TE UVS Niederösterreich 1993/02/03 Senat-GD-92-016

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Veröffentlicht am 03.02.1993
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Ebenso: Senat-GD-91-020, Senat-GD-91-021, Senat-GD-91-027, Senat-GD-92-003, Senat-GD-92-004, Senat-GD-92-013, Senat-GD-92-014, Senat-GD-92-015, Senat-GD-91-022, Senat-GD-92-017 und Senat-GD-92-023 Spruch

I

Die Berufung wird gemäß §66 Abs4 AVG, BGBl Nr 51/1991, hinsichtlich des Deliktes 1 abgewiesen und das erstinstanzliche Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II

Gemäß §66 Abs4 AVG, BGBl Nr 51/1991, wird das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Delikte 2 und 3 behoben.

 

Gemäß §45 Abs1 Z2 VStG, BGBl Nr 52/1991, wird bezüglich der Delikte 2 und 3 die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

 

Der gemäß §64 VStG vorgeschriebene Beitrag zu den Kosten des Verfahrens erster Instanz wird mit S 70,-- festgesetzt.

 

Der Berufungswerber hat dem Land Niederösterreich gemäß §64 VStG, BGBl Nr 52/1991, S 140,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen zwei Wochen zu zahlen.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 17.12.1991, Zl

-91, wurden über Herrn O B Geldstrafen verhängt, und zwar

1.

in Höhe von S 700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden) wegen Übertretung der §§ 134 Abs1, 102 Abs5 KFG 1967,

2.

in Höhe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 42 Stunden) wegen Übertretung der §§ 134 Abs1, 45 Abs4 KFG 1967 und

3.

in Höhe von S 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 40 Stunden) wegen Übertretung der §§ 99 Abs3 lita,

24 Abs1 lita StVO 1960.

 

Im Schuldspruch dieses Straferkenntnisses wurde es als erwiesen angesehen, daß der Beschuldigte am 18.10.1991 im Ortsgebiet von xx auf dem Stadtplatz

zu 1) um 08,35 Uhr nächst dem Rathaus den Führerschein einem Organ der Straßenaufsicht auf sein Verlangen zur Überprüfung nicht ausgehändigt hat,

zu 2) von ca 08,30 Uhr bis 08,42 Uhr nächst dem Rathaus und

      weiter auf der Bstraße in Richtung Bahnhof das Probefahrtkennzeichen bei der Fahrt, die keine Probefahrt war, geführt hat und

zu 3) um 08,35 Uhr nächst dem Rathaus das Fahrzeug im Bereich

      des Vorschriftzeichens "Halten und Parken verboten" gehalten hat.

 

Begründend wurde ausgeführt, der im Spruch angeführte Sachverhalt stütze sich auf das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens, dem die Gendarmerieanzeige und die Zeugenaussagen von drei Gendarmeriebeamten zugrunde lägen. Bei der Strafbemessung seien die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sowie einschlägige Verwaltungsstrafvormerkungen berücksichtigt worden.

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschuldigte fristgerecht Berufung mit der Begründung, er hätte aus Angst vor weiteren Problemen mit den Beamten das Weite gesucht. Er berief gegen das Straferkenntnis der Höhe nach, der Sache und dem Grunde nach sowie gegen die Angaben der Zeit.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat in den Akt 10-

    der Bezirkshauptmannschaft xx Einsicht genommen und folgendes festgestellt:

 

Die Bewilligung zur Durchführung von Probefahrtkennzeichen wurde von

der Bezirkshauptmannschaft xx der Antragstellerin H B, Bstraße   ,

   xx, Gewerbeinhaberin (Handelsgewerbe gemäß §103 Abs1 litb Z25

GewO 1973 eingeschränkt auf den Einzelhandel) am 28.5.1991 mit dem

dabei zugewiesenen Kennzeichen         erteilt. Mit Bescheid der

Bezirkshauptmannschaft xx vom 17.9.1991, Zl            KA wurde die

Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten vom 28. Mai 1991

aufgehoben und Frau H B verpflichtet, den Probefahrtschein sowie die

Probefahrtkennzeichen unverzüglich bei der Bezirkshauptmannschaft xx

abzuliefern. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit

Bescheid des Amtes der NÖ Landesregierung vom 2.3.1992, Zl

 94-1, als verspätet zurückgewiesen. Dieser Bescheid wurde Frau H B

am 14.3.1992 zugestellt. Aufgrund einer Vollstreckungsverfügung der

Bezirkshauptmannschaft xx vom 16.3.1992, Zl            KA,

zugestellt am 16.3.1992, wurden die Kennzeichentafeln für

Probefahrtkennzeichen und der dazugehörige Zulassungsschein

(Probefahrtschein) abgenommen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Die im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 17.12.1991 dem Beschuldigten in Punkt 1. angelastete Übertretung hat dieser bereits im erstinstanzlichen Verfahren zugegeben und wurde die Tat auch in der Berufung nicht bestritten. Der Beschuldigte behauptet lediglich aus Angst vor weiteren Problemen mit den Beamten P und H das Weite gesucht zu haben. Diese Behauptung ist jedoch für die Berufungsbehörde nicht nachvollziehbar, zumal darüber hinausgehende Anhaltspunkte, die auf eine Rechtswidrigkeit der Amtshandlung hinweisen würden, im Verfahren nicht hervorgekommen sind. Der Unabhängige Verwaltungssenat kann daher das Vorliegen einer Notstandssituation nicht befinden.

 

Der Beschuldigte hat sich daher der ihm in Punkt 1. zur Last gelegten Verwaltungsübertretung schuldig gemacht. Ein Schuldausschließungsgrund lag nicht vor, weshalb das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt zu bestätigen war.

Zur Höhe der hinsichtlich dieser Übertretung verhängten Strafe wird folgendes ausgeführt:

 

Gemäß §19 Abs1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Weiters haben die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen Berücksichtigung zu finden.

 

Zweck der im §102 Abs5 KFG 1967 normierten Aushändigungspflicht ist es, zu gewährleisten, daß die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes möglichst rasch über die Person des einer Verwaltungsübertretung Verdächtigen genaue Kenntnis erlangen. Wenn auch im konkreten Fall die Tat insofern keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen hat, als der Beschuldigte den die Kontrolle durchführenden Gendarmeriebeamten offenkundig bekannt war, so ist das Verhalten des Beschuldigten dennoch geeignet, grundsätzlich die Interessen der Allgemeinheit an der öffentlichen Sicherheit zu beeinträchtigen.

 

Darüberhinaus wurde der Berufungswerber bereits viermal wegen Taten, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen, bestraft, und stellt dieser Umstand einen Erschwerungsgrund im Sinne des §33 Z2 StGB dar.

 

Unter besonderer Berücksichtigung der allseitigen Verhältnisse des Beschuldigten, die der Berufungsbehörde auch aus anderen gegen den Beschuldigten anhängigen Verfahren bekannt sind, gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zu der Ansicht, daß es der Geldstrafe in der im Spruch bezeichneten Höhe bedarf, um den Beschuldigten in Hinkunft von der Begehung gleicher oder gleichartiger Übertretungen abzuhalten.

 

Hinsichtlich der zu Punkt 2. angelasteten Übertretung wird ausgeführt:

 

Gemäß §45 Abs1 KFG 1967 dürfen Probefahrten auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur mit Bewilligung der Behörde durchgeführt werden, in deren örtlichen Wirkungsbereich der Ort liegt, von dem aus der Antragsteller hauptsächlich über die Verwendung der Probefahrtkennzeichen verfügt. Die Bewilligung ist auf Antrag unter den im Abs3 dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen zu erteilen. Nach §45 Abs4 KFG 1967 ist bei der Erteilung der im Abs1 angeführten Bewilligung auch auszusprechen, welche Kennzeichen bei den Probefahrten zu führen sind. Diese Kennzeichen sind Probefahrtkennzeichen und dürfen nur bei Probefahrten geführt werden. Über die Erteilung der im Abs1 angeführten Bewilligung ist dem Antragsteller eine Bescheinigung, der Probefahrtschein, auszustellen. Gemäß §45 Abs6 treffen den Besitzer einer Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten verschiedene Aufzeichnungspflichten.

 

§45 KFG 1967 ist eine Rechtsnorm, deren Adressat einerseits die Behörde, andererseits der Besitzer einer Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten ist. Dies ergibt sich daraus, daß einerseits Regelungen betreffend die Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung enthalten sind (Adressat-Behörde) und andererseits auch für den Antragsteller (= Bewilligungsinhaber) die unterschiedlichsten Verpflichtungen (zB Nachweispflicht, Bescheinigungspflicht) auferlegt sind. Die erteilte Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten und die damit verbundenen Rechte und Pflichten erstrecken sich somit ausschließlich auf den Besitzer dieser Bewilligung und nur dieser kann daher der Behörde gegenüber für deren Einhaltung zur Verantwortung gezogen werden. Die Position des Bewilligungsinhabers ist mit jener des Zulassungsbesitzers vergleichbar, wie auch der Probefahrtschein in seiner Funktion dem Zulassungsschein entspricht.

 

Zur Benützung bzw Überlassung der Probefahrtkennzeichen und zur Verfügung über das damit verbundene Recht ist ausschließlich der Inhaber der Bewilligung befugt. Die Führung der Probefahrtkennzeichen im Sinne des Gesetzes ist daher nur durch ihn möglich. Wenn also von dritten Personen mit dem dem Besitzer der Bewilligung zugewiesenen Probefahrtkennzeichen eine Fahrt durchgeführt wird, die nicht den Charakter einer Probefahrt aufweist, so ist der Bewilligungsinhaber in Ansehung der Unzulässigkeit der Überlassung des Probefahrtkennzeichens für eine solche Fahrt selbst zur Verantwortung zu ziehen.

 

Die mißbräuchliche Führung der Probefahrtkennzeichen, die eine Übertretung nach §45 Abs4 KFG 1967 darstellt, kann daher nur durch den Besitzer der Bewilligung begangen werden. Da der Fahrzeuglenker nicht Adressat der bezeichneten Rechtsnorm ist, kann dieser somit auch nicht die darin bezeichnete Straftat begehen.

 

Daraus ergibt sich, daß im gegenständlichen Fall der Berufungswerber, der nicht auch gleichzeitig Inhaber der Bewilligung war, die im §45 Abs4 KFG 1967 bezeichnete Übertretung nicht begangen hat und dafür nicht bestraft werden konnte.

 

Hinsichtlich der dem Beschuldigten angelasteten Übertretung des §24 Abs1 lita StVO 1960 wird festgestellt, daß eine Verordnung betreffend ein Halte- und Parkverbot gemäß §94d StVO 1960 von der zuständigen Behörde, dem Bürgermeister der Stadtgemeinde xx, nicht erlassen worden ist. Eine Verordnung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde xx vom 31.7.1991 zu Zl           /1991, mit der eine Verkehrsbeschränkung in Form eines allgemeinen Fahrverbotes erlassen wurde, kann als Grundlage für die Kundmachung des im Spruch bezeichneten Halte- und Parkverbotes nicht herangezogen werden. Mangels Vorliegens einer diesbezüglichen Verordnung war daher die Bestrafung des Beschuldigten wegen des Haltens seines Fahrzeuges im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" rechtswidrig. Daß der Beschuldigte sein Fahrzeug auf einer Straßenstelle gehalten hat, die nur durch Verletzen eines gesetzlichen Verbotes erreicht werden kann (§24 Abs1 litn StVO 1960), wurde ihm im gesamten Verfahren nicht vorgeworfen. Es war somit das Straferkenntnis in diesem Punkt zu beheben und diesbezüglich das Verfahren einzustellen.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß §51e Abs1 und 2 VStG abgesehen werden.

 

Der Beschuldigte hat insgesamt folgende Beträge zu entrichten:

 

Verhängte Geldstrafe zu Punkt 1.                      S 700,--

Beitrag zu den Kosten des Verfahrens erster Instanz   S  70,--

Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens         S 140,--

                                                    ----------

                                       Insgesamt      S 910,--.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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