Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
Der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wird jedoch insoweit abgeändert, als die Tatzeit wie folgt zu lauten hat:
15. April 1991, ca 21,00 Uhr.
Der Berufungswerber hat gemäß §64 Abs1 und 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, S 1.800,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen zu zahlen.
Innerhalb gleicher Frist sind der Strafbetrag und die Kosten des Verfahrens erster Instanz zu bezahlen (§59 Abs2 AVG).
Der angefochtene Bescheid enthält folgenden Spruch:
"Sie haben als Fahrzeuglenker folgende Verwaltungsübertretung begangen:
Zeit: 16. April 1991, 00,15 Uhr
Ort: Krankenhaus xx
Fahrzeug: PKW, Kennzeichen N
Tatbeschreibung:
Einer erforderlichen und ärztlich unbedenklichen Blutabnahme durch einen diensthabenden Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt nicht zugestimmt, obwohl Sie in Verdacht standen, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, bei dem eine Person erheblich vereltzt worden ist, da Sie am 15.4.1991 gegen 20,30 Uhr den PKW Kennzeichen N auf der L aus Richtung G kommend ca 50 m vor dem Ortsgebeit K in Richtung K gelenkt hatten.
Dadurch übertretene Verwaltungsvorschrift, verhängte Strafe und entstandene Verfahrenskosten:
Übertretung gemäß §99 Abs1 litc StVO 1960, §5 Abs6 StVO 1960
Geldstrafe gemäß
§99 Abs1 litc StVO 1960 9.000,00 S
Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Tage
Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß §64 Abs2
des Verwaltungsstrafgesetzes 900,00 S
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Gesamtbetrag 9.900,00 S"
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschuldigte Berufung und brachte im wesentlichen vor, daß sich aus dem Verfahren nicht ergäbe, ob er die Blutabnahme ausdrücklich abgelehnt hätte, oder auf die entsprechende Aufforderung lediglich nicht reagiert habe. Er habe keinerlei Erinnerung an eine derartige Aufforderung und sei lediglich von seinem Zimmerkollegen, dem Zeugen J M, am nächsten Morgen davon informiert worden, daß ein Gendarmeriebeamter bei ihm gewesen sei, er jedoch hierauf bzw auf dessen Aufforderung nicht reagieren konnte. Nach der Einlieferung ins Krankenhaus sei eine Schockbekämpfung erforderlich gewesen, um 00,30 Uhr seien schmerzlindernde Injektion verabreicht worden, sodaß daraus zu schließen sei, daß er tatsächlich nicht in der Lage war, das allfällige Unrecht seines Handelns einzusehen bzw einsichtsgemäß zu handeln.
Am 11. November 1992 und am 10. März 1993 wurden öffentliche mündliche Verhandlungen durchgeführt, im Zuge derer der Beschuldigte, die Zeugen RevInsp H J und RevInsp F G und J M vernommen wurden. Weiters wurde im Zuge der Verhandlung vom Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft xx ein medizinisches Gutachten erstattet. Vom Beschuldigten wurde im Zuge des Verfahrens noch vorgebracht, daß in der Begründung des Straferkenntnisses davon die Rede sei, daß sich der Beschuldigte bei der Aufnahme im Krankenhaus an den Unfallhergang lückenlos erinnern habe können, während im Gutachten des Amtsarztes von einer lückenhaften Erinnerung des Beschuldigten gesprochen werde. Beantragt wurde weiters die Einholung eines unfallchirurgischen Gutachtens und eines neurologischen bzw nervenfacharztlichen Gutachtens zur Beurteilung der Intensität und der Auswirkungen der nach dem Verkehrsunfall auftretenden Schmerzen.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:
Gemäß §5 Abs6 StVO hat die Untersuchung desjenigen, der einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt zwecks Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung vorgeführt wurde, wenn dies erforderlich und ärztlich unbedenklich ist und der Vorgeführte in Verdacht steht, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, eine Blutabnahme zu umfassen.
§99 Abs1 litc StVO bestimmt, daß eine Verwaltungsübertretung begeht und mit einer Geldstrafe von S 8.000,-- bis S 50.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis zu sechs Wochen zu bestrafen ist, wer sich bei Vorliegen der im §5 Abs6 bezeichneten Voraussetzungen weigert, sich Blut abnehmen zu lassen.
Daß die genannten Voraussetzungen des §5 Abs6 StVO für eine Blutabnahme vorlagen, ist erwiesen und wurde vom Beschuldigten auch nicht bestritten.
Aufgrund der glaubwürdigen und schlüssigen Aussagen der Zeugen RevInsp H J und RevInsp F G, an deren Richtigkeit die Berufungsbehörde zu zweifeln keinen Anlaß findet, ist auch erwiesen, daß der Beschuldigte ausdrücklich zur Blutabnahme aufgefordert wurde und diese auch ausdrücklich abgelehnt hat. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, welchen genauen Wortlaut die Aufforderung bzw die Ablehnung hatte, da die beiden genannten Zeugen übereinstimmend angegeben haben, daß der Beschuldigte nicht nur mit Worten zur Durchführung der Blutabnahme aufgefordert wurde, sondern diese auch verstanden hat, da er voll ansprechbar war, und die Blutabnahme auch - unter Verwendung von Worten, das heißt ausdrücklich - abgelehnt hat. Dies zeigt sich auch in der klaren und nachvollziehbaren Aussage des RevInsp H J, wonach die Ablehnung der Blutabnahme keineswegs nur in einem Nichtreagieren bestanden hat, da er auch etwa das bloße Schütteln des Kopfes nicht als Verweigerung betrachtet hätte. Da die Aussagen der beiden Zeugen in diesem Punkt auch übereinstimmend und bestimmt sind, kommt den vom Beschuldigten aufgeworfenen Nebenfragen (wie zB, ob der Zeuge M im gleichen oder einem anderen Zimmer gelegen war) für die Beurteilung des Sachverhaltes keine rechtliche Bedeutung zu. Die klaren, entscheidungsrelevanten Feststellungen der beiden genannten Zeugen konnten auch vom Zeugen J M nicht entkräftet werden, der sich im Zuge der mündlichen Verhandlung am 10. März 1993 an keine Einzelheiten mehr erinnern konnte, insbesondere auch nicht daran, ob der Beschuldigte - wie von diesem behauptet - erst am nächsten Morgen vom Gendarmeriebesuch Kenntnis erlangt hätte und die Blutabnahme nicht ausdrücklich verweigert hätte.
Aus dem Gutachten des Amtsarztes ergibt sich, daß der Beschuldigte bei der Aufnahme im Krankenhaus ansprechbar und voll orientiert war, sodaß er auch imstande war, die Bedeutung der Blutabnahme zu erkennen und die Aufforderung zu dieser zu verstehen. Seine Denkfunktion war daher zu diesem Zeitpunkt im wesentlichen unbeeinträchtigt. Er war voll orientiert und es fehlten jegliche abnorme Reaktionen. Somit ist erwiesen, daß der Beschuldigte nicht nur in der Lage war, die Aufforderung zur Blutabnahme zu verstehen, sondern auch in der Lage gewesen wäre, der Durchführung zuzustimmen. Er war daher durchaus fähig, das Unerlaubte seines Handelns einzusehen und sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten. Auf diese Fähigkeit hatte weder die durchgeführte Schockbekämpfung noch die aufgetretenen Schmerzen eine entscheidene Auswirkung. Dies ist aufgrund der ausführlichen, schlüssigen und nachvollziehbaren Aussagen des Amtsarztes erwiesen.
Die Formulierung in der Begründung des angefochtenen Bescheides, es habe bei der Aufnahme im Krankenhaus eine lückenlose Orientierung an den Unfallhergang gegeben, beruht offenbar auf einem Irrtum, der jedoch offensichtlich nicht entscheidungsrelevant war, da der Amtsarzt auch bei einer lückenhaften Erinnerung eine volle Orientierung der Denkfunktionen annimmt.
Das Gutachten des Amtsarztes enthält zu sämtlichen entscheidungsrelevanten Fragen, insbesondere auch zu den Fragen der Intensität der aufgetretenen Schmerzen sowie zur Frage, inwieweit diese Schmerzen die Denkfunktionen des Beschuldigten beeinträchtigt haben können, ausführlich begründete, schlüssige und klar nachvollziehbare Antworten. Aus diesem Grund konnte auch die beantragte Einholung eines unfallchirurgischen Gutachtens sowie eines nervenfachärztlichen Gutachtens unterbleiben, da die Ausführungen des Amtssachverständigen zu den genannten Fragen keine Unklarheiten offen lassen. Es besteht für die Berufungsbehörde daher kein Anlaß, bezüglich Fragen, die von einem für die Beantwortung kompetenten Sachverständigen bereits mit ausreichender Präzision beantwortet wurden, noch weitere Gutachten einzuholen.
Das Berufungsverfahren hat ergeben, daß die Blutabnahme im Zuge der Durchführung der klinischen Untersuchung, die am 15.4.1991 um 21,00 Uhr begonnen hat, verweigert wurde. Da die klinische Untersuchung keinesfalls über drei Stunden gedauert hat, beruht die Angabe der Tatzeit mit 16. April 1991, 00,15 Uhr, offenbar auf einem Irrtum. Der tatsächliche Zeitpunkt der Verweigerung lag vielmehr bereits vor diesem Zeitpunkt, dh am 15.4.1991 um bzw nach 21,00 Uhr. Die Berichtigung des Tatzeitpunktes konnte aus folgendem Grund erfolgen:
Eine ausreichende Verfolgungshandlung ist innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist insoferne erfolgt, als dem Beschuldigten der gesamte Inhalt der Anzeige - und damit auch das sich auf den richtigen Tatzeitpunkt beziehende Formblatt zur klinischen Untersuchung im Zuge der von seinem Vertreter am 27.6.1991 getätigten Akteneinsicht und der darauf erfolgten Stellungnahmen zu sämtlichen entscheidungsrelevanten Sachverhaltsmerkmalen zur Kenntnis gebracht wurde. Der Beschuldigte hatte somit ausreichend Gelegenheit, zu sämtlichen Tatbestandsmerkmalen der vorgeworfenen Tat Stellung zu beziehen. Die Identität der Tat erfährt durch die Berichtigung des Tatzeitpunktes keine Änderung, da es beim Delikt der Verweigerung der Blutabnahme auf den genauen Zeitpunkt nicht ankommt. Die Tat ist nämlich bereits durch die genaue Beschreibung von Zeit und Ort der Lenkung des Kraftfahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr ausreichend fixiert, sodaß keinerlei Gefahr einer Doppelbestrafung besteht (vgl das analog anwendbare Erkenntnis des VwGH vom 12. September 1986, 85/18/0147). Auch für die Anwendung des gesamten Ermittlungsverfahrens ist der konkrete Zeitpunkt der Verweigerung unerheblich. Dies trifft insbesondere für die Anwendung des medizinischen Gutachtens zu.
Eine aktenkundige Änderung des medizinisch relevanten Sachverhaltes nach der Aufnahme im Krankenhaus ist nämlich erst durch die erste schmerzlindernde Injektion um 00,30 Uhr erfolgt. Dieser Zeitpunkt liegt aber sowohl nach dem von der Behörde erster Instanz angenommenen als auch nach dem von der Berufungsbehörde berichtigten Tatzeitpunkt. Es ist daher auch das Gutachten des Amtssachverständigen, das sich in den wesentlichen Fragen am Aufnahmezeitpunkt im Krankenhaus orientiert, für die Beurteilung des berichtigten Tatzeitpunktes anwendbar.
Zur Strafzumessung ist festzustellen:
Gemäß §19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.
Eine Gefährdung der gesetzlich geschützten Interessen ist im konkreten Fall deshalb erfolgt, weil der Berufungswerber durch sein Verhalten das Interesse an der Feststellung, ob er sich zum Zeitpunkt der Lenkung des Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat oder nicht, vereitelt hat.
Aus dem bereits dargelegten Erwägungen war der Beschuldigte durchaus in der Lage, das Unerlaubte seines Verhaltens einzusehen und sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten, sodaß ihm zumindest fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen ist.
Mildernd ist die bisherige Unbescholtenheit zu werten. Erschwerende Umstände liegen nicht vor. Aktenkundig sind folgende persönliche Verhältnisse:
Verheiratet, Sägewerksbesitzer, Einkommen ca S 10.000,-- monatlich, ca 25 ha landwirtschaftlich genutzte Grundfläche im gemeinsamen Besitz mit der Gattin, Sorgepflicht für 3 Kinder.
Unter Berücksichtigung der genannten Strafzumessungsgründe und der Tatsache, daß der Strafrahmen für die gegenständliche Übertretung eine Geldstrafe von S 8.000,-- bis S 50.000,-- vorsieht, ist die verhängte Geldstrafe in der Höhe von S 9.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Tage), die sich im untersten Bereich dieses Strafrahmens bewegt, als durchaus angemessen und keineswegs als überhöht anzusehen.
Die Berufung war daher abzuweisen.
Gemäß §64 VStG beträgt der Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren 20 % der verhängten Strafe.