TE UVS Wien 1993/05/05 03/20/849/93

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Veröffentlicht am 05.05.1993
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Betreff

Mit angefochtenem Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten zur Last gelegt, er habe es als Zulassungsbesitzer eines KFZ unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 4.2.1992, zugestellt am 5.2.1992 innerhalb der Frist von zwei Wochen Auskunft zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug am 10.12.1991 um

10.31 Uhr in W gelenkt hat und habe dadurch gegen §103 Abs2 verstoßen.

Dieses Straferkenntnis gründet sich im wesentlichen darauf, daß eine Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers, die unter der Adresse W, S-gasse, im Wege eines "Angestellten des berufsmäßigen Parteienvertreters" als RSa-Sendung am 5.2.1992 zugestellt wurde. Aktenkundig wurde im Verfahren erster Instanz ein Schreiben des Beschuldigten vom 5.3.1992, zur Post gegeben am 6.3.1992, in welchem er bekanntgab, daß er das Fahrzeug am 10.12.1991 gefahren habe.

In seiner rechtzeitigen Berufung wandte der Beschuldigte ein, daß er zum Zeitpunkt der Zustellung, dem 5.2.1992, an seinem Wohnsitz in A gewesen sei, danach nach Deutschland gefahren sei und erst am 21.2.1992 das Schriftstück ausgefolgt bekommen habe. Er sei in Pension gegangen und habe auch mit dem Tag der Pensionierung seine Kanzlei an seinen Sohn übergeben. Er sei nicht mehr in der Anwaltsliste eingetragen und habe keine Kanzlei unter der Zustelladresse.

Dieses Vorbringen wurde durch das Beweisverfahren der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem UVS bestätigt. Der UVS gab der Berufung Folge, behob das Straferkenntnis und stellte das Verfahren gem §45 Abs1 Z2 VStG ein.

Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat über die Berufung des Herrn Dr Heinrich G, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Wieden, vom 16.2.1993, Zl Cst 379/W/92, wegen Verletzung der Rechtsvorschrift des §103 Abs2 KFG entschieden:

Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß §45 Abs1 Zif2 VStG eingestellt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß §65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Begründung:

Mit angefochtenem Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten zur Last gelegt, er habe es als Zulassungsbesitzer des Kfz W-85 unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 4.2.1992, zugestellt am 5.2.1992 innerhalb der Frist von zwei Wochen Auskunft zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug am 10.12.1991 um 10.31 Uhr in Wien 1, Rathausplatz 6 gelenkt hat und habe dadurch gegen §103 Abs2 KFG verstoßen.

Dieses Straferkenntnis gründet sich im wesentlichen darauf, daß eine Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers, die unter der Adresse Wien, S-gasse, im Wege eines "Angestellten des berufsmäßigen Parteienvertreters" als RSa-Sendung am 5.2.1992 zugestellt wurde, nicht innerhalb der gesetzten Frist beantwortet wurde. Aktenkundig wurde im Verfahren erster Instanz ein Schreiben des Beschuldigen vom 5.3.1992, zur Post gegeben am 6.3.1992, in welchem er bekanntgab, daß er das Fahrzeug am 10.12.1991 gefahren habe.

In seiner rechtzeitigen Berufung wandte der Beschuldigte ein, daß er zum Zeitpunkt der Zustellung, dem 5.2.1992, an seinem Wohnsitz in A gewesen sei, danach nach Deutschland zu seiner Schwiegermutter gefahren sei und erst am 21.2.1992 das Schrifstück ausgefolgt bekommen habe.

Der Berufungswerber stellte daher den Antrag, es möge seinem Rechtsmittel gegen das Straferkenntnis Folge gegeben und dieses aufgehoben werden.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien führte am 5.5.1993 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschuldigte und die von ihm beantragte Zeugin, Frau Helga G, einvernommen wurden.

Der Beschuldigte führte zu Beginn der Verhandlung folgendes aus:

"Ich war am 4.2.1992 das letzte Mal in der Kanzlei, das Schriftstück (Lenkeranfrage) ist erst am 5.2.1992 eingelangt und wurde von einer Kanzleikraft, wie anhand des Rückscheines ersichtlich Frau K, übernommen. Am 9.2.1992 fuhren meine Gattin und ich zu meiner Schwiegermutter nach B, um ihren Geburtstag zu feiern. Am 15.2.1992 sind wir zurückgefahren. Am 21.2.1992 war ich erstmals wieder in der Kanzlei und habe das Schrifstück ausgefolgt bekommen.

Ich halte mich nunmehr an meiner Wohnadresse, P, ständig auf. Ich bin mit 1.6.1990 in Pension gegangen und habe auch mit diesem Tag meine Kanzlei meinem Sohn übergeben. Ich bin somit nicht mehr an der Anwaltsliste eingetragen und habe auch keine Kanzlei unter der aktenkundigen Adresse in Wien.

Nachdem mir das Schriftstück ausgefolgt wurde, habe ich dann innerhalb der gesetzten Frist mit Schreiben vom 5.3.1992 der Behörde die begehrte Auskunft erteilt."

Frau Helga G gab zeugenschaftlich einvernommen folgendes an:

Gattin des Beschuldigten

"Auf mein Entschlagungsrecht aufmerksam gemacht, gebe ich an, daß ich aussagen möchte.

Ich kann mich daran erinnern, daß wir im Februar 1992 zum Geburtstag meiner Mutter, der ist am 9.2., nach B gefahren sind. Wann wir genau gefahren bzw zurückgefahren sind, weiß ich heute nicht mehr. Wir sind, soweit ich mich erinnere, 8 Tage dort geblieben. Unser ständiger Wohnsitz ist seit drei Jahren "P". Unter Berücksichtigung der Angaben des Beschuldigten, die auch im Hinblick auf die Zeugenaussage der Frau Helga G als glaubwürdig erachtet werden, weiters unter Berücksichtigung der Ergebnisse des erstinstanzlichen Verfahrens war davon auszugehen, daß die Lenkeranfrage am 5.2.1992 in der Rechtsanwaltskanzlei des Sohnes zugestellt und von einer Angestellten des dort etablierten berufsmäßigen Parteienvertreters, Dr Wilfried G, übernommen wurde. Der Beschuldigte selbst bekam die Sendung am 21.2.1992 ausgefolgt und erteilte eine Lenkerauskunft 6.3.1992.

Gemäß §13 Abs4 Zustellgesetz ist dann, wenn der Empfänger eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ist, die Sendung in deren Kanzlei zuzustellen und darf an jeden dort anwesenden Angestellten des Parteienvertreters zugestellt werden. Gemäß §4 leg cit ist Abgabestelle der Ort, an dem die Sendung dem Empfänger zugestellt werden darf, das ist die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anläßlich einer Amtshandlung auch deren Ort.

Gemäß §7 leg cit gilt dann, wenn bei der Zustellung Mängel unterlaufen, diese in dem Zeitpunkt als vollzogen, indem das Schrifstück der Person, für die es bestimmt ist (Empfänger) tatsächlich zugekommen ist.

Zur Bestimmung des §13 Abs4 leg cit ist noch festzuhalten, daß unter "Angestellte" alle Kanzleibediensteten zu verstehen sind. Die genannte Bestimmung gilt nur für jene Fälle, in denen der Rechtsanwalt Empfänger in seiner Eigenschaft als Parteienvertreter ist. Sie findet aber auch dann Anwendung, wenn einem Rechtsanwalt einen an ihn persönlich gerichtetes Schrifstück in seiner Kanzlei zugestellt wird.

Da es sich bei der Kanzlei in Wien, S-gasse, nicht um die Kanzlei des Beschuldigten handelte, erfolgte die Zustellung entsprechend oben wiedergegebener Normen des Zustellgesetzes an dieser Adresse zu unrecht, und wurde dieser Mangel erst durch die tatsächliche Übernahme am 21.2.1992 saniert. Die am 6.3.1992 zur Post gegebene Lenkerauskunft erweist sich somit als rechtzeitig, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Schlagworte
Fahrzeuglenker, Aufforderung zur Bekanntgabe, Zustellung, berufsmäßiger Parteienvertreter, Kanzlei, Zustellmangel Heilung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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