Der Berufung wird gem §66 Abs4 AVG, BGBl Nr 51/1991, in Verbindung mit §24 VStG, BGBl Nr 52/1991, teilweise stattgegeben und die von der Strafbehörde erster Instanz verhängte Strafe in der Höhe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) auf S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) herabgesetzt. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens beträgt anstelle von S 500,-- nunmehr S 300,--. Der sich daraus ergebende Gesamtbetrag in der Höhe von S 3.300,-- ist gemäß §59 Abs2 AVG in Verbindung mit §24 VStG innerhalb von zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu entrichten.
Überdies wird der erste Satz des angefochtenen Straferkenntnisses dahingehend abgeändert, daß er wie folgt lautet:
Sie haben in der Zeit von Jänner 1992 bis zumindest 15. Mai 1992 in dem als Wohnung gewidmeten Objekt R************ 1* Stiege 1 Tür 2 in B** D**************** entgegen der baubehördlichen Benützungsbewilligung eine Zahnarztordination betrieben und die Wohnung daher nicht nur zu dem in der Benützungsbewilligung bezeichneten Zweck verwendet.
Die Marktgemeinde B** D**************** hat über den Berufungswerber mit Straferkenntnis vom 25. Mai 1992, Zl *********1992, eine Geldstrafe in der Höhe von 5.000,-- Schilling (Ersatzfreiheitsstrafe: 5 Tage) wegen Übertretung des §115 Abs1 Z5 der NÖ Bauordnung 1976 (im folgenden: NÖ BauO) verhängt, weil er in der Zeit von Jänner 1992 bis Mai 1992 eine Zahnarztordination ohne behördliche Benützungsbewilligung betrieben habe.
In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung wird die objektive Verwirklichung des angelasteten Tatbestandes nicht bestritten. Allerdings macht der Berufungswerber geltend, daß ihm die Baubehörde in der Bauverhandlung vom 22. April 1992 eine Frist von drei Monaten zur Nachbringung fehlender Unterlagen, insbesondere zur Einholung der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer zur beabsichtigten Widmungsänderung, eingeräumt habe. Er vertritt in diesem Zusammenhang die Ansicht, daß die Zustimmung der anderen Grundstückseigentümer nicht erforderlich wäre. Dies werde von der Behörde in keiner Weise berücksichtigt. Auch die Fristerstreckung bis 22. Juli 1992 finde im angefochtenen Straferkenntnis keinerlei Berücksichtigung. Er könne mit Recht davon ausgehen, daß er bis zu diesem Termin die Praxis vorläufig betreiben dürfe, andernfalls hätte ihn die Behörde auf die verwaltungsstrafrechtlichen Folgen in der Bauverhandlung aufmerksam machen müssen. Auch sei bei der Erlassung des Straferkenntnisses nicht berücksichtigt worden, daß er sich in einem Notstand befinde. Die Zahnarztpraxis bedeute für ihn und seine Familie die Existenzgrundlage. Müßte er mit dem Betrieb seiner Praxis zuwarten, wäre seine und seiner Familie Existenzgrundlage vernichtet, ja seine Lebensmöglichkeit unmittelbar bedroht. Er stellt daher den Antrag, der Berufung stattzugeben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen, in eventu das Verfahren zur Verfahrensergänzung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 9. März 1993 nachweislich um die Bekanntgabe seiner Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ersucht. Da bis zur Bescheiderlassung keine derartige Mitteilung erfolgte, ist, wie in diesem Schreiben angekündigt, von einem monatlichen Nettoeinkommen in der Höhe von S 15.000,-- sowie dem Vorhandensein keines Vermögens und keiner Sorgepflichten auszugehen.
Eine telefonische Anfrage bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde am 10. März 1993 hat ergeben, daß der Berufungswerber verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist.
Es ist aktenkundig und blieb unbestritten, daß für das verfahrensgegenständliche Objekt lediglich eine Benützungsbewilligung für Wohnzwecke vorliegt, der Berufungswerber in einem Teil davon aber seit Jänner 1992 eine Zahnarztpraxis betreibt.
Erst am 6. April 1992, also drei Monate nach Eröffnung der Praxis, brachte der Berufungswerber ein "Bauansuchen" bei der Marktgemeinde B** D**************** ein, welche unverzüglich für den 22. April 1992 eine Bauverhandlung anberaumte. Wie der Bauverhandlungsschrift vom 22. April 1992, Zl ***********1992, zu entnehmen ist, wurde die Änderung des Verwendungszweckes nicht bewilligt, weil unter anderem nicht die Zustimmung sämtlicher Miteigentümer vorlag und für die Zentralheizungsanlage (Gastherme als Wärmeerzeuger) keine Bewilligung vorlag. In der Verhandlungsschrift wurde überdies festgehalten: "Auf Grund der Erklärung des Herrn Dr. K, die Zustimmung der fehlenden Miteigentümer zu diesem Vorhaben zu betreiben, wird durch die Baubehörde hiefür eine Nachfrist von 3 Monaten das ist bis 22. Juli 1992 gewährt. Liegen bis zu diesem Termin diese Zustimmungen nicht vor, müßte das Ansuchen als ungenügend belegt zurückgewiesen werden."
Mit Schreiben der Marktgemeinde B** D**************** vom 4. Mai 1992, zugestellt am 5. Mai 1992, wurde der Berufungswerber ausdrücklich auf die Rechtswidrigkeit des Betriebes der Zahnarztordination hingewiesen. In seiner Stellungnahme hiezu vom 15. Mai 1992 wendete er insbesondere ein, daß "nach der ständigen Judikatur die Einholung der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer überhaupt nicht erforderlich ist".
Die Marktgemeinde B** D**************** erließ daraufhin am 25. Mai 1992 das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:
Gemäß §111 Abs3 zweiter Satz NÖ BauO dürfen Baulichkeiten oder Teile von solchen nur zu den in der Bewilligung bezeichneten Zwecken verwendet werden. §115 Abs1 Z5 NÖ BauO normiert die Strafbarkeit der Benützung einer Baulichkeit entgegen den Bestimmungen des §111 Abs3.
Es steht außer Streit, daß das verfahrensgegenständliche Objekt Wohnzwecken gewidmet ist, in einem Teil davon jedoch seit Jänner 1992 eine Zahnarztpraxis ohne baubehördliche Bewilligung betrieben wird. Der angelastete Straftatbestand ist daher in objektiver Hinsicht verwirklicht.
In subjektiver Hinsicht wären dem Berufungswerber die von ihm mißachteten Bestimmungen der NÖ BauO bei Anwendung der von jemandem, der eine Zahnarztpraxis einrichtet, zu erwartenden Sorgfaltspflicht nicht unbekannt geblieben. Es wäre ihm zumutbar gewesen, sich über das Bestehen aller einschlägigen Vorschriften und somit auch der Bauvorschriften zu informieren. Das strafbare Verhalten wurde somit zumindest fahrlässig gesetzt.
Zur behaupteten Existenzgefährdung ist zu bemerken, daß es dem Berufungswerber freistand, rechtzeitig die erforderlichen Bewilligungen einzuholen. Eine Notstandssituation ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes überdies dann nicht gegeben, wenn mit der strafbaren Handlung lediglich eine wirtschaftliche Schädigung abgewendet werden soll (VwGH v 10.11.1988, 88/08/0056 uva). Doch selbst wenn man von einer unmittelbaren Bedrohung der Lebensmöglichkeiten des Berufungswerbers ausginge, wäre daraus im gegenständlichen Fall nichts zu gewinnen, weil die entgegen den baurechtlichen Vorschriften ausgeübte Tätigkeit auch in Zukunft der Existenzsicherung dient und somit ein perpetuierter Notstand vorläge. Folgte man der Logik des Berufungswerbers, dann müßte man ihm auch in Hinkunft zubilligen, zwecks Existenzsicherung seine Praxis ohne die erforderlichen Bewilligungen auszuüben, eine derartige Annahme würde aber jegliche Bewilligungsvorschriften ad absurdum führen. Überdies spricht gegen die Bejahung eines Notstandes, daß die Ausübung einer Zahnarztpraxis nicht die einzige Möglichkeit einer rechtmäßigen Sicherung des Überlebens darstellt.
Unbeachtlich ist der Einwand des Berufungswerbers, es bedürfe zur Ausübung der Praxis keiner Zustimmung der Miteigentümer, weil die Bestrafung nicht wegen des Fehlens solcher Zustimmungen erfolgte, sondern weil die Wohnung nicht nur zu dem in der Benützungsbewilligung bezeichneten Zweck verwendet wurde.
Die von der Marktgemeinde B** D**************** eingeräumte Frist für die Beibringung der erforderlichen Unterlagen wirkt sich nur für die kurze Zeitspanne zwischen dem 22. April 1992 und dem 5. Mai 1992 schuldmindernd aus, weil der Berufungswerber am 5. Mai 1992 ausdrücklich auf die Rechtswidrigkeit des Betriebes der Zahnarztpraxis hingewiesen wurde.
Die Herabsetzung der Strafe erfolgte vor allem im Hinblick darauf, daß der Berufungswerber verwaltungsstrafrechtlich gänzlich unbescholten ist.
Sie ist in ihrer Höhe nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ im Hinblick auf das lediglich fahrlässige Verhalten des Berufungswerbers, den Unrechtsgehalt der Tat und den nunmehr etwas verkürzten Tatzeitraum unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgesehenen Höchststrafe von S 50.000,-- sowohl schuld- als auch tatangemessen. Eine weitergehende Herabsetzung der Strafe wäre nicht gerechtfertigt, weil bei der Strafbemessung auch generalpräventive Erwägungen nicht gänzlich außer acht gelassen werden dürfen. Eine noch niedrigere Strafe wäre wohl kaum geeignet, die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschriften in allen jenen Fällen sicherzustellen, in welchen eine strafbare Handlung mit der Erzielung eines Einkommens verbunden ist.
Die nunmehr verhängte Strafe in der Höhe von einem Fünftel des geschätzten monatlichen Nettoeinkommens ist auch im Hinblick auf die allseitigen Verhältnisse des Berufungswerbers angemessen.
Die Spruchänderung erfolgte zwecks genauerer Umschreibung des Tatvorwurfes sowie verbaler Präzisierung des verwirklichten Straftatbestandes. Die Berufungsbehörde war hiezu berechtigt, weil die in den Spruch aufgenommenen Ergänzungen bereits in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses enthalten waren und die Tat daher innerhalb der Frist gemäß §31 Abs2 VStG richtig angelastet worden war. Die Tatzeit wurde im Hinblick darauf eingeschränkt, daß die letzten aktenmäßig nachvollziehbaren Vorgänge vor Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses, welche die Konfrontierung des Berufungswerbers mit dem Vorwurf der gesetzwidrigen Ausübung der Zahnarztpraxis dokumentieren, das bereits erwähnte Schreiben der Markgemeinde B** D**************** vom 4. Mai 1992 und die hiezu ergangene Stellungnahme des Beschuldigten vom 15. Mai 1992 sind.
Von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß §51e Abs2 VStG abgesehen werden, weil in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurde.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.