Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat über die Berufung des Herrn Heinz Wilhelm St, gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 4, vom 10.3.1993, Zahl MA 4/5- PA-101694/2/0, wegen Übertretung des §1 Abs3 in Verbindung mit §4 Abs1 Parkometergesetz, LGBl für Wien Nr 47/1974 in der geltenden Fassung entschieden:
Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Der Berufungswerber hat daher gemäß §64 Abs1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind S 80,--, zu bezahlen.
Begründung:
In dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, am 4.12.1991 um 14.26 Uhr in Wien, H-gasse, das mehrspurige Kraftfahrzeug W 16 in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt zu haben, ohne die Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein entrichtet zu haben, da die Parkzeit überschritten worden sei.
Der Berufungswerber bestreitet nicht, sein Fahrzeug zur Tatzeit am inkriminierten Ort abgestellt zu haben, führt jedoch unter anderem aus, daß die Abstellung nicht innerhalb einer Kurzparkzone, sondern viel mehr im Bereich von weniger als fünf Metern vom Schnittpunkt einander kreuzender Fahrbahnrändern erfolgt sei. Die Rechtsprechung, wonach ein und derselbe Tatbestand sowohl eine Übertretung nach dem Parkometergesetz als auch nach der StVO darstelle, sei nicht länger aufrechtzuerhalten.
Der Beginn der Kurzparkzone sei durch eine blaue Markierung gekennzeichnet gewesen, sein PKW habe jedoch mit keinem Fahrzeugteil in diese Markierung hineingeragt.
Es sei somit keine Bestrafung nach dem Parkometergesetz gerechtfertigt; außerdem sei die Kurzparkzone nicht ordnungsgemäß kundgemacht gewesen, da am Beginn und am Ende der (durchgehenden) Kurzparkzone kein Zeichen angebracht sei, daß es sich um eine durchgehende Kurzparkzone handle. Im gegenständlchen Fall liege darüberhinaus kein beweiskräftiger Aktenvermerk über die Kundmachung vor, da dem Aktenvermerk weder ein Datum beigesetzt sei, noch dem Aktenvermerk der Name des Organwalters entnommen werden könne.
Da der Berufungswerber demnach die Abstellung seines Fahrzeuges am Tatort an sich nicht in Frage stellte und lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die Erstbehörde geltend machte, konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien unterbleiben.
In rechtlicher Hinsicht wird ausgeführt:
Gemäß §25 Abs1 StVO 1960 kann die Behörde, wenn und insoweit es zu bestimmten Zeiten aus ortsbedingten Gründen oder zur Erleichterung der Verkehrslage erforderlich ist, durch Verordnung für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes das Parken zeitlich beschränken ("Kurzparkzone").
Der Einwand des Beschwerdeführers, die Verordnung des Magistrates der Stadt Wien sei nicht gehörig kundgemacht gewesen, weil sie nicht im Amtsblatt der Stadt Wien verlautbart worden sei, geht ins Leere:
Gemäß §25 Abs2 StVO 1960 sind Verordnungen nach Abs1 leg cit durch Verkehrszeichen gemäß §52 Zi 13d und 13e kundzumachen. Zusätzlich können Kurzparkzonen mit Bodenmarkierungen in blauer Farbe auf der Fahrbahn oder auf dem Randstein sowie mit blauen Markierungsstreifen an den im Bereich einer Kurzparkzone vorhandenen Anbringungsvorrichtungen für Straßenverkehrszeichen, Beleuchtungsmasten oder dergleichen gekennzeichnet werden. Durch Bodenmarkierungen allein ist jedenfalls eine Kurzparkzone nicht ordnungsgemäß kundgemacht (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.9.1970, Zl 1865/69, ZVR 1971/74). Aus dieser Kann-Bestimmung geht - im Gegenteil - eindeutig hervor, daß blaue Bodenmarkierungen gar nicht erforderlich sind, da die Unterlassung der Kennzeichnung der Kurzparkzone durch Bodenmarkierungen nicht die Gesetzmäßigkeit der Kundmachung dieser Vorschrift berührt (Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6.12.1965, B 210/65, ZVR 1966/273).
In einem anderen Erkenntnis (vom 24.1.1979, Zl 1952/78) sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, daß in Hinsicht darauf, daß die sogenannten blauen Bodenmarkierungen keine spezifische Rechtsquelle im Sinne der StVO darstellen, deren in nicht konsequenter Weise erfolgte Anbringung an einzelnen Stellen nicht zu der Annahme berechtigt, daß dadurch Ausnahmen von der durch die StVO erfolgten Anordnung verfügt würden. Dies muß schon deshalb ausgeschlossen werden, weil die blauen Bodenmarkierungen in Hinsicht auf die ihnen fehlende Eigenschaft einer Rechtsquelle zu den auf der Rechtserzeugungsstufe einer Verordnung stehenden Straßenverkehrszeichen nach §52 in keinem derogatorischen Verhältnis, insbesonders unter dem Gesichtspunkt der lex specialis zur lex generalis, stehen können.
Daß der Berufungswerber daher außerhalb blauer Bodenmarkierungen gestanden ist, bedeutet daher keinesfalls, daß er sein Kraftfahrzeug außerhalb der Kurzparkzone abgestellt hatte, zumal sich die Kurzparkzone - wie der Begriff der "Zone" besagt - auf ein ganzes Gebiet erstreckt (das im übrigen nicht nur die Fahrbahn, sondern die gesamte Straße umfaßt) und dieses nicht durch blaue Markierungen kenntlich gemacht sein muß. Weiters wird bemerkt, daß entgegen der Meinung des Berufungswerbers eine Bestrafung sowohl nach dem Parkometergesetz als auch nach der StVO 1960 möglich ist, da Halte- und Parkverbote sowie Ladezonen durch Kurzparkzonen, die für ein ganzes Gebiet erlassen wurden, in ihrer Gültigkeit nicht berührt werden; eine Kurzparkzonenregelung umfaßt die gesamte Straße, und handelt es sich bei der festgesetzten Gebühr um eine Abgabe für das Abstellen von Kraftfahrzeugen in diesem Gebiet, egal ob das Fahrzeug gemäß oder entgegen den Bestimmungen der StVO 1960 aufgestellt wurde. Zum Einwand des Berufungswerbers, daß verkürzt nur eine Person, nicht jedoch eine Abgabe werden kann, wird bemerkt, daß der Begriff der "Verkürzung" ein gebräuchlicher terminus technicus des Abgabenrechtes ist; so sagt beispielsweise §4 Abs1 des Wiener Parkometergesetzes, daß Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 3.000,--S zu bestrafen sind; auch §34 Finanzstrafgesetz spricht von (fahrlässiger) Abgabenverkürzung.
Die Behauptung des Berufungswerbers, daß jegliche Entrichtung einer Gebühr für das Abstellen eines Fahrzeuges auf öffentlichem Grund rechtswidrig sei, da ohnehin Kraftfahrzeugsteuer und Mineralölabgabe entrichtet würden, wird nicht geteilt, zumal (unter anderem) Besteuerungsgegenstand, Zweck und Abgabenhoheit bei diesen Abgaben verschieden sind.
Zu der Rüge des Berufungswerbers, daß ein Fahrrad "absolut keiner Pflicht zur Entrichtung einer wie immer gearteten öffentlichen Abgabe" unterliegt, wird bemerkt, daß ein Fahrrad erstens keine Abgase erzeugt, zweitens (bei gesetzmäßiger Aufstellung im Sinne des §23 Abs2 StVO 1960) viel weniger Parkraum beansprucht als etwa ein Personenkraftwagen und drittens aufgrund seines wesentlich geringeren Eigengewichts und der beschränkten Möglichkeit der Beladung (etc) die Fahrbahnbeläge weit weniger in Mitleidenschaft zieht als etwa ein Personenkraftwagen.
Zusammenfassend läßt sich daher folgendes ausführen:
Aus dem Obgenannten ergibt sich zweifelsfrei, daß das Fahrzeug des Berufungswerbers in einem Kurzparkzonenbereich abgestellt war. Von der ordnungsgemäßen Kundmachung dieses Bereiches durch entsprechende Verkehrszeichen gemäß §52 Z 13d und 13e konnte sich der Unabhängige Verwaltungssenat Wien durch einen am 23.2.1993 zum ha Verfahren UVS-05/32/00103/93 durchgeführten Lokalaugenschein überzeugen; die Verkehrszeichen sind dort aufgestellt, wo ein legales Zufahren zum Abstellort des Fahrzeuges des Berufungswerbers möglich ist. Das Ergebnis des Lokalaugenscheins (inkl Skizze) wurde dem Berufungswerber im Verfahren UVS- 05/32/00103/93 zur Kenntnis gebracht.
Was die vom Berufungswerber aufgeworfene Frage hinsichtlich des nicht beweiskräftigen Aktenvermerk betrifft, so ist diesbezüglich auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl VfGH Erkenntnis vom 16.12.1975, V 27/75, VfGH Slg Nr 7724) zu verweisen, wonach die Verletzung der der Behörde nach §44 Abs1 StVO obliegenden Verpflichtung, den Zeitpunkt der erfolgten Anbringung eines Straßenverkehrszeichens in einem Aktenvermerk (§16 AVG) festzuhalten, auf die Gesetzmäßigkeit einer nach §43 StVO erlassenen Verordnung keinen Einfluß hat, da die Kundmachung der Verordnung durch die Anbringung der Verkehrszeichen begrifflich abgeschlossen ist und die Anlegung des Aktenvermerkes bloß eine Ordnungsvorschrift darstellt. Die Rechtmäßigkeit der Verordnung und Gültigkeit der (des) Verkehrszeichen(s) hängen somit nicht von der Erstellung des Aktenvermerkes bzw von dessen Qualität als Aktenvermerk ab, sondern einzig allein davon, ob eine ordnungsgemäße Verordnung für das (die) entsprechende(n) Verkehrszeichen vorliegt und ob diese(s) Verkehrszeichen auch an der (den) in der Verordnung bezeichneten Stelle(n) ordnungsgemäß angebracht wurde(n), wovon sich aber der Unabhängige Verwaltungssenat Wien im konkreten Fall - wie schon oben ausgeführt - überzeugen konnte.
Gemäß §1 Abs1 des Parkometergesetzes kann der Gemeinderat für das Abstellen von mehrspurigen Fahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorschreiben. Von dieser Ermächtigung hat der Wiener Gemeinderat mit Verordnung vom 28. Februar 1986, mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird, Amtsblatt der Stadt Wien Nr 12/1986, Gebrauch gemacht. Gemäß §1 Abs3 zweiter Satz des Parkometergesetzes hat jeder Lenker eines mehrspurigen Fahrzeuges, der ein solches Fahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Anordnung nach Abs1 getroffen wurde, die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.
Der Berufungswerber ist dieser Verpflichtung jedoch insoferne nicht nachgekommen, als er sein Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abstellte, dabei aber die Parkzeit überschritt.
Im Hinblick auf obige Ausführungen war die dem Berufungswerber zur Last gelegte Verwaltungsübertretung demnach als erwiesen zu erachten, weshalb der Berufung keine Folge zu geben und der erstinstanzliche Schuldspruch zu bestätigen war.
Zur Strafbemessung wird ausgeführt:
Die Tat selbst schädigte in nicht unerheblichem Maße das durch die Strafdrohung geschützte Interesse an der ordnungsgemäßen Entrichtung der Abgabe in gebührenpflichtigen Kurzparkzonen. Deshalb war auch der objektive Unrechtsgehalt der Tat an sich nicht gering.
Ebenso mußte das Verschulden des Berufungswerbers als nicht unerheblich angesehen werden, da der Berufungswerber zumindest grob fahrlässig gehandelt hat; bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte er als geprüfter Fahrzeuglenker erkennen müssen, daß sich der Abstellort innerhalb eines Kurzparkzonenbereiches befindet, und demnach die Tat vermeiden können.
Bei der Strafbemessung wurde auch eine auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Verwaltungsvormerkung als erschwerend gewertet.
Da der Berufungswerber trotz Einräumung der Gelegenheit, seine allseitigen Verhältnisse bekanntzugeben (erstinstanzlicher Akt, Blatt 15) dies unterlassen hat, wurden die Einkommensverhältnisse des Berufungswerbers von der Behörde geschätzt; auf Grund des Alters und der beruflichen Stellung des Berufungswerbers (hier: Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei) war von überdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen auszugehen.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe, den Unrechtsgehalt der Tat, das Verschulden des Berufungswerbers sowie den bis 3.000,--S reichenden gesetzlichen Strafsatz ist die verhängte Geldstrafe - selbst für den Fall, daß der Berufungswerber vermögenslos sein sollte und ihm gesetzliche Sorgepflichten obliegen sollten - durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal im Verfahren keine Milderungsgründe hervorgekommen sind und die verhängte Geldstrafe ohnedies im untersten Bereich des gesetzlichen Strafsatzes angesetzt wurde. Eine Herabsetzung der Strafe kam daher nicht in Betracht. Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des §64 Abs1 und 2 VStG.