TE UVS Niederösterreich 1993/07/02 Senat-WU-92-070

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.07.1993
beobachten
merken
Spruch

Der Berufung wird, soweit sie sich gegen den Punkt I.2. des angefochtenen Straferkenntnisses richtet, gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51, (AVG) F o l g e   gegeben, der erstinstanzliche Bescheid in seinem Punkt I.2. aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren in diesem Punkt gemäß §45 Abs1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52, (VStG) eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 1. April 1992, 3-*****-91, wurde über den Beschuldigten im Punkt I.2. wegen Übertretung nach §366 Abs1 Z3 Gewerbeordnung 1973, BGBl Nr 50/1974, (GewO 1973) gemäß §366 Abs1 Einleitungssatz GewO 1973 eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Tage 18 Stunden) verhängt. In diesem Strafbescheid wird dem Beschuldigten angelastet "zumindest am 27. Juni 1991, 13,00 bis 14,00 Uhr, und am 9. Dezember 1991 in G******** bei W, F****gasse 2, Halle 15/a, eine Betriebsanlage für die Ausübung des Kraftfahrzeugmechanikergewerbes errichtet und betrieben" zu haben. Durch die im Straferkenntnis näher angeführten Tätigkeiten sei die gegenständliche Anlage (Lagerhalle) zumindest geeignet gewesen, die Nachbarn durch Lärm, Geruch oder in anderer Weise zu belästigen, sodaß eine Genehmigungspflicht im Sinne des §74 Abs2 GewO 1973 vorgelegen habe. Trotzdem hätte er die erforderliche Genehmigung nicht erwirkt.

 

In der dagegen erhobenen Berufung vom 28. April 1992 weist der Berufungswerber darauf hin, daß nicht er, sondern sein Bekannter, Herr G B, Betreiber und Verantwortlicher der gegenständlichen Halle sei. Zur Tatzeit habe er in dieser Halle keine der Gewerbeordnung 1973 unterliegende Tätigkeit  ausgeübt.

 

Zu diesem Berufungsvorbringen hat der Unabhängige Verwaltungssenat am 28. Juni 1993 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der Beweis erhoben worden ist durch Verlesung der Verhandlungsschrift vom 28. Juni 1993, Senat-WU-92-069. In dieser Verhandlungsschrift sind die Aussagen der an diesem Tag im Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Senat-WU-92-069 als Zeugen vernommenen P L und G B protokolliert.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens und der Verantwortung des Beschuldigten steht fest, daß die gegenständliche Halle zur Tatzeit von G B betrieben worden ist. G B hat damals vornehmlich im Ausland erworbene Oldtimer in dieser Halle durch seine Angestellten reparieren lassen, um sie in weiterer Folge wieder veräußern zu können. Es ist auch vorgekommen, daß dritte Personen mit eigenen Fahrzeugen zur Halle gekommen sind, wo sie Reparaturen an diesen Fahrzeugen vorgenommen haben. Die Ausstattung und Einrichtung der gegenständlichen Halle, welche über eine dritte Person durch G B angemietet worden ist, stehen im Eigentum von B. Der Beschuldigte hat zur Tatzeit in dieser Halle lediglich Aufpasserdienste bzw Telefondienste verrichtet (im Auftrag des G B).

 

Zu diesen Feststellungen gelangte der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ aufgrund der im Verfahren Senat-WU-92-069 protokollierten Zeugenaussagen, die weder einander widersprochen haben noch im Widerspruch zur Verantwortung des Beschuldigten gestanden haben. Der Zeuge G B hat sogar zur Untermauerung seiner Angaben einen Zahlungsbeleg vorlegen können, aus dem sich ergibt, daß er die Miete für die gegenständliche Halle bezahlt hat.

 

In rechtlicher Hinsicht war daher folgendes zu erwägen:

 

Gemäß §366 Abs1 Z3 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

 

Aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens steht fest, daß der Beschuldigte nicht als Betreiber der gegenständlichen KFZ-Werkstätte anzusehen ist. Weder haben ihm die Ersatzteile, Werkzeuge und Ausstattungsgegenstände gehört, noch hat er selbst dort eine Tätigkeit entfaltet, die der Gewerbeordnung 1973 unterliegt.

 

Der im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx erhobene Vorwurf konnte daher schon aus diesem Grund nicht länger aufrechterhalten werden.

 

Das gegenständliche Straferkenntnis (Punkt I.2.) war aber aus einem weiteren Grund zu beheben:

 

Gemäß §44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und die Identität der Tat nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht.

 

Ist im Spruch eines Straferkenntnisses die Tat so umschrieben, daß eine Zuordnung zu mehreren Tatbeständen möglich ist, so verstößt der Spruch gegen §44a Z1 VStG (vgl hiezu VwGH vom 29.1.1987, Zl 8608/0208).

 

Die oben zitierte Bestimmung des §366 Abs1 Z3 GewO 1973 beinhaltet zwei Delikte. Einerseits wird das "Errichten" einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne die hiefür erforderliche Genehmigung unter Strafe gestellt, andererseits das "Betreiben" einer derartigen Anlage, ohne die hiefür notwendige Genehmigung erlangt zu haben.

 

Das angefochtene Straferkenntnis entspricht in zweifacher Hinsicht nicht dem Gebot des §44a Z1 VStG.

 

Die Tatumschreibung im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses bringt nicht zum Ausdruck, welcher Deliktsfall des §366 Abs1 Z3 GewO 1973 überhaupt geahndet werden soll. Es ist fraglich, ob der Beschuldigte für den ersten Deliktsfall des §366 Abs1 Z3 GewO 1973, den zweiten oder für beide verantwortlich gemacht wird.

 

In diesem Zusammenhang erweist sich auch die Angabe der Tatzeit "zumindest 27. Juni 1991, 13,00 bis 14,00 Uhr und 9. Dezember 1991" als nicht dem Konkretisierungsgebot entsprechend. Sowohl die konsenslose Errichtung einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage, als auch deren darauffolgender Betrieb stellen "fortgesetzte Delikte" dar. Das bedeutet, daß es der Angabe eines Tatzeitraumes bedurft hätte, wann die "Errichtung" der genehmigungspflichtigen Betriebsanlage abgeschlossen worden ist und wann mit deren "konsenslosen Betrieb" begonnen worden ist.

 

Abgesehen von den erzielten Beweisergebnissen war somit der Berufung auch aus den vorstehenden rechtlichen Erwägungen Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten