TE UVS Stmk 1993/06/02 30.3-1/93

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Veröffentlicht am 02.06.1993
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat über die Berufung des Herrn Dr. W. R., wohnhaft in G., F.-gasse 9, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 28.4.1992, GZ.: III/St - 17.284/91, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) nach öffentlicher, mündlicher Verhandlung vom 2.6.1993 wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit

§ 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird zu Pkt 1.) des angefochtenen Bescheides die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von S 100,--, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

Zu Pkt 2.) des angefochtenen Bescheides wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis zu diesem Punkt behoben und das diesbezügliche Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, eine Übertretung des 1.) § 38 Abs 8 i.V.m. § 38 Abs 5 StVO 1960, sowie 2.) § 97 Abs 5 leg. cit. dadurch begangen zu haben, daß er am 9.7.1991 in G. als Lenker eines Fahrrades, 1.) um 17.58 Uhr, G.-kai - Z.-gasse, Radfahrüberfahrt über die Z.-gasse in südliche Richtung fahrend, das Rotlicht, welches zur gesonderten Regelung des Verkehrs von Radfahrern eingerichtet wurde, nicht beachtet und die Fahrbahn überquert habe, und 2.) um 17.59 Uhr G.-kai, in Höhe des Hauses 66, auf dem Radfahrstreifen in südliche Richtung fahrend, der von einem Straßenaufsichtsorgan durch deutliches Zurufen gegebenen Aufforderung zum Anhalten keine Folge geleistet habe. Hiefür wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von jeweils S 500,--, im Uneinbringlichkeitsfall jeweils 18 Stunden Ersatzarrest, gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO 1960 verhängt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die rechtzeitige Berufung, in welcher der Berufungswerber im wesentlichen ausführt, die Tatzeit sei falsch angenommen worden, der Meldungsleger habe ihn aufgrund seiner Positionierung nicht sehen können und habe er die Kreuzung genau in dem Augenblick zu überqueren begonnen, als die für ihn geltende Verkehrssicherheitsampel gerade auf Grünlicht umgeschaltet hatte. Zur gleichen Zeit seien die auf der links vom Radweg liegenden Fahrbahn befindlichen Kraftfahrzeuge losgefahren. Zu Pkt 2.) des Straferkenntnisses führte der Berufungswerber weiters aus, daß allfällige Zurufe keine deutlich wahrnehmbaren Zeichen im Sinne des § 97 Abs 5 StVO 1960 seien. Im übrigen habe lautstarker Kraftfahrzeugverkehr auf der unmittelbar neben dem Radweg befindlichen Fahrbahn geherrscht. Überdies wäre seine bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten gewesen. Der Berufungswerber beantragte, auch unter Hinweis auf seine bisherigen Ausführungen und Anträge im Verfahren erster Instanz die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung der diesbezüglichen Strafverfahren. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere des Beweisergebnisses der öffentlichen, mündlichen Verhandlung vom 2.6.1993, konnte folgender maßgeblicher Sachverhalt festgestellt und als erwiesen angenommen werden:

Zu Pkt 1.) des angefochtenen Bescheides:

Am 9.7.1991 um 17.58 Uhr stand der Zeuge, Revierinspektor J. St. II, mit seinem Dienstfahrrad am Radfahrstreifen an der nordwestlichen Kreuzungsecke der Kreuzung G.-kai-Z.-gasse-A.- brücke. Der Zeuge, welcher seine Dienstuniform trug, beabsichtigte, die Z.-gasse in südlicher Richtung zu überqueren, blickte auf die gegenüberliegende kombinierte Fußgänger- und Radfahrampel und wartete darauf, daß diese von Rot- auf Grünlicht umschaltete. Zum Zeitpunkt, als diese Verkehrsampel noch Rotlicht ausstrahlte, begann der Berufungswerber mit seinem Fahrrad links am Zeugen St. vorbei auf der Radfahrüberfahrt die Z.-gasse in südlicher Richtung zu überqueren, ohne das Rotlicht zu beachten.

Diese Feststellungen hinsichtlich des maßgebenden Sachverhaltes konnten aufgrund der Aussagen des unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugen, Revierinspektor St. II, getroffen werden, der in nachvollziehbarer Weise den Vorfall ohne Unsicherheit in der Beantwortung der entscheidungswesentlichen Fragen geschildert hat.

Zu den vom Berufungswerber hinsichtlich der Beobachtungsfähigkeit sowie der Glaubwürdigkeit des Zeugen St. geäußerten Bedenken, dieser sei zum Tatzeitpunkt alkoholisiert gewesen, er habe in Richtung G.-platz geblickt, das Vorderrad seines Fahrrades habe in diese westliche Richtung gezeigt und sei aus der Tatsache, daß der Meldungsleger nicht beschreiben habe können, aus welcher Richtung der Berufungswerber gekommen sei, bzw. in welchem Seitenabstand der Berufungswerber sich am Zeugen vorbeibewegt habe, auf eine nach Westen ausgerichtete Blickrichtung des Meldungslegers zu schließen, ist wie folgt auszuführen:

Zum Vorwurf der Alkoholisierung kann festgestellt werden, daß aufgrund einer Dienstaufsichtsbeschwerde des Berufungswerbers gegen den Meldungsleger, den Zeugen

St. II, dem Berufungswerber mit Schreiben der Bundespolizeidirektion Graz vom 9.8.1991, Zl. SW - 7623, mitgeteilt wurde, daß im Beisein mehrerer Zeugen - drei Beamte der motorisierten Verkehrsgruppe - mit Revierinspektor St. II ein Alkomattest mit dem Ergebnis: zweimal 0,04 mg/l Atemluft durchgeführt worden sei. Die erkennende Behörde hat keinen Anhaltspunkt und sieht keinen Grund, an der Richtigkeit des Inhaltes dieses Schreibens, in welchem das Ergebnis über die von der vorgesetzten Stelle durchgeführten Ermittlungen bekanntgegeben wurde, zu zweifeln. Die Durchführung eines diesbezüglichen umfangreichen Ermittlungsverfahrens im Rahmen des gegenständlichen Berufungsverfahrens, erscheint der erkennenden Behörde daher entbehrlich.

Die Behauptung, der Zeuge habe den Berufungswerber nicht sehen können, da er in Richtung Westen geblickt habe, wurde durch keinen Beweis erhärtet. Vielmehr erscheint es nach den allgemeinen Lebenserfahrungen eher wahrscheinlich, daß der Zeuge, wie er in seiner Einvernahme angab, auf die Ampel blickte, zumal er selbst mit seinem Fahrrad bei der tatörtlichen ampelgeregelten Radfahrüberfahrt auf das Umschalten der Ampel auf Rotlicht wartete. Es kann dem Zeugen abgesehen davon auch als im Verkehrsüberwachungsdienst stehenden, geschulten Polizeibeamten zugemutet werden, daß er den beanstandeten Vorgang richtig wahrgenommen und das Verhalten des Berufungswerbers auch richtig beurteilt hat. In diesem Zusammenhang, - der Zeuge wartete selbst auf das Umschalten der Ampel und blickte darauf - ist auch die vom Berufungswerber angesprochene Äußerung des Zeugen, er habe diesen Vorgang bereits aus den Augenwinkeln wahrgenommen, zu werten und nachvollziehbar. Aus der Tatsache, daß der Meldungsleger nicht beschreiben konnte, aus welcher Richtung der Berufungswerber gekommen ist, alleine ist für den Standpunkt des Berufungswerbers, vor allem auch im Hinblick darauf, daß, wie ausgeführt, er sein Hauptaugenmerk eben auf die Verkehrsampel richtete, nichts zu gewinnen.

Ebenso ist die Behauptung des Berufungswerbers, der Meldungsleger habe eine falsche Tatzeit angenommen, nicht erwiesen.

Zum weiteren Vorbringen des Berufungswerbers, der Zeuge sei unglaubwürdig, da er dem Berufungswerber zunächst vorgehalten habe, er habe das Gelblicht der Verkehrsampel nicht beachtet und habe erst über Nachfragen des Berufungswerbers seinen Vorhalt dahingehend geändert, daß der Berufungswerber das Rotlicht mißachtet habe, gab der Meldungsleger im Rahmen seiner Zeugeneinvernahme erklärend, ohne Zögern und glaubwürdig an, er habe einen derartigen Vorhalt, bezogen auf die Überquerung der tatörtlichen Radfahrüberfahrt durch den Berufungswerber, diesem gegenüber nicht gemacht. Er könne dies unter Wahrheitspflicht stehend ausschließen und wäre es lediglich möglich, daß er eine derartige Äußerung im Zuge der im Anschluß an die Anhaltung erfolgten Diskussion über die Richtung, aus welcher der Berufungswerber gekommen sei, gemacht habe und sich diese eben auf die Zeit davor bezog. Aus all diesen Erwägungen war bei Abwägung der widersprüchlichen Angaben im Rahmen der freien Beweiswürdigung den Angaben des unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugen mehr Glauben zu schenken, als jenen des am Ausgang des Verfahrens interessierten Berufungswerbers, dem es, wie ausgeführt, nicht gelungen ist, die Zeugenaussage des Meldungslegers hinsichtlich ihres Wahrheitsgehaltes zu erschüttern. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Zeuge St. in einem für die Beurteilung der gegenständlichen Übertretung unwesentlichen Detail - nämlich, ob der Berufungswerber mit seinem Fahrrad bereits die gegenüberliegende Fahrbahnseite erreicht hatte, oder, wie er später angab, ca. einen halben Meter noch davon entfernt war, als die Verkehrsampel auf Grünlicht umschaltete - abweichende Angaben machte und ihm ein Irrtum bei der Aufnahme des Geburtsjahres des Berufungswerbers unterlaufen ist. Auch die Durchführung des beantragten Ortsaugenscheines sowie die ebenfalls beantragte Einholung eines meteorologischen Sachverständigengutachten über den Zustand der Fahrbahn zur Tatzeit, erscheint zur Feststellung und Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes weder erforderlich noch zweckdienlich.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO 1960 mit einer Geldstrafe bis zu S 10.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen ist, wer unter anderem als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Absätzen 1, 2 oder 4 zu bestrafen ist. Grundlage für die Bemessung der Strafe ist nach § 19 Abs 1 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Die Bestimmung des § 38 Abs 5 StVO 1960, wonach rotes Licht als Zeichen für "Halt" gilt, dient im hohen Maße der Verkehrssicherheit, da die Straßenverkehrsteilnehmer darauf vertrauen dürfen, daß das Rotlicht einer Verkehrssignalanlage beachtet wird. Gegen diesen Schutzzweck hat der Berufungswerber durch sein Verhalten zweifellos verstoßen, zu einer konkreten Gefährdung anderer Straßenverkehrsteilnehmer ist es jedoch nicht gekommen, zumal der Berufungswerber knapp vor dem Umschalten der Radfahrerampel auf Grünlicht die Radfahrüberfahrt überquerte.

Es bleibt gemäß § 19 Abs 2 VStG noch zu prüfen, ob Erschwerungs- und Milderungsgründe vorliegen, bei deren gegenseitiger Abwägung eine Strafmilderung möglich wäre. Als mildernd zu werten war die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers, Erschwerungsgrund liegt keiner vor. Die bisherige Unbescholtenheit kann jedoch eine Änderung der Entscheidung nicht herbeiführen, da die verhängte Strafe auch unter Berücksichtigung dieses Milderungsgrundes schuldangemessen erscheint.

Zu den ebenfalls zu berücksichtigenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen hat der Berufungswerber in der Verhandlung vom 2.6.1993 lediglich angegeben, kein Vermögen zu besitzen, für eine geschiedene Gattin sowie zwei minderjährige Kinder sorgepflichtig zu sein. Da er nicht bereit war, zu seinem Einkommen Angaben zu machen, und lediglich darauf hinwies, daß er bekanntlich Beamter des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung sei, ist hier eine Einschätzung vorzunehmen und ist ein Einkommen von monatlich etwa S 45.000,--, netto anzunehmen, zumal der erkennenden Behörde bekannt ist, daß der Berufungswerber Beamter der Dienstklasse VIII ist.

Bei diesen Strafbemessungsgründen ist die verhängte Strafe somit als schuldangemessen und gerechtfertigt anzusehen. Was die vom Berufungswerber angesprochene Anwendung des § 21 Abs 1 VStG betrifft, schließt sich die erkennende Behörde der Meinung der Vorinstanz an, wonach bei der angelasteten Übertretung nicht von einem geringfügigen Verschulden ausgegangen werden kann.

Zu Pkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses:

Hier war der Berufung aus rechtlichen Erwägungen insoferne Folge zu geben, als die Erfüllung des Tatbestandes des § 97 Abs 5 StVO 1960 voraussetzt, daß ein Organ der Straßenaufsicht durch deutlich sichtbare Zeichen einen Fahrzeuglenker zum Anhalten auffordert. Eine Feststellung über eine dementsprechende Aufforderung geht weder aus dem angefochtenen Straferkenntnis hervor, noch ist aktenkundig, daß eine Aufforderung dieser Art vom Sicherheitswacheorgan dem Berufungswerber gegenüber erfolgte und ist im Rahmen des vorangegangenen Ermittlungsverfahrens ein entsprechender Tatvorhalt dem Berufungswerber gegenüber auch nicht gemacht worden. Vielmehr geht aus den bisherigen Erhebungsergebnissen, sowie aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses eindeutig hervor, daß die Aufforderung zum Anhalten vom Straßenaufsichtorgan durch

Zurufen

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Anhaltung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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