TE Vwgh Erkenntnis 2001/9/27 2001/20/0200

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Veröffentlicht am 27.09.2001
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Index

41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffG 1996 §8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Strohmayer, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des M in G, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Grazbachgasse 39/III, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 16. Februar 2001, Zl. WA 70/4-1996, betreffend Entziehung einer Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde die dem Beschwerdeführer für 10 Faustfeuerwaffen ausgestellte Waffenbesitzkarte gemäß § 8 Abs. 1 und 2 iVm § 25 Abs. 1 bis 5 des Waffengesetzes 1996, BGBl. Nr. 12/1997 (im Folgenden: WaffG), entzogen.

Die belangte Behörde verwies dazu begründend einerseits auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Bescheides, die sie "vollinhaltlich bestätigt". Demnach lasse sich aus den "Vorfällen um den Suchtgiftmissbrauch und den erhobenen persönlichen Verhältnissen" des Beschwerdeführers ableiten, dass dieser die erforderliche besondere Verlässlichkeit im Sinn des WaffG nicht mehr besitze. Nach den diesbezüglich näheren Erläuterungen der belangten Behörde habe der Beschwerdeführer entsprechend seinen eigenen Angaben zwischen November 1998 und August 1999 Suchtgift in Form von Cannabiskraut konsumiert und auch andere Personen am Genuss teilhaben lassen. Durch unsachgemäße Verwahrung einer Dose Marihuana im Hause seiner Lebensgefährtin sei es dazu gekommen, dass Jugendliche dieses Suchtgift hätten zu sich nehmen können. Auch seien im Garten des Wohnhauses des Beschwerdeführers Cannabispflanzen vorgefunden worden, die für den Eigenkonsum des Beschwerdeführers vorgesehen gewesen seien. Der Beschwerdeführer habe sich in der Folge der Drogenberatung unterzogen, ein nervenfachärztlicher Befund habe ihm einen neurologisch und psychisch unauffälligen Zustand attestiert, wobei insbesondere keine Hinweise auf eine Schädigung des Nervensystems nachweisbar seien. Einem psychologischen Gutachten zufolge neige der Beschwerdeführer auch nicht zum unvorsichtigen Gebrauch oder zur leichtfertigen Verwendung von Waffen. Bei der Beurteilung der Verlässlichkeit im Sinne des Waffengesetzes seien aber nicht nur ärztliche Befunde und Gutachten heranzuziehen, sondern ein äußerst strenger Maßstab anzuwenden und die Wesensmerkmale der Gesamtpersönlichkeit, konkrete Verhaltensweisen und das Umfeld miteinzubeziehen. Bezüglich der persönlichen Verhältnisse sei ermittelt worden, dass sich das Wohnhaus des Beschwerdeführers in einem "äußerst unhygienischen Zustand" befunden habe.

Unabhängig davon komme dem Beschwerdeführer die waffenrechtliche Verlässlichkeit aber auch wegen der unsachgemäßen Verwahrung seiner Waffen nicht zu. Im Zuge einer am 10. Juli 2000 an seiner Wohnadresse in der Steiermark vorgenommenen Verlässlichkeitsprüfung, bei der der Beschwerdeführer selbst nicht anwesend gewesen sei, habe die Behörde nur drei seiner Faustfeuerwaffen in einem Waffenschrank versperrt vorgefunden. In einem daraufhin mit dem Beschwerdeführer geführten Telefonat vom selben Tag habe dieser erklärt, drei (weitere) Faustfeuerwaffen (nach der Aktenlage war der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt allerdings nur im Besitz von insgesamt fünf genehmigungspflichtigen Waffen; vgl. Seite 48 ff.) erst am Morgen des genannten Tages auf eine niederösterreichische Baustelle mitgenommen zu haben (wo der Beschwerdeführer nach Ausweis der Akten als Baggerfahrer tätig war). Nach seinen telefonischen Angaben hätte er die Waffen zum Zeitpunkt dieses Gespräches nicht bei sich geführt, sondern sicher im Tresor der örtlichen Straßenmeisterei verwahrt. Eine telefonische Nachfrage beim zuständigen (niederösterreichischen) Gendarmerieposten um ca. 15.20 Uhr desselben Tages habe ergeben, dass der Beschwerdeführer unmittelbar davor versucht habe, die von ihm in einem Metallkoffer mit sich geführten Waffen am Gendarmerieposten zu verwahren, da ihm dies weder am Bagger noch bei der Straßenmeisterei möglich gewesen wäre. Vom Gendarmerieposten sei er an die örtliche Sparkasse verwiesen worden, wo er die Waffen schließlich in einem Schließfach hinterlegt habe.

Für die belangte Behörde stehe somit fest, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der behördlichen Überprüfung drei seiner Faustfeuerwaffen nicht ordnungsgemäß verwahrt habe, da er sie "am Morgen des 10. Juli 2000 mitgenommen und erst um ca.

15.15 Uhr dieses Tages am Gendarmerieposten" sicher zu verwahren versucht habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 25 Abs. 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist.

§ 8 Abs. 1 und 2 WaffG lautet:

"Verlässlichkeit

§ 8. (1) Ein Mensch ist verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er

1.

Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;

2.

mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird;

              3.              Waffen Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind.

(2) Ein Mensch ist keinesfalls verlässlich, wenn er

1.

alkohol- oder suchtkrank ist oder

2.

psychisch krank oder geistesschwach ist oder

3.

durch ein körperliches Gebrechen nicht in der Lage ist, mit Waffen sachgemäß umzugehen."

Soweit die belangte Behörde zunächst durch Wiedergabe und ausdrückliche Bestätigung des "ausreichend begründeten erstinstanzlichen Bescheides" die fehlende waffenrechtliche Verlässlichkeit des Beschwerdeführers auf die "erhobenen persönlichen Verhältnisse" des Beschwerdeführers und auf die "Vorfälle um den Suchtgiftmissbrauch" (und damit erkennbar auf § 8 Abs. 2 WaffG) stützt, hält ihr die Beschwerde zutreffend die im angefochtenen Bescheid genannten ärztlichen Befunde entgegen. Demnach wurde dem Beschwerdeführer sowohl ein neurologisch als auch psychisch unauffälliger Befund attestiert und weder eine Neigung zum unvorsichtigen Gebrauch noch zur leichtfertigen Verwendung von Waffen festgestellt. Da der im angefochtenen Bescheid angegebene Suchtgiftmissbrauch des Beschwerdeführers somit weder zu einer Suchtkrankheit im Sinne des § 8 Abs. 2 Z 1 WaffG noch zu einer psychischen Krankheit im Sinne des § 8 Abs. 2 Z 2 WaffG geführt hat, und entgegen der Auffassung der belangten Behörde ein "äußerst unhygienischer Zustand" des Wohnhauses die waffenrechtliche Verlässlichkeit nicht auszuschließen vermag, verkannte die belangte Behörde in diesem Teil ihrer Begründung die Rechtslage und belastete den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Soweit sie im zweiten Teil ihrer Bescheidbegründung die Verneinung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit auf die nicht sorgfältige Waffenverwahrung durch den Beschwerdeführer und damit auf § 8 Abs. 1 Z 2 WaffG stützt, begründet sie dies nur damit, dass der Beschwerdeführer drei seiner Faustfeuerwaffen auf eine Baustelle mitgenommen und erst am Nachmittag sicher zu verwahren versucht habe. Worin die belangte Behörde konkret die nicht sorgfältige Verwahrung der Waffen erblickt, führt sie in der Begründung ihres Bescheides nicht näher aus, sondern zitiert lediglich § 3 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 313/1998 (im Folgenden kurz: 2.WaffV).

Gemäß § 3 Abs. 1 der 2. WaffV ist eine Schusswaffe sicher verwahrt, wenn ihr Besitzer sie in zumutbarer Weise vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichteten - Zugriff schützt.

Der Beschwerdeführer hat bereits im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme am 10. November 2000 vorgebracht, er habe die drei in Rede stehenden Faustfeuerwaffen verwahrt in einer versperrten Stahlkassette und diese wiederum in einem Metallkoffer, welcher ebenfalls versperrt gewesen sei, in der Früh des 10. Juli 2000 von seinem Wohnsitz in der Steiermark nach Niederösterreich mitgenommen. Anlass dafür sei eine Einladung des Beschwerdeführers auf einen Schießplatz gewesen.

Auch in der Beschwerde wird geltend gemacht, dass der Beschwerdeführer auf Grund eines längerfristigen Einsatzes auf einer niederösterreichischen Baustelle die drei Faustfeuerwaffen am besagten 10. Juli 2000 in einem Metallkoffer mitgenommen habe, um diese in einem Schließfach einer Sparkasse zu hinterlegen. Weshalb die belangte Behörde von einer unsachgemäßen Verwahrung ausgehe, sei nicht erkennbar, da nicht festgestellt worden sei, dass er die Waffen unbeaufsichtigt gelassen oder Dritten überlassen hätte. Die Behörde habe außer Acht gelassen, dass es sich bei jenem festgestellten Metallkoffer um einen eigens hiefür vorgesehenen Faustfeuerwaffentransportkoffer gehandelt habe, welcher versperrbar sei und vom Beschwerdeführer auch stets versperrt gehalten worden sei.

Bei der Auslegung des Begriffes der sorgfältigen Verwahrung im Sinne des § 8 Abs. 1 Z 2 WaffG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetzes ein strenger Maßstab anzulegen. Ob die im Einzelfall gewählte Verwahrungsart als sorgfältig bezeichnet werden kann, hängt von objektiven Momenten ab (vgl. etwa jüngst das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2001, Zl. 99/20/0476, mwN).

Objektive Momente, die im vorliegenden Fall einen fehlenden Schutz vor fremdem Zugriff oder vor einem Verlust der Waffen erkennen ließen und daher die - im Bescheid nicht etwa als unzutreffend festgestellte - Verwahrung der Waffen im versperrten Metallkoffer während ihrer Verbringung an einen anderen Ort als nicht sorgfältig erscheinen lassen, zeigt die belangte Behörde nicht auf und belastet damit ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Da die Aufhebung eines Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes jener wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeht, war der angefochtene Bescheid auf Grund der eingangs aufgezeigten inhaltlichen Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. September 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001200200.X00

Im RIS seit

29.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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