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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
FinStrG §93;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Dr. Urtz, über die Beschwerde der B GmbH in I, vertreten durch Dr. Johann Paul Cammerlander, Dr. Harald Vill und Dr. Helfried Penz, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Anichstraße 5a/III, gegen den Bescheid des Vorsitzenden des Berufungssenates I als Organ der Finanzlandesdirektion für Tirol als Finanzstrafbehörde II. Instanz vom 12. August 1997, Zl. 42.399-4/97, betreffend Hausdurchsuchung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 14. April 1997 ordnete der Vorsitzende des Spruchsenates beim Finanzamt Innsbruck eine Hausdurchsuchung u.a. in den Wirtschafts-, Gewerbe- und Betriebsräumen der Beschwerdeführerin, Garage in J-straße, an. Es bestehe der Verdacht, dass näher bezeichnete Personen als unmittelbare oder mittelbare Verantwortliche und /oder Organe und Gesellschafter der Beschwerdeführerin in "Zusammenarbeit" mit anderen im Bereich des Finanzamtes Innsbruck fortgesetzt vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlich gebotenen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung an Umsatz-, Körperschaft-, Gewerbe- und Kapitalertragsteuer für die Jahre ab 1990 in vorerst unbekannter Höhe erwirkt hätten, indem offensichtlich unrichtige Erklärungen und Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht worden seien. In der Folge werden im Hausdurchsuchungsbefehl Beispiele von Aufträgen angeführt, von denen anzunehmen sei, dass sie von der B-GmbH zwar ausgeführt, jedoch zum Teil über eine nahestehende liechtensteinische Domizilgesellschaft, zum Teil über näher bezeichnete tatsächlich nicht existente Gesellschaften abgerechnet worden seien. Da in Anbetracht des Sachverhaltes mit einer freiwilligen Offenlegung dieser Einkünfte und der Vorlage der entsprechenden Unterlagen nicht zu rechnen sei, sei die Anordnung einer Hausdurchsuchung geboten.
In einer dagegen erhobenen (Administrativ-)Beschwerde wurde von der Beschwerdeführerin neben der (näher ausgeführten) Behauptung, es liege kein die Ausstellung eines Hausdurchsuchungsbefehles rechtfertigender begründeter Verdacht vor, unter anderem eingewandt, dass bereits anlässlich einer im Jahr 1996 begonnenen Betriebsprüfung der Prüfer vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin auf Befragen vom Vorhandensein dieses Lagers in Kenntnis gesetzt worden sei. Der Vereinbarung, der Prüfer würde sich telefonisch für die Besichtigung dieses Lagers mit dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin telefonisch ins Einvernehmen setzen, sei seitens des Prüfers nicht entsprochen worden. Weiters habe der Prokurist der Beschwerdeführerin im Zuge der Durchführung einer Hausdurchsuchung (Anm: Die Entscheidung einer Berufung gegen einen dieser Hausdurchsuchung zu Grunde liegenden Hausdurchsuchungsbefehl war Gegenstand des hg Erkenntnisses vom heutigen Tag, 97/14/0153) in den Betriebsräumen der Beschwerdeführerin am 9. April 1997 auf Befragen den Vorschlag unterbreitet, das Lager in der J-straße sogleich zu besichtigen. Dieser Vorschlag sei jedoch mit der Begründung abgelehnt worden, zunächst die Vernehmung durchführen zu müssen, anschließend könne man in die J-straße fahren. In der Folge sei offenbar auf diese Maßnahme verzichtet worden, zumal keiner der Verantwortlichen mehr auf dieses Thema angesprochen worden sei. Zudem führe sich die Begründung des Verschweigens schon durch die Tatsache selbst ad absurdum, dass die monatlichen Mietzahlungen an den Vermieter der Garage ordnungsgemäß verbucht gewesen und damit offengelegen seien. Nachweislich seien die Verantwortlichen der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Durchführung der Hausdurchsuchung "am 14. und 15. April 1997 am Betriebsstandort anwesend und sowohl persönlich als auch telefonisch erreichbar gewesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab der Vorsitzende des als Organ der Finanzlandesdirektion Tirol als Finanzstrafbehörde II. Instanz eingerichteten Berufungssenates dieser Beschwerde keine Folge. Hinsichtlich des Vorbringens über die seinerzeitige Bekanntgabe des Lagers bereits bei der Betriebsprüfung und später auch bei der Hausdurchsuchung sowie die persönliche und fernmündliche Erreichbarkeit von Verantwortlichen der Beschwerdeführerin wurde ausgeführt, dieses "widerspricht der Aktenlage und dem Bericht der Amtsorgane". Im Übrigen tangiere es die Berechtigung des Hausdurchsuchungsbefehles nicht. Wie der Hausdurchsuchungsbefehl zu Recht aufgezeigt habe, lägen zahlreiche Indizien dafür vor, dass über ein Geflecht von bestehenden und nicht existenten, jedenfalls steuerlich nicht erfassten Firmen, die alle in einem Naheverhältnis zur Beschwerdeführerin stünden oder gestanden seien, Einnahmen in der Größenordnung von S 1,6 Mio geflossen seien, die tatsächlich der Beschwerdeführerin zuzurechnen gewesen wären. Daraus resultierten auch tragfähige Anhaltspunkte für die Annahme, dass sich in der Garage die diesen Verdacht erhärtenden Beweismittel finden würden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrer Beschwerde in ihrem Recht auf "ordnungsmäßige Durchführung einer Hausdurchsuchung" sowie in ihrem Recht auf "Erlassung eines Hausdurchsuchungsbefehles auf Grund eines begründeten Verdachtes" verletzt.
Verfehlt ist die Rüge, es liege im Beschwerdefall kein die Ausstellung eines Hausdurchsuchungsbefehles rechtfertigender begründeter Verdacht vor. Diesbezüglich wird zur Vermeidung von Wiederholungen gem § 43 Abs 2 VwGG auf das Erkenntnis vom heutigen Tag, 97/14/0153, verwiesen.
Dennoch hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid aus folgenden Gründen mit Rechtswidrigkeit belastet: Im angefochtenen Bescheid wurde zum Beschwerdevorbringen, die Beschwerdeführerin habe bereits anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung sowie anlässlich einer anderen Hausdurchsuchung das Vorhandensein des "Lagers" bekannt gegeben und die Besichtigung angeboten, lediglich darauf hingewiesen, dass dies der "Aktenlage und den Berichten der Amtsorgane" widerspreche. Worauf sich diese Auffassung gründet, wird in einer für den Verwaltungsgerichtshof nachvollziehbaren Weise nicht dargestellt. Es ist auch nicht erkennbar, dass der Beschwerdeführerin Gelegenheit geboten worden wäre, zu entsprechenden Berichten der Amtsorgane Stellung zu nehmen. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass für Hausdurchsuchungen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt, demzufolge staatliche Eingriffe im Verhältnis zum geschützten Rechtsgut angemessen sein müssen (vgl das hg Erkenntnis vom heutigen Tag, 98/14/0182, mwN), teilt der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht der belangten Behörde nicht, dass eine gegebenenfalls vor Erlassung des Hausdurchsuchungsbefehles erfolgte Bekanntgabe des "Lagers" unter gleichzeitigem Anbot, dieses sofort zu besichtigen, die Berechtigung zur Erlassung des Hausdurchsuchungsbefehles nicht tangiere.
Da die belangte Behörde somit Verfahrensvorschriften verletzt hat, bei deren Beachtung die Erlassung eines anders lautenden Bescheides nicht ausgeschlossen werden kann, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 3 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der danach zustehende Ersatz des Schriftsatzaufwandes einschließlich Umsatzsteuer S 12.500,-- beträgt.
Wien, am 25. September 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1997140154.X00Im RIS seit
23.01.2002