TE UVS Niederösterreich 1993/02/05 Senat-PL-92-007

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Veröffentlicht am 05.02.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben.

 

Gemäß §45 Abs1 Z1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Text

Die Bezirkshauptmannschaft xx hat gegen Herrn K S das Straferkenntnis vom 21. November 1991, 3-    -91, erlassen. Darin wird Herrn S zur Last gelegt, er habe als Lenker des PKW ******** am 10. März 1991 um 09,42 Uhr in S auf der B * nächst km 24,6 ein mehrspuriges Kraftfahrzeug auf der Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" (§52 Z4a StVO 1960) gekennzeichnet ist, links überholt.

Aus diesem Grunde hat die Behörde gemäß §16 Abs2 iVm §99 Abs3 lita StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) ausgesprochen. Gemäß §64 Abs2 VStG wurden noch an Kosten des Verfahrens der Behörde I. Instanz S 150,-- vorgeschrieben.

 

Gegen diese Entscheidung hat der Beschuldigte rechtzeitig berufen. Er habe sehr wohl überholt, jedoch das Überholmanöver erst außerhalb des Verbotsbereiches durchgeführt. Der Standort des Gendarmeriebeamten sei in Fahrtrichtung des Beschuldigten gesehen ca 50 m nach dem Ende des Verbotsbereiches befindlich gewesen. Der Meldungsleger sei im Dienstfahrzeug gesessen, welches auf einer Hauseinfahrt gestanden sei. Durch den Verlauf der Böschung sei dem Meldungsleger mutmaßlich keine genaue Beobachtung möglich gewesen.

 

Im Hinblick auf diese Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat für das Land NÖ am 1. Februar 1993 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

 

Bei dieser Verhandlung hat zunächst Frau M S, die Ehegattin des Beschuldigten zeugenschaftlich bestätigt, daß ihrer Erinnerung nach das gegenständliche Überholmanöver ihres Ehegatten erst nach dem gegenständlichen Verbotsbereich begonnen worden sei. Dies vor allem schon deshalb, da sowohl dem Beschuldigten als auch der Zeugin das Gendarmeriefahrzeug schon vorher aufgefallen sei.

 

Der Meldungsleger hat auf seine Stellungnahme vom 5. September 1991, GZ ***** verwiesen und vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat als Zeuge befragt angegeben, daß seiner Erinnerung nach der Überholvorgang ca 45 m vor Ende des Überholverbotes begonnen habe. 45 m sei dabei eine ungefähre Angabe, welche sich anhand der Orientierung an Leitpflöcken bzw Bäumen ergäbe. Ca 45 m vor Ende des Überholverbotes in Fahrtrichtung des Beschuldigten gesehen habe dieser entsprechend der Wahrnehmung des Gendarmeriebeamten einen Spurwechsel durchgeführt. Wann die beiden Fahrzeuge sich auf gleicher Höhe befanden bzw aneinander vorbeibewegten, könne der Meldungsleger jedoch nicht angeben, da bei einer derart detailierten Beobachtung sonst kein exaktes Ablesen des Fahrzeugkennzeichens möglich gewesen wäre. Nach der Wahrnehmung, daß ein Überholmanöver stattfinde, habe sich der Meldungsleger auf die einwandfreie Ablesung des Fahrzeugkennzeichens konzentriert. Dieses sei vom überholenden Fahrzeug jedenfalls von hinten abgelesen worden. Wann der Überholvorgang abgeschlossen gewesen sei und ob sich daß Fahrzeug des Beschuldigten mit dem überholten Fahrzeug am Standort des Gendarmeriebeamten auf gleicher Höhe befunden habe, könne der Meldungsleger nicht mit Sicherheit angeben.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat für das Land NÖ als Berufungsbehörde hat erwogen:

 

Ein Fahrstreifenwechsel (wie vom Meldungsleger wahrgenommen) ist begrifflich für das Überholen noch nicht ausschlaggebend. Der Überholvorgang umfaßt nur die Wegstrecke, die zwischen dem Beginn des "Überholens" im Sinne des §2 Abs1 Z29 StVO 1960 bis zur Beendigung desselben liegt, auf der sich also das Fahrzeug des Überholenden an dem Fahrzeug des Überholten vorbeibewegt. Hingegen sind die Phasen vor und nach diesem Vorgang nicht dem Begriff "Überholen" zuzurechnen (VwGH 18.3.1987, 85/03/0042).

 

Im Gegenstand hat der Meldungsleger wohl wahrgenommen, daß das Fahrzeug des Beschuldigten zum Überholen angesetzt hat. Wann und wo genau der eigentliche Überholvorgang, nämlich das Vorbeibewegen des Fahrzeuges des Beschuldigten an dem überholten Fahrzeug erfolgt ist, konnte der Meldungsleger jedoch nicht wahrnehmen (da sonst seiner Angabe nach ein exaktes Ablesen des Fahrzeugkennzeichens unmöglich gewesen wäre).

 

 

Mit anderen Worten war der Meldungsleger aufgrund seiner Beobachtungsposition verhindert, eine exakte Wahrnehmung dahingehend zu machen, ob nun tatsächlich im Verbotsbereich das inkriminierte Überholmanöver stattgefunden hat oder nicht.

 

Die Berufungsbehörde verkennt nicht, daß der Beschuldigte unter Umständen dennoch im Verbotsbereich tatsächlich überholt hat. Da der Meldungsleger jedoch als Zeuge befragt dazu keine zweifelsfreien Angaben machen konnte, erscheint daß Vorliegen eines verbotenen Überholvorganges wenigstens fragwürdig.

 

Hinzukommt, daß sich der Beschuligte in Übereinstimmung mit seiner Ehegattin dahingehend verantwortet hat, daß ein Überholvorgang von ihm jedenfalls erst nach dem Verkehrszeichen "Ende des Überholverbotes" durchgeführt worden sei. Dabei erscheint diese Verantwortung auch insbesondere deshalb glaubwürdig, weil der Beschuldigte und dessen Beifahrerin das Gendarmeriefahrzeug schon vor Beginn des Überholvorganges wahrgenommen haben. Die Durchführung eines verbotenen Überholvorganges trotz Wahrnehmung eines überwachenden Gendarmeriefahrzeuges erscheint unwahrscheinlich.

 

Aus diesem Grund, da die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht zweifelsfrei erwiesen werden kann, muß die Berufungsbehörde von der Fortführung des Strafverfahrens absehen und die Einstellung spruchgemäß verfügen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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