TE UVS Niederösterreich 1993/03/18 Senat-KS-92-037

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Veröffentlicht am 18.03.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51, (AVG) insoweit Folge gegeben als die verhängte Strafe von

S 3.000,-- auf S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden auf 12 Stunden) herabgesetzt wird.

 

Gleichzeitig wird der Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend korrigiert, daß die Übertretungsnorm und die Strafnorm wie folgt zu lauten haben:

Übertretungsnorm: "§367 Z26 GewO 1973 iVm Auflagepunkt 8 des Bescheides des Magistrates der Stadt xx vom 5. März 1992, Zl. VI/1

   1990"

Strafnorm: "§367 Einleitungssatz GewO 1973".

 

Der an das Land NÖ zu entrichtende Kostenbeitrag für das Verfahren in der ersten Instanz wird gemäß §64 Abs2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52, (VStG) mit S 50,-- festgesetzt.

Text

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt xx vom 18. Sptember 1992, I/6-     92, wurde über die Beschuldigte M R wegen Übertretung der Bestimmung des §367 Z26 Gewerbeordnung 1973, BGBl Nr 50/1974, (GewO 1973) iVm den Auflagepunkt 8 des Bescheides des Magistrates der Stadt xx vom 5. März 1992, VI/I-     1990, "gemäß §367 Z26 Gew0 1973" eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt. In diesem Strafbescheid wird ihr angelastet, es als Gewerbeinhaberin in der weiteren Betriebsstätte in xx,

gasse   , unterlassen zu haben, dafür zu sorgen, daß die Auflage

Punkt 8 des Bescheides vom 5. März 1992, Zl VI/1-     1990,

eingehalten werde; im diesen Auflagepunkt werde vorgeschrieben, daß Warenlieferungen einschließlich Frischdienstlieferungen nur in der Zeit von 06,00 Uhr bis 22,00 Uhr erfolgen dürfen. Am 10. Juli 1992 um 02,15 Uhr sei jedoch entgegen dieser Vorschreibung eine Warenlieferung vorgenommen worden.

 

In der dagegen vom Gatten der Beschuldigten in deren Vertretung erhobenen Berufung vom 4. Oktober 1992, wird darauf hingewiesen, daß bei der gewerberechtlichen Verhandlung am 16. September 1991, im Zuge derer die gegenständliche Auflage formuliert worden ist "nur über die Nachtanlieferungen der Firma S gesprochen worden sei". Außerdem wird ausgeführt, daß der gegenständliche Lebensmittelmarkt seit 30 Jahren Bestand habe, jedoch erst auf Betreiben der Berufungswerberin bzw ihres Gatten eine behördliche Kommissionierung vorgenommen worden sei. Nach dem Bekanntwerden der Beschwerden von der Nachbarin B habe sich die Berufungswerberin sofort eine Kopie der Verhandlungsschrift, in welcher der gegenständliche Auflagepunkt enthalten ist, besorgt und die betroffenen Firmen angewiesen, ihre Tourenpläne entsprechend abzuändern.

 

Zu diesem Berufungsvorbringen hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ am 5. März 1993 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der Beweis erhoben wurde durch Verlesung des Bescheides des Magistrates der Stadt xx vom 5. März 1992, VI/1- 1990 und der Verhandlungsschrift vom 16. September 1991.

 

Aufgrund des Akteninhaltes, des durchgeführten Beweisverfahrens und der Verantwortung der in der Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat durch den Ehegatten vertretenen Berufungswerberin steht folgender Sachverhalt fest:

Die Berufungswerberin ist mit Wirkung vom 11. Juli 1991 im Besitz einer Gewerbeberechtigung für das "Handelsgewerbe gemäß §103 Abs1 litb Z25 GewO 1973, eingeschränkt auf den Einzelhandel" in der weiteren Betriebsstätte in xx,       gasse   . Für diesen Standort wurde mit Bescheid des Magistrates der Stadt xx vom 5. März 1992, Zl VI/1-     1990, "gemäß §§ 333 und 81 der Gewerbeordnung 1973" eine Genehmigung für den "Lebensmittelmarkt samt Heizungs-, Lüftung- und Kälteanlagen, sowie eines Zubaues für einen Personalaufenthaltsraum genehmigt". Diese Genehmigung wurde unter Vorschreibung von Auflagen erteilt, die aus der Verhandlungsschrift vom 16. September 1991, welche einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildet, ersichtlich sind. Die mit diesem Bescheid unter Punkt 8 vorgeschriebene Auflage hat folgenden Wortlaut:

"Warenlieferungen einschließlich Frischdienstlieferungen sowie Entsorgung des Leergutes dürfen nur in der Zeit von 06,00 bis 22,00 Uhr erfolgen."

 

Bei der Genehmigungsverhandlung am 16. September 1991, welche über Antrag der S AG abgeführt worden ist, war auch die Berufungswerberin anwesend. Der in der Folge erlassene Betriebsanlagengenehmigungsbescheid vom 5. März 1992, ist am 10. März 1992 bei der Gewerbebehörde erster Instanz abgefertigt und am 11. März 1992 der Firma S AG zugestellt worden. Nach Ablauf der Rechtsmittelfrist von 2 Wochen ist dieser Bescheid in Rechtskraft erwachsen. Eine Zustellung dieses Bescheid an die Berufungswerberin wurde seitens des Magistrates der Stadt xx nicht vorgenommen.

 

Am 10. Juli 1992 um 02,15 Uhr erfolgte entgegen der Vorschreibung Punkt 8 des vorzitierten Bescheides bei der gegenständlichen Betriebsstätte eine Warenlieferung. Nachdem die Berufungswerberin von Beschwerden von Nachbarseite wegen der Nichteinhaltung dieser Auflage in Kenntnis gesetzt worden ist, hat sie sich beim Magistrat der Stadt xx eine Ausfertigung der Verhandlungsschrift vom 16. September 1991 besorgt, um Kenntnis vom Wortlaut der gegenständlichen Vorschreibung zu erhalten. In weiterer Folge wurden die Anlieferfirmen zur Einhaltung der Anlieferzeiten aufgefordert bzw angehalten.

 

Zu diesen Feststellungen gelangte der Unabhängige Verwaltungssenat aufgrund des Inhaltes des in Kopie vorliegenden Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom 5. März 1992 des Magistrates der Stadt xx, sowie der übrigen zum Teil im Verwaltungsakt der Behörde erster Instanz einliegenden Unterlagen (Verhandlungsschrift vom 16. September 1991) und zum Teil dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegten Unterlagen (Bescheid vom 5. März 1992, VI/1-     1990) und der Verantwortung der Berufungswerberin, die die angelastete Warenlieferung während der Zeit von 22,00 Uhr bis 06,00 Uhr nicht in Abrede gestellt hat und diesbezüglich auf die Einvernahme der Zeugin B in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 5. März 1993 verzichtet hat.

 

Der so festgestellte Sachverhalt war in rechtlicher Hinsicht wie folgt zu beurteilen:

 

Gemäß §367 Z26 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

 

Aufgrund der erzielten Beweisergebnisse steht fest, daß der oben zitierte Auflagepunkt 8 des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom 5. März 1992 am 10. Juli 1992 nicht eingehalten worden ist, weil an diesem Tag um 02,15 Uhr eine Warenlieferung zu der Betriebsstätte in xx,       gasse   , vorgenommen worden ist.

 

Der Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist damit als erwiesen anzusehen.

 

Zum Vorbringen in der Berufung, daß die Beschuldigte an der Verletzung an der gegenständlichen Auflage kein Verschulden treffe, weil sie zur Tatzeit keine Kenntnis der gegenständlichen Auflage gehabt habe, ist auszuführen, das die Unkenntnis einer Verwaltungsvorschrift, der zuwidergehandelt worden ist, nur dann entschuldigt, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist. Wer ein Gewerbe betreibt, muß sich über die das Gewerbe betreffenden Vorschriften unterrichten und im Zweifel bei der zuständigen Behörde eine Auskunft einholen. Wenn dies unterlassen wird, liegt kein unverschuldeter Rechtsirrtum vor.

 

Im vorliegenden Fall hat die Berufungswerberin an der Betriebsanlagengenehmigungsverhandlung am 16. September 1991 teilgenommen und war sowohl über die Tatsache, daß ein Betriebsanlagengenehmigungsverfahren abgeführt wird, als auch über den Inhalt der von den Sachverständigen vorgeschlagenen Auflagen in Kenntnis. Der Umstand, daß sich die Beschuldigte nicht rechtzeitig bei der Gewerbebehörde informiert hat, unter welchen Bedingungen sie die erteilte Betriebsanlagengenehmigung in Anspruch nehmen darf, bzw die Unkenntnis einzelner dieser Bedingungen (Auflagen) können sich nicht schuldbefreiend auswirken. (vgl VwGH vom 23.9.1970, 678/68).

 

Das Verhalten der Beschuldigten im vorliegenden Fall ist daher eindeutig als fahrlässig zu qualifizieren.

 

Ein weiterer Gesichtspunkt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung liegt darin, daß unter den beschriebenen Umständen die Nichteinhaltung der Auflage 8 des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides, die von der Qualität her eine Betriebsvorschrift darstellt, als fortgesetztes Delikt zu werten ist. Dies bedeutet, daß mit der gegenständlichen Bestrafung alle bis zur Fällung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses gesetzten Tathandlungen umfaßt sind. Das gegenständliche Straferkenntnis ist mit 18. September 1992, datiert und wurde 25. September 1992 der Beschuldigten zugestellt.

 

Hinsichtlich der Höhe der verhängten Strafe war folgendes zu erwägen:

 

Gemäß §19 Abs1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens, sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

 

Mit der gegenständlichen Vorschreibung im Punkt 8 des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides wurde die Absicht verfolgt, die Nachbarn der Betriebsstätte vor einer unzumutbaren Lärm- und Geruchsbelästigung während der Nachtzeit zu schützen. Durch die Nichtbeachtung dieser Auflage, ist es somit zu einer Gefährdung der gesetzlich geschützten Interessen in einem durchaus beträchtlichen Maße gekommen.

 

Bei der Strafbemessung war im übrigen vom Vorliegen des Milderungsgrundes der bisherigen Straflosigkeit und vom Fehlen von Straferschwerungsgründen auszugehen. Was das Ausmaß des Verschuldens der Berufungswerberin anlangt, ist von einem fahrlässigen Verhalten auszugehen.

 

Die persönlichen Verhältnisse der Berufungswerberin sind dadurch gekennzeichnet, daß sie kein Vermögen besitzt, vom Einkommen des Ehegatten lebt und für 2 Kinder gemeinsam mit dem Ehegatten sorgepflichtig ist. Angesichts dieser Verhältnisse, besonders aber im Hinblick auf den vorliegenden Milderungsgrund und den relativen geringen Grad des Verschuldens ist der Unabhängige Verwaltungssenat der Ansicht, daß eine Geldstrafe im Betrag von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) ausreicht, um der Beschuldigten das Strafbare ihres Verhaltens vor Augen zu führen bzw sie in Hinkunft von einem gleichartigen strafbaren Verhalten abzuhalten. Da von der Bestrafung auch eine generalpräventive Wirkung ausgehen soll, war für eine weitere Herabsetzung kein Raum.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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