TE UVS Niederösterreich 1993/03/29 Senat-WB-92-039

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Veröffentlicht am 29.03.1993
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Ebenso: Senat-WB-92-038 Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 AVG, BGBl Nr 51/1991, teilweise Folge gegeben. Der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wird insoweit abgeändert, als

1.

die verhängte Geldstrafe unter Berücksichtigung des §20 VStG, BGBl Nr 52/1991, auf S 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden) herabgesetzt wird und

2.

der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der ersten Instanz gemäß §64 Abs2 VStG mit S 400,-- festgesetzt wird.

 

Im übrigen wird der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses bestätigt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 19.2.1992, Zl 3-    -91, wurde Herr Ing E F gemäß §28 Abs1 AuslBG mit einer Geldstrafe von S 7.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 168 Stunden) bestraft. Im Schuldspruch dieses Straferkenntnisses wurde es als erwiesen angesehen, daß der Beschuldigte es als gemäß §9 VStG zur Vertretung nach außen Berufener (Geschäftsführer) der Firma Dr E F GesmbH mit dem Sitz in **** E, *******gasse 5, zu verantworten hat, daß vom 2.1.1991 bis zumindest 28.3.1991 in diesem Betrieb die ungarische Staatsangehörige K K beschäftigt worden ist, obwohl der Firma Dr E F GesmbH für diese Ausländerin keine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch der Ausländerin eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein für diese Beschäftigung ausgestellt wurde.

 

In der Begründung dieses Straferkenntnisses wurde im wesentlichen ausgeführt, der Sachverhalt sei am 28.3.1991 vom Arbeitsamt xx angezeigt worden. Als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Dr E F GesmbH sei der Beschuldigte für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich verantwortlich. Die vom Beschuldigten gemachten Rechtfertigungsangaben würden weder einen Straf- noch einen Schuldausschließungsgrund bilden. Es handle sich nach Ansicht der Behörde um keinen Rechtsirrtum, und es habe mit den Angaben des Beschuldigten auch nicht glaubhaft gemacht werden können, daß diesen an der Verletzung der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Der Beschuldigte hätte sich somit vor Beschäftigung des Ausländers eingehend über die bestehenden diesbezüglichen Rechtsvorschriften informieren müssen. Aus den zwingenden Bestimmungen des §3 Abs1 AuslBG gehe eindeutig hervor, daß ein Arbeitgeber einen Ausländer nur beschäftigen dürfe, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden sei. Der Einwand des Beschuldigten, wonach er angenommen habe, daß in seinem Fall das zuständige Arbeitsamt xx genauso wie im Burgenland innerhalb weniger Tage die Arbeitsgenehmigung erteilen würde, sowie daß der Beschuldigte einen dringenden Bedarf an Arbeitskräften gehabt habe, wurde als nicht stichhaltig erachtet. Bei der Strafbemessung wurde nichts als mildernd gewertet, hingegen wurden zwei weitere gleichgelagerte Verfahren als erschwerend bewertet. Die Strafe sei innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens festgesetzt und dabei auch die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten berücksichtigt worden.

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschuldigte durch seinen Vertreter Dr E S fristgerecht Berufung. Begründet wurde diese im wesentlichen damit, der Betrieb habe einen ständigen Bedarf nach Arbeitskräften in den beiden Produktionsbetrieben (Erzeugung von Kohlebürsten und von Sinterlagern), sodaß der Beschuldigte auch regelmäßig beim Arbeitsamt xx seinen Bedarf an Arbeitskräften gemeldet habe. Arbeitskräftebedarf hätte auch durchgehend im Jahre 1990 und auch gegen Jahresende bestanden, wobei er grundsätzlich im Hinblick auf den technischen Stand seiner Produktionsanlagen nach Möglichkeit geschultes Personal aufnehme. Der Beschuldigte habe, wie bereits in seiner Rechtfertigung angegeben, im Spätherbst 1990 erfahren, daß im Bundesland Burgenland ungarische Staatsbürger innerhalb weniger Tage eine Beschäftigungsbewilligung erhielten. Zu jener Zeit hätten sich auch bei ihm mehrere ungarische Staatsbürger beworben, die aufgrund täglicher Rückkehr nach Ungarn auch den inländischen Wohnungsmarkt nicht belastet hätten. Im gleichen Zeitraum seien ihm vom Arbeitsamt xx mehrere ausländische Arbeitskräfte zugewiesen worden, die jedoch über keinerlei einschlägige Ausbildung verfügt hätten, sodaß eine Aufnahme abgelehnt werden hätte müssen. In einem gewissen zeitlichen Zusammenhang habe der Beschuldigte für fünf ungarische Staatsbürger in xx um Beschäftigungsbewilligung angesucht und in der Meinung, diese zu erhalten, auch mit dem Tage des Antrages auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung diese eingestellt und sie gleichzeitig bei der NÖ Gebietskrankenkasse angemeldet. Innerhalb eines Zeitraumes von acht Wochen seien von fünf gestellten Anträgen der erste und der letzte positiv erledigt worden, die anderen Anträge, darunter auch der für K K, negativ. Der im ablehnenden Bescheid enthaltene Verweis, wonach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zu berücksichtigen seien, sei im Hinblick auf zwischenzeitig positiv erledigte Anträge unverständlich. Insbesondere auch im Hinblick darauf, daß in jenem Zeitraum das Arbeitsamt xx ihm rumänische - ungeeignete - Arbeitskräfte vermitteln hätte wollen, also ebenfalls Ausländer. Der Beschuldigte wies darauf hin, daß er grundsätzlich Ausländer nur gesetzeskonform beschäftigen wolle, keinerlei Schwarzarbeiter beschäftigt hätte, sondern bei jedem der ihm geeignet erscheinenden Dienstnehmer, der einer Beschäftigungsbewilligung bedarf, sofort um eine entsprechende Genehmigung ansuche. Er könne nicht akzeptieren, daß in so entscheidenden Fragen wie der bewilligungspflichtigen Beschäftigung von Personen in einem lebenden Unternehmen man als Betriebsleiter nicht mehr annähernd abschätzen kann, wie sich eine Behörde ihm gegenüber verhalte. Der Berufungswerber legte in diesem Zusammenhang verschiedene Urkunden vor, unter anderem eine Ablichtung des Ansuchens um Beschäftigungsbewilligung für K K sowie deren Anmeldung zur Krankenkasse. Er beantragte gleichzeitig, sämtliche behördliche Aufzeichnungen und Unterlagen beizuschaffen, aus denen sich ergebe, welche ausländischen Staatsbürger in der Zeit vom November 1990 bis Juni 1991 seinem Betrieb als Maschinenarbeiter zur Arbeitsvermittlung geschickt wurden. Er sei daher der Meinung, daß bei diesem Sachverhalt auf seiner Seite ein Irrtum vorlag, der Verschulden und damit die Strafbarkeit ausschließe. Das Straferkenntnis sei auch noch mit einem weiteren Rechtsirrtum behaftet. Er habe für die im Spätherbst/Winter 1990/1991 dringend benötigten Arbeitskräfte gleichzeitig in der Zeit vom 26.11.1990 bis 22.1.1991 fünf Anträge beim Arbeitsamt gestellt. Diese Tätigkeit und die Aufnahme von fünf ungarischen Dienstnehmern beruhe auf einem einheitlichen Beschluß, im Rahmen eines eindeutig erkennbaren zeitlichen Zusammenhanges mit gleichartigen Überlegungen und demselben vermeintlich berechtigten Rechtsgrund. Es liege daher bei den fünf Ansuchen um Beschäftigungsbewilligungen für ungarische Staatsbürger ein fortgesetztes Verhalten vor. Richtigerweise wären daher die drei tatbestandsgemäßen Einzelhandlungen (betreffend J P, K K und O N) als Einheit und damit nur als eine Verwaltungsübertretung anzusehen und dementsprechend auch nur mit einer Strafe zu bedenken gewesen. In seinen Berufungsausführungen zur Strafhöhe verwies der Berufungswerber weiters darauf, daß das Kumulationsprinzip den Erschwerungsumstand des §33 Z1 StGB iVm §19 Abs2 VStG ausschließe. Dieser Erschwerungsumstand liege daher nicht vor. Hingegen lägen eine Reihe von Milderungsumständen vor, nämlich der bisherige untadelige Wandel, das Zugeständnis der Tathandlung, der Umstand, daß er gleichzeitig mit der Beschäftigungsaufnahme um die Beschäftigungsbewilligung angesucht habe, daher den Sachverhalt offengelegt habe, was dem Milderungsgrund des §34 Z16 StGB entspreche und schließlich, daß die Tathandlungen unter Umständen begangen wurden, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahe kämen oder in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum begangen worden seien. Nicht berücksichtigt sei der Umstand worden, daß zwei Ansuchen positiv, drei negativ beurteilt worden wären, und daß das Arbeitsamt xx trotz Ablehnung ausländischer Arbeitskräfte ihm gleichzeitig andere ausländische Arbeitskräfte für eine mögliche Beschäftigung zugewiesen habe. All dies rechtfertige das Vorliegen von Gründen, die die Anwendung des §20 VStG zwingend gebieten, sodaß die Strafe entsprechend herabzusetzen wäre. Es wurden die Berufungsanträge gestellt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren mangels Schuld einzustellen, weiters allenfalls die Strafe unter Ansehung des §20 VStG auf die Mindeststrafe herabzusetzen, weiters über dieses Verhalten zusammen mit den Verfahren betreffend N und P in einem Straferkenntnis zu entscheiden und unter Anwendung des §20 VStG die Strafe mit dem gesetzlichen Mindestmaß festzusetzen. Der Berufungswerber beantragte außerdem eine mündliche Berufungsverhandlung.

 

Dem Landesarbeitsamt Niederösterreich wurde das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 19.2.1992, Zl 3-    -91, zugestellt. Berufung dagegen wurde vom Landesarbeitsamt Niederösterreich nicht erhoben.

 

Vom Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ wurden Unterlagen betreffend Vermittlungen im fraglichen Zeitraum beigeschafft sowie in Entsprechung des §51e VStG eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Unbestritten steht fest, daß der Beschuldigte die ungarische Staatsbürgerin K K im Tatzeitraum (2.1.1991 - 28.3.1991) ohne Vorliegen einer entsprechenden arbeitsmarktrechtlichen Bewilligung beschäftigt hat, daß er im zeitlichen Zusammenhang damit, nämlich am 9.1.1991, einen Antrag auf Beschäftigungsbewilligung beim Arbeitsamt xx gestellt hat, welcher am 25.1.1991 abgelehnt wurde, sowie daß die Ausländerin mit dem Tag der Beschäftigungsaufnahme zur Sozialversicherung angemeldet wurde. Weiters steht fest, daß der Beschuldigte durch Erteilung von Vermittlungsaufträgen beim zuständigen Arbeitsamt bemüht war, seinen Arbeitskräftebedarf zu decken, daß jedoch dieses Bemühen insbesondere mangels fachlicher Eignung der Bewerber, nicht erfolgreich war.

 

Die Berufungsbehörde sieht in dem Umstand, wonach der Beschuldigte im Hinblick darauf, daß ihm vom Arbeitsamt viele, auch ausländische Arbeitskräfte zugewiesen wurden, sowie darauf, daß auch im benachbarten Bundesland Burgenland in gleichgelagerten Fällen Beschäftigungsbewilligungen erteilt werden, annehmen habe können, daß die von ihm für K K beantragte Bewilligung tatsächlich erteilt werde, keinen die Schuld ausschließenden Tatirrtum. Dies deshalb, weil ein über die Sachlage irrender Täter ein Fahrlässigkeitsdelikt begehen kann, wenn sein Irrtum auf Fahrlässigkeit beruht. Wenn der Beschuldigte nun im konkreten Fall die mangelnde Vorwerfbarkeit des tatbestandsmäßigen und rechtswidrigen Verhaltens einwendet, so ist ihm jedenfalls Fahrlässigkeit bei der Erzeugung dieses Irrtums anzulasten, zumal eine mit der Leitung eines Betriebes betraute Person, der auch die Kenntnis der Voraussetzungen für die Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften zumutbar ist, nicht davon ausgehen kann, daß für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur die Beurteilung der öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen (also unter anderem das Verhältnis des inländischen zu ausländischem Arbeitskräftepotential) und in Ansehung der Beurteilung der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes nicht auch die Berücksichtigung des Integrationsgrades eines bestimmten Ausländers bei der Vermittlung ausschlaggebend ist.

 

Dem Beschuldigten ist daher diesbezüglich Fahrlässigkeit, im Hinblick darauf, daß er die Beschäftigung der Ausländerin auch nach Ablehnung des Antrages auf Beschäftigungsbewilligung fortgesetzt hat, jedoch vorsätzliches Verhalten anzulasten, was in Ansehung des Umstandes, daß es sich um eine Übertretung handelt, zu deren Begehung Fahrlässigkeit ausreicht, als Erschwerungsgrund zu werten ist.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung hat sich die Behörde erster Instanz im Hinblick auf das Vorliegen einer Reihe von Milderungsgründen nicht mit der Frage der Anwendbarkeit des §20 VStG auseinandergesetzt. Unbestritten war zu dem in Rede stehenden Zeitpunkt ein akuter Arbeitskräftebedarf des Beschuldigten gegeben und war dieser bemüht, diesen Bedarf durch die Einschaltung der Arbeitsmarkverwaltung durch Erteilung eines Vermittlungsauftrages zu decken. Dazu kommt, daß der Beschuldigte den beschäftigten ausländischen Arbeitnehmer bei der Sozialversicherung angemeldet hat, was von der typischen Erscheinungsform der Schwarzarbeit abweicht. Die Meldung der rechtswidrig erfolgten Einstellung der beschäftigten Arbeitnehmerin in Verbindung mit dem Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung an das Arbeitsamt stellt einen Milderungsgrund im Sinne des §34 Z16 zweiter Tatbestand StGB dar, weil es nach der allgemeinen Lebenserfahrung wahrscheinlich war, daß der Beschuldigte unentdeckt geblieben wäre. Der subjektive Arbeitskräftemangel stellt für sich allein genommen keinen Milderungsgrund bei der Strafbemessung dar. In Verbindung mit den besonderen Umständen des Einzelfalles ist jedoch bei einer verständigen Gesamtwürdigung der maßgebenden Umstände davon auszugehen, daß die Tat unter Umständen begangen wurde, die einem Schuldausschließungsgrund nahekommen und daher dieser Milderungsgrund bei der Strafbemessung zu berücksichtigen ist. Diese Milderungsgründe sind geeignet, den im Verfahren hervorgekommenen Erschwerungsgrund, der darin liegt, daß der Beschuldigte nach Ablehnung des Antrages auf Beschäftigungsbewilligung die strafbare Handlung vorsätzlich fortgesetzt hat, beträchtlich zu überwiegen und ermöglichen daher, vom Recht der außerordentlichen Milderung der Strafe gemäß §20 VStG in dem im Spruch bezeichneten Umfang Gebrauch zu machen.

 

Die Berufungsbehörde erachtet die in dieser Höhe verhängte Geldstrafe, die auch den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Beschuldigten angemessen ist, auch für geeignet, um den Beschuldigten in Hinkunft von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten.

 

Über die gegenständliche Berufung war entgegen dem Antrag des Berufungswerbers, über dieses Verhalten zusammen mit dem Verfahren betreffend O N und J P (anhängig beim Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ zu Zl Senat-WB-92-040 und Senat-WB-92-038) in einem Straferkenntnis zu entscheiden, eine gesonderte Entscheidung zu treffen, da - entgegen den Berufungsausführungen - das Ausländerbeschäftigungsgesetz seit der Fassung BGBl 1988/231 für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer eine eigene Strafdrohung aufstellt und es sich daher eine Beurteilung in der Richtung, daß Verstöße gegen §28 Abs1 AuslBG auch in Ansehung verschiedener ausländischer Beschäftigter in ihrer Gesamtheit gesehen ein fortgesetztes Delikt darstellen könnten, verbietet (vgl Erkenntnis des VwGH 15.12.1989, 89/09/0100).

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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