TE UVS Niederösterreich 1993/03/09 Senat-BN-92-006

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Veröffentlicht am 09.03.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, Folge gegeben und Punkt 2 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses (Übertretung nach §18 Abs1 Forstgesetz 1975 wegen Durchführung einer bewilligten Rodung im Abbauabschnitt II vor Wiederbewaldung im Abbauabschnitt I) aufgehoben.

 

In diesem Umfange wird auch gemäß §45 Abs1 Z2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Text

Mit dem in Anfechtung gezogenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx wurde Herr W B zweier Übertretungen des Forstgesetzes 1975 schuldig erkannt, mit gegenständlicher Berufungsentscheidung wird lediglich über die Berufung hinsichtlich Punkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses abgesprochen. Hinsichtlich des Deliktes 1 ist aufgrund der verhängten Strafhöhe (verhängt wurde diesbezüglich eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe) eine Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ zuständig, hierüber ist bereits eine gesonderte Berufungsentscheidung ergangen.

 

Im Punkt 2 des angefochtenen Strafbescheides wird Herrn B vorgeworfen, daß er am 26.9.1991 auf den Parzellen Nr 46/2, 46/4, 46/8 und 46/9 (alle KG G) entgegen §18 Abs1 Forstgesetz mit der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft xx vom 20.3.1990, Zl , bewilligten Rodung im Abschnitt II vor der Wiederbewaldung im Abschnitt I begonnen habe. Verhängt wurde wegen dieser angelasteten Übertretung eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 7 Tage).

 

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung mit dem Vorbringen, daß die forsttechnischen Sachverständigen bei ihrem Lokalaugenschein nicht geprüft hätten, aufgrund welcher Ursache die Bäume abgestürzt wären. Die Bezirkshauptmannschaft habe nicht festgestellt, daß die Bäume sowohl vor dem Lokalaugenschein am 26.9.1991 als auch danach durch geologische Veränderungen der Überlagerungskruste und durch witterungsbedingte Einflüsse mitgerissen worden wären. Es hätten mehrere Felsstürze stattgefunden, die neuerlich zwei Bäume mitgerissen hätten. Es sei daher nicht erklärlich, daß dem Beschuldigten der Einfluß durch geologische Veränderungen zur Last gelegt werde, und er daher eine Übertretung des Bescheides vom 20.3.1990 begangen habe. Sowohl im Abschnitt I als auch Abschnitt II wären Felsstürze die Ursache für aus dem Wandabbau herabgefallene Bäume.

 

Aus den genannten Gründen wurde daher die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat hierüber wie folgt erwogen:

 

Zur Klärung des dem Beschuldigten vorgeworfenen und von diesem bestrittenen Sachverhaltes hat die Berufungsbehörde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt (25. Februar 1993) und konnte dabei folgender Sachverhalt festgestellt werden:

 

Dem Beschuldigten wurde von der Bezirkshauptmannschaft xx mit Bescheid vom 20. März 1990, Zl              , die Bewilligung zur Rodung auf den Grundstücken 46/2, 46/4, 46/8 und 46/9 (alle KG G) erteilt. In diesem Bescheid wurde auch vorgeschrieben, daß erst nach der Wiederbewaldung der Terrassen eines Abschnittes der nächste Abschnitt gerodet werden darf.

 

Am 6. Mai 1991 wurde der Beschuldigte durch den Leiter der Berghauptmannschaft yy wegen absturzgefährdeter Überhänge gemäß §22 der Allgemeinen Bergpolizeiverordnung zur Vornahme von Sicherheitsmaßnahmen im Abschnitt II beauftragt. Da bei einer am 30. September 1991 durch die Bergbehörde vorgenommenen Überprüfung festgestellt wurde, daß sich die Gefahr durch Witterungseinflüsse weiter verschärft hat, wurden seitens der Bergbehörde die am 6. Mai 1991 angeordneten Maßnahmen nochmals mit Bescheid vom 4. Oktober 1991 dem Beschuldigten vorgeschrieben. Inhalt dieser Anordnungen war jeweils die Beseitigung der bestehenden Überhänge zur Gewährleistung der Sicherheit der Arbeitnehmer. Zu diesem Zwecke waren die Tagbauwände durch Etagen von maximal 10 m Höhe zu unterteilen. Die Einrichtung der ersten Etage war derart vorzunehmen, daß diese über der Tagbausohle eingerichtet wird. Die nächsthöher gelegene Etage war in einem Abstand von 10 m herzustellen. Weiters wurde das Unterschrämen und das Unterhöhlen der Tagbauwände untersagt. Aufgrund der am 6. Mai 1991 erfolgten Anordnung nahm der Beschuldigte vor und nach dem 26.9.1991 Sprengungen zur Überhangsbeseitigung vor, die auch den Absturz von Bäumen zur Folge hatten.

 

Im Rahmen einer am 26. September 1991 durch zwei Amtssachverständige vorgenommenen Überprüfung wurde festgestellt, daß im Abschnitt II ca 3 - 5 abgestürzte Bäume im Bereich des Überhanges vorgefunden wurden. Ebenso konnten unter dem Überhang Sohlenlöcher (hervorgerufen durch Bohrung) festgestellt werden.

 

Zu diesem Sachverhalt gelangt die Berufungsbehörde aufgrund folgender Beweiswürdigung:

 

In der Berufungsverhandlung wurden neben dem Beschuldigten auch der Leiter der Berghauptmannschaft yy, Berghauptmann Hofrat

  W, Dipl Ing W   P und Oberförster J W (beide Amtssachverständige der Bezirkshauptmannschaft xx) als Zeugen einvernommen.

 

Aufgrund der Aussagen dieser Zeugen steht außer Streit, daß dem Beschuldigten mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft xx vom 20.3.1990, Zl              , die forstrechtliche Bewilligung zur Rodung auf den Grundstücken 46/2, 46/4, 46/8 und 46/9 (alle KG G) erteilt und dabei auch vorgeschrieben wurde, daß erst nach der Wiederbewaldung der Terrassen eines Abschnittes der nächste Abschnitt gerodet werden darf. Ebenso sind die obig erwähnten und von der Bergbehörde vorgeschriebenen Sicherungsmaßnahmen unbestritten.

 

Bestritten wird hingegen die Vornahme von Rodungshandlungen im Abschnitt II (somit die Ursächlichkeit zwischen den vom Beschuldigten gesetzten Maßnahmen und dem Herabstürzen von Bäumen, zusätzlich wird noch die Anordnung der Bergbehörde ins Treffen geführt.

 

Zur Ursächlichkeit zwischen den Sprengungen (Abschnitt II) und den abgestürzten Bäumen vertritt die Berufungsbehörde die Ansicht, daß diese sehr wohl besteht. Der Zeuge Dipl Ing W P erklärte, daß die Korngröße des Materials bei einem natürlichen Felsstürzen anders aussehe (gemeint ist offensichtlich, daß bei Sprengungen die Korngröße wesentlich geringer ist als bei natürlichen Felsstürzen). Die Berufungsbehörde schließt aus dieser durchaus glaubwürdigen und widerspruchsfreien Aussagen, daß im Abbauabschnitt II die Sprengungen Ursache für den Absturz der Bäume waren.

 

In rechtlicher Hinsicht wird der festgestellte Sachverhalt wie folgt gewürdigt:

 

Hinsichtlich des Abschnittes II war der Beschuldigte aufgrund der am 6. Mai 1991 erfolgten Anordnung durch die Bergbehörde verpflichtet, die betreffenden Sicherheitsmaßnahmen durchzuführen. Somit ist im konkreten Fall davon auszugehen, daß der Beschuldigte zu zwei einander widersprechenden Verhaltensweisen verpflichtet wurde. Im Gegensatz zur Erstbehörde vertritt der Unabhängige Verwaltungssenat die Rechtsmeinung, daß dieser Umstand nicht bloß schuldmindernde, sondern sogar schuldausschließende Wirkung hat. Dem Verpflichteten ist es nämlich zur Gänze unmöglich, in einem derartigen Fall beide behördliche Anordnungen zu erfüllen und ergibt sich somit zwangsläufig ein Zuwiderhandeln gegen eine der bescheidmäßigen Vorschreibungen.

 

Die Erstbehörde wirft dem Beschuldigten in diesem Zusammenhang vor, daß eine "ordnungsgemäße Vorgangsweise" in der Form bestanden hätte, sich mit den genannten Stellen in Verbindung zu setzen und über etwaige Möglichkeiten in bezug auf die weitere Vorgangsweise zu sprechen. Dieser Rechtsmeinung kann sich die Berufungsbehörde jedoch nicht anschließen, da dies nichts an der Verbindlichkeit beider (einander widersprechenden) bescheidmäßigen Anordnungen geändert hätte und überdies auch keine taugliche Rechtsgrundlage für die behauptete "ordnungsgemäße Vorgangsweise" vorliegt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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