Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 AVG, BGBl Nr 51/1991 dahingehend Folge gegeben, als die unter Punkt 6 b erfolgten
Schuld-, Straf- und Kostenaussprüche behoben und diesbezüglich gemäß
der Bestimmung des §45 Abs1 Z1 erster Fall VStG
die Einstellung des Verfahrens verfügt wird.
Im übrigen wird das Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt und der Berufung in den übrigen Punkten keine Folge gegeben.
Gemäß §64 VStG, BGBl Nr 52/1991 hat der Berufungswerber somit insgesamt einen Betrag von S 9.600,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides zu bezahlen.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 3.9.1992, Zl 3- -92, wurde über Herrn H S in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber des Betriebes Hotel- Restaurant in **** St******** am S********, N******* 70, Geldstrafen in der Höhe von insgesamt S 51.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe insgesamt 51 Tage) verhängt.
Angelastet wurde ihm, dafür verantwortlich zu sein, daß in insgesamt 17 Fällen bei den im Spruch der Strafbehörde erster Instanz namentlich angeführten jugendlichen Arbeitnehmern den Bestimmungen des Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetzes (KJGB) zuwidergehandelt wurde, und zwar in vier Fällen die Bestimmung des §11 Abs1 KJGB, in fünf Fällen die Bestimmung des §16 Abs1, in drei Fällen die Bestimmung des §18 Abs3 in vier Fällen der §19 Abs1 und in einem Fall die Bestimmung des §17 Abs1 KJGB übertreten wurde, somit die ausgesprochene Geldstrafe nach §30 KJGB zu verhängen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid erhebt der Beschuldigte fristgerecht Berufung, in der im wesentlichen ausgeführt wird, daß seiner Rechtsansicht nach gemäß der Bestimmung des Punktes 2 litc des Kollektivvertrags für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe, für Jugendliche eine Durchrechnung der wöchentlichen Normalarbeitszeit innerhalb von 2 Wochen erfolgen könne, wenn dies mit dem Betriebsrat vereinbart worden sei. Da in seinem Betrieb kein Betriebsrat von den Arbeitnehmern gewählt wurde, habe er mit den einzelnen jugendlichen Arbeitnehmern eine Durchrechnung der wöchentlichen Normalarbeit innerhalb von zwei Wochen vereinbart. Weiters wird im vorliegenden Rechtsmittel ausgeführt, daß nicht alle angelasteten Übertretungen Wiederholungsfälle nach dem KJBG seien.
Somit werde der Antrag auf Aufhebung des gegenständlichen Straferkenntnisses gestellt bzw die Herabsetzung der festgesetzten Strafhöhe auf ein der Schuld angemessenes Ausmaß begehrt.
In der am 4.2.1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung am Sitz der Bezirkshauptmannschaft xx präzisierte der ausgewiesene Rechtsvertreter des Beschuldigten das Berufungsvorbringen dahin, daß nunmehr die allseitigen Verhältnisse des Berufungswerbers bekanntgegeben wurden und die unter Punkt 6 b angelastete Verwaltungsübertretung offensichtlich auf einem Irrtum beruhen müsse, da der betreffende Lehrling erst zu einem späteren Zeitpunkt im Hotelbetrieb des Rechtsmittelwerbers beschäftigt und angemeldet wurde.
Der Vertreter des Arbeitsinspektorates führte dazu aus, daß es sich bei diesem angezeigten Punkt um einen Übertragungsfehler handeln könne. Zum Vorbringen des Beschuldigten, daß es sich bei Punkt 6 c des Straferkenntnisses ebenfalls um eine Unrichtigkeit handeln müsse, da laut den betrieblichen Aufzeichnungen der jugendliche Dienstnehmer am betreffenden Tag frei gehabt hätte, führte der Arbeitsinspektor aus, daß sich aus den ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen eindeutig dessen Beschäftigung zum inkriminierten Zeitpunkt ergebe.
Seitens des Beschuldigten wurden die übrigen dem Straferkenntnis zugrundeliegenden Punkte der Richtigkeit nach nicht bestritten und führte dessen Rechtsvertreter aus, daß seiner Rechtsansicht nach die einschlägige Bestimmung des Kollektivvertrages für Arbeiter im österreichischen Hotel- und Gastgewerbe, die Bestimmungen des Punktes 2 b, zum Tragen komme, und nicht die Bestimmung des Punktes 2 c, wobei dabei unbestritten bleibe, daß die im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Dienstnehmer jugendliche Personen seien.
Dazu replizierte der Beamte des Arbeitsinspektorates, daß die Bestimmung des Punktes 2 c des oben angeführten Kollektivvertrages ausdrücklich nur für Jugendliche Geltung habe.
Des weiteren wurde vom Rechtsvertreter des Beschuldigten dargelegt, daß seiner Rechtsansicht nach es verfehlt sei, von Wiederholungsübertretungen zu sprechen.
Diesen Rechtsausführungen wurde seitens dem am Verfahren beteiligten Arbeitsinspektorat widersprochen.
In seinem Schlußwort führte der Beschuldigte aus, daß durch die Anwendung eines Durchrechnungsmodells auch den jugendlichen Arbeitnehmern eine längere zusammenhängende Freizeit gewährt werden hätte sollen, und es sich bei den den angelasteten Übertretungen zugrundeliegenden Zeiträumen um zwei äußerst arbeitsintensive Wochen vor Weihnachten gehandelt habe. Somit wurde abschließend um die Verhängung einer möglichst geringen Geldstrafe ersucht.
Der Unabhängige Verwaltungsssenat im Land NÖ hat dazu rechtlich erwogen:
Dem Berufungsbegehren kommt nur hinsichtlich des Punktes 6 b des angefochtenen Straferkenntnisses Berechtigung zu.
Aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben sowohl des Beschuldigten als auch des anzeigenden Organs des Arbeitsinspektorates ist der erkennende Senat davon überzeugt, daß es sich um den der Anzeige zu diesem Punkt 6 b - den jugendlichen Arbeitnehmer Z A betreffend - um einen Übertragungsfehler handelt. Ausgehend von den Ergebnissen des Ermittlungsverfahren zu diesem Punkt hat diese Überlegung die überragende Wahrscheinlichkeit für sich. Da die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat in diesem Punkt nicht erwiesen werden konnte, war spruchgemäß zu entscheiden.
Hinsichtlich des Vorbringens zu Punkt 6 c des gegenständlichen Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz folgt die Berufungsbehörde den Angaben des Organs des Arbeitsinspektorates, das unter Bezugnahme auf die ihm zur Verfügung gestandenen Unterlagen schlüssig und glaubhaft unter genauer Angabe der Beschäftigungszeiten angeben konnte, daß der jugendliche Arbeitnehmer A Z an diesem Tag beschäftigt war. Unter Verwertung der allgemeinen Lebenserfahrung lieferten die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für die Schlußfolgerung, daß der betreffende Arbeitnehmer tatsächlich - so wie vom Arbeitsinspektor angezeigt - beschäftigt war, daß dessen Vorbringen glaubhafter und nachvollziehbarer schien als die unbestimmt gehaltene Angabe des Beschuldigten, daß der unter Punkt 6 c des Straferkenntnisses angeführte Arbeitnehmer laut betriebsinterner Aufzeichnungen freigehabt hätte.
Auch die Verantwortung des Beschuldigten hinsichtlich der angelasteten Übertretungen in den Punkten 1 d und 1 c geht rechtlich ins Leere.
Wenn sich der Täter darauf beruft, daß diese Verwaltungsübertretungen durch das eigene Verlangen des betreffenden jugendlichen Arbeitnehmers bedingt waren, ist ihm entgegenzuhalten, daß die zwingenden Bestimmungen des KJGB nicht der Parteiendisposition unterliegen.
Auch die Argumentation, daß die Arbeitsleistung der Jugendlichen dringend benötigt wurde, weil hinsichtlich des angelasteten Tatzeitraumes eine erhöhte Gästefrequenz bestand, geht fehl, weil es Sache des Arbeitgebers ist, entsprechende organisatorische Maßnahmen zu treffen, um diesen erfahrungsgemäß höheren Arbeitsanfall auch ohne gesetzwidrige Beschäftigung von Jugendlichen zu bewältigen (VwGH 19.11.1987, Zl 87/08/0251; 27.2.1986 = infas 1986/A107). Somit war auch das Vorliegen eines Schuldausschließungsgrundes zu verneinen.
Unter Zugrundelegung des teilweise unbestrittenen und in den übrigen Punkten als erwiesen anzunehmenden Sachverhaltes war hinsichtlich des weiteren rechtlichen Vorbringens zu entscheiden wie folgt:
Der Rechtsauffassung des Beschuldigten, auch in seinem Betrieb könne für die jugendlichen Arbeitnehmer die Arbeitszeitregelung der Bestimmung des Punktes 2 b des Kollektivvertrages für Arbeiter im österreichischen Hotel- und Gastgewerbe angewendet werden, ist nicht zu folgen.
Der Kollektivvertrag für Arbeiter im österreichischen Hotel- und Gastgewerbe unterscheidet in seiner Regelung über die Zulässigkeit der Gestaltungsfreiheit hinsichlich der Arbeitszeit zwischen voll- und minderjährigen Arbeitnehmern.
Punkt 2 b des Kollektivvertrages umfaßt - objektiv teleologisch interpretiert - den Adressatenkreis des volljährigen Arbeitnehmers, sämtliche Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der wöchentlichen Normalarbeitszeit verlangen der Mitwirkung eines Betriebsrates, andernfalls die dementsprechende Vereinbarung mit den einzelnen Dienstnehmern getroffen werden muß, wobei in diesem Fall ein Dienstzettel darüber auszustellen ist.
Punkt 2 c dieses Kollektivvertrages statuiert explizit, daß für Jugendliche die Vorschriften des KJBG zu gelten haben. Mit dem Betriebsrat kann vereinbart werden, daß die wöchentliche Normalarbeitszeit bis zu 6 Stunden verlängert wird, und daß eine Durchrechnung der wöchentlichen Normalarbeitszeit innerhalb von 2 Wochen erfolgt.
Nur in Betrieben mit weniger als fünf Beschäftigten kann diese Regelung mit den einzelnen Jugendlichen selbst vereinbart werden.
Der Einschreiter übersieht in seiner Argumentation, daß in Hinblick auf die - unbestrittenerweise - jugendlichen Arbeitnehmer die Bestimmung des Punktes 2 b des Kollektivvertrages nicht zur Anwendung gelangen kann; mangels des Bestehens eines Betriebsrates und unter Berücksichtigung der jugendlichen Arbeitnehmer im Betrieb des Beschuldigten erübrigt sich zusätzlich ein weiteres und näheres Eingehen auf das Vorbringen des Berufungswerbers zu diesem Punkt.
Des weiteren kann auch der Rechtsmeinung des Rechtsvertreters, er handle sich im vorliegenden Verfahren nicht nur um Wiederholungsübertretungen, nicht nahegetreten werden:
Unbestritten bleibt, daß der Beschuldigte im Jahre 1989 rechtskräftig wegen Übertretungen nach dem KJBG bestraft wurde. Die Strafbestimmung des §30 KJBG sieht vor, daß, wer diesem Bundesgesetz oder einer aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung zuwiderhandelt, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen von S 1.000,-- bis S 15.000,--, im Wiederholungsfall von S 3.000,-- bis S 30.000,--, oder mit Arrest von 3 Tagen bis zu 6 Wochen zu bestrafen ist, wobei beide Strafen auch nebeneinander verhängt werden können.
Im gegenständlichen Strafverfahren hat die Strafbehörde erster Instanz die Mindeststrafe von S 3.000,-- je Delikt für den Wiederholungsfall verhängt.
Ein Wiederholungsfall liegt schon dann vor, wenn neuerlich Übertretungen gegen eine gesetzliche Bestimmung gesetzt wurden, sofern nur die Taten dem Begriff der gleichen schädlichen Neigung entsprechen. Auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen mit Strafe bedrohte Handlungen, wenn sie gegen das selbe Rechtsgut gerichtet, oder auf gleichartige verwerfliche Beweggründe oder auf den gleichen Charaktermangel zurückzuführen sind.
Um vom Vorliegen eines Wiederholungsfalles auszugehen, ist es nicht erforderlich, daß es sich um dieselben Delikte oder um Delikte im selben Abschnitt des besonderen Teiles einer Gesetzesbestimmung handeln muß, sondern es kommt darauf an, daß ein gleichartiges Verhalten des Täters vorliegt.
Da diese Erfordernisse zur Annahme eines Wiederholungsfalles vorliegen, hat die Strafbehörde erster Instanz zu Recht diese inkriminierten Tatbestände als Wiederholungsübertretungen rechtlich gewürdigt und ihrer Strafzumessung zugrundegelegt.
Berücksichtigt man auch weiters den Umstand, daß der Beschuldigte Aufforderungen seitens des Arbeitsinspektorates zur unverzüglichen Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes nicht nachgekommen ist, ist im vorliegenden Fall zumindest auffallende Sorglosigkeit und die Schuldform der Fahrlässigkeit anzunehmen. Die Tat ist somit in subjektiver als auch objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen.
Hinsichtlich der Höhe der verhängten Strafe wurde vom Senat erwogen wie folgt:
Gemäß §19 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Überdies ist nach dieser Gesetzesbestimmung im ordentlichen Verfahren auf Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, Bedacht zu nehmen. Auch das Ausmaß des Verschuldens ist besonders zu berücksichtigen und bei Bemessung von Geldstrafen sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Strafhöhe zugrundezulegen.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß Übertretungen im Bereich des Arbeitnehmerschutzes nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Angriff auf das höchstpersönliche Rechtsgut der Gesundheit der einzelnen Arbeitnehmer zu werten sind, was eine besonders harte Bestrafung nach sich ziehen muß. Gemäß der geltenden Strafbestimmungen des KJBG, wie im einzelnen oben angeführt, wurde im vorliegenden Fall die für Wiederholungsübertretungen vorgesehene Mindeststrafe je Delikt verhängt.
Die verhängte Geldstrafe erscheint tat- und schuldangemessen, sowie persönlichkeitsadäquat und geeignet, den Beschuldigten in Zukunft von der Begehung gleichgelagerter Verhaltensweisen abzuhalten. Bei Bemessung dieser Geldstrafe wurde auch das unterdurchschnittliche Einkommen des Beschuldigten sowie seine allseitigen Verhältnisse in hohem Maße berücksichtigt.
Zusätzlich wird durch die Höhe der Bestrafung eine generalpräventive
Wirkung erzielt.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die im Spruch angeführte Gesetzesstelle, danach ist der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens für das Berufungsverfahren 20% der verhängten Strafe zu bemessen.
Der Berufungswerber hat daher insgesamt folgende Beträge zu entrichten:
1. verhängte Geldstrafe S 48.000,--
2. Kostenbeitrag zu dem
Verfahren erster Instanz S 4.800,--
3. Beitrag zu den Kosten
des Berufungsverfahren S 9.600,--
_________________________
Gesamtbetrag S 62.400,--