TE UVS Wien 1993/03/02 03/20/1543/92

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.03.1993
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat über die Berufung der Frau Ingeborg S, vertreten durch RA gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Penzing vom 2.5.1992, Zl Pst 4648-P/91, wegen Verwaltungsübertretung gemäß §99 Abs1 litb iVm §5 Abs2 StVO entschieden:

Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Abänderung bestätigt, daß die Tatumschreibung wie folgt zu lauten hat:

"Sie (Frau Ingeborg S) haben am 14.12.1991 um 2.15 Uhr in Wien 14, Einwanggasse 35 den KKW mit dem amtlichen Kennzeichen T-IN gelenkt und haben sich um 2.30 Uhr geweigert, Ihre Atemluft von einem besonders geschulten und von der Behörde hierzu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet werden konnte, daß Sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befanden.

Sie haben dadurch gegen §99 Abs1 litb iVm §5 Abs2 StVO 1960 verstoßen."

Die Berufungswerberin hat daher gemäß §64 Abs1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 1.600,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.

Text

Begründung:

Mit angefochtenem Straferkenntnis wurde der Beschuldigten wie im Spruch gegenständlichen Bescheides umschrieben zur Last gelegt und über sie eine Geldstrafe von S 8.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit 7 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und ein erstinstanzlicher Strafkostenbeitrag von S 800,-- zur Zahlung vorgeschrieben.

Im wesentlichen gründet sich dieses Straferkenntnis auf die Anzeige des RevI Johann W vom 14.12.1991, auf die niederschriftliche Einvernahme der Beschuldigten vom 21.1.1992, sowie auf die zeugenschaftlichen Einvernahmen des RevI Johann W vom 9.3.1992, des RevI Dietmar L vom 24.3.1992 und des Hubert S vom selben Tag.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung wandte die Beschuldigte ein, daß sie sich bei der ersten Aufforderung zum Alkotest in einem Schockzustand befunden habe, daß sie schwer verletzt gewesen sei, daß sie aber, als sie in der Lage war, koordinierte Handlungen zu setzen, bereit war den Alkotest abzulegen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien führte daher am 23.9.1992 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Im Rahmen dieser Verhandlung führte die Berufungswerberin aus:

"Die in der Anzeige enthaltenen Aussagen betreffend den Unfallhergang und betreffend meines Alkoholkonsumes stammen nicht von mir. Konkret hat sich der Vorfall so abgespielt, daß ich im Bereich des Unfallortes infolge der Straßenglätte ins Schleudern gekommen bin, noch einen Pumperer gehört habe, dies war als ich an den Schaltkasten angestoßen bin und dann nur mehr mitbekommen habe, daß irgendjemand sagte, ich solle den Motor abstellen. Ich kam dann wieder nach einiger Zeit in einem anderen PKW zu mir und sah auf der vis a vis Seite ein Polizeiauto. Trotz meiner Verletzungen stieg ich aus, ging auf die andere Straßenseite und sagte zu den Polizisten, daß ich die Unfallenkerin gewesen sei. Weiters ersuchte ich den im Funkwagen befindlichen Polizeibeamten, mich in das Fahrzeug hineinsetzen zu dürfen, da mir sehr kalt war. Der Polizeibeamte sprach dann dauernd von einer Verweigerung, und erwiderte ich, daß ich nichts verweigern würde, jedenfalls jetzt blasen möchte. Dies durfte ich aber nicht. Da dem Polizeibeamten ein Formular fehlte, hatte er dauernd Funkkontakt mit seiner Dienststelle. Wir sind dann mit dem Funkwagen zum Kommissariat gefahren, um das Formular betreffend die Abnahme des Führerscheines von dort zu holen. Während der gesamten Fahrt ersuchte ich den Alkotest durchführen zu dürfen, doch wurde diesem Ersuchen nicht stattgegeben und meinte der Polizeibeamte sogar, daß er mich wenn ich noch einmal anreden würde, inhaftieren würde. Wir sind dann vom Kommissariat zum Unfallort zurückgefahren und wurde ich von ihm Auto befindlichen Polizeibeamten betreffend meines Ersuchens den Alkotest durchführen zu dürfen, an den zweiten Kollegen verwiesen. Dieser wurde sowohl von mir als auch von einem Kollegen nochmals diesbezüglich ersucht, verweigerte mir aber die Durchführung des Alkotestes. Ich bin dann von drei Kollegen mit einem anderen Fahrzeug ins Wilhelminenspital geführt worden und wurden dort die Verletzungen, die ich beim Verkehrsunfall erlitten habe, festgestellt. Diesbezüglich wird die Ambulanzkarte des Wilhelminenspitals vorgelegt und wird eine Kopie davon zum Akt gegeben. Wir waren vor dem Vorfall von einem Primar zu einer Weihnachtsfeier im Schutzhaus zum Ameisbach eingeladen und nachher noch bei dem Kollegen St, der in unmittelbarer Nähe eine Garten hat. Mein Alkoholkonsum hierbei beschränkte sich auf ein kleines Bier beim Essen im Zeitraum 8.00 bis 8.30 Uhr. Ob ich bevor ich wieder zu Bewußtsein gekommen bin die Augen offen oder geschlossen hatte, weiß ich heute nicht mehr, kann mich aber daran erinnern, daß ich deshalb zu mir gekommen bin, da ich plötzlich begonnen habe stark zu frieren. Ich habe dann noch geschaut wo ich bin und, wie oben ausgeführt, den Funkwagen auf der vis a vis Seite gesehen. Ich glaube nicht, daß ich unbewußt bzw ohne daß ich mich erinnern kann, die in der Anzeige wiedergegebenen Angaben gemacht habe, zumal ich ja dann, als ich wieder bei Bewußtsein war, zum Unfallhergang Stellung nehmen wollte und auch den Alkotest ablegen wollte. Man hat mir nur erzählt, daß Herr S zum Unfallhergang befragt wurde und stammen die Angaben vielleicht von ihm.

Über Befragen meines Vertreters gebe ich noch an, daß ich obwohl ich im Fahrzeug eingeklemmt war, an ein Heraushelfen aus diesem Fahrzeug keinerlei Erinnerung habe. Angesichts der Äußerung des Polizeibeamten, daß eine "Verweigerung" vorlag, ist vielleicht anzunehmen, daß diesbezüglich eine Aufforderung erging, ich kann mich jedenfalls an eine solche nicht erinnern. Auch hinsichtlich des Einsatzes der Rettung bzw des Umstandes, wer dieses weggeschickt hat, habe ich keinerlei Erinnerung. Der schriftliche Befund der praktischen Ärztin Dr A befindet sich offensichtlich nach Übersendung durch meinen Rechtsvertreter im Entzugsakt. Ob das Entzugsverfahren noch offen ist, weiß ich nicht, ich habe den Führerschein jedenfalls erst wieder im Juni zurückbekommen."

Herr Gerhard B gab zeugenschaftlich einvernommen an:

"Ich kann mich noch an den Vorfall erinnern. Wir kamen damals von einer Weihnachtsfeier und wollten noch etwas Essen fahren. Ich bin im Auto der Beschuldigten rechts hinten gesessen. Wir fuhren damals über eine Brücke sind abgebogen und habe ich bemerkt, daß Frau S mit ihrem Fahrzeug ins Rutschen kam und geradeaus weiterfuhr. Es kam dann zu der Kontaktnahme mit dem Schaltkasten und als das Fahrzeug stehen blieb, sind der Beifahrer sowie ich und die anderen beiden auf der Rückbank befindlichen Mitfahrer ausgestiegen. Wir haben dann bemerkt, daß die Beschuldigte zwischen Sitz und Lenkrad eingeklemmt war und holte ich sie mit Herrn St durch ein Zurückbiegen des Sitzes heraus. Wir haben dann die Beschuldigte in das Auto von Herrn St gesetzt, und haben Herr W und ich sowie Herr St sich bei ihr dort aufgehalten. Es kam dann die Rettung, doch erfolgte seitens dieser keine Kontaktnahme mit der Unfallenkerin. Wer die Rettung dann weggeschickt hat, weiß ich nicht mehr. Frau S klagte über die Kälte und hatte auch ein sichtbares Cut an der Seite des Kopfes. Frau S ist immer wieder ausgestiegen und auf die Straße gelaufen und haben wir sie dann wieder ins Auto zurückgeholt, zumal sie einen sehr verstörten Eindruck machte und offensichtlich weggetreten war. Dies war schon zu dem Zeitpunkt, da die Polizei anwesend war. Die Polizei kam sehr rasch, ich weiß aber nicht wer sie gerufen hat. Frau S war dann eine Zeit lang weg, vielleicht fünf bis zehn Minuten oder etwas länger, und kam während dieser Zeit ein Polizist der uns nach Verletzten befragte. Wir sagten ihm, daß im Auto anwesende Personen nicht verletzt seien, daß er sich aber die momentan nicht anwesende Frau S anschauen solle. Ob die Beschuldigte zur Durchführung eines Alkotestes aufgefordert wurde bzw ob sie die Durchführung eines solchen angeboten hat oder verweigert hat, kann ich nicht angeben. Ich habe diesbezüglich jedenfalls keine Wahrnehmungen gemacht. Wir (Herr St, Herr W und ich) haben dann die Beschuldigte, da wir festgestellt haben, daß die Schulter etwas runterhing und sie auch über Schmerzen in dieser Gegend klagte, in das Wilhelminenspital gebracht und wurde sie dort untersucht und ist dort auch die Verletzung am Knie hervorgekommen. Da das Krankenhauspersonal zu uns sagte, daß die Beschuldigte vermutlich stationär aufgenommen würde, sind wir dann gefahren. Ich habe bezüglich eines Gespräches der Frau S mit einem der Sicherheitswachebeamten nichts beobachtet.

Über Befragen des Beschuldigtenvertreters gebe ich an:

Ich bin vom Beruf Diplomkrankenpfleger. Die Beschuldigte machte nach dem Unfall für meine Begriffe einen schockierten Eindruck, und kann ich diesbezüglich auf meine dreijährige Erfahrung als Rettungssanitäter verweisen. Wenn ich oben gesagt habe, die Beschuldigte sei fünf bis zehn Minuten weg gewesen, meinte ich damit, daß ich die Beschuldigte in diesem Zeitraum nicht gesehen habe und habe ich dann gehört, daß die Beschuldigte mit dem Polizeiauto weggefahren sei. Das Fahrzeug der Beschuldigten war relativ stark beschädigt, das Autodach wies Wellen auf und ein Reifen war unter das Auto gekommen, die Frontscheibe war zersprungen, allerdings waren keine Scherben im Auto. Zum Begriff schockiert ist zu sagen, daß die Beschuldigte einen Schüttelfrost hatte, sehr über die Kälte klagte und einen erhöhten Puls hatte. Die zeitliche und örtliche Orientierung war stark vermindert, was sich auch daraus ergibt, daß sie, während ich mich um Herrn W kümmerte, immer wieder aus dem Auto ausgestiegen ist.

Herr Manfred W gab zeugenschaftlich einvernommen an:

"Ich war Beifahrer im PKW der Beschuldigten und saß auf der Rückbank links. Es kam dann zu dem Verkehrsunfall und sind der Beifahrer und die auf der Rückbank befindlichen Personen ausgestiegen, die Beschuldigte nicht, da sie eingeklemmt war. Die Beschuldigte wurde dann von Herrn B und Herrn St aus dem Auto geholt und haben wir uns dann wegen der Kälte in das Auto des Herrn St gesetzt. Dort waren dann die Beschuldigte, Herr B und ich anwesend. Ich war auch etwas verletzt und wurde von Herrn B versorgt. Ich saß im Auto des Herrn St wieder links hinten, Herr B neben mir und die Beschuldigte rechts vorne. Die Sitzordnung hat dann im Laufe der Zeit auch gewechselt. Ob die Beschuldigte, bevor sie mit dem Polizeiwagen kurzzeitig weg war, auch aus- und eingestiegen ist, weiß ich heute nicht mehr, kann es aber auch nicht ausschließen. Die Rettung kam zum Unfallort, von der Besatzung des Rettungswagens war aber niemand bei uns und hat uns auch niemand nach Verletzungen gefragt. Erst als die Beschuldigte kurz weg war, wie später zu erfahren war, ist sie mit dem Polizeiwagen mitgefahren, kam ein Polizist zum Auto und fragte, ob jemand verletzt sei. Wir haben gesagt, daß niemand der Anwesenden verletzt war, daß er sich aber die Beschuldigte wenn sie zurückkehre ansehen solle. Von der Aufforderung oder Verweigerung eines Alkotestes weiß ich nichts. Hinsichtlich des Verhaltens der Frau S nach dem Unfall selbst habe ich keine Beobachtungen gemacht, da ich selbst verletzt war, ich hatte linksseitig am Kopf ein Cut, welches stark blutete. Nachdem die Polizei den Unfallort wieder verlassen hat, sind wir, Herr St, Herr B und ich mit Frau S ins Wilhelminenspital gefahren, da die Beschuldigte nachdem sie zum Unfallort zurückgekehrt war, über Schmerzen in der Schulter klagte und da sie am Kopf blutete. Uns wurde gesagt, daß die Beschuldigte stationär aufgenommen werde und sind dann deshalb wieder gefahren.

Über Befragen des Beschuldigtenvertreters gebe ich an:

Beim Wegfahren nach der Feier hatte ich nicht den Eindruck, daß die Beschuldigte alkoholisiert war, sonst wäre ich auch nicht mit ihr mitgefahren."

Herr Hubert S gab zeugenschaftlich einvernommen an:

"Ich kann mich noch soweit an den Unfall erinnern, daß Frau S in deren Auto ich Beifahrer war, über die Ameisbrücke fuhr und dann nach rechts abbiegen wollte, aber geradeaus rutschte, kam es dann zu der Kontaktierung mit dem Schaltkasten. Ich hatte schon bemerkt, daß es sich nicht ausgehen würde und habe mich dementsprechend abgestützt. Als das Fahrzeug stand, sind alle mit Ausnahme von Frau S ausgestiegen. Herr St und Herr B holten Frau S, die in ihrem Auto zwischen Lenkrad und Sitz eingeklemmt war, aus dem Fahrzeug. Wo Frau S dann hingeführt wurde bzw wie sie sich verhalten hat, kann ich heute nicht mehr angeben, da ich selbst durch den Gurt eine Prellung am Oberkörper erlitten hatte und draußen auf und ab ging und versuchte Luft zu bekommen. Bezüglich der Beschuldigten glaube ich, daß sie in das Auto von Herrn St geführt wurde und glaube ich weiters mich erinnern zu können, sie außerhalb des Fahrzeuges gesehen zu haben. Die Rettung war am Unfallort, auch kann ich mich erinnern, daß sie die Heckklappe offen hatte, ich habe dort aber keine betreute Person gesehen. Ein Polizeibeamter hat mich auch bezüglich meiner Verletzungen befragt und gab ich an, zwar Schmerzen zu verspüren, aber daß ich mir vermutlich nichts gebrochen habe. An eine Befragung durch die Besatzung der Rettung kann ich mich nicht erinnern, glaube aber nicht von ihnen befragt worden zu sein. Ich weiß heute zwar noch, daß die Beschuldigte irgendwann bei dem Polizeiauto stand, wann dies aber war und was dort gesprochen wurde, insbesondere ob die Beschuldigte dort zur Durchführung eines Alkotests aufgefordert wurde oder verweigert hat, kann ich nicht angeben. Irgendjemand sagte auch noch, daß die Beschuldigte mit der Polizei mitgefahren sei, habe das selbst aber nicht beobachtet. Wir sind vor dem Unfall vom Gartenhaus des Herrn St gekommen und waren wir davor vom Primariat in einem in der Nähe befindlichen Schutzhaus zu einer Weihnachtsfeier eingeladen. Über einen Alkoholkonsum der Beschuldigten dort ist mir nichts bekannt. Mir ist auch bei der Fahrt im Auto hinsichtlich einer Alkoholisierung der Beschuldigten nichts aufgefallen. Ich selbst habe bei der Weihnachtsfeier etwas Alkohol konsumiert.

Über Befragung des Beschuldigtenvertreters gebe ich an:

Ich bin von Beruf Krankenpfleger. Befragt nach einem Eindruck über den Zustand der Beschuldigten muß ich sagen, daß ich mich nicht konkret erinnern kann und kann ich somit auch nicht beantworten ob sie einen Schüttelfrost gehabt hat, da ich selbst mit mir beschäftigt war. Unmittelbar nach dem Unfall im Auto von Frau S hat sie sich jedenfalls weder bewegt, noch gab sie irgendeinen Laut von sich, wobei ich nicht weiß, ob sie ohnmächtig war. Im Auto von Herrn St habe ich mich dann nicht aufgehalten."

Herr Gerhard St gab zeugenschaftlich einvernommen an:

"Ich bin damals mit meinem Fahrzeug hinter dem Fahrzeug von Frau S gefahren und blieb nach dem Unfall stehen und ging zurück, wobei ich nur sah, daß die Beschuldigte in ihrem Fahrzeug zwischen Sitz und Lenkrad eingeklemmt war. Ich habe dann mit Herrn B den Sitz unter Gewaltanwendung nach hinten gebogen und Frau S aus ihrem Fahrzeug geholt. Die Beschuldigte wirkte zuerst wie nach einem Genickbruch, hat dann aber reagiert. Ich wollte dann alle Unfallbeteiligten aufgrund der empfindlichen Kälte in mein Auto setzen, doch stieg die Beschuldigte mehrmals aus. Wir haben die Beschuldigte dann mehrmals zum Auto zurückgebracht, ich selbst habe dies zweimal getan. Es kam dann die Polizei, wobei der erste Polizist den Unfallort absicherte und danach sich hinsichtlich des Unfallherganges erkundigte. Konkret hat er sich bei mir und Kollegen S nach dem Unfallhergang und dem Lenker erkundigt. Nach unserer Auskunft ging dieser Polizist kurz zum Funkwagen zurück und ging daraufhin der andere Polizist zu meinem Fahrzeug. Über das Gespräch bzw über die dann geführte Amtshandlung ist mir nichts bekannt. Der letztgenannte Polizeibeamte ist dann mit Frau S kurz weggefahren. Der am Unfallort verbleibende Polizeibeamte kam zu uns zurück und sagte, daß er die Feuerwehr brauche. Frau S ist dann wieder zurückgekommen und sprach so unzusammenhängend, daß ich ihr nicht folgen konnte. Ich ging dann zu dem Polizeibeamten mit dem sie zuvor im Auto gefahren war, und sagte er mir auf mein Befragen, daß Frau S den Alkotest verweigert habe. Ich habe Frau S dann gefragt, warum sie das getan habe, und gab sie an, daß sie nichts verweigere. Daraufhin ging ich zu dem Polizeibeamten zurück und sagte ihm, daß Frau S zum Alkotest bereit wäre. Er aber antwortete, daß er die Beschuldigte dreimal gefragt hätte und sich nicht zum Narren halten lasse. Daraufhin habe ich auch mit dem anderen Polizeibeamten gesprochen, doch sagte dieser, daß er nichts machen könne, da die Aufforderung zum Alkotest durch den anderen Beamten erfolgt sei. Wir sind dann mit der Beschuldigten noch ins Spital gefahren, zumal sie einige Verletzungen aufwies. Nach den Informationen die man uns dort gab, wäre sie stationär aufgenommen worden, wir haben dann erst am nächsten Tag erfahren, daß wieder nach Hause geschickt wurde. Da wir glaubten, daß sie stationär aufgenommen werden würde, sind wir gefahren. Über den Alkoholkonsum der Beschuldigten kann ich keine Angaben machen, da wir nicht nebeneinander saßen, Alkoholsierungsmerkmale bei der Beschuldigten als solche habe ich nicht wahrgenommen. Die Rettung war kurzzeitig dar, den genauen Zeitpunkt weiß ich aber nicht mehr, ich habe nur bemerkt, daß die Heckklappe offen war. Beim Rettungsfahrzeug selbst habe ich keinen Unfallbeteiligten gesehen. Die Rettung ist dann wieder weggefahren, ohne daß sie jemanden mitgenommen hat. Hinsichtlich des Zustandes der Beschuldigten nach dem Unfall ist zu sagen, daß sie geschockt war. Sie stand mehrmals unmotiviert auf der Straße, obwohl es dort gefährlich war. Sie stand auch nicht ruhig, sondern trippelte, wobei wir erst im nachhinein die Verletzung im Knie bemerkt haben. Die Schmerzen, auf die die Beschuldigte dann hinwies, insbesondere im Bereich der Schulter wurden von ihr auch erst nach mehrmaligen Ansprechen angeführt. Ich habe sie mehrmals angesprochen und habe von ihr keine adäquate Antwort erhalten. Eine zeitliche und örtliche Orientierung war offensichtlich nicht gegeben, wollte sie doch auch noch das wir das Fahrzeug wegführen, obwohl bereits die Feuerwehr da war.

Über Befragen des BV gebe ich an:

Ein Wegführen des Fahrzeuges wäre aber angesichts des umfangreichen Schadens nicht möglich gewesen. Ob Alkoholsierungsmerkmale bemerkbar waren, kann ich nur eingeschränkt beantworten, da ich selbst wenn auch nur in erlaubten Ausmaß Alkohol konsumiert habe, und mir somit der Geruch nach alkoholischen Getränken nicht auffallen mußte. Andererseits hat Bier einen sehr starken Geruch. Eine lallende Aussprache der Beschuldigten ist mir nicht aufgefallen, obwohl sie unzusammenhängend gesprochen hat."

In ihrem damaligen Schlußvortrag führte die Berufungswerberin aus:"Ich entbinde Frau Dr A von ihrer ärztlichen Schweigepflicht im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Vorgänge und den von ihr erstatteten Befund.

Weiters erkläre ich mich mit der Beischaffung der Krankengeschichte des Wilhelminenspitals einverstanden und entbinde auch die behandelten Ärzte von ihrer ärztlichen Schweigepflicht.

Ich beantrage die beiden Sicherheitswachebeamten sowie die von mir geltend gemachten Entlastungszeugen, die in der heutigen Verhandlung nicht vernommen werden konnten, zeugenschaftlich einzuvernehmen und die Krankengeschichte einzuholen."

Am 15.12.1992 wurde die Verhandlung zur Einvernahme weiterer

Zeugen fortgesetzt. Diese führten aus:

Herr RevI Johann W gab zeugenschaftlich einvernommen folgendes an:

"Mir ist der Gegenstand meiner heutigen Einvernahme bekannt. Wir wurden damals zu einem Verkehrsunfall geschickt und stellten fest, daß ein PKW gegen einen am Unfallsort befindlichen Schaltkasten gestoßen war. Die Beschuldigte, Frau S, wies deutliche Anzeichen einer Alkoholisierung auf, weshalb sie aufgefordert wurde einen Alkotest durchzuführen. Trotz mehrmaliger Abmahnung und Belehrung über die Folgen wurde diese Verweigerung aufrecht erhalten. Es kam daher auch zu einer Führerscheinabnahme. Wir sind von der Lenkereigenschaft der Beschuldigten aufgrund einer Befragung dieser Person und ihrer diesbezüglichen Antwort ausgegangen. Wo diese Befragung genau stattfand, sie war jedenfalls am Unfallsort, kann ich nicht genau angeben (auf der Straße oder im Unfallfahrzeug). Als Alkoholisierungsmerkmale wurden von mir lallende Aussprache und Alkoholgeruch aus dem Mund wahrgenommen. Der Ort der Aufforderung zum Alkotest war der Unfallsort, eine nähere Spezifizierung ist mir heute nicht mehr möglich. Die Beschuldigte verweigerte jedenfalls trotz mehrfacher Befragung und Belehrung. Zur Frage, ob ich annehme, daß die Beschuldigte die Aufforderung verstanden hat, gebe ich an, das glaube ich schon. Die Beschuldigte machte auf mich weder einen verletzten Eindruck, noch erschien sie nicht zeitlich und örtlich orientiert. Bezüglich einer Verletzung wird ein Unfallenker gleich als erstes am Unfallort befragt. Nach Vorhalt der Rechtfertigung der Beschuldigten gebe ich an, daß sie bei mir eindeutig den Alkotest verweigert hat. Es stimmt, daß sie sich nachher zum Kollegen RevI L in den Funkwagen setzte, dies wegen der Abnahmebestätigung des Führerscheins, ich habe die Amtshandlung am Unfallsort weitergeführt, zumal infolge der Beschädigung des Schaltkastens eine große Gefahr bestand. Nach meiner Meinung stand die Beschuldigte nicht unter Schockzustand. Die Verweigerung des Alkotests durch die Beschuldigte erfolgte verbal, sie sagte, daß sie das nicht machen würde.

Über Befragen des Beschuldigtenvertreters gebe ich an:

Eine spezielle medizinische Ausbildung habe ich nicht. Über Vorhalt der Aussagen der in der letzten Verhandlung einvernommenen Zeugen, im speziellen, daß die Beschuldigte einen zeitliche und örtlich nicht orientierten Eindruck erweckte und unzusammenhängend gesprochen hat, gebe ich an, daß dies gewesen sein mag, aber auch auf die Alkoholisierung zurückgeführt werden könnte. Zur Frage, ob mir die Verletzungen aufgefallen sind, gebe ich an, daß ich, wie bereits oben ausgeführt, die Beschuldigte zu Beginn der Amtshandlung hinsichtlich Verletzungen befragt habe und dies verneint wurde. Sonstiges ist mir nicht aufgefallen. Mir ist von niemanden am Unfallort gesagt worden, daß ich mir Frau S betreffend Verletzungen ansehen soll. Über Vorhalt der Aussage des Gerhard St und unter Hinweis auf die mich treffende Wahrheitspflicht gebe ich an, daß ich mich nicht erinnern kann, von Unfallzeugen daraufhin gewiesen worden zu sein, daß die Beschuldigte nunmehr zum Alkotest bereit wäre bzw daß ich gesagt hätte, ich ließe mich nicht zum Narren halten. Über nochmaliges Befragen, ob ich es ausschließen könne, gebe ich an, daß ich nicht glaube, daß dies stattgefunden hat, nähere Angaben zum Wortlaut am Unfallsort sind mir aber infolge der verstrichenen Zeit und der zwischenzeitlich geführten Amtshandlungen nicht möglich. Am Unfallsort zur Unfallszeit war normale Straßenbeleuchtung. Die geröteten Augenbindehäute können bei entsprechender Routine auch bei solchen Lichtverhältnissen wahrgenommen werden. Zu den Straßenverhältnissen befragt, gebe ich an, daß die Straßen damals glatt waren. Ob an dieser Stelle gestreut war oder nicht, kann ich heute nicht sicher angeben. Daß das Schwanken beim Gehen durch die Straßenglätte herbeigeführt wurde, glaube ich nicht. Mir gegenüber wurde seitens der Beschuldigten nicht gesagt, daß sie einen Alkotest durchführen wolle."

Herr RevI Dietmar L gab zeugenschaftlich einvernommen folgendes an:

"Mir ist der Gegenstand meiner heutigen Einvernahme bekannt. Ich nehme an, daß die Beschuldigte sich als Unfallenkerin bezeichnete, ein Beifahrer würde nicht zum Alkotest aufgefordert, gesicherte Angaben darüber kann ich aber nicht mehr machen. Einer der dort anwesenden männlichen Personen sagte, wobei uns dies dann von einem dort anwesenden erzählt wurde, sie solle nicht mehr fahren oder so schnell fahren, ob dies aber vor der Aufforderung zum Alkotest oder nachher war, kann ich nicht angeben. Die Alkoholisierungssymptome waren recht deutlich wahrnehmbar, insbesondere der Geruch nach Alkohol aus dem Mund, weiters Schwierigkeiten in der Bewegung, Schwierigkeiten bei der Aussprache und ein Glänzen in den Augen. Gerötete Augenbindehäute sind bei diesen Lichtverhältnissen nicht leicht festzustellen. Die Aufforderung zum Alkotest erfolgte grundsätzlich (dies bedeutet, daß der Kollege, der die Amtshandlung führt auffordert) durch RevI W dann auch von mir, doch wurde jedesmal verweigert. Bei mir im Fahrzeug verweigerte die Beschuldigte mit der Bemerkung, daß sie nicht wüßte was ein Alkotest sei. Die Verweigerung erfolgte trotz Belehrung und Hinweis auf die Folgen. Zur Klärung des oben verwendeten Begriffes "grundsätzlich" kann ich sagen, daß ich weiß, daß RevI W die Aufforderung aussprach. Da der Block mit den Formularen betreffend Führerscheinabnahme leer war, bin ich dann mit dem Funkwagen zum Kommissariat gefahren und fuhr die Beschuldigte im Funkwagen über ihr Ersuchen mit. Seitens der Beschuldigten wurde im Funkwagen sieben, acht Mal gefragt, wie der Alkotest verläuft. Eine Rettung war am Unfallort. Das Rettungsfahrzeug war noch dort als wir am Unfallort erschienen, die Rettung ist aber von uns nicht angefordert worden. Die Beschuldigte wurde am Unfallort von uns gefragt ob sie verletzt sei, von allen Beteiligten, die sich geäußert haben, wurde aber gesagt, daß niemand verletzt sei. Nachdem ich zum Unfallort zurückkam, wurde ich von einem Mann angesprochen, daß ich noch einen Alkotest machen solle, doch habe ich mit Hinweis darauf, daß die Beschuldigte oft genug aufgefordert und belehrt worden war, dem nicht mehr stattgegeben. Es handelt sich bei diesem Mann auch um denjenigen, der Frau S dann aus dem Funkwagen geholt hat. Letzteres wurde von diesem Herrn deshalb gemacht, da die Beschuldigte im Funkwagen zu schreien begann, dies trotz Abmahnung fortsetzte und ich bereits die Festnahme androhte.

Über Befragen des Beschuldigtenvertreters gebe ich an:

Über Vorhalt der Zeugenaussage St, wonach von mir gesagt worden sei, ich könne nichts mehr machen, da die Aufforderung vom Kollegen erfolgt sei, gebe ich an, daß ich nicht mehr weiß, ob ich so geantwortet habe, wie es in dieser Zeugenaussage steht. Über Vorhalt, daß es sich bei dem ausgefolgten Formular der Führerscheinabnahme um Blatt 4 des Führerscheinabnahmeblocks handelte, von mir aber ein neuer Block geholt worden sei, gebe ich an, daß es sich dabei um den Block des Kommissariates, in welchem sich auch der Alkomat befindet, handelte. Zur zeitlichen Abfolge befragt, gebe ich an, es ist richtig, daß zuerst die Aufforderung war, dann die Verweigerung, daß ich dann mit der Beschuldigten aufs Kommissariat gefahren bin, nach der Rückkehr mit dem oben angesprochenen Herrn gesprochen habe und danach die Führerscheinabnahmebestätigung ausgestellt habe. Es stand aber für mich schon vorher, also zu dem Zeitpunkt da ich feststellte, daß der Block im Funkwagen leergeschrieben war, fest, daß der Führerschein abgenommen werde. Zur Frage, ob mir ein Schüttelfrost bei der Beschuldigten aufgefallen ist, gebe ich an, daß es richtig ist, daß die Beschuldigte deshalb mitfuhr, da ihr nach ihren Angaben kalt war. Die Beschuldigte wollte danach aus dem Funkwagen nicht aussteigen, da sie nicht akzeptieren wollte, daß ihr der Führerschein abgenommen wurde. Zur Frage, ob die Unsicherheit beim Gehen allenfalls auf die festgestellte Knieverletzung zurückzuführen ist, gebe ich an, daß ich zwar keine medizinische Ausbildung habe, aber aufgrund meiner Erfahrung und Schulung annehmen kann, feststellen zu können, ob jemand offensichtlich alkoholbeeinträchtigt ist und ob ein Alkoholsierungssymptom darauf zurückzuführen ist. Ich schlußfolgere dies daraus, daß ein Alkoholbeeinträchtigter nach meiner Ansicht schwankt, ein Verletzter hinkt. Die Beschuldigte schwankte. Das Schwanken wurde auch beim Gehen festgestellt."

Frau Dr Irene A gab zeugenschaftlich einvernommen folgendes an:

"Ich bin damals im Fahrzeug der Frau S mitgefahren und habe Frau S unmittelbar nach dem Unfall gesehen. Ich bin mir sicher, daß die Beschuldigte selbst als Letzte aus dem Fahrzeug ausgestiegen ist. Irgend etwas, vielleicht die Türe, hat geklemmt, diesbezüglich bin ich mir nicht mehr sicher. Eine Rettung kam dann vorbei, Frau S gab aber an, nicht verletzt zu sein und so fuhr die Rettung dann unverrichteter Dinge wieder weiter. Das Erscheinen der Polizei habe ich wahrgenommen, was während der Amtshandlung gesprochen wurde, habe ich nicht gehört. Ich habe die Beschuldigte am Unfallort auf Verletzungen nicht untersucht und habe auch nachdem die Rettung den Unfallort verlassen hat, keine Veranlassung dazu gesehen. Dies auch deshalb, da Frau S mehrfach sagte, sie sei wirklich nicht verletzt. Ich gebe aber zu bedenken, daß wir damals von einer Weihnachtsfeier kamen, ich habe mein Auto extra nicht verwendet, und habe auch bei dieser Feier mit Sicherheit etwas getrunken. Weiters war ich ja Insasse des Unfallfahrzeuges und war damit unmittelbar Betroffene. Das auf Blatt 32 letzter Absatz in Bezug auf eine Person Wiedergegebene stellt keinen Befund dar, sondern handelt es sich um meine eigene Meinung, die ich nach wie vor aufrecht erhalte. Es handelt sich dabei um einen sogenannten "psychologischen Schock", der mit vegetativen Erscheinungen einhergehen kann.

Auf Befragen des Beschuldigtenvertreters gebe ich an:

Ob die Verletzungen Erklärungen, wie daß sie nicht verletzt sei, auslösten, kann nicht ausgeschlossen werden, es mag in gegenständlichem Fall so gewesen sein. Bezüglich des von den Zeugen geschilderten Verhaltens ist zu sagen, daß der Schüttelfrost mit den Verletzungen erklärbar ist, eine unartikulierte Sprechweise eher nicht. Ob die Beschuldigte zeitlich und örtlich orientiert war, kann ich nicht angeben."

Herr Christian S gab zeugenschaftlich einvernommen an:

"Mir ist der Gegenstand meiner heutigen Einvernahme bekannt. Ich war Mitfahrer in einem hinter dem Fahrzeug der Frau S fahrenden Fahrzeug. Den Inhalt des am Unfallort zwischen den Polizeibeamten und der Beschuldigten geführten Gesprächs habe ich nicht wahrgenommen. Daß die Beschuldigte zu einem Alkotest aufgefordert wurde, habe ich erst im nachhinein erfahren. Hinsichtlich des Verhaltens der Beschuldigten befragt, gebe ich an, daß sie herumgestikulierte und einen aufgeregten Eindruck erweckte. Nach meinen Erinnerungen saß die Beschuldigte nach dem Unfall und bevor sie mit einem Funkwagen wegfuhr, in einem Fahrzeug, wobei ich heute nicht mehr ganz genau weiß, ob sie da im Funkwagen saß oder in ihrem Fahrzeug. Die Beschuldigte saß aber eher im Funkwagen. Ihr aufgeregtes Verhalten habe ich eher als Reaktion auf den Unfall gesehen. Befragt zu einem Alkoholkonsum bei der dem Unfall vorangegangenen Weihnachtsfeier gebe ich an, daß ich mit der Frau S bei dieser Weihnachtsfeier keinen näheren Kontakt hatte und dazu nichts angeben kann.

Über Befragen des Beschuldigtenvertreters gebe ich an:

Befragt, ob es dort glatt oder gestreut war, kann ich nur sagen, daß ich mich daran nicht erinnere, es war jedenfalls sehr kalt. Inhalte der Gespräche, die Frau S führte, habe ich nicht wahrgenommen, weshalb ich auch nichts angeben kann, ob sie damals unzusammenhängend sprach."

In ihren Schlußausführungen bringt die Berufungswerberin vor:

"Ich erkläre mich mit einer Einvernahme des Zeugen Sp in meiner Abwesenheit einverstanden, ersuche aber, mir diese Aussage zur Kenntnis zu bringen und mir eine entsprechende Stellungnahmefrist einzuräumen. Ich nehme zur Kenntnis, daß mir dies zugesagt wird."

Die Verhandlung mußte neuerlich zur Einvernahme des Zeugen Sp vertagt werden und wurde diese am 2.3.1993 fortgeführt.

Herr Christian Sp gab zeugenschaftlich einvernommen an:

"Ich kann mich an den gegenständlichen Vorfall noch erinnern. Ich bin damals in dem von Herrn St gelenkten Fahrzeug mitgefahren und fuhr dieses Fahrzeug unmittelbar nach dem verunfallten Fahrzeug der Frau S. Ich habe nach dem Unfall geschaut, ob es Verletzte gibt und erschien mir Frau S verwirrt und schockiert. Sie ging am Unfallsort umher, von Verletzungen war zu diesem Zeitpunkt nichts zu merken. Bezüglich der gegenständlichen Amtshandlung weiß ich nur, daß Frau S von den Polizeibeamten im Senwagen mitgenommen und später wieder retour gebracht wurde. Nachher saß Frau S im Auto von Herrn St. Ein Rettungswagen war auch am Unfallsort anwesend, ob bereits vor oder nachdem die Polizei erschien, weiß ich nicht mehr, ich habe mich nur gewundert, daß Frau S nicht mitgefahren ist. Ob jemand von der Besatzung des Rettungswagen mit Frau S gesprochen hat oder ob Frau S beim Rettungswagen war, weiß ich nicht, die Rettung dürfte dann von jemanden weggeschickt worden sein. Bezüglich der Amtshandlung kann ich nur sagen, daß ich von dem Gespräch zwischen der Beschuldigten und den Polizeibeamten nichts mitbekommen habe. Die Verletzungen der Beschuldigten, die sich später herausgestellt haben, ein Armbruch und eine schwere Knieverletzung, waren unmittelbar nach dem Vorfall nicht zu bemerken. Daß Frau S gesagt hat, daß ihr etwas weh tue, kann ich nicht ausschließen. Eine Abschürfung oder ähnliche Verletzung habe ich nicht wahrgenommen.

Über Befragen des Beschuldigtenvertreters gebe ich an:

Die Fahrweise der Beschuldigten vor dem Unfall erschien mir nicht auffällig. Ein risikoreiches oder sorgloses Fahren der Beschuldigten ist mir jedenfalls nicht aufgefallen."

In seinem Schlußvortrag führt der Vertreter der Berufungswerberin aus:

"Ich erhebe das bisherige Vorbringen auch nach dem ergänzenden Ermittlungsverfahren zum heutigen Berufungsvorbringen und ergänze:

Wie aus den Zeugenaussagen feststellbar hat die Beschuldigte nicht nur eine schwere Knieverletzung erlitten, sondern war offensichtlich infolge der Unfallsgegebenheiten schwer schockiert, sodaß ihre angeblich ursprüngliche Weigerung den Alkotest durchzuführen, nicht rechtsverbindlich und rechtsgültig angesehen werden kann. Hingegen haben sogar die an Ort und Stelle intervenierenden Polizeibeamten zugegeben, daß vor Beendigung des amtlichen Verfahrens nämlich vor Erstellung der Abnahmebestätigung ein Ansuchen auf Ablegung des Alkotests von den intervenierenden Polizeibeamten mit der Begründung, sie würden sich nicht für Narren halten lassen, abgelehnt wurde. In diesem Zeitpunkt hatte die Beschuldigte offensichtlich die ausreichende Koordinierung ihrer Sinnesfähigkeit wieder erhalten, die Amtshandlung war nicht abgeschlossen, die Polizeibeamten hätten daher dieses Anbieten um Ablegung des Alkotests annehmen müssen bzw kann der nun dargestellte Sachverhalt nicht als Tatbestand im Sinne des §5/2 StVO gewürdigt werden und wird daher beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben."

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat nun keinerlei Veranlassung gesehen, den unter Wahrheitspflicht und der Strafsanktionsdrohung des §289 StGB einvernommenen Zeugen nicht zu glauben, daß sie über ihre Wahrnehmungen am Unfallsort wahrheitsgemäß Bericht erstatteten. Leichte Widersprüchlichkeiten in den Aussagen der Be- und Entlastungszeugen sind angesichts der zwischen Vorfall und Einvernahme verstrichenen Zeit, der Tatsache, daß es sich bei manchen Zeugen um direkt in den Unfall involvierte Personen handelte, des Umstandes, daß es sich um einen nicht alltäglichen Unfall handelte sowie der Tatsache, daß die beiden Meldungsleger bei ihrer Amtshandlung nicht nur dem Verhalten der Berufungswerberin im Hinblick auf den Verwaltungsstraftatbestand Aufmerksamkeit schenken mußten, sondern auch mit der Absicherung des Unfallortes beschäftigt waren, können daran nichts ändern. Auffällig ist jedenfalls, daß entgegen der Behauptung in der Berufung Frau Dr Irene A keinen Befund erstattete, sondern daß sie eine, wenn auch möglicherweise sachkundige Meinung vertrat. Die Beweisaufnahme, insbesondere die ergänzenden Aufnahmen der Aussagen der Entlastungszeugen konnten jedenfalls angesichts der Ausführungen der beiden Meldungsleger, die auch zu ihren Aussagen im erstinstanzlichen Verfahren bzw zu den Angaben in der Anzeige in keinem graviereden Widerspruch standen, keine tatsächliche Entlastung der Berufungswerberin herbeiführen. Wenn seitens der Behörde erster Instanz aber auch von der Berufungsbehörde im Hinblick auf die Aussagen der beiden Meldungsleger davon ausgegangen wurde, daß die Berufungswerberin, als sie zur Vornahme des Alkotestes aufgefordert wurde, dispositionsfähig war, so kann dies auch angesichts der Zeugenaussagen nicht ausgeschlossen werden, sondern erscheint dies angesichts dieser Zeugenaussagen, inbesondere der Aussage der Zeugin Dr Irene A als erwiesen. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien geht daher von folgendem Sachverhalt aus:

Frau Ingeborg S lenkte am 14.12.1991 um 2.15 Uhr in Wien 14, Einwanggasse 35 den KKW mit dem amtlichen Kennzeichen T-IN und verursachte an diesem Ort insoweit einen Verkehrsunfall, als sie infolge der glatten Fahrbahn ins Schleudern kam und gegen einen Schaltkasten der Wiener Stadtwerke - Elektrizitätswerke rutschte. Als die beiden Polizeibeamten RevI W und RevI L am Verkehrsunfallsort intervenierten, konnten sie bei der Beschuldigten Alkoholisierungssymptome (Geruch der Atemluft nach Alkohol, Schwierigkeiten bei der Bewegung und in der Aussprache) wahrnehmen. Einer mehrmalig um 2.30 Uhr am Unfallsort ausgesprochenen Aufforderung sich einem Alktotest mittels Alkoteströhrchens zu unterziehen, leistete die Beschuldigte trotz Belehrung keine Folge. Die Beschuldigte war am Unfallsort bei der Amtshandlung durch einen Schockzustand offenkundig beeinträchtigt, eine Dispositionsunfähigkeit der Beschuldigten lag aber nicht vor. Nach Ende der Amtshandlung erklärte sich die Beschuldigte bereit, einen Alkotest durchzuführen, bat die intervenierenden Polizeibeamten sogar darum, angesichts des Abschlußes der Amtshandlung wurde aber diesem Begehren seitens der Polieibeamten nicht Folge gegeben.

Gemäß §5 Abs2 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hierzu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden. Die Weigerung sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen einer Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt zu unterziehen, stellt nach §99 Abs1 litb StVO eine Verwaltungsübertretung dar.

Seitens der Beschuldigten wurden nun zwei Rechtsfragen aufgeworfen:

Zum Einen war zu klären, inwieweit ein Unfallbeteiligter, der unter einem Schockzustand, auch hervorgerufen durch Verletzungen, steht, verpflichtet ist einen Alkotest nach Aufforderung durchzuführen bzw inwieweit es einem solchen Fahrzeuglenker ein Alkotest ermöglicht werden muß, wenn er sich im Nachhinein zur Vornahme des Alkotests bereit erklärt und zum Anderen, wann eine Amtshandlung beendet ist.

Zu erster Frage wird auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen (VwGH vom 11.12.1978, 23/78), wonach ein sogenannter Unfallschock nur in besonders gelagerten Fällen und bei gravierenden psychischen Ausnahmefällen das Unterlassen eines pflichtgemäßen Verhaltens entschuldigt. Ist ein Unfallbeteiligter dispositionsfähig geblieben, so ist ihm selbst in Verbindung mit einer begreiflichen affektiven Erschütterung pflichtgemäßes Verhalten zumutbar, weil von einem Kraftfahrer, welcher die Risken einer Teilnahme am Straßenverkehr auf sich nimmt, ein solches Maß an Charakter- und Willensstärke zu verlangen ist, daß er den Schreck über Unfall und die etwa drohenden Folgen zu verwinden vermag. Daß die Beschuldigte im vorliegenden Fall dispositionsunfähig geworden ist, ist schon aufgrund oben genannter Beweiswürdigung nicht anzunehmen. Zusätzlich ist aber zu bemerken, daß sich die Beschuldigte nach eigenen Angaben und auch nach Darstellung mehrerer Zeugen innerhalb weniger Minuten besonnen hat und um die Vornahme des Alkotests ersuchte bzw sich zur Vornahme bereiterklärte. Auch war sie sich nach glaubhafter Aussage des RvI Dietmar L offensichtlich bewußt, daß eine Führerscheinabnahme ausgesprochen wurde, war sich somit der Bedeutung dieser Amtshandlung bewußt. Angesichts dieses Umstandes kann nun nicht davon ausgegangen werden, daß sich die Beschuldigte tatsächlich bei der nur wenige Minuten zuvor stattgefundenen Aufforderung zur Vornahme eines Alkotests in einer derart gravierenden psychischen Ausnahmesituation befunden hat, daß von Dispositionsunfähigkeit gesprochen werden muß, sondern ist entsprechend oben zitiertem Judikat davon auszugehen, daß die Beschuldigte eben das von ihr verlangte Maß an Charakter- und Willensstärke nicht aufgebracht hat. In diesem Fall ändert auch eine nachträgliche Bereitschaft zur Vornahme des Alkotests nichts an der Strafbarkeit des gesetzten Verhaltens.

Hinsichtlich der zweiten Rechtsfrage war auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen (VwGH vom 9.5.1975, 1925/74, VwGH vom 17.11.1982, 82/03/00107 und vom 19.10.1988, 88/02/0074). Entsprechend dieser Rechtsprechung ist der Beschuldigten zwar zuzugestehen, daß gegenständliches Delikt nicht bereits mit der ersten Verweigerung der Vornahme des Alkotestes verwirklicht wurde, die Amtshandlung war aber nicht erst mit Ausstellung der Bestätigung nach §76 KFG abgeschlossen, sondern bereits zu dem Zeitpunkt da sich der Meldungsleger, RevI L, mit der Beschuldigten aufs Kommissariat begab. Zu diesem Zeitpunkt war die der Feststellung des Grades der Alkoholbeeinträchtigung der Beschuldigten dienende Amtshandlung bereits (erfolglos) beendet und wurde seitens des intervenierenden Polizeibeamten bereits eine andere Amtshandlung, die dem einem gesetzten Alkoholdelikt folgenden Administrativverfahren zugehört, begonnen. Der Berufung war somit in der Schuldfrage keine Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis unter Abänderung der Tatanlastung, die der sprachlichen Verbesserung und Anpassung an den Straftatbestand diente, zu bestätigen.

Eine nähere Begründung zur Strafbemessung konnte unterbleiben, da die Behörde erster Instanz ohnehin die Mindeststrafe verhängt hat. Gründe, von §20 VStG (außerordentliche Milderung der Strafe) Gebrauch zu machen, lagen nicht vor, zumal zwar der Beschuldigten zugestanden wird, daß sie kein gravierendes Verschulden an der Verwaltungsübertretung trifft, angesichts der Tatsache, daß die Beschuldigte verwaltungsstrafrechtlich nicht mehr unbescholten ist, konnte aber auch kein konkreter Milderungsgrund gefunden werden konnte, und sind somit die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach obzitierter Norm (beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen) nicht gegeben. Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des §64 Abs1 und 2 VStG.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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