Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr Pipal über die Berufung der Frau Erika S, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 1./8. Bezirk, MBA 1/8 - S/8909, 8910/91, vom 11.9.1992, wegen Übertretung des § 30 KJBG iVm §§ 11 und 17 leg cit und § 28 Abs 1 AZG iVm § 9 leg cit, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16.3.1993 wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung in der Schuldfrage keine Folge
gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Tatumschreibung lautet:
"Sie haben es als Geschäftsführerin und somit als zur Vertretung nach
außen berufenes Organ der "H-gesellschaft mbH" als Komplementär der "A Gesellschaft mbH, nunmehr KG" als Arbeitgeberin zu vertreten, daß im Betrieb in Wien, N-Markt
(I. Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetz:)
A) die tägliche Arbeitszeit der jugendlichen Lehrlinge
1)
Herr Z am 17.5.1991 10 Stunden 24 Minuten,
2)
Herr W am 6.5.1991 9 Stunden 31 Minuten und am 7.5.1991 9 Stunden 10 Minuten
und somit jeweils mehr als 9 Stunden betrug,
B) die Nachtruhe folgender jugendlichen Lehrlinge im Gastgewerbe,
welche um 22.00 Uhr zu beginnen hat, an folgenden Tagen nicht eingehalten wurde, und zwar
4) Herr P am 24.5.1991 (Arbeitsende 22.14 Uhr) und am 27.5.1991 (Arbeitsende 22.30 Uhr),
6)
Herr S am 23.5.1991 (Arbeitsende 23.01 Uhr),
7)
Herr F am 7.5.1991 (Arbeitsende 22.14 Uhr) und
8)
Herr Z am 12.5.1991 (Arbeitsende 22.26 Uhr), am 13.5.1991 (Arbeitsende 22.16 Uhr), am 17.5.1991 (Arbeitsende 23.53 Uhr), am 26.5.1991 (Arbeitsende 22.21 Uhr), am 27.5.1991 (Arbeitsende 22.16 Uhr), am 29.5.1991 (Arbeitsende 22.45 Uhr) und am 30.5.1991 (Arbeitsende 22.19 Uhr),
(II. Arbeitszeitgesetz:)
die höchstzulässige Tagesarbeitszeit von 10 Stunden gemäß § 9 AZG
bei
folgenden Arbeitnehmern nicht eingehalten wurde:
15) Herr G: am 7.5.1991 Tagesarbeitszeit 10 Stunden 32 Minuten, am 14.5.1991 Tagesarbeitszeit 10 Stunden 40 Minuten, am 25.5.1991 Tagesarbeitszeit 11 Stunden 15 Minuten,
16)
Herr B: am 22.5.1991 Tagesarbeitszeit 10 Stunden 38 Minuten,
17)
Herr M: am 12.5.1991 Tagesarbeitszeit 14 Stunden 26 Minuten,
18)
Herr P: am 12.5.1991 Tagesarbeitszeit 10 Stunden 35 Minuten, am 13.5.1991 Tagesarbeitszeit 11 Stunden 39 Minuten,
19)
Herr Z: am 22.5.1991 Tagesarbeitszeit 10 Stunden 36 Minuten und
20)
Frau R: am 7.5.1991 Tagesarbeitszeit 10 Stunden 28 Minuten und am 14.5.1991 Tagesarbeitszeit 10 Stunden 34 Minuten."
Die zwei Tathandlungen betreffend Herrn W treten also zu einer Verwaltungsübertretung zusammen (Punkt 2), ebenso die zwei Tathandlungen betreffen Herrn P (Punkt 4), die sieben Tathandlungen nach § 17 Abs 2 KJBG betreffend Herrn Z (Punkt 8), die drei Tathandlungen betreffend Herrn G (Punkt 15), die zwei Tathandlungen betreffend Herrn P (Punkt 18) und die zwei Tathandlungen betreffend Frau R (Punkt 20).
Die verletzten Rechtsvorschriften lauten:
Zu I. A):
§ 11 Abs 3 in Verbindung mit § 30 KJBG,
Zu I. B):
§ 17 Abs 2 in Verbindung mit § 30 KJBG,
Zu II.:
§ 9 in Verbindung mit § 28 Abs 1 AZG.
Der Berufung wird hinsichtlich der Strafhöhe insofern Folge gegeben, als zu den Verwaltungsübertretungen laut Punkt 1), 8) und 17) die Geldstrafe auf je S 1.800,--, zu den Verwaltungsübertretungen laut Punkt 15) und 18) die Geldstrafe auf je S 1.500,--, zu den Verwaltungsübertretungen laut Punkt 2), 4) 6) und 7) die Geldstrafe auf je S 1.200,-- und zu den Verwaltungsübertretungen laut Punkt 16)
19) und 20) die Geldstrafe auf je S 1.000,-- sowie weiters zu den Verwaltungsübertretungen laut Punkt 16), 19) und 20) die Ersatzfreiheitsstrafe auf je 60 Stunden herabgesetzt wird. Dementsprechend verringert sich der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG auf jeweils 10 % der nunmehr verhängten Geldstrafe, insgesamt S 1.620,--. Die Berufungswerberin hat gemäß § 65 VStG keinen Beirag zu den Kosten
des Berufungsverfahrens zu leisten.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 17.820,--.
Begründung:
1. Der gegenständlichen Berufung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Magistrat der Stadt Wien erließ gegenüber der Berufungswerberin ein Straferkenntnis vom 11.9.1992 mit dem Spruch (wörtlich):
"Sie haben es als handelsrechtlich bestellte Geschäftsführerin und somit zur Vertretung nach außen Berufene der H-gesellschaft mbH als Komplementärin der A Gesellschaft als Arbeitgeberin
I) die Bestimmungen des Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetzes insoferne nicht eingehalten, als im Betrieb in Wien, N-Markt, folgende Übertretungen festgestellt wurden:
A: Tagesarbeitszeit
Name Arbeitstag Tagesarbeitszeit
1) Hr Z 17.5.1991 10 Std 24 Min
2) Hr W 6.5.1991 9 " 31 "
3) " " 7.5.1991 9 " 10 "
Damit wurde der § 11 des KJBG übertreten, da jugendliche Lehrlinge
mehr als 9 Stunden/Tag zu Arbeiten herangezogen worden sind.
B: Nachtruhe
Name Arbeitstag Arbeitsende
4) Hr P 24.5.1991 22.14 Uhr
5) " " 27.5.1991 22.30 "
6) Hr S 23.5.1991 23.01 "
7) Hr F 7.5.1991 22.14 "
8) Hr Z 12.5.1991 22.26 "
9) " " 13.5.1991 22.16 "
10) " " 17.5.1991 23.53 "
11) " " 26.5.1991 22.21 "
12) " " 27.5.1991 22.16 "
13) " " 29.5.1991 22.45 "
14) " " 30.5.1991 22.19 "
Damit wurde der § 17 des KJBG übertreten, da jugendliche Lehrlinge
zu
Arbeiten nach 22.00 Uhr herangezogen worden sind.
und II) die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes im Betrieb in Wien,
N-Markt, insoferne nicht eingehalten wurden, als folgende
Übertretungen festgestellt wurden:
Name Arbeitstag Tagesarbeitszeit
Hr G 7.5.1991 10 Std 32 Min
" " 14.5.1991 10 " 40 "
" " 25.5.1991 11 " 15 "
Hr B 22.5.1991 10 " 38 "
Hr M 12.5.1991 14 " 26 "
Hr P 12.5.1991 10 " 35 "
" " 13.5.1991 11 " 39 "
Hr Z 22.5.1991 10 " 36 "
Hr R 7.5.1991 10 " 28 "
" " 14.5.1991 10 " 34 "
Damit wurde der § 9 des Arbeitszeitgesetzes (AZG) BGBl Nr 461/1969
in
der geltenden Fassung übertreten, da - wie aus obenstehender Zusammenstellung zu ersehen ist - Arbeitnehmer mehr als 10 Stunden/Tag zu Arbeiten herangezogen worden sind.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
zu I) A und B nach § 30 des Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetzes BGBl 599/87, in der derzeit geltenden Fassung in Verbindung mit zu I) A 1) - 3) § 11 und zu I) B
4) - 14) § 17 des zitierten Gesetzes, zu II) § 28 (1) des Arbeitszeitgesetzes, BGBl Nr 461/1969 in der geltenden Fassung in Verbindung mit § 9 des zitierten Gesetzes."
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurde jeweils eine Geldstrafe und eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt sowie ein Verfahrenskostenbeitrag zur Zahlung vorgeschrieben. Dieser Sachverhalt wurde aufgrund von zwei Anzeigen des Arbeitsinspektorates für den 1. Aufsichtsbezirk vom 29.7.1991 festgestellt und der Berufungswerberin mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30.8.1991 zur Kenntnis gebracht. Die Berufungswerberin übermittelte durch ihren Rechtsvertreter eine Rechtfertigung vom 24.10.1991 und eine weitere vom 4.11.1991. Nach einer dazu abgegebenen Stellungnahme des Arbeitsinspektorates vom 25.11.1991 wurde durch den mittlerweile neu bevollmächtigten Rechtsvertreter eine niederschriftliche Erklärung vom 20.3.1992 sowie
eine Stellungnahme vom 14.5.1992 abgegeben, auf welche letztere offensichtlich das Arbeitsinspektorat mit einem weiteren Schriftsatz erwiderte.
Nach Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses wurde fristgerecht eine mündliche Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien eingebracht, worin zum einen die Bestellung von
Herrn B zum verantwortlichen Beauftragten bzw Bevollmächtigten im Sinne des § 30 (sic!) AZG für den Restaurant- und Küchenbereich und von Frau W für die restlichen Agenden behauptet wurde; es wurde ein entsprechendes Schreiben vom 20.12.1990 und eines vom 27.12.1990 vorgelegt; weiters wurde behauptet, daß die im Straferkenntnis angeführten Beschäftigungszeiten nicht stimmten, weil die Lehrlinge bzw Arbeitnehmer nach Ende der Arbeitszeit ausgedehnte Pausen in ihrem Aufenthaltsraum machten und erst danach die Stechuhr betätigten.
Über Auftrag der Erstbehörde wurden sodann zwei Zustimmungsnachweise vom 16.11.1992 vorgelegt und in weiterer Folge zwei weitere, datiert mit 21.12.1990 bzw 29.12.1990.
Das Arbeitsinspektorat gab zur Berufung eine Stellungnahme ab.
2. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:
Im vorliegenden Fall ist zunächst die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit der Berufungswerberin für die Einhaltung der Vorschriften des KJBG und des AZG zu prüfen.
Gemäß § 9 Abs 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Nach Abs 2 der angeführten Bestimmung sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der
strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere
Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgerenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
Gemäß Abs 4 kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.
Die Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Haftung setzt eine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten voraus. Spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens muß bei der Behörde
ein - aus der Zeit vor der Begehung der Übertretung stammender - Zustimmungsnachweis des verantwortlichen Beauftragten einlangen. Von einem aus der Zeit vor der Begehung der Verwaltungsübertretung stammenden Zustimmungsnachweis kann aber nur dann gesprochen werden, wenn ein die Zustimmung zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten betreffendes Beweisergebnis schon vor der Begehung der Tat vorhanden war, etwa in Form einer entsprechenden Urkunde. Beweispflichtig für das Zustandekommen eines solchen Beweisergebnisses schon vor Begehung der Tat ist der Beschuldigte (vgl VwGH vom 27.9.1988, Zl 86/08/0095).
Zunächst wurden in der Rechtfertigung vom 24.10.1991 die Verwaltungsübertretungen ausdrücklich gestanden.
In der Rechtfertigung vom 4.11.1991 wurde ausgeführt:
"... Die von uns vertretenen Geschäftsführerinnen haben intern ihre Aufgabenbereiche so geteilt, daß für die Arbeitseinteilung und für die Einhaltung der Arbeitszeit für Lehrlinge und die übrigen Arbeitnehmer Fr Erika S zuständig ist. ..."
In gleicher Weise äußerte sich nach einem Wechsel in der Rechtsvertretung auch der nunmehr bevollmächtigte Anwalt am 20.3.1992. Sodann wurde in einer weiteren Stellungnahme vom 14.5.1992
ausgeführt:
"... In diesen Bereichen wird der konkrete Arbeitsplan für die jeweiligen Angestellten von den Rayon-Chefs erstellt. Diese sind nicht nur über die arbeitszeitrechtlichen Vorschriften genauestens informiert, sondern auch strikt angehalten, sämtliche dieser Vorschriften, insbesondere betreffend die Höchstarbeitszeiten, strikt
einzuhalten, was auch in der Planung bis jetzt lückenlos und anstandslos eingehalten wurde. ... An den konkreten Vorhalten im Mai 1991 trifft mich jedoch kein Verschulden im Sinne des § 5 VStG. Ich selber kann angesichts der Größe des Betriebes und der Anzahl der Dienstnehmer nicht persönlich sämtliche Arbeitspläne erstellen und nicht zu jeder Zeit das Eintreffen und Verlassen des Hauses jedes einzelnen Angestellten mit der Uhr überprüfen. Die konkrete Arbeitszeiteinteilung bzw den Arbeitsplan des Tages und der Woche erstellt in den hier inkriminierten Ressorts der jeweilige Ressortchef eigenverantwortlich. Diese meine Mitarbeiter sind nicht nur über die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes genauestens instruiert, sondern auch angewiesen, diese Bestimmungen strikte einzuhalten und mit entsprechenden Anordnungsbefugnissen gegenüber den untergeordneten Dienstnehmern ausgestattet. Ich selber muß und darf mich bei den über 120 Dienstnehmern mit regelmäßigen stichprobenartigen Kontrollen begnügen und habe in der jahrzehntelangen bisherigen Tätigkeit in der Branche praktisch keinen
Grund zur Beanstandung gehabt. ..."
Erstmals in der Berufung, somit nach Eintritt der Verfolgungsverjährung, wurde sodann behauptet, der Restaurant- und Küchenleiter, Herr B, sei zum verantwortlichen Beauftragten bzw Bevollmächtigten bestellt worden und für die Überwachung der Beschäftigungszeiten des Restaurant- und Küchenpersonals verantwortlich; unbestrittenermaßen waren alle im Spruch angeführten Lehrlinge und Arbeitnehmer im Restaurant- bzw Küchenbereich tätig. Mit der Berufung wurde ein entsprechendes Schreiben vom 20.12.1990 und ein weiteres vom 27.12.1990 in Kopie vorgelegt. Das erstgenannte, worin die Berufungswerberin und Frau P, die beiden Geschäftsführerinnen der "H-gesmbH", welche Komplementär der "A Gesellschaft mbH, nunmehr KG" ist, der Prokuristin dieser KG, Frau
W,
die Gesamtleitung des A übertragen, hat folgenden Wortlaut:
"Wir möchten Ihnen vorerst unseren herzlichen Dank für die bisherige hervorragende Zusammenarbei aussprechen. Da wir aus Altersgründen nicht mehr in der Lage sind die Geschäftsführungsagenden wie bisher in das kleinste Detail selbst wahrzunehmen, haben wir uns entschlossen - Ihr Einverständnis vorausgesetzt - Sie mit folgenden Agenden in Ihrer Eigenverantwortlichkeit zu betrauen:
Die Gesamtleitung des Hotels, wobei wir nur in wesentlichen wirtschaftlichen Dingen wie Bankangelegenheiten, Bilanzen etc informiert und zur Entscheidung herangezogen werden müssen. Insbesonders sind Sie für den laufenden Geschäftsbetrieb zuständig, wobei Sie berechtigt sind den einzelnen Ressortleitern ihr Aufgabengebiet gesondert zuzuteilen.
Gleichzeitig wird Ihnen der Titel Direktor verliehen. Das gesamte Personal wird von dieser unserer Entscheidung in Kenntnis
gesetzt."
Das Schreiben vom 27.12.1990, von Frau W an Herrn B gerichtet,
lautet:
"Wie Sie in Kenntnis gesetzt wurden, bin ich nunmehr als Leiterin und
Direktorin des A eingesetzt. Laut Arbeitsvertrag vom 20. 12.1990
sind
Sie als Restaurant- und Küchenleiter eingestellt.
Sie haben daher folgende Agenden in Ihrer Eigenverantwortlichkeit
wahrzunhmen:
1)
Wareneinkauf für gesamten Restaurantbereich
2)
Überwachung der Küche in Hinblick auf Qualität und gesetzliche Vorschriften
3)
Aquirierung und Organisation von Veranstaltungen in Ihrem Bereich
4)
Leitung des Ihnen unterstellten Personals unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften
5)
Überprüfung der Warenhaltung in Küche und Keller
6)
Vorschlagsrecht betreffend Personal, wobei jedoch Einstellung und Kündigung sowie die Entscheidung über Gehaltshöhe mir vorbehalten bleibt.
In Erwartung einer guten Zusammenarbeit ersuche ich um Kenntnisnahme
..."
Über Auftrag der Erstbehörde vom 18.11.1992 wurde sodann je ein mit 16.11.1992 datierter Zustimmungsnachweis von Frau W und Herrn B vorgelegt.
Über das weitere Ermittlungsverfahren gibt folgender Aktenvermerk im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt Aufschluß:
"Am 30.11.1992 mittags ruft Frau Prokuristin Maria W an und erkundigt
sich, ob die vorgelegten "Zustimmungsnachweise" ausreichen. Ich weise sie darauf hin, daß nach der Rechtsprechung des VwGH der Zustimmungsnachweis aus der Zeit vor der Tatbegehung stammen müsse. Sie teilt mit, daß solche Zustimmungsnachweise ebenfalls vorhanden seien, und läßt sie am 1.12.1992 in Kopie durch Boten vorlegen."
Die nunmehr vorgelegten Zustimmungsnachweise stellen Kopien des Schreibens vom 20.12.1990 dar mit dem ergänzten Vermerk "Zustimmend zur Kenntnis genommen:" Unterschrift Maria W 21.12.1990 bzw des Schreibens vom 27.12.1990 mit dem Vermerk "Zustimmend zur Kenntnis genommen:" Unterschrift B Peter, 29.12.1990.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien ersuchte die Berufungswerberin schriftlich, die Originale der erwähnten Bestellungsurkunden und des Arbeitsvertrages mit Herrn B vom 20.12.1990 vorzulegen sowie mitzuteilen, ob noch weitere Urkunden betreffend die Bestellung der beiden bisher bekanntgegebenen oder etwaiger anderer verantwortlichen
Beauftragten existieren.
Anläßlich einer Vorsprache Frau Ws wurde dieser erläutert, daß ein vorübergehender Verbleib der Originalurkunden beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien zwecks näherer Prüfung auf allfällige Verfälschungen, unter Umständen auch durch ein kriminaltechnisches Gutachten, notwendig sei. Dies wurde von Frau W trotz eingehender Belehrung abgelehnt mit der Begründung, daß die Originale ständig gegenüber verschiedenen Behörde vorgewiesen werden müßten. Obwohl Frau W im Zuge dieser Vorsprache auch erklärt wurde, daß eine kriminaltechnische Untersuchung der Urkunden bezüglich einer allfälligen Rückdatierung der Zustimmungsnachweise vom 21.12.1990 und
vom 29.12.1990 nur anhand der Originale möglich ist und notariell beglaubigte Abschriften naturgemäß dafür nicht geeignet sind, wurden die geforderten Originaldokumente dem Unabängigen Verwaltungssenat Wien nicht vorgelegt.
In der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien am 16.3.1994 gab die Berufungswerberin an, daß es außer den bereits vorgelegten Schriftstücken betreffend Bestellung
eines verantwortlichen Beauftragten keine weiteren derartigen Dokumente gebe. Auf die Frage, warum die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten erst in der Berufung erwähnt worden sei
und die diesbezüglichen Dokumente erst nach und nach vorgelegt worden
seien, erklärte der Vertreter der Berufungswerberin, daß es sich um einen Fehler des erstinstanzlichen Rechtsvertreters, möglicherweise um einen Informationsmangel, gehandelt habe, dies nicht bereits im erstinstanzlichen Verfahren bekanntzugeben. Der zweite Teil dieser Frage blieb unbeantwortet. Die insgesamt dürftige Erklärung der Berufungswerberin zu diesem Punkt war auch darin begründet, daß ihr Rechtsvertreter sie immer wieder sofort unterbrach und daran hinderte, nähere Details zur Vorlage der Zustimmungsnachweise bekanntzugeben, indem er seine floskelhaft wirkende Antwort wiederholte.
Herr B bestätigte bei seiner Zeugenvernehmung, daß das Schreiben vom 27.12.1990 von ihm sicherlich am 29.12.1990 zustimmend zur Kenntnis genommen worden sei, nicht erst später.
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens nimmt der Unabhängige Verwaltungssenat Wien als erwiesen an, daß die Zustimmungsnachweise vom 21.12.1990 und vom 29.12.1990 erst während des gegenständlichen Berufungsverfahrens verfaßt und somit rückdatiert wurden. Denn laut Aussage der Berufungswerberin gibt es nur die vier erwähnten Zustimmungsnachweise, nämlich vom 21.12.1990, vom 29.12.1990 sowie zwei vom 16.11.1992, wobei die beiden letztgenannten nach ihrer Datierung bloß zwei Tage vor Erhebung der gegenständlichen Berufung und damit offensichtlich zum Zweck der Vorlage in diesem Berufungsverfahren verfaßt wurden. Wenn die beiden angeblich aus 1990 stammenden Schriftstücke schon im Zeitpunkt der Erhebung der Berufung in der behaupteten Form, dh einschließlich der Zustimmungsnachweise, existiert hätten und weiters die einzigen Zustimmungsnachweise seit 1990 dargestellt hätten, welche, wie behauptet wurde, laufend gegenüber Behörden vorgewiesen werden müssen, dann wäre erklärungsbedürftig, warum ausgerechnet im Zusammenhang mit der Erhebung der gegenständlichen Berufung nicht ebenfalls diese vorgelegt wurden, sondern plötzlich die zwei neuen Zustimmungsnachweise vom 16.11.1992 verfaßt wurden. Dafür hatte die Berufungswerberin auch in der Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien auf diesbezügliches Befragen keine Erklärung. Überhaupt waren die Angaben der Berufungswerberin und ihres Vertreters in der Verhandlung insgesamt sehr knapp und weder glaubwürdig noch überzeugend. So wurde in der Berufung die Bevollmächtigung P angezweifelt und in der Verhandlung wiederum behauptet.
Der Zeuge B gab an, daß er den Zustimmungsnachweis sicherlich am 29.12.1990 unterfertigt habe, nicht erst später. Seiner Aussage wird jedoch kein Glauben geschenkt; er wirkte bei der Vernehmung unsicher;
seine Antworten erfolgten in diesem entscheidenden Punkt vorschnell und waren offensichtlich mit der Berufungswerberin, welche seine Vorgesetzte ist, abgesprochen, wobei er auf die Fragen betreffend die
einzelnen Zustimmungsnachweise bereits antwortete, bevor ihm diese aus dem Akt vorgewiesen wurden.
Für die Annahme, daß die Zustimmungsnachweise rückdatiert wurden, spricht auch die Tatsache, daß die Berufungswerberin ohne plausible Begründung die Durchführung eines kriminaltechnischen Sachverständigenbeweises nicht zuließ. Daß diese Schriftstücke nicht einmal für kurze Zeit aus der Hand gegeben werden könnten, weil sie ständig für behördliche Überprüfungen bereit gehalten werden müssen, ist nicht einleuchtend, weil dafür grundsätzlich die notariell beglaubigten Abschriften ausreichend sein müßten und nötigenfalls die
Originale auch beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien bzw bei dem Sachverständigen kurzfristig eingesehen werden könnten. Die weitere Begründung der Berufungswerberin, warum sie die Originale nicht dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien überlassen wolle, nämlich daß es "schon vorgekommen sein soll, daß Unterlagen aus Behördenakten verloren gegangen sind", ist angesichts der Umstände des Falles ebensowenig plausibel.
Da das Entstehungsdatum der Zustimmungsnachweise mit ausreichender Sicherheit geklärt war, war die Aufnahme weiterer Beweise dazu entbehrlich.
Zum zweiten soll nun, unabhängig von der bereits beantworteten Frage der Datierung, geprüft werden, ob mit dem Schreiben vom 20.12.1990 mit Zustimmungsnachweis vom 21.12.1990 unter inhaltlichen Gesichtspunkten überhaupt eine Delegation der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit vorgenommen werden könnte. Dies ist zu verneinen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 11.3.1993, Zl 91/19/0158, ausgesprochen hat, erfordert es die Wichtigkeit der Übernahme der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit, daß die
Bestellung und die damit übereinstimmende Zustimmung so erklärt werden, daß kein Zweifel an ihrem Inhalt besteht. In der Übertragung von bestimmten Aufgaben innerhalb eines Unternehmens an einzelne Beschäftigte liegt noch nicht die Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit. In jedem zielstrebig geführten Unternehmen werden den einzelnen Mitarbeitern Aufgaben übertragen, ohne daß dies jeweils die Bestellung zum verantwortlichen
Beauftragten behinhaltet (vgl VwGH 28.10.1993, Zl 91/19/0134). Die Schreiben vom 20.12.1990 bzw 27.12.1990 enthalten für den jeweiligen Mitarbeiter eine allgemeine Stellenbeschreibung, welche eine Bestellung als verantwortlicher Beauftragter für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften, sei es für sämtliche oder einzelne davon, nicht beinhaltet. Auch ist der Aufgabenbereich mit dem Satz "Die Gesamtleitung des Hotels, wobei wir nur in wesentlichen
wirtschaftlichen Dingen wie Bankangelegenheiten, Bilanzen, etc informiert und zur Entscheidung herangezogen werden müssen." nur ungefähr umschrieben.
Im übrigen kann gemäß § 9 Abs 2 VStG eine Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit für das ganze Unternehmen, wie es hier angeblich beabsichtigt war, nur an eine Person aus dem Kreis der zur Vertretung nach außen Berufenen, bei einer GesmbH also der Geschäftsführer, erfolgen, nicht aber an einen Prokuristen (vgl Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsstrafverfahrens 4, Seite 755).
Schließlich findet auch die von der Berufungswerberin behauptete Subdelegation der Verantwortlichkeit von Frau W an Herrn B, welcher in der Berufung als verantwortlicher Beauftragter für den hier relevanten Restaurant- und Küchenbereich genannt wird, keine Deckung in der Bestimmung des § 9 Abs 2 VStG.
Aus dem Gesagten ergibt sich, daß die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit bei der Berufungswerberin als Geschäftsführerin verblieben ist.
§ 11 Abs 1 bis 3 KJBG lautet:
Abs 1: Die tägliche Arbeitszeit der Jugendlichen darf acht Stunden, ihre Wochenarbeitszeit 40 Stunden nicht überschreiten, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt wird.
Abs 2: Die nach Abs 1 zulässige Wochenarbeitszeit kann zur Erreichung
einer längeren Freizeit, die mit der Wochenfreizeit zusammenhängen muß, abweichend von der nach Abs 1 zulässigen täglichen Arbeitszeit verteilt werden. Weiters kann durch Kollektivvertrag zugelassen werden, daß die nach Abs 1 zulässige Wochenarbeitszeit auf die Werktage abweichend von der nach Abs 1 zulässigen täglichen Arbeitszeit aufgeteilt wird. Durch Kollektivvertrag kann ferner zugelassen werden, daß die Wochenarbeitszeit innerhalb eines mehrwöchigen Zeitraumes so verteilt wird, daß sie im wöchentlichen Durchschnitt die nach Abs 1 zulässige Dauer nicht übersteigt.
Abs 3: Bei einer Verteilung der Arbeitszeit nach Abs 2 darf die Tagesarbeitzeit neun Stunden nicht überschreiten.
Gemäß § 17 Abs 2 KJBG dürfen im Gastgewerbe Jugendliche über 16
Jahre
bis 22.00 Uhr beschäftigt werden.
Nach § 30 KJBG ist, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen einer strengen Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde (Berghauptmannschaft) mit Geldstrafe von S 1.000,-- bis S 15.000,--, im Wiederholungsfall von S 3.000,-- bis S 30.000,--, oder mit Arrest von drei Tagen bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz oder einer aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung zuwiderhandelt. Beide Strafen können auch nebeneinander verhängt werden.
§ 9 AZG lautet:
Abgesehen von den Bestimmungen der §§ 4 Abs 10 2. Satz, 5, 7 Abs 2 bis 5, 8 Abs 2, 16, 18 bis 20 und 23 darf die Arbeitszeit zehn Stunden täglich nicht überschreiten und die sich aus § 3 ergebende Wochenarbeitszeit um nicht mehr als zehn Stunden wöchentlich überschreiten. Diese Höchstgrenzen der Arbeitszeit dürfen auch beim Zusammentreffen einer anderen Verteilung der wöchentlichen Normalarbeitszeit mit einer Arbeitszeitverlängerung oder beim Zusammentreffen mehrerer Arbeitszeitverlängerungen nicht überschritten werden.
Gemäß § 28 Abs 1 AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zuwiderhandeln, sofern die Taten nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Bergbau von der Berghauptmannschaft, mit einer Geldstrafe von S 300,-- bis S 6.000,--
oder mit Arrest von drei Tagen bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Der im Spruch als erwiesen angenommene Sachverhalt ergibt sich aus zwei Anzeigen des Arbeitsinspektorates für den 1. Aufsichtsbezirk vom 29.7.1991, wobei offensichtliche Schreibfehler hinsichtlich der Namen
aufgrund des Vorbringens der Berufungswerberin korrigiert wurden. Unbestritten blieb, daß in dem gegenständlichen Betrieb zur Überwachung der Einhaltung der Arbeitszeit der Arbeitnehmer und Lehrlinge ein Kontrollsystem in Form einer Stechuhr bestand und daß die in der Anzeige angeführten Beschäftigungszeiten vom Arbeitsinspektorat bei Kontrolle der Stempelkarten festgestellt wurden.
Bestritten wurde im Berufungsverfahren - abgesehen von der bereits erörterten Frage der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit
-
lediglich die Tatsache, daß die Stempelkarten die tatsächliche Arbeitszeit wiedergeben. In der Berufung wurde ausgeführt:
"Die in den beiden Straferkenntnissen angeführten Beschäftigungszeiten stimmen nicht.
Tatsächlich würden die Lehrlinge und sonstigen Dienstnehmer nur innerhalb der gesetzlich zulässigen Zeiten beschäftigt. Sie verfügen im Keller über einen Garderoberaum, Duschen und einen Aufenthaltsraum
und halten sich nach Ende der Arbeitszeit sehr oft lange im Aufenthaltsraum auf. Sie unterhalten sich, rauchen und lassen auf diese Weise erhebliche Zeit zwecks Erlangung von Zeitausgleich zusammenkommen. Eine tatsächliche Kontrolle, wann die Dienstnehmer das Hotel verlassen, ist nicht möglich.
Die Stempelkarten würden jedenfalls erst nach Ende der ausgedehnten "Pausen", welche nach Ende der Arbeitszeit angeschlossen würden, betätigt werden."
Gemäß § 10 Abs 1 KJBG ist tägliche Arbeitszeit die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Einrechnung der Ruhepausen. Gemäß § 2 Abs 1 Z 1 und 2 AZG ist Arbeitszeit die Zeit vom Beginn bis
zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen, Tagesarbeitszeit ist die Arbeitszeit innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraumes von 24 Stunden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 23.5.1989, Zl 88/08/0005, ausgesprochen hat, impliziert das Bestehen eines zeitlichen Kontrollsystems in Form einer Stechuhr, "daß damit die tatsächliche Arbeitszeit gemessen wird. ... Sofern keine besondere vertragliche Vereinbarung besteht, ist das Betätigen der Stechuhr die
jeweils erste und letzte tägliche "Arbeitshandlung"; innerhalb dieser
Zeitpunkte befindet sich der Arbeitnehmer im Verfügungsbereich des Arbeitgebers, unterliegt seinen Weisungen und hält sich zur Arbeit bereit. Dieser Zeitraum ist daher als Arbeitszeit zu qualifizieren."
Zur Frage, inwieweit die Eintragungen in den Stempelkarten durch einen Gegenbeweis widerlegt werden können, hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 29.6.1992, Zl 92/18/0097, festgestellt, daß dies bei Bestehen von zwei voneinander unabhängigen
die Arbeitszeit betreffenden Kontrollsystemen, von denen jenes unter Heranziehung der Stechuhr nur nachgeordnete Bedeutung hat, zulässig sei.
Derartiges wurde im vorliegenden Fall nie behauptet. Es wurden ganz im Gegenteil die Stempelkarten als gemäß § 26 KJBG und § 26 AZG verpflichtend zu führende Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden vorgelegt; weiters wurden die vorliegenden Verwaltungsübertretungen in der Rechtfertigung vom 24.10.1991 ausdrücklich gestanden; schließlich wurden die Lehrlinge bzw Arbeitnehmer unbestrittenermaßen jeweils für die auf den Stempelkarten ersichtlichen Beschäftigungszeiten auch bezahlt. Zwar wurde in der Berufung ausgeführt, die Lehrlinge bzw Arbeitnehmer
seien "nur innerhalb der gesetzlich zulässigen Zeiten beschäftigt" worden, doch machte die Berufungswerberin in ihren verschiedenen Rechtfertigungen im erstinstanzlichen Verfahren hinsichtlich der behaupteten tatsächlichen Beschäftigungszeiten lediglich vage Angaben, wie zB "heute nicht mehr feststellbar" oder "in etwa täglich
45 Minuten bis eine Stunde".
Zu dieser Frage hat der Verwaltungsgerichtshof folgendes
ausgesprochen:
Nach § 26 Abs 1 AZG haben die Arbeitgeber zur Überwachung der Einhaltung der in diesem Bundesgesetz geregelten Angelegenheiten Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung zu führen. Aus dem in dieser Gesetzesstelle umschriebenen Zweck der Pflicht zur Führung von Aufzeichnungen und der im § 26 Abs 2 leg cit normierten Pflicht, der Arbeitsinspektion und deren
Organen
Einsicht in diese Aufzeichnungen zu gewähren, folgt, daß sich der Arbeitgeber in der Regel nicht als beschwert erachten kann, wenn die Behörden von der Richtigkeit der dem Arbeitsinspektor vorgewiesenen Aufzeichnungen ausgehen. Behauptet der Arbeitgeber (bzw der nach § 9 Abs 1 VStG verwaltungsstrafrechtliche Verantwortliche) aber die Unrichtigkeit seiner eigenen Aufzeichnungen, so trifft ihn im Verfahren eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Er hat in einem solchen Fall detailliert darzutun, aus welchen Gründen, in welchen Punkten und in welchem Ausmaß seine Aufzeichnungen unrichtig sind. Dazu wäre konkret vorzubringen gewesen, welchen Arbeitnehmern an welchen Tagen und zu welchen Zeiten abweichend von den Aufzeichnungen Ruhepausen gewährt wurden (VwGH 28.10.1993, Zl 91/19/0134).
Weiters wurde in der Rechtfertigung vom 4.11.1991 behauptet, es seien
"immer" Vor- bzw Abschlußarbeiten im Sinne des § 12 Abs 2 KJBG notwendig, es wurden jedoch keine zwingenden betrieblichen Gründe angeführt, weshalb diese Arbeiten von den im Straferkenntnis genannten Lehrlingen, und zwar außerhalb der Normalarbeitszeit geleistet werden mußten. Dies ist auch aufgrund der Tatsache unplausibel, daß das Restaurant zumindest bis 23.00 Uhr und die Bar bis 01.00 Uhr geöffnet war; ein Wechsel des Kellners ist jedoch - entgegen der Auffassung der Berufungswerberin - den Gästen durchaus zumutbar. Ebensowenig gab die Berufungswerberin Gründe an, weshalb die behaupteten Vor- bzw Abschlußarbeiten im Sinne des § 8 AZG von den im Straferkenntnis genannten Arbeitnehmern außerhalb der Normalarbeitszeit ausgeführt werden mußten.
Da diese letztgenannten Bestimmungen über Vor- und Abschlußarbeiten Ausnahmeregelungen darstellen, sind sie nach allgemeinen Grundsätzen restriktiv zu interpretieren. Für ihre Anwendung fanden sich also im vorliegenden Fall keine hinreichenden Gründe.
Zu den in der Rechtfertigung vom 14.5.1992 angegebenen "täglich entsprechend den jeweiligen betrieblichen Gegebenheiten gewährten zusätzlichen zwei bis drei Kurzpausen a zehn Minuten" wird festgestellt, daß nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes mehrere der Anzahl und der Dauer nach nicht genau fixierte Arbeitsunterbrechungen, die insgesamt täglich mindestens eine halbe Stunde betragen, nicht als Ruhepausen im Sinne des § 11 Abs 1 AZG bzw § 15 KJBG angesehen werden können, weil sie nicht von vornherein festgelegt sind. Solche Pausen zählen als Arbeitszeit (VwGH 24.9.1990, Zl 90/19/0245; 3.12.1992, Zl 92/18/0084).
Die angelasteten Verwaltungsübertretungen sind daher in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen.
Mehrere Tathandlungen waren spruchgemäß jeweils als fortgesetztes Delikt zusammenzufassen wobei folgende Erwägungen maßgebend waren:
"Das fortgesetzte Delikt ist dadurch gekennzeichnet, daß eine Reihe von Einzelhandlungen vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform, der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände und der zeitlichen Kontinuität zu einer Einheit zusammentreten. Alle Einzelhandlungen sind von einem einheitlichen Entschluß des Täters, sich fortgesetzt in bestimmter Weise rechtswidrig zu verhalten, erfaßt und bilden solcherart zusammen ... eine (einzige) strafbare Handlung ..." (VwGH 4.9.1992, Zl 90/17/0426).
Ein fortgesetztes Delikt kann nur mit einem einheitlichen Gesamtvorsatz, also mit zumindest bedingtem Vorsatz, begangen werden (VwGH 4.5.1990, Zl 90/09/0013).
Wie groß der Zeitraum zwischen den einzelnen Tathandlungen sein darf,
um noch von einem fortgesetzten Delikt sprechen zu können, wird von Delikt zu Delikt verschieden sein und hängt im besonderen Maße von den Umständen des Einzelfalles ab. Entscheidend ist, daß die einzelnen Tathandlungen von einem einheitlichen Willensentschluß getragen werden (VwGH 5.11.1991, Zl 91/04/0150).
Im vorliegenden Fall lagen diese Voraussetzungen, insbesondere der zeitliche Zusammenhang mehrerer Tathandlungen betreffend einen Arbeitnehmer sowie ein - zumindest bedingter - Gesamtvorsatz, vor.
Zur Frage des Verschuldens wird ausgeführt:
Da zum Tatbestand der übertretenen Verwaltungsvorschriften der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und diese Bestimmungen über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts normieren, kann der Täter zufolge § 5 Abs 1 VStG nur dann straflos bleiben, wenn er glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung dieser Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. Diese Glaubhaftmachung ist im gegenständlichen Fall nicht gelungen, weil weder vorgebracht wurde noch hervorgekommen ist, daß die Einhaltung dieser Verwaltungsvorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Daher sind die der Berufungswerberin zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen auch in subjektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen.
Es war Sache der Berufungswerberin, initiativ alles darzulegen, was für ihre Entlastung spricht. Nun trifft es zwar zu, daß bei zunehmendem Betriebsumfang der Unternehmer naturgemäß persönlich nicht mehr sämtliche Überwachungsaufgaben besorgen kann. Eben deshalb
aber ist es seine Pflicht, durch ein ausreichend dichtes und zulänglich organisiertes Netz von ihrerseites wieder überwachten Aufsichtsorganen dafür zu sorgen, daß die im Unternehmen von den Beschäftigten zu beachtenden Vorschriften diesen nicht nur bekannt sind, sondern auch tatsächlich im Einzelfall eingehalten werden. Ob der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit ist, hängt im Einzelfall davon ab, ob er den Nachweis zu erbringen vermag, daß er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift mit gutem Grund erwarten lassen. Die bloße Erteilung von Weisungen reicht nicht aus, entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisung erfolgte (vgl VwGH 9.11.1989, Zl 88/06/0165). Im vorliegenden Fall konnte jedoch das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems nicht dargetan werden. In der Rechtfertigung vom 24.10.1991 wurden "die vereinzelten Arbeitszeitüberschreitungen ... im beiderseitigen Interesse als Versuch" bezeichnet, "die schwerden Verluste des Vorjahres wettzumachen", was auf eine vorsätzliche Tatbegehung hindeutet. Weiters wurde etwa ausgeführt, daß in der Bar "Dienstzeitüberschreitungen unvermeidbar sind".
Zwar wurde sodann in der Rechtfertigung vom 14.5.1992 wieder eine andere Darstellung geboten:
"Die konkrete Arbeitszeiteinteilung bzw den Arbeitsplan des Tages und
der Woche erstellt in den hier inkriminierten Ressorts der jeweilige Ressortchef eigenverantwortlich. Diese meine Mitarbeiter sind nicht nur über die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes genauestens instruiert, sondern auch angewiesen, diese Bestimmungen strikte einzuhalten und mit entsprechenden Anordnungsbefugnissen gegenüber den untergeordneten Dienstnehmern ausgestattet. Ich selber muß und darf mich bei den über 120 Dienstnehmern mit regelmäßigen stichprobenartigen Kontrollen begnügen und habe in der jahrzentelangen bisherigen Tätigkeit in der Branche praktisch keinen Grund zur Beanstandung gehabt."
Doch wurde weder im einzelnen angegeben, auf welche Art, in welchem Umfang und in welchen zeitlichen Abständen die Berufungswerberin Kontrollen durchführte, noch welche wirksamen Schritte sie für den Fall von ihr festgestellter Verstöße in Aussicht gestellt und unternommen hat, um derartigen Verstößen vorzubeugen. Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien stellt vielmehr
die unbestrittene Tatsache, daß auch die inkriminierten Überstunden bezahlt wurden, einen Anreiz für derartige Verwaltungsübertretungen dar, sodaß auch aus diesem Grund nicht von einem wirksamen Kontrollsystem gesprochen werden kann.
Zur Strafbemessung wird folgendes ausgeführt:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient
und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach
sich
gezogen hat.
Gemäß Abs 2 der angeführten Bestimmung sind im ordentlichen
Verfahren
(§§ 40-46 VStG) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die übertretenen Verwaltungsvorschriften dienen dem Schutz von Lehrlingen bzw Arbeitnehmern vor gesundheitlicher Gefährdung durch Überforderung am Arbeitsplatz, weshalb der Unrechtsgehalt der Taten, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, erheblich ist. Hinsichtlich des Verschuldens ist der Berufungswerberin zumindest bedingter Vorsatz anzulasten.
Erschwerend war eine einschlägige verwaltungsstrafrechtliche Vormerkung zu werten, Milderungsgründe kamen nicht hervor. Da die Berufungswerberin keine Angaben hinsichtlich ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse machte, waren diese von der Behörde zu schätzen. Im Hinblick auf die gesellschaftliche Stellung als Geschäftsführerin des gegenständlichen Unternehmens sowie auf das Alter der Berufungswerberin wurden überdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse angenommen, weiters war das Fehlen von Sorgepflichten zu berücksichtigen.
Angesichts dieser Strafzumessungsgründe und des Strafrahmens von S 1.000,-- bis S 15.000,-- pro Delikt gemäß § 30 KJBG bzw von S 300,-- bis S 6.000,-- pro Delikt gemäß § 28 AZG waren die Strafen spruchgemäß festzusetzen.