TE UVS Niederösterreich 1993/02/04 Senat-SB-91-041

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Veröffentlicht am 04.02.1993
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Ebenso: Senat-AM-91-058 Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 -  AVG, BGBl Nr 51, teilweise Folge gegeben.

Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wird insoweit abgeändert, als

 

a) der Einleitungssatz zu lauten hat: "Sie haben als handelsrechtliche Geschäftsführerin der W-K GesmbH mit Firmensitz in **** P, S*********gasse 18, die ihrerseits Zulassungsbesitzer des LKW ******* ist, folgende Verwaltungsübertretung begangen:"

 

b) die verhängte Strafe auf S 3.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 Stunden herabgesetzt werden und

 

c) der Satz: "Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§54d Abs1 des Verwaltungsstrafgesetzes)" ersatzlos gestrichen wird.

 

Im übrigen Inhalt wird der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses bestätigt.

 

Die Berufungswerberin hat innerhalb von 14 Tagen den Strafbetrag und die Kosten des Verfahrens erster Instanz zu bezahlen (§59 Abs2 AVG).

Text

Mit Straferkenntnis vom 6.11.1991 wurde über die Berufungswerberin wegen Übertretung des §103 Abs1 Z1 KFG 1967, §101 lita KFG 1967 eine Geldstrafe gemäß §134 Abs1 KFG 1967 von S 4.100,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt.

 

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lautet im wesentlichen:

 

"Sie haben als handelsrechtliche Geschäftsführerin der W K GesmbH, somit als verantwortlicher Zulassungsbesitzer folgende

Verwaltungsübertretung begangen:

Zeit: 19.09.1991 gegen 16,00 Uhr

Ort: S********, S ** unmittelbar nach der Abfahrt P

Fahrzeug: LKW *******

 

Tatbeschreibung:

 

Sie haben als verantwortlicher Zulassungsbesitzer der W K GesmbH nicht dafür gesorgt, daß das Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes den Vorschriften entspricht.

Der LKW ******* war um 10.180 kg überladen."

 

Gegen diesen Bescheid erhob die Berufungswerberin am 11. November 1991 Berufung, in der sie im wesentlichen anführte:

 

Der Fahrer, der zum Tatzeitpunkt den betroffenen LKW lenkte, sei kurz nach Eintritt in die Firma auf die Bestimmungen bezüglich Geschwindigkeit, Gewichtsüberschreitung und mutwillige Sachbeschädigung schriftlich aufmerksam gemacht worden. Zum Nachweis wurde ein Schriftstück beigelegt. Aufgrund der großen örtlichen Entfernungen der Baustellen vom Firmenstandort sei eine regelmäßige Überprüfung der Ladung bzw häufigere Dienstanweisungen nicht möglich. Da die Berufungswerberin aufgrund der angeführten Gründe die Übertretung nicht habe verhindern können, werde um Aufhebung des Straferkenntnisses ersucht.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

§103 Abs1 KFG 1967 stellt ein Ungehorsamsdelikt nach §5 VStG dar. Das strafbare Verhalten wird dadurch bewirkt, daß der Täter es unterläßt, dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug den Vorschriften entspricht. Als Tatort ist bei Unterlassungsdelikten jener Ort anzusehen, an dem der Täter handeln hätte sollen. Als Ort, an dem ein Zulassungsbesitzer seinen Verpflichtungen nach §103 KFG 1967 nachzukommen hat, ist in der Regel der dauernde Standort des Fahrzeuges anzusehen. Bei Unternehmungen ist dies jener Ort, von dem aus der Zulassungsbesitzer über das Fahrzeug hauptsächlich verfügt. Dieser Ort ist daher auch als Tatort anzusehen.

 

Auf den konkreten Fall angewendet bedeutet dies, daß die Berufungswerberin die sie als handelsrechtliche Geschäftsführerin der W-K GesmbH als verantwortliche Zulassungsbesitzerin treffende Verpflichtung nicht an dem im Straferkenntnis angegebenen Ort verletzt haben kann. In der Tatbeschreibung wurde im angefochtenen Bescheid nämlich jener Ort angeführt, an dem die Anhaltung des Fahrzeuges zwecks anschließender Überprüfung erfolgte. Der Tatort nach §103 Abs1 KFG 1967 ist aber nicht davon abhängig, an welchem Ort ein mit dem Fahrzeug fahrender Lenker angehalten und das strafbare Verhalten festgestellt wird. Es muß daher im Falle des §103 Abs1 KFG 1967 zwischen der Begehung der strafbaren Handlung durch den Zulassungsbesitzer einerseits und der Anhaltung des Lenkers und Feststellung des Sachverhaltes andererseits unterschieden werden.

 

Sitz der W-K GesmbH ist **** P. Dieser Ort ist somit auch Tatort für die vom handelsrechtlichen Geschäftsführer begangene Übertretung. Wenngleich die Bezirkshauptmannschaft xx im vorliegenden Fall durch eine Abtretung gemäß §29a VStG seitens der Bundespolizeidirektion xx vom Vorfall Kenntnis erhielt und somit daraus ihre Zuständigkeit wahrgenommen hat, ändert dies im Ergebnis nichts daran, daß sie als die zur Strafverfolgung örtlich zuständige Behörde tätig geworden ist (vgl Erkenntnis des VwGH vom 18.6.1990, Zl 90/19/0107).

 

In der Berufung gibt die Berufungswerberin an, daß der Lenker des LKW zum Tatzeitpunkt schriftlich auf die Bestimmungen bezüglich Geschwindigkeit, Gewichtsüberschreitung und mutwillige Sachbeschädigung aufmerksam gemacht worden sei. Eine regelmäßige Überprüfung der Ladung bzw häufigere Dienstanweisungen durch sie selbst seien jedoch nicht zumutbar, da die Baustellen der Firma bis zu 100 km und weiter vom Firmensitz entfernt sind.

Damit vermag die Beschwerdeführerin eine Verwaltungsübertretung nicht zu entschuldigen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, können Dienstanweisungen den Zulassungsbesitzer von seiner Verantwortung nicht entlasten, zumal eine Überwälzung der den Zulassungsbesitzer treffenden Verpflichtungen auf die ohnedies diesbezüglich gesondert unter Strafsanktion stehenden Lenker nicht möglich ist. Mit der Erteilung von Dienstanweisungen allein, gleichgültig, unter welcher Sanktion, wird daher der Sorgfaltspflicht des Zulassungsbesitzers nicht Genüge getan, es bedürfte hiezu vielmehr einer wirksamen begleitenden Kontrolle. Das Vorhandensein eines solchen Kontrollsystemes ist vom Zulassungsbesitzer zumindest glaubhaft zu machen, da es sich bei Übertretungen nach §103 Abs1 Z1 iVm

§101 Abs1 lita KFG 1967 um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt handelt (VwGH vom 15.5.1990, 90/02/0037).

 

Ist der Zulassungsbesitzer selbst nicht in der Lage dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug den Vorschriften entspricht, so hat er andere Personen zu beauftragen, die für die Einhaltung der Vorschriften Sorge zu tragen haben; hat er dies getan, so trifft ihn nur dann kein Verschulden, wenn er schon bei der Auswahl der von ihm Beauftragten oder später bei deren Überwachung alles vorgekehrt hat, wodurch er bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit den gesetzwidrigen Erfolg hätte verhindern können (VwGH 18.11.1971, 951/70; ZVR 1973/30; 21.10.1977, 1793/76; ZVR 1978/261; 19.1.1982, 82/02/0160; 26.11.1982, 82/02/0161; ZVR 1984/87).

 

Die Berufungswerberin hat daher die ihr zur Last gelegte Tat als handelsrechtliche Geschäftsführerin der W-K GesmbH begangen.

 

Hinsichtlich der Strafhöhe wurde erwogen:

 

Gemäß §19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Weiters haben die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen Berücksichtigung zu finden.

 

Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das Interesse an der Verkehrssicherheit, denn eine Überladung im Ausmaß von mehreren Tonnen beeinträchtigt das Fahr- und vor allem Bremsverhalten des Fahrzeuges und erhöht das Risiko eines technischen Gebrechens.

 

Deshalb war der Unrechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht gering.

 

Selbst wenn die Berufungswerberin vermeinte, es sei ihr aufgrund der von ihr angeführten Gründe unzumutbar, die ihr obliegenden Kontrollen durchzuführen, ist ihr entgegenzuhalten, daß sie - wie oben ausgeführt - als handelsrechtliche Geschäftsführerin für obzitierte GesmbH über ihre Verpflichtung zur Einrichtung eines effektiven Kontrollsystems hätte Bescheid wissen müssen. Sie hat daher zumindest fahrlässig gehandelt.

 

Erschwerungsgründe konnten keine festgestellt werden, mildernd wurde hingegen die Erstmaligkeit der Übertretung bewertet. Es wurden auch die von der Berufungswerberin angegebenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse berücksichtigt.

 

Demzufolge konnten die Geldstrafe und die Ersatzfreiheitsstrafe auf das im Spruch angeführte Ausmaß herabgesetzt werden. Diese Strafe erscheint dem Verschulden und dem Unrechtsgehalt der Tat angemessen.

 

Durch diese Strafe soll erreicht werden, daß die Berufungswerberin in Hinkunft dafür Sorge trägt, daß ähnliche Übertretungen unterlassen werden. Darüberhinaus soll eine allgemein abhaltende Wirkung erzielt werden.

 

Wegen der Herabsetzung der verhängten Geldstrafe war auch der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Behörder erster Instanz entsprechend (10 % der nunmehr verhängten Geldstrafe) zu berichtigen und entfiel die Festsetzung eines Kostenbeitrages zum Verfahren zweiter Instanz.

 

Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war gemäß §51e Abs2 VStG nicht erforderlich, da in der Berufung die Tatsache der Überladung nicht bestritten und im wesentlichen Rechtsfragen angeschnitten wurden.

 

Die Änderung des Spruches war einerseits notwendig um das Tatbild dem Ergebnis des Berufungsverfahrens anzupassen und rechtlich möglich, da die Tat selbst im wesentlichen im Spruch des Straferkenntnisses richtig beschrieben und somit innerhalb der Verjährungsfrist der Berufungswerberin zur Kenntnis gebracht wurde.

 

Die Änderung des Spruches durch die Streichung der Bestimmungen über die Vorschreibung der Kosten des Strafvollzuges war notwendig, da es sich bei der gestrichenen Bestimmung um eine kraft Gesetzes geltende Regelung handelt.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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