Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben.
Gemäß §45 Abs1 Z3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber wegen Übertretung des §20 Abs1 iVm §99 Abs3 lita StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt. In diesem Straferkenntnis wurde als erwiesen angesehen, daß der Beschuldigte am 16. September 1991 um 20,15 Uhr im Gemeindegebiet von L************* auf der A ** beim Straßenkilometer 19,139 in Fahrtrichtung Wien die Fahrgeschwindigkeit seines PKW N ***.**6 nicht den gegebenen oder durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen sowie den Eigenschaften des Fahrzeuges angepaßt habe; er habe dem Grundsatz "Fahren auf Sicht" nicht entsprochen, weil er sein Fahrzeug nicht mehr rechtzeitig vor dem Hindernis (verunfallter PKW W ***** C) anhalten habe können.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschuldigte, vertreten durch Herrn Dr. F**** H*******, Rechtsanwalt in H*********, fristgerecht Berufung erhoben.
Ohne auf diese Berufung inhaltlich näher einzugehen, ist seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ als Berufungsbehörde in rechtlicher Hinsicht auszuführen:
Gemäß §44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses unter anderem die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Das bedeutet, daß es im Bescheidspruch der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale bedarf, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind; der Umfang der notwendigen Konkretisierung hängt dabei vom jeweiligen Tatbild ab.
So ist bei Verwaltungsübertretungen, bei denen dem Beschuldigten die Überschreitung einer ziffernmäßig bestimmten Höchstgeschwindigkeit angelastet wird, die Angabe der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit nicht erforderlich. Der für das vorliegende Verfahren maßgebende Tatbestand des §20 Abs1 StVO 1960 stellt hingegen im Gegensatz zu dem absoluten Maßstab einer Geschwindigkeitsbegrenzung zum Beispiel nach §20 Abs2 StVO 1960 einen relativen Maßstab auf, nämlich eine den gegebenen oder durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen sowie den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung Rechnung tragende Geschwindigkeit. Um im konkreten Fall die Frage der unzulässigen Geschwindigkeit richtig beurteilen zu können, muß die Geschwindigkeit selbst im jeweiligen Verwaltungsstrafverfahren festgestellt sein. Die dem Beschuldigten angelastete Geschwindigkeit gehört, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, in diesem Fall notwendigerweise zu der "als erwiesenen angenommenen Tat", die gemäß §44a Z1 VStG im Spruch des Straferkenntnisses anzuführen ist (VwGH 3.2.1960, 918/59, 27.2.1970, 1470/69 ua).
Eine solche ziffernmäßig bestimmte Geschwindigkeit ist jedoch weder im Spruch noch in der Begründung des angefochtenen Bescheides angegeben. Da auch innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist eine hinsichtlich dieses Tatbestandsmerkmals vollständige Tatanlastung nicht erfolgte, war eine Sanierung dieses Mangels nicht möglich und somit spruchgemäß zu entscheiden.