TE UVS Stmk 1993/03/08 30.2-63/92

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.03.1993
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat über die Berufung des Herrn M. W., vertreten durch Dr. P. K., Rechtsanwalt in G., K.-gasse 12, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 8.5.1992, GZ.: III/St - 15.273/91, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) nach durchgeführter öffentlicher, mündlicher Verhandlung vom 8.3.1993 wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen, gemäß § 19 VStG wird die jeweils verhängte Strafe jedoch mit S 500,-- (je 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) bemessen und gemäß § 62 Abs 4 AVG der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Tatzeit auf den 18.5.1991 berichtigt.

Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens der Behörde erster Instanz vermindert sich somit auf S 100,--.

Text

Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, eine Übertretung des § 11 Abs 1 StVO und des § 52b Z 15 StVO begangen zu haben. Hiefür wurde eine Geldstrafe von je S 1.000,-- (je 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt und als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens ein Betrag von S 200,-- vorgeschrieben. Gegen diese Entscheidung richtet sich die rechtzeitige Berufung, in der der Berufungswerber im wesentlichen ausführt, er sei durch das Abbiegemanöver eines rechts vor ihm fahrenden Fahrzeuges ebenfalls zum Abbiegen nach links gezwungen gewesen und sei der Meinung gewesen, nur durch das Linksabbiegen einen Verkehrsunfall durch Kontakt mit dem abbiegenden Pkw oder durch das Auffahren eines nachkommenden Pkw's vermeiden zu können. Die in gleicher Richtung fahrende Straßenbahn habe er nicht gesehen, sodaß er der Meinung gewesen sei, durch das Abbiegen am ehesten eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer vermeiden zu können. Es könne ihm daher höchstens eine Fehleinschätzung der Verkehrssituation angelastet werden, wenn man von der Tatsache ausgehe, daß vor ihm ein helles Kfz nach links in die Franz-Graf-Allee eingebogen sei. Im übrigen sei die Strafe mit je S 1.000,-- für einen Studenten ohne Einkommen überhöht. Der Berufungswerber stellte daher den Antrag, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben, in eventu eine angemessene Strafmilderung vorzunehmen. Bei der durchgeführten öffentlichen, mündlichen Verhandlung gab der Berufungswerber im wesentlichen an, er habe damals die Absicht gehabt, auf der Glacisstraße in Richtung Norden weiterzufahren und sei es ihm bekannt gewesen, daß bei der Kreuzung Glacisstraße Franz-Graf-Allee ein Linksabbiegeverbot bestehe. Es habe zum fraglichen Zeitpunkt aufgelockerter Fahrzeugverkehr geherrscht, vor seinem Fahrzeug habe sich kein Fahrzeug befunden, seitlich und hinter ihm seien ihm einige Fahrzeuge nachgefahren. Er habe den linken Fahrstreifen benutzt, als plötzlich von rechts ein Fahrzeug auf seinen Fahrstreifen wechselte und in weiterer Folge in die Franz-Graf-Allee einbog. Dieses Fahrzeug, ein helles Mittelklasseauto, sei bei diesem Fahrmanöver etwa eine Fahrzeuglänge vor seinem Pkw nach links in die Franz-Graf-Allee eingebogen. Er selbst habe eine Fahrgeschwindigkeit von etwa 40 km/h eingehalten und habe aufgrund des Fahrmanövers des vor ihm nach links einbiegenden Pkw's sein Fahrzeug nach links auf die Straßenbahnschienen gelenkt und gleichzeitig gebremst, um eine Kollision mit dem Lenker des einbiegenden Fahrzeuges zu vermeiden. Er sei dann ohne Anzuhalten und nachdem er sich davon überzeugt habe, daß hinter ihm kein Fahrzeug nachfuhr, in die Franz-Graf-Allee eingebogen. Er habe sich jedenfalls durch einen Blick in den Seitenspiegel davon überzeugt, daß kein Fahrzeug, insbesondere auch kein Schienenfahrzeug, nachfolgte und sei sodann in weiterer Folge nach links in die Franz-Graf-Allee eingebogen. Sein vorschriftswidriges Linksabbiegen sei für ihn die einzige Möglichkeit gewesen, eine Kollision mit dem vorschriftswidrig vor ihm nach links einbiegenden Fahrzeug zu vermeiden.

Die Zeugin Marchl gab an, sich nur mehr daran erinnern zu können, daß ein Fahrzeug vom rechten Fahrstreifen relativ knapp vor dem Fahrzeug des Berufungswerbers nach links geschnitten habe und in der Folge in die Franz-Graf-Allee eingebogen sei. Sie habe von einer Bremsung des Berufungswerbers nichts bemerkt, auch habe sie nichts davon bemerkt, daß eine nachfolgende Straßenbahn stark abbremsen hätte müssen. Sie könne sich auch nicht daran erinnern, daß der Berufungswerber sich über die unkorrekte Fahrweise des von rechts nach links einbiegenden Verkehrsteilnehmers geäußert hätte, sie habe nur gesehen, daß der Berufungswerber von dem Lenker des hellen Fahrzeuges geschnitten wurde.  Die ganze Angelegenheit sei für sie jedoch nicht wichtig gewesen. Das nach links einbiegende und den Berufungswerber schneidende Fahrzeug sei, als sie es bemerkte, etwa zwei bis drei Meter vor dem Fahrzeug des Berufungswerbers gewesen. Der Berufungswerber sei dann in der Folge ohne anzuhalten ebenfalls nach links in die Franz-Graf-Allee eingebogen. Der Zeuge Norbert Pustak gab an, sich an den gegenständlichen Vorfall deshalb noch gut erinnern zu können, da er als Lenker des Schienenfahrzeuges damals einen Vorfallensbericht an die GVB habe machen müssen. Nachdem er von der Haltestelle

Opernhaus

Farbe nach links in die Franz-Graf-Allee einbiegen sehen. Als dieses Fahrzeug vor ihm nach links in die Franz-Graf-Allee eingebogen war, habe er gerade das Schienenfahrzeug beschleunigt und sich hiebei in einer Entfernung von ca 20 Meter vor der an der Kreuzung befindlichen VSA befunden. Er habe beobachtet, daß dieses graue Fahrzeug, als die VSA von rot auf grün schaltete, mit quietschenden Reifen nach links in die Franz-Graf-Allee bog. Als dieses Fahrzeug den gegenständlichen Kreuzungsbereich bereits verlassen gehabt habe, sei ein VW-Golf ebenfalls nach links in die Franz-Graf-Allee eingebogen. Als er wahrgenommen habe, daß der VW-Golf nach links hinüberschwenkte, habe er sofort die Notbremsung betätigt und habe er nur mit Mühe eine Kollision mit diesem VW-Golf vermeiden können. Das erste von ihm bemerkte graue Fahrzeug sei jedenfalls schon längst außerhalb des Kreuzungsbereiches gewesen, als der Berufungswerber sein Fahrzeug äußerst knapp vor der herannahenden Straßenbahn plötzlich nach links verriß und in engem Bogen, im Bereich der Kreuzungsmitte nach links in die Franz-Graf-Allee eingebogen sei. Er könne sich jedenfalls nicht daran erinnern, daß der Berufungswerber durch den vorher nach links abbiegenden Lenker des hellen Fahrzeuges irgendwie behindert oder dazu genötigt worden wäre, ebenfalls nach links in die Franz-Graf-Allee einzubiegen. Vielmehr sei es so gewesen, daß der Berufungswerber sein Fahrzeug, ohne zu blinken, knapp vor seinem herannahenden Straßenbahnzug nach links in die Franz-Graf-Allee lenkte. Zum Zeitpunkt, als er seinen Straßenbahnzug in Bewegung gesetzt habe, habe die VSA gerade von rot auf rot-gelb umgeschaltet und sei jenes Fahrzeug, welches vor dem Berufungswerber nach links in die Franz-Graf-Allee eingebogen war, seiner Meinung nach vom linken geradeaus führenden Fahrstreifen im relativ flachen Winkel nach links in die Franz-Graf-Allee eingebogen. Eine Bremsung seines Straßenbahnzuges war zu diesem Zeitpunkt nicht erforderlich, da er sich hiebei noch etwas weiter weg von der Kreuzung befunden habe, und dieses Fahrzeug mit hoher Geschwindigkeit und quietschenden Reifen in die Franz-Graf-Allee eingebogen sei. Er habe sich noch gedacht, daß dies ein "Wahnsinniger" sei. Unmittelbar darauf habe der Berufungswerber sein Fahrzeug ebenfalls nach links versetzt und sei im Bereich des Kreuzungsmittelpunktes in der Folge plötzlich nach links in die Franz-Graf-Allee eingebogen. Eine Notwendigkeit für dieses vorschriftswidrige Abbiegemanöver habe aus seiner Sicht nicht bestanden, da der vorher nach links eingebogene Pkw zu diesem Zeitpunkt bereits schon längst die Kreuzung verlassen gehabt habe und für ih n bereits außer Sichtweite gewesen war. Aus den Angaben der vernommenen Zeugen geht schlüssig hervor, daß ein ebenfalls am linken Fahrstreifen der Glacisstraße in Richtung Norden fahrendes Fahrzeug beim Umschalten der VSA von rot auf grün stark beschleunigend, im flachen Bogen nach links in die Franz-Graf-Allee einbog. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Lenker der Straßenbahnlinie 7 die Haltestelle beim Opernhaus gerade verlassen und beschleunigte sein Fahrzeug auf eine Geschwindigkeit von etwa 25 km/h. Er befand sich dabei etwa 30 bis 40 Meter vor der Kreuzung Glacisstraße/ Franz-Graf-Allee. Der Berufungswerber, der ebenfalls den Fahrstreifen in Richtung Norden benutzte, lenkte sein Fahrzeug vorerst leicht nach links und bog dann plötzlich, vor dem Kreuzungsmittelpunkt, in engem Bogen in die Franz-Graf-Allee ein. Zum Zeitpunkt dieses Abbiegemanövers hatte der vor ihm einbiegende Lenker eines hellen Fahrzeuges den Kreuzungsbereich bereits verlassen und bestand für den Berufungswerber schon aus diesem Grund kein zwingender Anlaß, entgegen dem dort angebrachten Vorschriftszeichen gemäß § 52b Z 15 StVO seine Fahrt nach links fortzusetzten. Eine Behinderung des Berufungswerbers in der Weise, daß dieser, aufgrund des Fahrmanövers des vor ihm nach links einbiegenden Fahrzeuglenkers ebenfalls dazu gezwungen gewesen wäre, nach links einzubiegen hat das durchgeführte Verfahren nicht ergeben. Dies ergibt sich insbesondere aus den durchaus glaubwürdigen und schlüssigen Angaben des Zeugen N. P.. Daß sonstige, sich aus der Verkehrslage ergebende, zwingende Umstände dafür vorgelegen gewesen wären, wurde vom Berufungswerber selbst nicht behauptet.

Das vom Berufungswerber durchgeführte Abbiegemanöver erfolgte knapp vor dem ebenfalls in Richtung Norden fahrenden und eine Fahrgeschwindigkeit von etwa 25 km/h einhaltenden Straßenbahnzug der Linie 7. Eine Kollision mit dem Fahrzeug des Berufungswerbers konnte vom Lenker dieses Schienenfahrzeuges nur durch sofortiges Einleiten einer Notbremsung verhindert werden. Durch die durchgeführte Notbremsung erlitt ein Fahrgast der gegenständlichen Straßenbahnlinie leichte Verletzungen. Gemäß § 11 Abs 1 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrtrichtung nur ändern oder den Fahrstreifen wechseln, nachdem er sich davon überzeugt hat, daß dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist. Das Gebotszeichen gemäß § 52b Z 15 StVO zeigt an, daß Lenker von Fahrzeugen nur in der durch den Pfeil angegebenen Fahrtrichtung fahren dürfen. Nach dem an der gegenständlichen Kreuzung angebrachten Gebotszeichen, sowie der auf der Fahrbahn sich befindlichen Bodenmarkierungen (geradeauszeigende sowie ein nach rechts weisender Pfeil), ist den Fahrzeuglenkern eine Richtungsänderung nur nach rechts, ansonsten nur das Geradeausweiterfahren vorgeschrieben.

Wie aus den Angaben des Berufungswerbers selbst hervorgeht, führte er die Fahrtrichtungsänderung durch, nachdem er durch einen Blick in den linken Seitenspiegel keine Verkehrsteilnehmer gesehen hatte. Schon daraus ist ersichtlich, daß er seiner zumutbaren Verpflichtung im Sinne des § 11 Abs 1 StVO nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist. Ein Blick lediglich in den linken Außenspiegel reicht nicht aus, insbesondere den eventuell nachfolgenden Verkehr ausreichend beobachten zu können und sich derart zu überzeugen, daß eine beabsichtigte Fahrtrichtungsänderung ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist. Wäre er seiner Verpflichtung durch einen weiteren Blick in den Innenspiegel sowie insbesondere über die Schulter nachgekommen, hätte er das herannahende Schienenfahrzeug rechtzeitig erkennen und so von seiner beabsichtigten Fahrtrichtungsänderung rechtzeitig Abstand nehmen können. Daß dem Berufungswerber ein solches Verhalten ohne sein Verschulden unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, hat das durchgeführte Verfahren nicht ergeben. Die dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen erscheinen daher in subjektiver als auch in objektiver Richtung als gegeben und von ihm zu verantworten.

Bei der Strafbemessung ist die Behörde davon ausgegangen, daß der Berufungswerber kein bzw. aus Teilzeitbeschäftigungen nur ein geringes Einkommen hat, und daß Erschwerungsgründe nicht vorliegen. Des weiteren wurde dem Berufungswerber auch zugute gehalten, daß er, offensichtlich aus einer Fehleinschätzung der zum fraglichen Zeitpunkt gegebenen Verkehrssituation heraus, das gegenständliche Fahrmanöver durchgeführt und so die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen hat. Da somit davon ausgegangen werden konnte, daß die Verhängung einer geringeren, insbesondere seinen Einkommensverhältnissen entsprechenden Geldstrafe den Strafzweck erfüllen wird, war die jeweils verhängte Strafe wie im Spruch ersichtlich herabzusetzen. Die Berichtigung des Tattages hinsichtlich der im Spruch genannten Jahreszahl (1992) auf 1991 konnte schon deshalb durchgeführt werden, als es sich hiebei - wie aus der Aktenlage ersichtlich - um einen offensichtlichen Schreibfehler im Sinne des § 62 Abs 4 AVG handelte. Aufgrund all dieser Erwägungen war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten