Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 AVG, BGBl Nr 51/1991 dahingehend Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe im Nichteinbringungsfalle 48 Stunden) auf S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) herabgesetzt wird.
Gemäß §64 VStG, BGBl Nr 52/1991, hat die Berufungswerberin einen Betrag von S 150,-- als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens erster Instanz zu zahlen.
Mit dem bekämpften Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 27. Mai 1992, Zl: 3-****-91, wurde über Frau G H in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin und somit als zur Vertretung nach außen Berufene der Firma G H GesmbH eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) gemäß §31 Abs2 AnschG verhängt.
Angelastet wurde ihr, es als nach §9 VStG strafrechtlich Verantwortliche unterlassen zu haben, daß - wie am 25. September 1990 anläßlich einer Erhebung durch das Arbeitsinspektorat festgestellt - für alle Arbeitnehmer in der Filiale der G H GesmbH in V********, ***, Top *5 Garderobekästen vorhanden waren, die der gesetzlichen Norm des §86 Abs1 AAV entsprochen hätten.
Dagegen erhob die Beschuldigte durch ihre ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht Berufung und führte im wesentlichen aus, daß in gegenständlicher Filiale 3 Garderobekästen aufgestellt seien, und dies durchaus ausreiche, da sich lediglich 3 Angestellte gleichzeitig in der Filiale Top *5 aufhielten.
Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens wird von der Rechtsmittelwerberin darin erblickt, daß ein beantragter Ortsaugenschein, sowie ihre eigene Vernehmung seitens der Erstinstanz unterblieben sei und im übrigen werde zusätzlich noch Verjährung eingewandt.
Somit wird die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Im Rahmen des Parteiengehörs hielt das Arbeitsinspektorat nach Kenntnis des Vorbringens des Rechtsvertreters der Beschuldigten den gestellten Strafantrag vollinhaltlich aufrecht.
In der am 15. April 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung am Sitz der Bezirkshauptmannschaft xx wurden die allseitigen Verhältnisse der Beschuldigten erhoben, seitens der Rechtsvertreterin der Einschreiterin wurde auf die Einrede der Verjährung verzichtet und nunmehr in Hinblick auf die geltende Rechtslage das Berufungsbegehren ausschließlich auf die Strafhöhe eingeschränkt.
Seitens des in der Verhandlung anwesenden Organes der Arbeitsinspektion wurde einer geringfügigen Herabsetzung der verhängten Geldstrafe unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beschuldigten im Zuge ihrer Einvernahme zugestimmt.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich hat dazu wie folgt erwogen:
Die angelastete Tat wird von der Beschuldigten nicht in Abrede gestellt. Somit ist davon auszugehen, daß der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses in Rechtskraft erwachsen und die angelastete Tat bzw Unterlassung als erwiesen anzusehen ist und sich die Durchführung des beantragten Lokalaugenscheins erübrigt.
Auch in diesem Fall ist die Beschuldigte vorweg darauf hinzuweisen, daß eine irrige Gesetzesauslegung ein Rechtsirrtum ist, der einen Beschuldigten nicht zu entschuldigen vermag, wenn nach seinem ganzen Verhalten nicht angenommen werden kann, daß sie unverschuldet war und daß der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens nicht einsehen konnte (VwGH 27.9.1988, 88/08/0113).
Da sich der Geschäftsführer einer GesmbH über die auf den Gebiet seines Berufes bestehenden Vorschriften zu unterrichten hat, ist deren Unkenntnis nicht als Schuldausschließungsgrund zu werten (VwGH 18.10.1972, 420/72).
Ein weiterer Beweis, daß hinsichtlich der angelasteten Übertretung die Beschuldigte kein Verschulden trifft oder eine entschuldbare Unkenntnis oder ein sonstiger Schuldausschließungsgrund vorlag, konnte weder angeboten werden, noch war ein solcher aus dem gesamten Akteninhalt ersichtlich.
Gemäß §19 VStG ist die Grundlage über die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundene Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Überdies ist nach dieser Gesetzesbestimmung im ordentlichen Verfahren Bedacht zu nehmen auf Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen. Auch das Ausmaß des Verschuldens ist besonders zu berücksichtigen und bei Bemessung von Geldstrafen sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse heranzuziehen.
Die Behörde erster Instanz hat bei ihrer Strafzumessung weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe ihrer Beurteilung zugrunde gelegt.
Übertretungen im Bereich des Arbeitnehmerschutzes sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Angriffe auf das höchstpersönliche Rechtsgut der Gesundheit und des Lebens der einzelnen Arbeitnehmer zu werten, was eine harte Bestrafung nach sich ziehen muß.
Im gegenständlichen Fall wurde von der Strafbehörde erster Instanz bei vorliegender Übertretung, einem sogenannten "Ungehorsamsdelikt", eine Geldstrafe verhängt, die im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens liegt.
Unter Verwertung des Umstandes, daß bei der Einschreiterin schon mehrere rechtskräftige Bestrafungen aus dem Bereich des Arbeitnehmerschutzes vorliegen und somit zumindest die Schuldform der Fahrlässigkeit anzunehmen ist, war trotz des Geständnisses eine weitergehende Herabsetzung der verhängten Geldstrafe nicht möglich.
Berücksichtigt man auch den Umstand, daß die Tat in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum begangen wurde, und das Geständnis erst im Zuge des Berufungsverfahrens abgelegt wurde ist die nunmehr aus dem Spruch ersichtliche verhängte Geldstrafe als tat- und schuldangemessen zu betrachten und auch unter Berücksichtigung der bekanntgegeben, nicht ungünstigen allseitigen Verhältnisse der Beschuldigten, notwendig, der Berufungswerberin die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens
klarzumachen und sie in Hinkunft von der Setzung gleichgelagerter Verhaltensweisen abzuhalten, wobei bei der Höhe der Strafzumessung zusätzlich ein generalpräventiver Zweck zu berücksichtigen sein wird.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.