TE UVS Niederösterreich 1993/05/26 Senat-NK-92-018

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Veröffentlicht am 26.05.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51 - AVG keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

Der Berufungswerber hat dem Land Niederösterreich gemäß §64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl Nr 52 - VStG S 400,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen zu zahlen.

Text

Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 24. Februar 1992, Zl 3-*****-91 wurde der Beschuldigte der Übertretung gemäß §58 Abs1 StVO für schuldig befunden und über ihn gemäß §99 Abs3 lita StVO eine Geldstrafe in Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt, weil er am 20. September 1991, gegen 3,50 Uhr auf der S*, im Gemeindegebiet von G*********, nächst dem Straßenkilometer 9,937 in Fahrtrichtung N********** das Sattelkraftfahrzeug mit den behördlichen Kennzeichen ** ***A und dem Tanksattelanhänger mit dem behördlichen Kennzeichen ** ***.**1 lenkte, obwohl er sich in einer körperlichen und geistigen Verfassung befunden hat zufolge der er ein Fahrzeug nicht zu beherrschen oder die beim Lenken eines Fahrzeuges zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen vermochte.

 

Gemäß §64 Abs2 VStG wurde der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz in Höhe von

S 200,-- festgesetzt.

 

Die Bezirkshauptmannschaft xx begründet ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß aufgrund der Äußerung des Beschuldigen unmittelbar nach dem Verkehrunfall, er sei übermüdet gewesen und den vorliegenden Ermittlungsergebnissen als erwiesen anzusehen sei, daß der Beschuldigte die angeschuldigte Tat begangen habe.

 

Dagegen hat der Beschuldigte fristgerecht berufen.

 

In der Begründung dazu führt der Beschuldigte aus, er sei aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Berufskraftfahrer durchaus an Nachtarbeit gewöhnt und daher im Stande ohne Müdigkeitserscheinungen des nachts durchzufahren. Darüberhinaus gebe es jedoch keine Anhaltspunkte dafür, daß er eine durchwachte Nacht gehabt hätte. Die Behörde selbst habe dazu festgestellt, daß er erst um 22,35 Uhr die Fahrt angetreten und 2 Pausen während der etwa fünfeinhalb stündigen Fahrt eingelegt habe. Aufgrund dessen sei die Behauptung der Beschuldigte wäre übermüdet gewesen zu Unrecht vorgebracht worden. Letztlich hätte die Behörde feststellen müssen, ob ihm an der allenfalls vorgelegenen Übermüdung ein schuldhaftes Verhalten vorgeworfen werden könne. Infolge der geringen Anprallgeschwindigkeit von 40 km/h, wäre überdies ersichtlich, daß er nicht eingeschlafen sein könne, da er diesfalls das Gaspetal durchgedrückt hätte und demzufolge eine höhere Geschwindigkeit beim Anprall erreicht hätte. Im übrigen könne er den Unfall nur dadurch erklären, daß er offenbar kurz abgelenkt gewesen sei.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich hat dazu erwogen:

 

Am 20. September 1991, gegen 3,50 Uhr ereignete sich im Gemeindegebiet von G********* auf der S* nächst dem Straßenkilometer 9,937 in Fahrtrichtung N********** ein Verkehrsunfall. Das Sattelzugfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ** ***A und der Tanksattelanhänger mit dem behördlichen Kennzeichen ** ***.**1 gelenkt vom Beschuldigten, ist aufgrund der Ermüdungserscheinungen des Lenkers von der Fahrbahn abgekommen und gegen die dort befindliche Mittelleitschiene prallte. Dabei wurde das genannte Kraftfahrzeug erheblich beschädigt.

 

Im Zuge der ersten Einvernahme durch den Gendarmeriebeamten gab der Beschuldigte als Unfallsursache an: "Ich war etwas übermüdet."

 

Im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens schilderte der Beschuldigte im Schriftsatz, eingelangt am 14. Oktober 1991, die Vorkommnisse wie folgt: "Meine Aussage, die ich durch den Unfall sicherlich in einem Schockzustand machte, mag wohl zum Teil stimmen, ausdrücklich möchte ich aber erwähnen, daß ich sehr wohl darauf hingewiesen habe, daß mein Zustand sowohl geistig als auch körperlich einwandfrei war und ich diesen Unfall selbst nicht verstehe."

 

Der Meldungsleger bestätigte überdies in seiner Zeugeneinvernahme vom 11.11.1991 gegenüber dem Bürgermeister der Gemeinde W****, daß der Beschuldigte unmittelbar nach dem Unfall tatsächlich angegeben habe, er sei übermüdet gewesen.

 

Gemäß §58 Abs1 StVO darf unbeschadet der Bestimmung gemäß §5 Abs1 StVO der Lenker eines Fahrzeuges dieses nur dann lenken, wenn er sich in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung befindet, in der er ein Fahrzeug zu beherrschen und die beim Lenken eines Fahrzeugs zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen vermag.

 

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, liegt eine Beeinträchtigung der körperlichen und geistigen Fähigkeiten auch im Zustand der Übermüdung vor.

 

Nunmehr behauptet der Beschuldigte, er sei zum gegenständlichen Zeitpunkt nicht übermüdet gewesen, da er an die Nachtarbeit gewöhnt sei und im übrigen laut Tachographenscheibe zwei Kaffeepausen eingelegt hätte. Aus diesem Grunde wäre eine Übermüdung nicht vorgelegt, sondern der Unfall nur so erklärlich, daß er kurzfristig abgelenkt gewesen wäre.

 

Vom Beschuldigten wird in keiner Lage des Verfahren bestritten, daß er unmittelbar nach dem Unfall erklärt habe, er sei übermüdet. Dennoch, wird von ihm nunmehr behauptet, daß die Äußerung lediglich auf den Schock im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall zurückzuführen sei und er im übrigen an Nachtarbeit gewöhnt sei und Pausen eingehalten habe. Diese beiden vom Beschuldigten genannten Argumente, sind nach hierortiger Ansicht jedoch global nicht geeignet, zu vermuten, der Bechuldigte sei zum gegenständlichen Zeitpunkt nicht übermüdet gewesen, den selbst an Nachtarbeit gewöhnte Menschen, können durch besondere Umstände, zB zu langes Arbeiten, Schlaflosigkeit und ähnliches an Ermüdungserscheinungen leiden. Auch die Tatsache, daß der Beschuldigte innerhalb seiner Fahrtdauer ab 22,35 Uhr zwei kurzfristige Kaffeepausen eingelegt hat, besagt nichts darüber, daß der Beschuldigte nicht übermüdet gewesen sein kann. Vielmehr läßt die anläßlich der ersten Vernehmung gemachte Aussage des Beschuldigen, er wäre übermüdet gewesen Aufschlüsse über das Empfinden zum Tatzeitpunkt schließen.

 

Zumal auch der Verwaltungsgerichtshof seinen Entscheidungen vom 5.6.1987, 87/18/0022, 0023, 21.6.1989, 88/03/0227 ua zur Auffassung gelangt, daß es der Lebenserfahrung entspricht, daß die von einem Beschuldigten bei der ersten Vernehmung gemachten Angaben erfahrungsgemäß der Wahrheit am nächsten kommen, ist  den am Unfallsort getätigten Angaben höhere Glaubwürdigkeit beizumessen, als nachfolgenden.

 

Dem Beschuldigen trifft hieran fahrlässiges Verschulden, weil er unter Außerachtlassung der notwendigen Sorgfaltspflicht es verabsäumte, die ersten Anzeichen von Ermüdung dazu zu benützen um sein Fahrzeug ordnungsgemäß anzuhalten und eine größere Ruhepause einzulegen. Eine dahingehende Feststellung war dem Berufungswerber insofern zumutbar, als er als langjähriger Kraftfahrer um die Gefährlchkeit des Einschlafens am Steuer wissen muß und sich daher seine Aufmerksamkeit darauf zu richten hat.

 

Ein weiteres Indiz, daß eine Übermüdung des Rechtsmittelwerbers zum Tatzeitpunkt vorglegen ist, ist entgegen den Behauptungen des Berufungswerbers der Umstand, daß die Fahrgeschwindigkeit zum Tatzeitpunkt laut Tachographenscheibe nur mehr 40 km/h betragen hat. Bei Fahrzeugen wie sie der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt lenkte, ist aus Gründen der Sicherheit, ein notwendiges Maß an Gegendruck am Gaspedal erforderlich, um eine entsprechende Beschleunigung herbeizuführen. Nach hierortiger Ansicht, läßt insbesondere im Zustand des Schlafes die Muskulatur des Menschen nach, wodurch offensichtlich der Druck auf das Gaspedal nachließ und somit eine Geschwindigkeitsverminderung eintrat.

 

Zuletzt lassen die Umstände, daß der Beschuldigte letztlich keine konkrete Unfallsursache zu benennen vermag und auch technische Mängel als Unfallsursache nicht festgestellt werden konnten Schlüsse darauf zu, daß der Beschuldigte kurzfristig eingeschlafen war.

 

Zur Strafbemessung ist festzustellen:

Der 59-jährige Beschuldigte ist verheiratet und hat als selbsständiger Unternehmer ein monatliches Nettoeinkommen von ca S 12.000,--. An Vermögenswerten besitzt der Beschuldigte ein Einfamilienhaus, zu sorgen hat er für niemanden.

 

Bei der Strafbemessung ist gemäß §19 VStG die Grundlage für die Bemessung der Strafe, das Ausmaß der mit der Tat verbunden Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Darüberhinaus sind die Erschwerung- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bei der Strafbemessung zu berücksichtigen.

 

Laut Vorstrafenabfrage durch die Bezirkshauptmannschaft xx belasten den Beschuldigten keine einschlägigen Vorstrafen.

 

Der Gesetzgeber stellt an die Fahrzeuglenker strenge Anforderung an deren körperliche und geistige Fähigkeit, um ein Fahrzeug lenken zu dürfen. Dies ist im Interesse aller Verkehrsteilnehmer und im Sinne der Verkehrssicherheit gelegen. Verstöße von Personen, die grundsätzlich der Anfordernissen des Gesetzgebers entsprechen, durch ein fahrlässiges oder vorsätzliches Herbeiführen oder Ignorieren mangelnder geistigen oder körperlichen Fähigkeiten ist daher strengstens entgegen zu treten, auch wenn eine konkrete Gefährdung von einer Person nicht festgestellt werden konnte.

 

Als mildernd war bei der Strafbemessung die bisherige Unbescholtenheit als erschwerend demgegenüber kein Umstand zu werten.

 

In Anbetracht dieser allseitigen Verhältnisse ist bei einer Strafdrohung gemäß §99 Abs3 lita StVO von bis zu

S 10.000,-- die von der Bezirkshauptmannschaft xx verhängte Geldstrafe als schuld- und tatangemessen festzustellen.

 

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Gemäß §51e Abs2 VStG konnte die Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung unterbleiben, da der Beschuldigte ausdrücklich eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptete und darüberhinaus keinen Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung stellte.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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