TE UVS Niederösterreich 1993/05/28 Senat-KO-93-016

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Veröffentlicht am 28.05.1993
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Ebenso Senat-WM-93-003 und Senat-WB-93-002 Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetzes, BGBl Nr 51/1991, (AVG) Folge gegeben, der erstinstanzliche Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß §45 Abs1 Z3 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1992, (VStG) eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 26.01.1993, Zl 3-*****-91, wurden über den Berufungswerber L L wegen Übertretung gemäß §9 VStG, §366 Abs1 Z2 iVm §189 Abs1 Z2 GewO 1973, gemäß §366 Abs1 Z2 GewO 1973 eine Geldstrafe von S 3.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 72 Stunden verhängt.

 

Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz wurde gemäß §64 Abs2 des Verwaltungsstrafgesetzes der Betrag von S 300,-- vorgeschrieben.

 

Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig gegen Schuld und Strafe Berufung erhoben.

 

Ohne auf das Vorbringen in der rechtzeitig eingebrachten Berufung näher einzugehen wird festgestellt:

 

Gemäß §44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

§44a Z1 VStG beinhaltet das sogenannte "Konkretisierungsgebot". Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und hinsichtlich der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. "Unverwechselbares Feststehen der Identität der Tat" bedeutet, daß im Spruch eines Straferkenntnisses, somit in der Tatumschreibung, dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden muß, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch muß geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Das Ausmaß der "notwendigen Konkretisierung" hängt vom einzelnen gesetzlichen Tatbild ab und ist insbesondere dann kompliziert, wenn es sich um sogenannte Blankettstrafnormen handelt. Das sind Strafnormen, die selbst keinen Tatbestand oder nur einen unvollständigen Tatbestand enthalten und vielmehr auf andere Vorschriften verweisen, die damit Teil des gesetzlichen Tatbildes werden.

 

Gemäß §366 Abs1 Z2 Gewerbeordnung 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die gemäß §366 Abs1 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1973 mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer ein konzessioniertes Gewerbe (§5 Z2 GewO 1973) ohne die erforderliche Konzession ausübt.

 

§189 Gewerbeordnung 1973 regelt das konzessionierte Gastgewerbe.

 

Gemäß §189 Abs1 Gewerbeordnung 1973 unterliegen der Konzessionspflicht für das Gastgewerbe

 

1.

die Beherbergung von Gästen;

2.

die Verabreichung von Speisen jeder Art und der Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen;

3.

der Ausschank von alkoholischen Getränken und der Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen;

4.

der Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und der Verkauf dieser Getränk in unverschlossenen Gefäßen.

 

§190 Gewerbeordnung 1973 beinhaltet Ausnahmen von der Konzessionspflicht. Er enthält somit Regelungen, in welchen Fällen die Verabreichung von Speisen und der Ausschank von Getränken und der Verkauf von warmen oder angerichteten kalten Speisen durch andere Gewerbetreibende als Gastgewerbetreibende in einem bestimmten Umfang ohne Vorliegen einer Konzession für das Gastgewerbe zulässig ist.

 

Darüberhinaus ist das Buschenschankenwesen, das auch in einem bestimmten Umfang den Ausschank von Getränken und die Verabreichung von Speisen beeinhaltet, überhaupt vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung 1973 ausgenommen.

 

Gemäß §194 Gewerbeordnung 1973 dürfen die Berechtigung gemäß §189 Abs1 GewO 1973 einer Konzession für das Gastgewerbebetriebes nur entsprechend der genehmigten Betriebsart ausgeübt werden.

 

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lautet folgendermaßen:

 

"Zeit: Am 20. und 21.11.1992

Ort: **** M************ 109

Tatbeschreibung

Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma "L****** L******* GesmbH", somit das nach außen zur Vertretung berufene Organ zu verantworten, daß Speisen und Getränke gegen Bezahlung verabreicht worden sind, obwohl bis zu diesem Datum keine Konzession für das Gastgewerbe mit der Berechtigung des §189 Abs1 Z2 GewO der "L****** L******* GesmbH" erteilt wurde."

 

Die Tatumschreibung im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entspricht nicht dem Konkretisierungsgebot.

 

Es ist weder die Betriebsart angeführt, noch sind die Ausführungshandlungen derartig detailliert angeführt, daß eine eindeutige Subsumtion unter die Übertretungsnorm des §366 Abs1 Z2 GewO 1973 im Zusammenhang mit der vorgeworfenen unbefugten Ausübung des konzessionierten Gastgewerbes möglich ist (vgl VwGH vom 6.2.1990, Zl 89/04/0184, VwGH vom 13.12.1988, Zl 88/04/0155, VwGH vom 15.9.1987, Zl 87/04/028 ua).

 

Die Berufungsbehörde ist zwar berechtigt, fehlende Tatbestandsmerkmale zu ergänzen, jedoch nur im Rahmen einer tauglichen Verfolgungshandlung (vgl VwGH vom 19.3.1982, Zl 81/02/0283, ua). Eine Ergänzung der fehlenden Tatbestandsmerkmale ist jedoch nicht möglich, da der Aktenlage nach innerhalb der Frist des §31 Abs2 VStG keine Verfolgungshandlung gesetzt wurde, die bereits alle zum Vorwurf des inkriminierten Verhaltens notwendigen Sachverhaltselemente enthält, weshalb im Gegenstand Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

 

Da bereits der Aktenlage nach erkennbar war, daß das angefochtene Straferkenntnis zu beheben ist, war gemäß §51e Abs1 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erforderlich.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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