TE UVS Niederösterreich 1993/06/09 Senat-GF-92-145

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Veröffentlicht am 09.06.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, insoferne Folge gegeben, als die in Höhe von S 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden) verhängte Strafe auf S 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden) herabgesetzt wird.

 

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird insoweit abgeändert, als die Zitierung des §52 Z10a StVO auf "§52 lita Z10a StVO" ergänzt wird.

 

Der Berufungswerber hat gemäß §64 Abs1 und 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, S 80,-- als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens der ersten Instanz, ds 10 % der nunmehrigen geringeren Strafe binnen 2 Wochen zu bezahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist ist der Strafbetrag zu bezahlen. Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß §65 VStG nicht aufzuerlegen.

Text

Die Bezirkshauptmannschaft xx hat mit dem Straferkenntnis, Zl 3-*****-91, vom 1.7.1992, den nunmehrigen Berufungswerber wegen Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit mit einer Geldstrafe von S 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 96 Stunden) bestraft. Im Schuldspruch dieses Straferkenntnisses wurde es als erwiesen angenommen, daß er als Lenker des Kraftwagens mit dem Kennzeichen N ***.***, am 3.9.1991, um 6,15 Uhr, im Gemeindegebiet von A******* auf der Bundesstraße *, nächst dem Straßenkilometer 15,0 in Fahrtrichtung Wien, die aufgrund des angebrachten Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung" erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h überschritten habe.

 

Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß die angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung aufgrund der von dem anzeigelegenden Gendarmeriebeamten durchgeführten Messung mittels Stoppuhr, sowie seiner hiezu unter Wahrheitspflicht gemachten Zeugenaussage als erwiesen angenommen werden müsse; dies deshalb, weil der Aussage des Gendarmeriebeamten, der hiebei unter Wahrheitsverpflichtung stehe und an den Diensteid gebunden sei, mehr Beweiskraft zuzubilligen ist, als den Rechtfertigungsangaben des Beschuldigten, der hiebei keinerlei Strafsanktionen unterliege und seine Verantwortung völlig frei wählen könne.

 

In seiner innerhalb offener Frist gegen diese Entscheidung erhobenen Berufung bringt der Rechtmittelwerber vor, daß auf seinen Einwand, die Meßstrecke befände sich in einer Kurve, im Straferkenntnis wohl bedacht, jedoch insoferne nicht darauf Rücksicht genommen worden sei, daß in Verbindung mit der Tatsache, daß sowohl der anzeigende Beamte, als auch der als Zeuge geführte Beamte, zum Tatzeitpunkt im Streifenfahrzeug saßen und der Standort des Streifenfahrzeuges ident mit dem Ende der Meßstrecke war. Zwar habe sicherlich ungehinderte Sicht auf sein Fahrzeug bestanden, jedoch wäre zu bemerken, daß bei einer Meßstreckenlänge von 200 Meter in Frage gestellt werden muß, daß der anzeigende Beamte genau jenen Zeitpunkt erkennen konnte, zu welchem er mit seinem Fahrzeug den 200 Meter entfernt liegenden Anfangspunkt der Meßstrecke passierte.

 

Darüberhinaus wolle er noch darauf hinweisen, daß der zweite als Zeuge einvernommene Gendarmeriebeamte lediglich das Kennzeichen seines Fahrzeuges abgelesen habe und somit der anzeigelegende Beamte allein die Messung der Geschwindigkeit vorgenommen haben muß, wobei er sein Fahrzeug nur nahezu frontal von vorne beim Passieren des Anfangsmeßpunktes gesehen haben kann.

 

Da aus diesen Gründen die Durchführung einer korrekten Geschwindigkeitsmessung wohl kaum möglich sei, beantrage er die Anfertigung einer Tatortskizze durch den anzeigelegenden Beamten insbesondere unter Bedachtnahme auf die Punkte des Meßstreckenbeginnes, des Meßstreckenendes und des Standortes des Streifenfahrzeuges bzw der anzeigenden Beamten und der Biegung der Meßstrecke. Abschließend beantrage er seinem Rechtsmittel Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

In gegenständlicher Angelegenheit wurde am 10. Mai 1993 vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich in Anwesenheit des Berufungswerbers eine öffentliche mündliche Verhandlung abgehalten, bei welcher der meldungslegende Gendarmeriebeamte als Zeuge einvernommen wurde.

 

Der Berufungswerber ergänzte eingangs sein Vorbringen noch dahingehend, daß es sich bei dem Tatzeitpunkt von 6,15 Uhr um einen Zeitpunkt handle, an dem auf der Bundesstraße * dichter Kolonnenverkehr infolge der Frühverkehrsspitze in Richtung Wien herrsche. Infolge dessen sei es schon theoretisch unmöglich auf diesem Straßenstück eine Geschwindigkeit von 122 km/h zu fahren. Darüberhinaus wies er noch darauf hin, daß unter Umständen von der Gendarmerie die Fahrgeschwindigkeit eines anderen Fahrzeuges gemessen, aber irrtümlich sein Kennzeichen abgelesen wurde.

 

Der anzeigelegende Gendarmeriebeamte gab anläßlich seiner Vernehmung an, daß er sich an die konkrete Messung der Geschwindigkeit des Fahrzeuges des nunmehrigen Rechtsmittelwerbers nicht mehr erinnern könne. Unter Hinweis auf die von ihm angefertigte und vorgelegte Übersichtsskizze des Tatortes, führte er auf Befragen noch aus, daß der Beginn der Meßstelle das Verkehrszeichen der Geschwindigkeitsbeschränkung darstelle. Dieses Verkehrszeichen könne auch sitzend vom Auto aus einwandfrei eingesehen werden. Aus diesem Grunde komme es oft vor, daß an diesem Straßenstück die Geschwindigkeitsmessungen mittels Stopuhr im Auto sitzend durchgeführt würden. Er habe in den letzten zwei Jahren etwa 800 derartige Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt und sicherlich nur dann eine Anzeige gelegt, wenn er sich vollkommen sicher war, daß die Messung korrekt durchgeführt und das Kennzeichen des Fahrzeuges richtig abgelesen wurde. Eine Fehlmessung könne er jedenfalls mit Sicherheit ausschließen.

 

Auf ausdrückliche Befragung durch den Berufungswerber gab der Anzeigeleger noch an, daß bei Durchführung einer derartigen Geschwindigkeitsmessung von zwei Gendarmeriebeamte dies so vor sich gehe, daß die Fahrzeugdaten seinem Kollegen sage, dieser die Daten sofort notiere und er anschließend nochmals kontrolliere, ob auch die richtigen Daten aufgeschrieben wurden.

 

Der Berufungswerber stellte abschließend die Durchführung einer derartigen Geschwindigkeitsmessung mittels Stoppuhr, sowie das Ergebnis zu der sie geführt hat, gänzlich in Frage. Er verwies nochmals darauf, daß zum damaligen Zeitpunkt auf der B * dichter Kolonnenverkehr geherrscht habe und die Reaktionszeit des Beamten bei der Stoppung sicherlich eine derart wesentliche Rolle spiele, die zu einer gänzlichen Fehlstoppung führen könne, sowie ebenfalls auf den Umstand, daß der zweite Beamte im Gendarmerieauto ein falsches Kennzeichen notiert haben könnte. Darüberhinaus verwies der Rechtsmittelwerber noch darauf, daß eine Strafe in der verhängten Höhe dem angelasteten Delikt nicht angemessen wäre.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat hiezu erwogen:

 

Wenn der Berufungswerber in seinem Rechtsmittel die Genauigkeit einer Geschwindigkeitsmessung mittels Stoppuhr anzweifelt, so steht er mit dieser seiner Ansicht im Gegensatz zu der noch aufrechten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, der die Verwendung einer Stoppuhr zur Ermittlung einer Geschwindigkeitsüberschreitung auf einer bestimmten durch Meßpunkte begrenzten Strecke als eine zuverlässige Methode zur Feststellung der Fahrgeschwindigkeit anerkennt. Ebenso wenig vermochte der Berufungswerber mit seinem Vorbringen zu widerlegen, daß der Gendarmeriebeamte die Messung der Geschwindigkeit mittels Stoppuhr nicht ordnungsgemäß durchgeführt hätte, bzw ihm bei der Messung Fehler unterlaufen wären. Die entscheidende Behörde billigt hier den Beamten, der in der Verkehrsüberwachung und der Messung von Geschwindigkeiten geschult und erfahren ist, durchaus zu, in der von ihm in der mündlichen Verhandlung geschilderten Weise die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit des Fahrzeuges festgestellt zu haben. Hier muß dem Rechtsmittelwerber noch entgegengehalten werden, daß eine mittels Stoppuhr gemessene Geschwindigkeitsüberschreitung zwar vielleicht tatsächlich keine vollkommen exakte Angabe von der gefahrenen Geschwindigkeit bzw der erfolgten Überschreitung zuläßt, doch bei einer Überschreitung von mehr als der Hälfte als der verordneten Höchstgeschwindigkeit, der vom Beamten durchgeführten Messung der Geschwindigkeit doch erhöhte Bedeutung zugebilligt werden muß.

 

Bei der Strafbemessung ging die Berufungsbehörde davon aus, daß die Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit grundsätzlich einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung darstellt. Eine erhebliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ist in der Lage die Verkehrssicherheit auch der übrigen Straßenbenützer zu gefährden und stellt oft die Ursache für schwere Verkehrsunfälle dar. Zumal die Tat aber keine weiteren nachteiligen Folgen nach sich gezogen hat und dem Berufungswerber bisherige Unbescholtenheit zuzugestehen ist, er darüberhinaus als Polizeibeamter nur über ein durchschnittliches Einkommen verfügt, konnte die verhängte Geldstrafe auf das im Spruch des Berufungsbescheides angeführte Ausmaß herabgesetzt werden.

 

Hinsichtlich der unvollständigen Zitierung der Übertretungsnorm im angefochtenen Straferkenntnis durch die Erstbehörde war die Berufungsbehörde verpflichtet, diese im Spruch des Berufungsbescheides zu ergänzen bzw richtigzustellen.

 

Es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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