Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51, (AVG) F o l g e gegeben, der erstinstanzliche Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß §45 Abs1 Z2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52, (VStG) eingestellt.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 16. April 1992, 3-****-92, wurde über den Beschuldigten L P wegen Übertretung nach §366 Abs1 Z1 Gewerbeordnung 1973, BGBl Nr 50/1974, (GewO 1973) gemäß §366 Abs1 GewO 1973 eine Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt. In diesem Strafbescheid wird ihm angelastet, am 29. März 1992 um 09,30 Uhr auf dem Gelände des Autokinos in G************** "ein Anmeldungsgewerbe (Handelsgewerbe) dadurch ausgeübt zu haben, daß er von einem Verkaufsstand aus neue bzw neuwertige Waren (Armbanduhren, Haarföhn, Lautsprecherboxen) zum Verkauf angeboten habe, ohne die hiezu erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben".
In der dagegen erhobenen Berufung weist der Beschuldigte auf die Bestimmung des §118 GewO 1973 (wohl richtig: §118a GewO 1973) - Rechte der Marktfahrer - hin. Außerdem habe er nur alte Sachen verkauft, wofür er keine Gewerbeberechtigung brauche.
Aus dem von der Bezirkshauptmannschaft xx vorgelegten Verwaltungsstrafakt ergibt sich folgendes:
Der Berufungswerber ist zur Tatzeit im Besitz der Gewerbeberechtigung für das Marktfahrergewerbe gewesen (Gewerbeschein von der Magistratsabteilung für den 1*. und 1*. Bezirk in Wien vom 16.9.1969). Dies ergibt sich aus der Anzeige des Gendarmeriepostens G************** vom 29. März 1992, GZ ******92.
Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt dazu als Berufungsbehörde in rechtlicher Hinsicht folgendes fest:
Im angefochtenen Strafbescheid wird von der Behörde erster Instanz der Vorwurf erhoben, daß der Beschuldigte "ein Anmeldungsgewerbe (Handelsgewerbe)" ohne die hiezu erforderliche Gewerbeberechtigung ausgeübt habe.
Aufgrund des Akteninhaltes steht jedoch fest, daß der Berufungswerber zur Tatzeit sehr wohl im Besitz einer Berechtigung für ein Handelsgewerbe, nämlich das Marktfahrergewerbe, gewesen ist. Dem Inhaber einer solchen Gewerbeberechtigung steht es zu, - nach Maßgabe der jeweiligen Marktordnung - Waren feilzubieten und zu verkaufen, deren Handel ein freies oder gebundenes Gewerbe darstellt.
Der im angefochtenen Straferkenntnis erhobene Vorwurf geht daher angesichts des Umstandes, daß das Marktfahrergewerbe sowohl ein Anmeldungsgewerbe als auch ein Handelsgewerbe ist, ins Leere. Der weitergehende Vorwurf, das Marktfahrergewerbe über den Berechtigungsumfang hinaus, etwa durch das Beziehen eines nicht der Gewerbeordnung 1973 unterliegenden Marktes, ausgeübt zu haben, wurde im gesamten Verfahren nicht erhoben.
Darüberhinaus entspricht der Spruch des Straferkenntnisses auch nicht dem Konkretisierungsgebot des §44a Z1 VStG. Danach hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dem entsprechend gehört es zu den Grundsätzen jedes Strafverfahrens, daß die zur Last gelegte Tat so eindeutig umschrieben wird, daß kein Zweifel darüber bestehen kann, wofür der Täter bestraft worden ist, und daß die Möglichkeit ausgeschlossen wird, er könne etwa wegen derselben Handlung nochmals zur Verantwortung gezogen werden.
Im Spruch des Straferkenntnisses wird dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe ein "Anmeldungsgewerbe (Handelsgewerbe)" durch das Anbieten von neuwertigen Waren von einem Verkaufsstand aus ausgeübt, ohne die hiezu erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Damit wird nicht zum Ausdruck gebracht, das Fehlen welcher Gewerbeberechtigung dem Berufungswerber eigentlich zum Vorwurf gemacht wird. Tatsächlich war ja der Beschuldigte im Besitz einer Berechtigung für ein Handelsgewerbe, nämlich das Marktfahrergewerbe. Neben dem Marktfahrergewerbe kennt die Gewerbeordnung 1973 noch eine Reihe weiterer Handelsgewerbe (zB konzessionierte Handelsgewerbe, Antiquitäten- und Kunstgegenständehandel, Buch-, Kunst- und Musikalienhandel, Fotohandel, Kleinhandel mit Brennstoffen und Brennmaterial).
Dadurch, daß im gesamten erstinstanzlichen Verfahren (vgl auch Strafverfügung vom 31. März 1992 als erste Verfolgungshandlung) offen gelassen wurde, welches (Handels-)Gewerbe unbefugt ausgeübt worden ist, wurde die Bestimmung des §44a Z1 VStG verletzt (vgl hiezu VwGH 15.1.1985, 83/04/0244).
Da dieser Mangel auch der innerhalb der Frist des §31 Abs2 VStG gesetzten Verfolgungshandlung anhaftet, ist im Gegenstand überdies Verfolgungsverjährung eingetreten.
Unabhängig davon steht aufgrund der Aktenlage - wie bereits oben angeführt - fest, daß die inkriminierte Tätigkeit nicht ohne jegliche Gewerbeberechtigung für ein Handelsgewerbe gesetzt worden ist, sondern daß der Berufungswerber im Besitz einer Berechtigung für das Marktfahrergewerbe gewesen ist, in deren Rahmen er grundsätzlich - unter Beachtung des Berechtigungsumfanges - zur Ausübung einer Verkaufstätigkeit befugt ist.
Aufgrund dieser Erwägungen war daher spruchgemäß zu entscheiden.