TE UVS Wien 1993/05/12 03/19/1112/93

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.05.1993
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Betreff

Der BW war mit Straferkenntnis für schuldig erkannt worden, er habe einen PKW durch Öffnen der Lenkradsperre und Zurückrollenlassen gelenkt, ohne im Besitz einer hiefür erforderlichen Lenkerberechtigung zu sein. Dagegen brachte er im wesentlichen vor, nach Rücksprache mit einem Rechtsanwalt sei er sehrwohl berechtigt, ein KFZ zwecks Freimachen eines Parkplatzes zu schieben. Er habe das KFZ nicht gelenkt, sondern sei damit nur 2 m nach rückwärts gerollt. Zu diesem Zweck habe er den Zündschlüssel in das Zündschloß gesteckt, um die Lenkradsperre aufzuheben und habe die Handbremse gelöst.

Der UVS gab der Berufung keine Folge und bestätigte die erstinstanzliche Bestrafung.

Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch seine Mitglieder Dr Ernst Schopf, Mag Werner Romano und Dr Irene Hollinger über die Berufung des Herrn Leopold T, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat vom 24.3.1993, Zl Pst 397/Z/93, wegen Verwaltungsübertretung gemäß §64 Abs1 KFG entschieden:

Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Tatumschreibung lautet wie folgt:

"Der Beschuldigte Leopold T hat am 16.1.1993 um

5.00 Uhr in Wien, F-straße Fahrtrichtung J-straße das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen W-10 gelenkt, ohne im Besitze einer Lenkerberechtigung gewesen zu sein."

Der Berufungswerber hat daher gemäß §64 Abs1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 4.000,--, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.

Text

Begründung:

Auf Grund des erstinstanzlichen Straferkenntnisses erging am 24.3.1993 gegen den Beschuldigten ein Straferkenntnis mit folgender Tatanlastung:

"Sie haben am 16.1.1993 um 05.00 Uhr in Wien, F-str, Fahrtrichtung J-str das Kfz W-10 durch Öffnen der Lenkradsperre und Zurückrollenlassen gelenkt, ohne im Besitze einer hiefür erforderlichen Lenkerberechtigung gewesen zu sein.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§64/1 KfG"

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde eine Geldstrafe von S 20.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen verhängt und ein erstinstanzlicher Strafkostenbeitrag von S 2.000,-- vorgeschrieben.

Dagegen brachte der Beschuldigte fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung ein und führte im wesentlichen aus, nach Rücksprache mit einem Rechtsanwalt sei er sehrwohl berechtigt, ein Kraftfahrzeug zwecks Freimachen eines Parkplatzes zu schieben, außerdem erscheint die Höhe der Strafe für 2 m schieben etwas sehr hoch. Zu diesem Vorbringen hat der Unabhängige Verwaltungssenat Wien erwogen wie folgt:

Gemäß §64 Abs1 KFG ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur auf Grund einer von der Behörde erteilten Lenkerberechtigung für die Gruppe zulässig, in die das Kraftfahrzeug fällt.

Hinsichtlich der angelasteten Tathandlung hat der Beschuldigte in der Einvernahme vom 24.3.1993 präzisiert, er habe das Kraftfahrzeug nicht gelenkt, er sei damit nur 2 m nach rückwärts gerollt. Zu diesem Zweck habe er den Zündschlüssel in das Zündschloß gesteckt, um die Lenkradsperre aufzuheben. Dann habe er die Handbremse geöffnet und das Kraftfahrzeug 2 m rückwärts rollen lassen.

Zum Begriff des Lenkens eines Fahrzeuges hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger einschlägiger Judikatur festgehalten, daß im Falle der Fortbewegung bereits die vollendete Tat vorliegt (8.9.1958, 729/57). Weiters hat die zitierte Judikatur Klarstellung gebracht, daß eine Lenkerberechtigung auch erforderlich ist, wenn das Fahrzeug mit abgestelltem Motor zufolge der auf einer abschüssigen Fahrbahn sich auswirkenden Schwerkraft fortbewegt wird (28.2.1962, 1810/61).

Die vom Beschuldigten durchgeführte Tathandlung - im nunmehrigen Rechtsmittel als "schieben" bezeichnet - war daher im Sinn der obzitierten Judikatur als Lenken im Sinn der angewendeten Gesetzesstelle zu qualifizieren, welches den Besitz der entsprechenden Lenkerberechtigung voraussetzt.

Es war daher in der Schuldfrage der Berufung spruchgemäß der Erfolg zu versagen und mit Bestätigung des angefochtenen Straferkenntnisses vorzugehen; da sich das Berufungsvorbringen ausschließlich gegen die rechtliche Würdigung und die Strafhöhe richtet, konnte die Entscheidung gemäß §51e Abs2 VStG ohne vorherige Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ergehen.

Die Abänderung im Spruche diente der Anpassung an die Gesetzesstelle.

Auf das Vorbringen hinsichtlich der rechtsanwaltlichen Belehrung konnte nicht weiter eingegangen werden, da der Beschuldigte einerseits Ausführungen des Inhaltes unterlassen hatte, welchen Sachverhalt er seiner Anfrage an den Rechtsanwalt zugrunde gelegt hat, andererseits wurde auch nicht dargelegt, zu welchem Zeitpunkt die gegenständliche Anfrage eingeholt wurde. Letzteres wäre insofern maßgeblich gewesen, als bei nachträglicher Anforderung einer rechtsanwaltlichen Belehrung dem Beschuldigten keineswegs der Rechtfertigungsgrund eines entschuldigenden Rechtsirrtumes zugrunde kommen würde.

Eine Herabsetzung der Strafe kam unter Bedachtnahme auf den angestrebten Präventionszweck aus folgenden Gründen nicht in Betracht:

Gemäß §19 Abs1  VStG ist die Grundlage der Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gem Abs2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen, die Einkommens- Vermögens-und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die gegenständliche Verwaltungsübertretung war mit einer Geldstrafe bis 30000,- S, im Falle der Uneinbringlichkeit sechs Wochen Ersatzarrest, bedroht.

Durch die angelastete Verwaltungsübertretung wurde das durch die Strafdrohung als schutzwürdig erkannte Interesse an der ausschließlichen aktiven Teilnahme von lenkerberechtigten Personen am Kraftfahrzeugverkehr geschädigt. Trotz des Fehlens sonstiger nachteiliger Folgen konnte daher der objektive Unrechtsgehalt nicht als unbedeutend angesehen werden.

Wie den begleitenden Tatumständen und dem Vorbringen in der Berufungsschrift entnommen werden konnte, wurde die gegenständliche Verwaltungsübertretung vorsätzlich begangen. Das Verschulden war daher als erheblich anzusehen.

Das Vorliegen mehrerer einschlägiger Vormerkungen wurde seitens der Erstbehörde zu Recht als erschwerend gewertet.

Auch die ungünstigen Einkommensverhältnisse, die Vermögenslosigkeit und das Fehlen gesetzlicher Sorgepflichten wurden berücksichtigt.

Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des §64 Abs1 und 2 VStG.

Schlagworte
KFZ lenken, KFZ schieben, KFZ rollenlassen, Lenkerberechtigung, Rechtsirrtum
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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