TE UVS Niederösterreich 1993/01/28 Senat-TU-92-001

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Veröffentlicht am 28.01.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51, (AVG) Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Gemäß §45 Abs1 Z1 zweiter Fall Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52, (VStG) wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 9. Dezember 1991, 3-    -91, wurde über den Beschuldigten K W wegen Übertretung nach §366 Abs1 Z1 und §94 Z70 Gewerbeordnung 1973, BGBl Nr 50/1974, (GewO 1973) gemäß §366 Abs1 GewO 1973 eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 7 Tage) verhängt.

 

In diesem Strafbescheid wird ihm angelastet, er habe "am 3.9.1991 in xx, im K Stadion die von ihm entworfenen und hergestellten Sportplatzwerbeschilder aus Folie angebracht bzw durch seine Mitarbeiter anbringen lassen"; dadurch habe er ein "Anmeldungsgewerbe, Handwerk, (Schilderhersteller) im Standort xx, Bstraße   , ausgeübt, ohne im Besitz der hiefür erforderlichen Gewerbeberechtigung gewesen zu sein".

 

Begründet wird dieser Bescheid im wesentlichen damit, daß die Anbringung des gegenständlichen Werbeplakates mit Folie im Freien auf einem Sportplatz erfolgt sei, was durch die Berechtigung des Beschuldigten als "Werbegestalter" nicht mehr gedeckt sei. Ein Werbegestalter "entwerfe, plane und gestalte nämlich (nur) für Messen sowie für Ausstellungen, Schauräume und Schaufenster".

 

In seiner dagegen erhobenen Berufung weist der Beschuldigte darauf hin, daß das Verkleben von Sportstättenwerbung zum Tätigkeitsbereich des Werbegestalters gehöre. Diese Ansicht werde durch eine vom Landesgericht yy als Handelsgericht erlassene einstweilige Verfügung bestätigt, in der ausdrücklich eine Tätigkeit, soweit sie sich auf Beschriftungen und Darstellungen durch Aufbringen sogenannter Klebefolien erstreckt, nicht verboten werde. Im übrigen sehe er nicht ein, daß eine unsichere Rechtslage auf seinem Rücken ausgefochten werde. Schließlich werde seiner Information nach bei der Meisterprüfung der Schilderhersteller die Arbeit am Computer und mit Folie nicht geprüft, was auch beweise, daß diese Tätigkeiten nicht zum Berufsbild des Schilderherstellers, sondern zum Berufsbild des Werbegestalters gehören. Aus all diesen Gründen beantragt der Berufungswerber die Aufhebung des Straferkenntnisses.

 

Aufgrund dieser Berufungsausführungen steht zunächst fest, daß die im angefochtenen Straferkenntnis angelastete Tat, nämlich das Anbringen von Sportplatzwerbeschildern aus Folie, nicht bestritten wird, sondern vielmehr die Auffassung vertreten wird, diese Tätigkeit sei aufgrund der Gewerbeberechtigung "Werbegestalter" erlaubt.

 

Da somit lediglich die Frage zu beurteilen ist, ob mit der angelasteten Tat eine Verletzung gewerberechtlicher Bestimmungen verbunden ist, konnte gemäß §51e Abs2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Zur Lösung der aufgeworfenen Rechtsfrage war folgendes zu erwägen:

 

Der Berufungswerber ist seit 25. Juni 1987 im Besitz einer Gewerbeberechtigung für das Anmeldungsgewerbe "Werbegestaltung", nicht jedoch im Besitz einer Berechtigung für das Gewerbe "Schilderhersteller".

 

Aus der im Verwaltungsakt der Behörde erster Instanz einliegenden Kopie der einstweiligen Verfügung des Handelsgerichtes yy vom 12. November 1991,   Cg     91-5, geht außerdem hervor, daß der Berufungswerber auch im Besitz einer Berechtigung für das Handelsgewerbe gemäß §103 Abs1 litb Z25 GewO 1973 (ausgenommen Lebens- und Genußmittel) ist.

 

Nach einer Darstellung des Berufsbildes des Werbegestalters durch die Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation NÖ der Bundeswirtschaftskammer umfaßt der Aufgabenbereich des Werbegestalters

-

das Erarbeiten optimaler Gestaltungsformen,

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das Erarbeiten eines Entwurfes und die Erstellung des Gestaltungsplanes,

-

das Aufstellen von Kosten-, Termin- und Zeitplänen,

-

das Ausführen und Überwachen aller notwendigen Arbeiten, einschließlich der Nebenleistungen und

-

das Abrechnen der einzelnene Gestaltungsarbeiten und die Kontrolle der in Auftrag gegebenen Leistungen.

 

Dem entsprechend "entwirft, plant und gestaltet der Werbegestalter für Messen sowie Ausstellungen, Schauräume und Schaufenster; er stellt die dazu notwendigen Werbemittel her oder veranlaßt deren Ausführung". Der Arbeitsumfang des Werbegestalters reicht vom Entwurf bis zur unmittelbaren Gestaltung an Ort und Stelle, wobei er alle Vorbereitungs- und Nebenarbeiten im eigenen Atelier oder durch einschlägige Betriebe ausführt.

 

Dem gegenüber ist der Umfang der Gewerbeberechtigung gemäß §94 Z70 GewO 1973 (Handwerk der Schilderhersteller) im Sinne des §29 GewO 1973 vor allem im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundesministers für Handel-, Gewerbe- und Industrie vom 8. April 1981, BGBl Nr 211/1981, (Schilderhersteller - Meisterprüfungsordnung) zu sehen. So umfaßt der fachlich - praktische Teil der Meisterprüfung die Ausführung von Meisterarbeiten zum Nachweis folgender Fertigkeiten:

1.

Zeichnen und Malen von Schriften, Emblemen, Wappen- und Firmenzeichen,

2.

Herstellen von Siebdruckschildern,

3.

Glanz- und Mattvergolden (von Schildern, Buchstaben,    Emblemen und Firmenzeichen).

 

Im fachlich theoretischen Teil der Meisterprüfung werden neben den Gegenständen Fachrechnen und Fachzeichnen auch Kenntnisse in Werkstoffkunde, Stilkunde, Heraldik, sowie über Arbeitsvorbereitung und Arbeitsablauf, Werkzeuge und Maschinen und Montagetechniken verlangt.

 

Aus dieser Auflistung der Kenntnisse und Fertigkeiten, die bei der Meisterprüfung für das Handwerk der Schilderhersteller verlangt werden, ergibt sich eindeutig, daß das Entwerfen und Herstellen von Schildern aus Folie sowie das anschließende Aufbringen derartiger Folien nicht Gegenstand dieser Meisterprüfung sind.

 

Dies hat wohl seinen Grund auch darin, daß im Aufkleben von einzelnen Abzugsfolien keine einem Handwerk vergleichbare besondere Fertigkeit oder Montagetechnik gelegen ist. Das Aufkleben von Abzugsfolien stellt vielmehr einen Vorgang dar, der mit einfachen Handgriffen zu bewerkstelligen ist. Auch das kreative Entwerfen von Schriftzügen kann nicht als eine dem Schilderhersteller vorbehaltene Tätigkeit angesehen werden. Werden die einzelnen Folien doch ohne Anwendung handwerklicher Fertigkeiten unter Zuhilfenahme eines Computers auf dem Bildschirm gestaltet. Somit ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, daß diese relativ einfache und ohne besondere Fachkenntnisse durchzuführende Tätigkeit dem Handwerk der Schilderhersteller vorbehalten sein soll.

 

Zu der von der Bezirkshauptmannschaft xx geäußerten Rechtsansicht, wonach das Aufbringen von Werbeplakaten mit Folien dann dem Gewerbe der Schilderhersteller zuzurechnen ist, wenn es - wie im gegenständlichen Fall - im Freien auf einem Sportplatz erfolgt, ist folgendes anzumerken:

 

Der Darstellung des Berufsbildes des Werbegestalters durch die Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation NÖ der Bundeswirtschaftskammer ist - wie auch oben angeführt - ua zu entnehmen, daß "der Werbegestalter für Messen sowie Ausstellungen, Schauräume und Schaufenster" entwirft, plant und gestaltet. Aus dieser Aufzählung von Orten, an denen der Werbegestalter tätig wird, ist jedoch nicht abzuleiten, daß der Werbegestalter nur in geschlossenen Räumen seine Tätigkeit entfaltet bzw entfalten darf. Ergibt sich doch bereits aus den Begriffen "Messen" und "Ausstellungen" nicht zwingend, daß diese in Räumen oder auch nur unter Dach stattfinden. Letztlich kann aber auch ein von der Bundeswirtschaftskammer erstelltes Berufsbild für einzelne Gewerbe nur ein Hilfsmittel bei der Ergründung des Umfanges einer Gewerbeberechtigung darstellen; den in einer solchen Berufsbilddarstellung gewählten Formulierungen kommt daher keine entscheidende Bedeutung zu.

 

Schließlich kann der Unabhängige Verwaltungssenat im Hinblick auf die zitierten rechtlichen Grundlagen (§94 Z70, §29 GewO 1973, Schilderhersteller - Meisterprüfungsordnung) auch nicht finden, daß die dem Berufungswerber angelastete Tätigkeit (von ihm entworfene und hergestellte Sportplatzwerbeschilder aus Folie angebracht zu haben) eine Tätigkeit ist, die sowohl von den verwendeten Roh- und Hilfsstoffen sowie den eingesetzten Werkzeugen und Maschinen dem Handwerk der Schilderhersteller zuzurechnen ist. Auch aus einem Rückblick auf die historische Entwicklung des Berufsbildes der Schilderhersteller läßt sich für die Anschauung der Behörde erster Instanz nichts gewinnen, im Gegenteil, kann doch davon ausgegangen werden, daß das Anbringen von Folien zu Werbezwecken erst in jüngerer Zeit zu einem eigenen Wirtschaftszweig geworden ist; denn erst das Wirtschaftsleben der heutigen Zeit erfordert das Neugestalten von Werbeflächen in immer kürzer werdenden Abständen, was durch das Aufbringen von Folien einfach und schnell zu bewerkstelligen ist.

 

Aus all diesen Überlegungen blieb kein Raum für die Ansicht der Behörde erster Instanz, daß die inkriminierte Tätigkeit des Berufungswerbers dem Handwerk der Schilderhersteller zuzurechnen sei, und war daher der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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