TE UVS Niederösterreich 1993/01/14 Senat-KO-91-069

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Veröffentlicht am 14.01.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

 

Der Berufungswerber hat gemäß §64 Abs1 und 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, S 4.000,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen zu zahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist sind der Strafbetrag und die Kosten des Verfahrens erster Instanz zu bezahlen (§59 Abs2 AVG).

Text

Das angefochtene Straferkenntnis enthält im wesentlichen folgenden Spruch:

 

"Sie haben als gemäß §9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der (handelsr Geschäftsführer) Fa H B GesmbH, in xx, straße   , etabliert, nicht dafür gesorgt, daß in der Filiale in yy,

         straße 1, die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes eingehalten werden, da festgestellt werden konnte, daß am Sonntag, den 24.2.1991, Frau C S, von 10,00 bis 16,00 Uhr beschäftigt wurde, obwohl werdende und stillende Mütter abgesehen von den durch die Abs2 und 3 zugelassenen Ausnahmen - an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen nicht beschädtigt werden dürfen.

 

 

Dadurch übertretene Verwaltungsvorschrift, verhängte Strafe und entstandene Verfahrenskosten:

 

Übertretung gemäß §7 Abs1 Mutterschutzgesetz

 

Geldstrafe gemäß

§37 Abs1 leg cit                                   S 20.000,--

Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden

 

Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß

§64 Abs2 des Verwaltungsstrafgesetzes              S  2.000,--

                                                   ------------

                            Gesamtbetrag           S 22.000,--"

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschuldigte Berufung und führte darin im wesentlichen aus, daß die Beschäftigung der Arbeitnehmerin trotz ihrer Schwangerschaft zulässig gewesen sei, weil diese Beschäftigung unter den Ausnahmetatbestand des §7 Abs2 Mutterschutzgesetz falle. Zum einen liege nämlich die Voraussetzung vor, daß für die Betriebsstätte die Sonn- und Feiertagsarbeit zugelassen sei, weil sie bei einem Friedhof liege. Zum anderen erfolge die Aufrechterhaltung des Sonntagsdienstes durch eine eigene Belegschaft, für die die wöchentliche Ruhezeit auf bestimmte Werktage falle.

 

Aufgrund der Berufung wurde am 3. Dezember 1992 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, im Zuge derer C P v d V als Zeuge vernommen wurde.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Nach §7 Abs1 Mutterschutzgesetz dürfen werdende und stillende Mütter - abgesehen von den durch die Abs2 und 3 zugelassenen Ausnahmen - an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen nicht beschäftigt werden.

 

Abs  2 bestimmt, daß das Verbot nach Abs  1 nicht gilt,

1.

für die Beschäftigung bei Musikaufführungen, Theatervorstellungen, öffentlichen Schaustellungen, Darbietungen, Lustbarkeiten, Filmaufnahmen, im Gastgewerbe und in Betrieben, in denen ununterbrochen mit Schichtwechsel gearbeitet wird, im Rahmen der sonst zulässigen Sonn- und Feiertagsarbeit;

2.

für die Beschäftigung in Betrieben, für die Sonn- und Feiertagsarbeit zugelassen ist, wenn die wöchentliche Ruhezeit für die gesamte Belegschaft auf einen bestimmten Werktag fällt;

3.

für die Beschäftigung in Betrieben, für die Sonn- und Feiertagsarbeit zugelassen ist, wenn im Betrieb insgesamt nicht mehr als fünf Dienstnehmer regelmäßig beschäftigt sind und außer der werdenden oder stillenden Mutter nur noch ein Dienstnehmer beschäftigt ist, der eine gleichartige Beschäftigung ausüben kann.

 

Nach der Verordnung des Bundesministers für Soziale Verwaltung vom 18. Jänner 1984, BGBl Nr 149, betreffend Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe, dürfen Arbeitnehmer während der Wochenend- und Feiertagsruhe in Betrieben der Bundesinnung der Gärtner- und Blumenbinder die Betreuung der Kunden im Detailverkauf bei Friedhöfen während der Öffnungszeiten durchführen (I.2.c (aa) des Ausnahmekataloges).

 

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, daß der gegenständliche Betrieb zum Tatzeitpunkt tatsächlich bei einem Friedhof - nämlich konkret beim O           Friedhof - gelegen war. Aus den vorgelegten Urkunden ergibt sich, daß mit Bescheid des Magistrates der Stadt yy vom 29.7.1986 die Ausübung des Blumenbindergewerbes im gegenständlichen Standort durch die Gesellschaft, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschuldigte ist, zur Kenntnis genommen wurde. Das Beweisverfahren hat ergeben, daß an diesem Standort keine Blumen gezüchtet, aber bearbeitet wurden. Topfpflanzen wurden gezüchtet und bearbeitet. Dabei handelt es sich aber um keine Tätigkeiten, die einem Gärtner und Blumenbinder zuzurechnen wären, da diese Voraussetzung nur dann vorliegt, wenn Blumen gezüchtet und bearbeitet wurden. Die Beurteilung dieser Frage ist in diesem Zusammenhang aber gar nicht von Bedeutung. Selbst wenn man nämlich davon ausgeht, daß es sich beim gegenständlichen Betrieb um einen solchen der Bundesinnung der Gärtner und Blumenbinder gehandelt hat - wofür immerhin die bescheidmäßige Zurkenntnisnahme dieses Gewerbes durch die Gewerbebehörde spricht - so ist damit noch nicht die Zulässigkeit der Beschäftigung werdender Mütter an Sonntagen gegeben. In Betrieben, für die die Sonn- und Feiertagsarbeit zugelassen ist, ist die Beschäftigung werdender Mütter nämlich nur dann zulässig, wenn die wöchentliche Ruhezeit für die gesamte Belegschaft auf einen bestimmten Werktag fällt (§7 Abs2 Z2 des Mutterschutzgesetzes). Diese Voraussetzung liegt aber im konkreten Fall nicht vor. Aus der Aussage des Zeugen P v d V ergibt sich unzweifelhaft, daß der Betrieb an allen sieben Tagen der Woche geöffnet hält, und lediglich die Belegschaft an verschiedenen Tagen arbeitet. Damit fällt zwar die wöchentliche Ruhezeit für alle Arbeitnehmer auf bestimmte Werktage, es fällt aber nicht die wöchentliche Ruhezeit für die gesamte Belegschaft auf einen bestimmten Werktag. Dies wäre aber Voraussetzung dafür, daß die Ausnahmebestimmung des §7 Abs2 Z2 Mutterschutzgesetz zur Anwendung kommen könnte.

 

In der Berufung wurde lediglich das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes nach §7 Abs2 Z2 Mutterschutzgesetz geltend gemacht. In der mündlichen Verhandlung am 3. Dezember 1992 wurde vom Beschuldigten in der Schlußerklärung vorgebracht, daß es sich bei der gewählten Arbeitseinteilung um eine Art Schichtbetrieb handle, und somit das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes des §7 Abs2 Z1 Mutterschutzgesetz geltend gemacht. Abgesehen davon, daß dieses Vorbringen erst nach dem Schluß des Beweisverfahrens erfolgt ist, kommt ihm auch inhaltlich keine Berechtigung zu. Von einer mehrschichtigen Arbeitsweise spricht man nämlich nur dann, wenn ein Arbeitsplatz an einem Arbeitstag von mehreren einander abwechselnden, vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern eingenommen wird, bzw wenn Arbeitsgruppen in bestimmten Betriebsabteilungen einander zeitlich nachfolgend ablösen. Diese Merkmale eines Schichtbetriebes liegen nicht schon dann vor, wenn ein Betrieb an sieben Tagen der Woche geöffnet hält, und die wöchentliche Ruhezeit für die Arbeitnehmer auf verschiedene Werktage fällt. Der Beschuldigte kann daher das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes des §7 Abs2 Z1 Mutterschutzgesetz nicht für sich geltend machen. Das Vorliegen eines Sachverhaltes, der die Anwendung des §7 Abs2 Z3 Mutterschutzgesetz zur Folge haben würde, wurde vom Beschuldigten nicht behauptet.

 

Zur Strafbemessung ist festzustellen:

 

Gemäß §19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens sowie die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

 

Die Gefährdung der durch das Gesetz geschützten Interessen war im konkreten Fall erheblich, da der Rechtsschutzzweck der übertretenen Norm, nämlich werdende Mütter nach Möglichkeit von der Durchführung von Sonntagsarbeit zu entlasten, durch die begangene Tat verletzt wurde. Milderungsgründe liegen nicht vor. Der Beschuldigte ist mehrfach rechtskräftig verwaltungsbehördlich vorbestraft. Neben zahlreichen anderen Vorstrafen finden sich drei rechtskräftige Bestrafungen nach dem Mutterschutzgesetz, eine davon nach §7 Abs1.

 

Für die gegenständliche Übertretung sieht der Strafrahmen nach §37 Abs1 Mutterschutzgesetz eine Geldstrafe bis S 15.000,--, im Wiederholungsfalle bis S 30.000,-- vor.

 

Das Vorliegen eines Wiederholungsfalles ist zu berücksichtigen, weshalb bei der Strafbemessung von einem Strafrahmen bis zu S 30.000,-- Geldstrafe auszugehen ist.

 

Zu berücksichtigen sind auch die aktenkundigen persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten (ca  S 20.000,-- monatliches Nettoeinkommen, kein Vermögen, Sorgepflichten für Gattin und drei minderjährige Kinder).

 

Unter Berücksichtigung der dargelegten Strafzumessungsgründe erscheint die verhängte Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- durchaus angemessen und nicht überhöht.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat ist insbesondere auch der Überzeugung, daß die Verhängung einer Geldstrafe in dieser Höhe erforderlich ist, um den Beschuldigten von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen dieser Art abzuhalten.

 

Gemäß §64 VStG beträgt der Beitrag für die Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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