TE UVS Niederösterreich 1993/06/15 Senat-NK-92-057

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Veröffentlicht am 15.06.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51/1991, iVm §24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52/1991, keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß die Vorhaft in der Dauer von 5 Minuten gemäß §19a VStG mit aufgerundet S 2,-- bei der Strafe berücksichtigt wird.

 

Der Berufungswerber hat dem Land NÖ gemäß §64 VStG S 100,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu zahlen.

 

Gemäß §59 Abs2 AVG wird für die zu zahlende Strafe und die vorgeschriebenen Kosten eine Leistungsfrist von zwei Wochen bestimmt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, daß er am 15. Dezember 1991, von 03,45 Uhr in **** W***** ********, auf dem Hauptplatz, Christbaummarkt, östlich der Mariensäule durch Verrichten der kleinen Notdurft den öffentlichen Anstand verletzt habe.

 

Hiezu wurde über den Berufungswerber gemäß §1 litb NÖ Polizeistrafgesetz 1975 iVm §1 leg cit eine Geldstrafe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 30 Stunden) verhängt. Der Berufungswerber hat gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht berufen und dabei im wesentlichen vorgebracht, daß er damals dringend die kleine Notdurft zwar verrichtet habe, jedoch in Unkenntnis der öffentlichen WC-Anlagen und im Schutze unzähliger Bäume, wobei er von keiner Seite eingesehen werden habe können. Überdies hätte es keinen regen Pendlerverkehr zwischen den Lokalen gegeben und sei nur sein Begleiter in der Nähe gewesen. Da niemand des Weges gekommen sei und der Beamte erst aus einiger Entfernung das Geschehnis bemerkt haben dürfte, habe er die Bezahlung eines Organmandates abgelehnt, erklärte der Berufungswerber. Da er wegen der grundlosen Vorhalte eine Beschwerde bei Dr W in Aussicht gestellt habe, sei die Festnahme ausgesprochen worden. Der Berufungswerber bringt in der Berufung schließlich emotionelle Äußerungen vor, die teilweise der Sachlichkeit entbehren (Polizeistaat usw) und begehrt im wesentlichen die Aufhebung bzw Einstellung des Verfahrens, ansonsten die Einholung einer Skizze, Ermittlungen der Personen des sogenannten Pendlerverkehrs und Maßnahmen gegen den eingeschrittenen Beamten.

 

Die Berufungsbehörde hat im ergänzenden Ermittlungsverfahren die Begleitperson des Berufungswerbers, K P, als Zeugen einvernehmen lassen und eine Skizze sowie eine ergänzende zeugenschaftliche Vernehmung des Meldungslegers eingeholt.

 

Der Begleiter des Berufungswerbers, Herr P, gab als Zeuge vernommen im wesentlichen an, daß er damals mit dem Berufungswerber das Lokal ** in W***** ******** verlassen habe und sie in Richtung Hauptplatz gegangen seien. Der Berufungswerber sei plötzlich zwischen den für den Christkindlmarkt aufgestellten Nadelbäumen verschwunden. Das weitere Geschehen habe er nicht verfolgt, sondern habe er nur sehen können, wie ein Polizeibeamter mit dem Berufungswerber gesprochen und ihn zum Wachzimmer mitgenommen habe. Zu diesem Zeitpunkt sei außer dem Berufungswerber und ihm (dem Zeugen) niemand unterwegs gewesen.

 

Aus der ergänzenden Zeugenaussage des Meldungslegers, AbtInsp S, ergibt sich im wesentlichen, daß die durch ihn erstellte Skizze richtig sei. Daraus ergeben sich im wesentlichen die damaligen Standorte den Passanten, des Berufungswerbers und dessen Begleiters. Der Meldungsleger verwies abermals darauf, daß zur Tatzeit ein reger Fußgängerverkehr zwischen den dortigen Lokalen geherrscht habe. Weiters verwies er auf die Richtigkeit seiner Anzeigeangaben.

 

Die Berufungsbehörde brachte das ergänzende Ermittlungsergebnis dem Berufungswerber zur Kenntnis und bot ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Hiezu brachte der Berufungswerber in der Stellungnahme vom 13.4.1993 im wesentlichen vor, daß die Standorte der Bäume anders gewesen seien, daß mehrere Holzhütten aufgestellt gewesen seien, daß der zweite Begleiter und die Passanten nicht vorhanden gewesen seien, und daß auch sein Standort während der Verrichtung der kleinen Notdurft nicht richtig eingezeichnet sei.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat nun erwogen:

 

Der Berufungswerber bestreitet nicht die Tatbegehung der ihm angelasteten Tat, sondern erklärt sogar, daß er die kleine Notdurft verrichtet hat. Damit ist der Sachverhalt insoweit als unbestritten anzunehmen. Er bestreitet auch nicht, daß er bei dieser Verrichtung der Notdurft am Tatort durch den Meldungsleger aufgrund dessen eigener dienstlicher Wahrnehmung dabei beanstandet worden ist.

 

Gemäß §1 litb NÖ Polizeistrafgesetz 1975 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 3.000,-- oder Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer den öffentlichen Anstand verletzt.

 

Nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß jedes Verhalten in der Öffentlichkeit als Anstandsverletzung angesehen werden, das mit den allgemein anerkannten Grundsätzen der Sittlichkeit nicht im Einklang steht. Eine derartige Anstandsverletzung ist dann strafbar, wenn durch die Tat der öffentliche Anstand verletzt wird, also zumindest die konkrete Möglichkeit der Kenntnisnahme der Anstandsverletzung über den Kreis der Beteiligten (Täter) hinaus gegeben ist (ua VwGH vom 8.2.1965, SlgNr 6578/A).

 

Der Berufungswerber bestreitet zwar, daß Unbeteiligte (Pendlerverkehr) sein anstandsverletzendes Verhalten wahrgenommen haben, nicht jedoch, daß er durch den Meldungsleger gesehen werden konnte bzw gesehen und beanstandet worden ist.

 

Dieser Polizeibeamte ist als Zeuge der Tathandlung anzusehen und es vermag der Umstand seiner amtlichen Stellung seiner Zeugenqualifikation zum gegenständlichen Tatbild keinen Abbruch zu leisten (so VwGH, VwSlg 11472/A). Die Anstandsverletzung ist bereits damit als öffentlich begangen erfüllt, wenn sie an einem öffentlichen Ort für eine - wenngleich als Exekutivbeamter tätigen - Person unmittelbar wahrnehmbar war.

 

Daß es sich beim Tatort um einen öffentlichen Ort handelt, ist unzweifelhaft und überdies unbestritten.

 

Sohin vermögen sämtliche Einwände des Berufungswerbers mit Bezug auf andere Personen (Unbeteiligte, Begleitpersonen udgl) zu seiner Entlastung nichts beitragen. Soweit er den Tatort ins detail gehend anzweifelt, läßt sich für ihn ebenfalls nichts gewinnen, da dieser im angefochtenen Straferkenntnis hinreichend konkretisiert ist und Details der Örtlichkeit aus den oben angeführten Gründen (öffentlicher Ort) nicht relevant sind.

 

Auch kann sich der Berufungswerber damit nicht entlasten, daß er bereits im erstinstanzlichen Verfahren auf die Dringlichkeit der Verrichtung der kleinen Notdurft (angeblicher Notstand) verwiesen hat. Dies deshalb, da sich bei gesunden Menschen derartige Bedürfnisse regelmäßig rechtzeitig ankündigen. Der Berufungswerber hat nicht dargetan, daß dies bei ihm nicht der Fall wäre (medizinische Gründe) und er hat auch nicht behauptet, daß ihm das Aufsuchen eines WC in den umliegenden Lokalen unmöglich gewesen wäre. Sohin kann er keinen Schuldausschließungsgrund mit Erfolg geltend machen.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung kommt die Berufungsbehörde zu folgendem Ergebnis:

 

Der Berufungswerber hat ein monatliches Einkommen von etwa S 15.000,--, besitzt lediglich Betriebsvermögen und ist nicht sorgepflichtig.

 

Zu §19 Abs1 VStG wird festgehalten, daß durch diese Tat zu einer nicht unbeträchtlichen Schädigung derjenigen Interessen kam, deren Schutz die verletzte Gesetzesbestimmung zu dienen hat. Die verletzte Norm hat die Aufrechterhaltung der allgemein anerkannten Grundsätze der Sittlichkeit in der Öffentlichkeit zum Ziele. Sonst hat die Tat keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen.

 

Gemäß §19 Abs2 VStG iVm §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen. Ferner ist auf das Ausmaß des Verschuldens Bedacht zu nehmen. Erschwerend war kein Umstand zu werten, hingegen war als mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers zu werten.

 

Der bis zu S 3.000,-- reichende Strafrahmen wurde nur zu einem geringen Teil ausgeschöpft und es erscheint die verhängte Strafe sohin schuldangemessen. Die Berufungsbehörde kann in Anbetracht des evidenten Fehlverhaltens des Berufungswerbers auch nicht finden, daß ihn bloß ein geringfügiges Verschulden träfe.

 

In Abwägung der genannten Umstände kommt die Berufungsbehörde zu dem Schluß, daß die verhängte Strafe zutreffend bemessen ist.

 

Überdies wäre eine Herabsetzung der Strafe nicht geeignet, den Berufungswerber von der Begehung weiterer derartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

 

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß §51e Abs2 VStG unterbleiben, da der Berufungswerber eine unrichtige rechtliche Beurteilung zum Ausdruck brachte und in der Berufung eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt hatte.

 

Gemäß §19a VStG war die Vorhaft vom 16.12.1991, 03.46 bis 03.51 Uhr, das sind fünf Minuten, mit S 2,-- (aufgerundet) auf die Geldstrafe anzurechnen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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