TE UVS Niederösterreich 1993/04/01 Senat-SB-92-002

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Veröffentlicht am 01.04.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

Gemäß §45 Abs1 Z1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, wird das Strafverfahren eingestellt.

Text

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lautet:

 

"Sie haben als Zulassungsbesitzer folgende Verwaltungsübertretung begangen:

 

Zeit: 13. September 1991

Ort: **** L*****, P***berg **

Fahrzeug: PKW *********0

Tatbeschreibung

 

Als Zulassungsbesitzer das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen S********0 nicht abgemeldet, obwohl sein dauernder Standort im März 1991 von **** B***** Nr **4 nach **** L*****, P***berg Nr **, somit in den örtlichen Wirkungsbereich einer anderen Behörde verlegt worden war.

 

Dadurch übertretene Verwaltungsvorschrift, verhängte Strafe und entstandene Verfahrenskosten:

 

Übertretung gemäß §134 Abs1, §43 Abs4 litb

KFG 1967

 

Geldstrafe gemäß

§134 Abs1 KFG 1967                            500,00 S

Ersatzfreiheitsstrafe: 30 Stunden

 

Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß

§64 Abs2

des Verwaltungsstrafgesetzes                   50,00 S

                                              --------

                              Gesamtbetrag    550,00 S

 

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§54d Abs1 des Verwaltungsstrafgesetzes)."

 

Weiters sind im Spruch noch Aussagen über die Zahlungsfrist enthalten.

 

Das Straferkenntnis gründet sich auf das Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens sowie auf die Anzeige des Gendarmeriepostens G***** vom 18.9.1991. Die dem Berufungswerber zur Last gelegte Tat wurde aufgrund des Ergebnisses der durchgeführten Erhebungen als ausreichend erwiesen angesehen. Durch Erhebungen sei festgestellt worden, daß der Berufungswerber laut Meldezettel seit 28.8.1990 in der Gemeinde G***** unter der Anschrift **** L*****, P***berg Nr ** mit ordentlichem Wohnsitz, in der Gemeinde B***** jedoch seit diesem Zeitpunkt unter der Anschrift R*********weg **4, **** B*****, nicht mit ordentlichem Wohnsitz gemeldet sei.

 

In der fristgerecht erhobenen Berufung wurde im wesentlichen ausgeführt:

 

Der gegenständliche Bescheid werde dem gesamten Inhalt nach angefochten. Die erlassende Behörde stelle im Sachverhalt fest, daß der Berufungswerber laut Meldezettel seit 28.8.1990 in der Gemeinde G***** unter der Anschrift **** L*****, P***berg ** mit ordentlichem Wohnsitz in der Gemeinde B***** nicht unter der Anschrift R*********weg **4, **** B*****, nicht mit ordentlichem Wohnsitz gemeldet sei. Es werde aus diesen Umständen abgeleitet, daß der Berufungswerber aus diesen Gründen der Mittelpunkt der Lebensbeziehungen in G***** hätte und daher auch der dauernde Standort des Fahrzeuges am ordentlichen Wohnsitz gelegen sein müsse. Die erlassende Behörde übersehe, daß man auch ein Fahrzeug nur für einen Zweiwohnsitz anmelden könne bzw der Standort des Fahrzeuges nicht mit dem Hauptwohnsitz ident sein müsse. Es liege daher die unrichtige Schlußfolgerung und somit auch eine unrichtige Sachverhaltsfeststellung vor. Die Verpflichtung einer Verlegungsanzeige bzw Abmeldung bestehe nur dann, wenn der bisherige Standort faktisch dauernd aufgegeben und ein neuer Standort tatsächlich begründet worden sei. Der Berufungswerber halte sich nach wie vor regelmäßig in B***** auf. Er sei als Monteur während der Woche unterwegs und an den Wochenenden teilweise in B*****, teilweise in L*****. Aus den genannten Gründen werde beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben und das Strafverfahren gegen den Berufungswerber einzustellen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Aufgrund des Akteninhalts steht fest, daß der Berufungswerber tatsächlich seit 28.8.1990 in der Gemeinde G*****, L*****, P***berg **, mit ordentlichem Wohnsitz gemeldet ist. Seit dem gleichen Datum ist er in **** B*****, R*********weg **4 zweitgemeldet. Laut Angaben des Berufungswerbers betrachtet er seinen Wohnsitz in L***** als Hauptwohnsitz. Er hält sich aber auch oft bei seinen Eltern in der Steiermark (B*****) auf. Laut Aussage seiner Mutter H P als Zeugin hält sich der Berufungswerber zu 50 % in L***** auf und zu 50 % in B*****.

 

In rechtlicher Hinsicht wurde erwogen:

 

Gemäß §43 Abs4 litb des Kraftfahrgesetzes 1967 hat der Zulassungsbesitzer sein Fahrzeug abzumelden, wenn er den dauernden Standort des Fahrzeuges in den örtlichen Wirkungsbereich einer anderen Behörde verlegt hat. Die Abmeldung kann bei der Behörde erfolgen, die den Zulassungsschein ausgestellt hat oder bei der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Zulassungsbesitzer seinen Aufenthalt hat.

 

Die Verwaltungsübertretung nach §43 Abs4 litb KFG 1967 ist ein Unterlassungsdelikt. Als Tatort des Unterlassungsdeliktes kommt daher der Sitz sowohl der einen als auch der anderen Behörde in Betracht (VwGH 29.4.1987, 86/03/0201,0202, ZFVB 1988/1/263).

 

Gemäß §40 Abs1 des Kraftfahrgesetzes 1967 gilt als dauernder Standort eines Fahrzeuges der ordentliche Wohnsitz des Antragstellers, bei Fahrzeugen von Unternehmen der Ort, von dem aus der Antragsteller über das Fahrzeug hauptsächlich verfügt.

 

Die Bezirkshauptmannschaft xx hat daher zu Recht ihre Zuständigkeit für die Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens in Anspruch genommen.

 

Die Verpflichtung zu einer Verlegungsanzeige bzw Abmeldung besteht nur dann, wenn der bisherige Standort faktisch dauernd aufgegeben und ein neuer Standort tatsächlich begründet worden ist. Hinsichtlich des Begriffes des ordentlichen Wohnsitzes ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung derjenigen Bestimmungen des KFG 1967, in denen vom "ordentlichen Wohnsitz" die Rede ist, der Begriff nach §66 Abs1 JN heranzuziehen. Nach diesem §66 Abs1 der Juristiktionsnorm ist der Wohnsitz einer Person an dem Orte begründet, an welchem sie sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, daselbst ihren bleibenden Aufenthalt zu nehmen. Abs3 des §66 der Juristiktionsnorm sieht die Möglichkeit vor, mehrere Wohnsitze zu haben.

 

In diese Richtung, nämlich dahingehend, daß mehrere ordentliche Wohnsitze möglich sind, geht die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 19.2.1988, 87/11/0238, VwGH 4.2.1992, 91/11/0121, vor allem aber VwGH 11.5.1982, 82/11/0038). Im letztgenannten Erkenntnis, in dem es ebenfalls um die Frage der Abmeldung eines Kraftfahrzeuges bzw der Aufhebung der Zulassung eines Kraftfahrzeuges geht, führt der Verwaltungsgerichtshof unter anderem aus:

"Eine Aufhebung (Verlegung) des ordentlichen Wohnsitzes einer Person kann nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes aber auch nicht allein deshalb angenommen werden, weil sie einen neuen Wohnsitz begründet hat; eine Person kann ja auch an zwei oder mehreren Orten ihre auf Bleiben gerichtete Wohnstätte in der Absicht aufgeschlagen haben, an diesen Orten ständig ihre Lebensführung in zweckbestimmter Ordnung zu verteilen (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. November 1981, Zl 81/04/0013), und demgemäß mehrere Wohnsitze haben (vgl die oben zitierten Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes sowie die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes zu §64 Abs5 KFG 1967: vom 30. Oktober 1981, Zl 02/2358/80, 14. November 1975, Zl 488/75, vom 27. Jänner 1975, Zl 1648/73, vom 20. Dezember 1971, Zl 1562/71, vom 22. April 1971, Zl 1503/70, und vom 2. Juli 1970, Zl 369/70). Ob freilich eine Person trotz Begründung eines neuen Wohnsitzes auch den bisherigen Wohnsitz beibehalten hat und somit über mehrere Wohnsitze verfügt, hängt davon ab, ob aus den konkreten Umständen des Einzelfalles nach außen hin ihre Absicht erkennbar ist, nicht nur den neuen Wohnsitz zu einem Mittelpunkt ihrer wirtschaftlichen, beruflichen oder gesellschaftslichen Betätigung zu gestalten, sondern auch den bisherigen Wohnort als einen Mittelpunkt der genannten Lebensbeziehungen beizubehalten. Polizeilichen An- und Abmeldungen kommt sowohl für die Beurteilung der Begründung des Wohnsitzes einer Person an einem bestimmten Ort als auch für jene der Aufhebung des Wohnsitzes nur Indizfunktion, aber keine Bindungswirkung zu (vgl Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. November 1975, Zl 488/75, zu §64 Abs5 KFG 1967, sowie die zum Auswanderungsbegriff nach §500 ASVG ergangenen Erkenntnisse vom 2. Juli 1981, Zl 08/2628/78, und vom 5. Dezember 1980, Zl 3333/79).

Eine Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes eines Zulassungsbesitzers und damit des dauernden Standortes seines Kraftfahrzeuges im Sinne der §§ 42 Abs1 und 43 Abs4 litb KFG 1967, die die dort genannten Verpflichtungen auslöst, ist nach diesen Ausführungen daher dann gegeben, wenn der Zulassungsbesitzer seinen bisherigen Wohnsitz im genannten Sinn aufgegeben hat."

 

Im vorliegenden Fall hat der Berufungswerber im gesamten Verfahren durchaus glaubwürdig dargelegt, daß er sowohl in L***** (Hauptwohnsitz) bei seiner Familie als auch in B***** bei seinen Eltern aufrecht gemeldet ist und sich etwa zu gleichen Teilen an beiden Orten aufhält. Ein Nachweis dafür, daß er den ursprünglichen Wohnsitz in B***** gänzlich aufgegeben hat oder ein Nachweis zur Widerlegung der eben angeführten Behauptungen des Berufungswerbers ist dem Akt nicht zu entnehmen.

 

Es konnte daher die dem Berufungswerber zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß §51e Abs1 VStG unterbleiben, da der angefochtene Bescheid aufgrund der Aktenlage zu beheben war.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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