstrafe zur Erreichung seines künftigen Wohlverhaltens.
Zu diesem Vorbringen wird lediglich in rechtlicher Hinsicht bemerkt:
Gemäß §44a Zif1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach dem Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 13.6.1984, Slg 11466 A ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß
1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird
und
2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.
Der Vorschrift des §44a Zif1 VStG ist aber nur dann entsprochen, wenn
a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu wiederlegen
und
b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.
Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem §44a Zif1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen läßt. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein. Da die zu Punkt 5) des Straferkenntnisses vom 13.6.1991 enthaltene Übertretung des §99 Abs1 litb iVm §5 Abs2 StVO 1960 hinsichtlich des tatsächlichen Tatortes nicht ausreichend und unverwechselbar feststand, war das Straferkenntnis in diesem Punkt auch seinerzeit spruchgemäß zu beheben und die Einstellung des Verfahrens im Hinblick auf die bezüglich des Tatortes falsch angelastete Tat zu verfügen.
Es handelt sich daher nicht, wie der Berufungswerber vermeint, um ein- und dieselbe Tat, sondern um zwei in Ansehung des Tatortes völlig verschiedene Tatvorwürfe. Die Strafbehörde erster Instanz war im Hinblick darauf, daß bezüglich des korrekten Tatvorwurfes keine Verfolgungsverjährung eingetreten war daher berechtigt, neuerlich ein Straferkenntnis zu erlassen.
Völlig richtig führt der Berufungswerber jedoch aus, daß mit Bescheid über eine bestimmte Verwaltungssache entschieden wird, wodurch diese zur "entschiedenen Sache" (res judicata) wird. Eine solche res judicata ist eben durch den angenommenen Sachverhalt im Lichte der angewandten Rechtsvorschrift bestimmt.
Verwaltungssache im ersten Rechtszug war jedoch die angebliche Verweigerung der Vornahme eines Alkotests am Tatort in Wien 23, Richard-Straß-Straße in Höhe Traviatagasse Richtung Lamezanstraße. Da dieser Tatort jedoch nicht korrekt war und sohin das Straferkenntnis mit Rechtswidrigkeit belastete, wurde im Hinblick
auf den unrichtigen Tatort der Berufung Folge gegeben und das Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich der nach dem Tatort falsch konkretisierten Tat verfügt.
Laut Anzeige vom 11.1.1991 konnten beim Berufungswerber deutliche Symptome einer Alkoholbeeinträchtigung, wie starker Geruch nach alkoholischen Getränken aus dem Munde, gerötete Augenbindehäute, lallende Aussprache, schwankender Gang, festgestellt werden. Er wurde um 21.08 Uhr zur Durchführung einer Atemalkoholuntersuchung aufgefordert, welcher er auch zustimmte. Im Wachzimmer Zeleznygasse verweigerte der Berufungswerber dann plötzlich die Atemalkoholuntersuchung, und erklärte nach Hause gehen zu wollen.
Zu seiner Rechtfertigung gab er sinngemäß an:
"Ich habe ca 10 Flaschen Bier getrunken, ich weiß, daß dies zuviel ist. Ich brauche eigentlich keinen Test zu machen. Übrigens dauert mir dieses Spektakel eh schon zu lange. Ich werde jetzt nach Hause gehen (Blatt 2)."
Laut Anzeige wurde der Berufungswerber über die Folgen der Verweigerung der Atemalkoholuntersuchung eingehend belehrt, weigerte sich jedoch, die Erklärung über die Verweigerung der Atemalkoholuntersuchung zu unterfertigen (Blatt 2 iVm Blatt 7). Anläßlich seiner zeugenschaftlichen Einvernahme gab Revierinspektor K. am 6.3.1991, zum maßgeblichen Sachverhalt folgendes an:
"Es ist richtig, daß am nächstgelegenen Wachzimmer, dem WZ Zeleznygasse, kein Alkomat vorhanden war, weil sich dieser zur Überprüfung befand. Wir haben dann telefoniert und wollten in das Wachzimmer Patrubangasse fahren, weil sich dort der nächstgelegene Alkomat befand. Der Beschuldigte hat dann aber abgelehnt, mit uns in die Patrubangasse zu fahren, sondern angegeben, daß er mit uns nicht durch halb Wien fährt, sondern jetzt nach Hause geht. Ich habe ihn über die Folgen dieses Entschlusses eingehend belehrt. Er ist aber trotzdem nach Hause gegangen (Blatt 13 und 13 verso)."
In rechtlicher Hinsicht wird weiters auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10.6.1964, 2008/63, ZVR 1965/103, hingewiesen, wonach die Weigerung, einem Sicherheitswachebeamten zwecks Vornahme einer Alkotestprobe zum Kommissariat zu folgen, eine Übertretung nach §5 Abs2 StVO darstellt.
§5 Abs2 StVO enthält nämlich auch die Verpflichtung, sich dem Alkotest zu unterziehen (VfGH 30.11.1967, B 358/67). Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9.4.1980, 1994/78, ZVR 1981/110, kann die zur Untersuchung der Atemluft aufgeforderte Person den Ort der Untersuchung nicht bestimmen. Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13.6.1984, 82/03/0265, ZVR 1985/73, ausgedrückt, daß bei der Verwaltungsübertretung nach §99 Abs1 litb iVm §5 Abs2 der Spruch des Bescheides, Zeit und Ort der Verweigerung des Alkotestes enthalten muß; dies kann nicht durch Angabe der Zeit und des Ortes des der Verweigerung vorangegangenen Lenkens allein ersetzt werden.
Im Hinblick auf die in dieser Hinsicht eindeutige Judikatur des Verwaltungs- und des Verfassungsgerichtshofes war es dem Berufungswerber sohin durchaus zuzumuten, mit dem Streifenwagen zu jenem Wachzimmer zu fahren, in welchem sich ein Alkomat befunden hätte, da das Gesetz eine diesbezügliche Mitwirkungspflicht eindeutig statuiert.
Indem der Berufungswerber jedoch das Wachzimmer verlassen hat, hat er dadurch die Vornahme der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt verweigert.
Aus den angeführten Gründen war daher die dem Berufungswerber zu Punkt 3) des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegte Verwaltungsübertretung als erwiesen anzusehen, weshalb der Berufung keine Folge zu geben und der erstinstanzliche Schuldspruch in modifizierter Form zu bestätigen war. Die Abänderung im Spruche diente der genaueren Tatumschreibung und Anpassung an den Straftatbestand bzw der richtigen Anführung der Tatzeit sowie der richtigen Zitierung der heranzuziehenden gesetzlichen Bestimmung.
Da es sich im vorliegenden Fall um einen kontinuierlichen Tatablauf gehandelt hat, konnte auch die Tatzeit aufgrund der Angaben in der Anzeige mit "um 21.08 Uhr" präzisiert werden, wodurch der Berufungswerber allerdings nicht der Gefahr einer neuerlichen Strafverfolgung wegen der gleichen Tat ausgesetzt und dadurch auch keine unzulässige Tatauswechslung erfolgte. Eine Herabsetzung der Strafe kam aus folgenden Gründen nicht in Betracht:
Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das Interesse an der raschen Aufklärung von Alkoholdelikten.
Deshalb war der Unrechtsgehalt der Tat auch erheblich. Das Verschulden des Berufungswerbers war gleichfalls als erheblich anzusehen, da der Berufungswerber offensichtlich absichtlich gehandelt hatte.
Bei der Strafbemessung wurden auch der Umstand, daß dem Berufungswerber der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht mehr zugute kommt (Blatt 26 verso) sowie die angegebenen unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse, die Vermögenslosigkeit und die Sorgepflicht für ein Kind (Blatt 12) berücksichtigt.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den von S 8.000,-- bis S 50.000,-- reichenden Strafrahmen ist die verhängte Geldstrafe durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal besondere Milderungsgründe im Verfahren nicht hervorgetreten sind.
Eine Herabsetzung der Geldstrafe kam daher nicht in Betracht. Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des §64 Abs1 und 2 VStG.
Auf die Möglichkeit der Einbringung eines mit S 120,-- Bundesstempelmarken zu versehenden Ratenansuchens bei der Behörde erster Instanz, wird hingewiesen.
Gemäß §51 e Abs2 VStG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden.