TE UVS Niederösterreich 1993/06/30 Senat-GF-92-110

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Veröffentlicht am 30.06.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51, (AVG) F o l g e gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Strafverfahren gemäß §45 Abs1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52, (VStG) eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 20. Mai 1992, 3-****-91, wurde über den Beschuldigten S U wegen Übertretung nach §366 Abs1 Z1 Gewerbeordnung 1973, BGBl Nr 50/1974, (GewO 1973) gemäß §366 Abs1 GewO 1973 eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe : 72 Stunden) verhängt und ihm die Tragung eines Kostenbeitrages für das erstinstanzliche Verfahren in Höhe von S 200,-- auferlegt. In diesem Strafbescheid wird ihm angelastet, am 3. März 1991 um 10,50 Uhr auf dem Areal des Autokinos in G************** während des dort stattfindenden Flohmarktes "alten Hausrat, sowie 11 verpackte Tapetenrollen dem dort befindlichen Publikum zum Kauf angeboten und somit das Handelsgewerbe ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung ausgeübt" zu haben.

 

In der dagegen erhobenen Berufung weist der Beschuldigte darauf hin, daß er bei dem gegenständlichen Flohmarkt nur ihm vom Tapezieren übrig gebliebene Tapetenrollen (Einzelstücke) zum Kauf angeboten habe. Im übrigen habe er nur Hausrat verkaufen wollen, was jedenfalls nicht einer Gewerbeausübung gleichzusetzen sei. Da es Privatpersonen erlaubt sein müsse, auf einem Flohmarkt eigene Gegenstände anzubieten, ersucht der Beschuldigte abschließend die gegenständliche Bestrafung "aufzuheben".

 

Aus dem dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorliegenden Verwaltungsstrafakt der Behörde erster Instanz ergibt sich folgendes:

 

Der Berufungswerber hat an dem seinerzeit regelmäßig abgehaltenen Flohmarkt auf dem Areal des Autokinos G************** wiederholt teilgenommen. Am 3. März 1991 hat er von seinem Verkaufsstand auf dem Flohmarkt "alten Hausrat sowie 11 verpackte Tapetenrollen" angeboten. Bei diesen Tapetenrollen hat es sich um nach dem Muster verschiedene Tapeten gehandelt.

 

Dies ergibt sich aus dem im erstinstanzlichen Akt befindlichen Formblatt, welches offensichtlich anläßlich der Kontrolle auf dem Flohmarkt ausgefüllt worden ist. In diesem Formblatt finden sich neben den Personaldaten des Beschuldigten folgende Angaben, was die angebotenen Waren betrifft: "alter Hausrat, 11 verpackte Tapetenrollen (versch Muster)". In einer ebenfalls im Akt erliegenden Niederschrift über die Vernehmung des Zeugen F H, der zur Tatzeit die Kontrolle des Flohmarktes durchgeführt hat, werden die im vorerwähnten Formblatt getroffenen Angaben bestätigt. Der Zeuge H weist bei seiner Vernehmung noch darauf hin, daß der Beschuldigte "wie ein Marktfahrer" agiert habe.

 

In rechtlicher Hinsicht war somit folgendes zu erwägen:

 

Gemäß §366 Abs1 Z1 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer ein Anmeldungsgewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Im vorliegenden Fall ist daher zunächst zu prüfen, ob die vom Beschuldigten gesetzte Tätigkeit überhaupt der Ausübung des "Handelsgewerbes" zugeordnet werden kann. Das Ausüben eines Handelsgewerbes umfaßt schon begrifflich das Ankaufen von Waren zum Zwecke der Weiterveräußerung. Wenn nun die zum Verkauf angebotenen Gegenstände - wie etwa im vorliegenden Fall der "alte Hausrat" - zum Eigengebrauch angeschafft oder hergestellt wurden, bzw schon vor längerer Zeit erstanden worden sind, kann wohl ein solcher Zusammenhang zwischen An- und Verkauf nicht mehr gesehen werden. Aber auch hinsichtlich der zum Verkauf angebotenen Tapetenrollen, die - wie sich aus dem Akteninhalt ergibt - nicht ein einheitliches Muster aufgewiesen haben, kann nicht von einem im Hinblick auf einen beabsichtigten Verkauf dieser Tapetenrollen vorgenommenen Einkauf derselben geschlossen werden. Die Aussichten, Einzelstücke verkaufen zu können, sind vor dem Hintergrund, daß allfällige Käufer für Tapeziererzwecke mehrere Tapetenrollen ein- und desselben Musters benötigen, als eher ungünstig einzustufen. Hätte der Beschuldigte tatsächlich einen gewinnbringenden Handel mit Tapeten im Auge gehabt, so hätte er bei dem gegenständlichen Flohmarkt nicht mit 11 Tapetenrollen verschiedenen Musters das Auslangen gefunden.

 

Somit steht schon aufgrund der Aktenlage fest, daß die dem Beschuldigten angelastete Tätigkeit nicht Gegenstand des Handelsgewerbes sein kann.

 

Abgesehen von diesem Aspekt entspricht der Spruch des Straferkenntnisses insofern nicht dem Konkretisierungsgebot des §44a Z1 VStG. Danach hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dementsprechend gehört es zu den Grundsätzen jeden Strafverfahrens, daß die zur Last gelegte Tat so eindeutig umschrieben wird, daß kein Zweifel darüber entstehen kann, wofür der Täter bestraft worden ist und daß die Möglichkeit ausgeschlossen wird, er könne etwa wegen derselben Handlung nochmals zur Verantwortung gezogen werden.

 

Im Spruch des Straferkenntnisses wird dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe "das Handelsgewerbe" ohne "die erforderliche Gewerbeberechtigung" ausgeübt. Damit wird nicht zum Ausdruck gebracht, das Fehlen welcher Gewerbeberechtigung den Berufungswerber eigentlich zum Vorwurf gemacht wird. Tatsächlich kennt die Gewerbeordnung 1973 eine Reihe von Handelsgewerben (zB Antiquitäten- und Kunstgegenständehandel, Buch-, Kunst- und Musikalienhandel, Kleinhandel mit Brennstoffen und Brennmaterial, Handelsgewerbe gemäß §103 Abs1 litb Z25 GewO 1973, konzessionierte Handelsgewerbe, Marktfahrergewerbe). In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, daß der überprüfende Beamte der Bezirkshauptmannschaft xx (H) in der Tätigkeit des Berufungswerbers eine dem Marktfahrergewerbe zuzurechnende Handlungsweise erblickt hat. Dies kommt jedoch im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht zum Ausdruck.

 

Dadurch, daß im gesamten erstinstanzlichen Verfahren offengelassen wurde, welches (Handels-)gewerbe unbefugt ausgeübt worden ist, wurde die Bestimmung des §44a Z1 VStG verletzt (vgl hiezu VwGH vom 15.1.1985, 83/04/0244).

 

Abgesehen davon konnte die Behörde erster Instanz nicht zu Recht davon ausgehen, daß der Berufungswerber überhaupt eine Tätigkeit ausgeübt hat, die der Gewerbeordnung 1973 unterliegt. Es war daher aus den angeführten Gründen spruchgemäß zu entscheiden.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die Bestimmung des §51e Abs1 VStG abgesehen werden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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