TE UVS Niederösterreich 1993/07/07 Senat-GF-92-104

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Veröffentlicht am 07.07.1993
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Ebenso Senat-GF-92-103, Senat-GF-92-105, Senat-GF-92-106, Senat-GF-92-107, Senat-GF-92-108 und Senat-GF-92-115 Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, insoferne Folge gegeben, als die im Ausmaß von zweimal S 3.000,--, insgesamt somit S 6.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen zweimal 72 Stunden) verhängten Strafen auf zweimal S 500,-- insgesamt somit S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen zweimal 12 Stunden) herabgesetzt werden.

 

Die Berufungswerberin hat gemäß §64 Abs1 und 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, S 100,-- als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens (ds 10 % der nunmehr geringeren Strafen) binnen 2 Wochen zu zahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist ist der Strafbetrag zu bezahlen (§59 Abs2 AVG). Gemäß §65 VStG waren Kosten des Berufungsverfahrens nicht aufzuerlegen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis Zl 3-*****-91, vom 3. April 1992, wurden über Frau H**** R********* gemäß §134 Abs1 iVm §101 Abs1 lita KFG zwei Geldstrafen in der Höhe von je S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen: zweimal 72 Stunden) verhängt. Es wurde in diesem Straferkenntnis als erwiesen angesehen, daß sie als Anordnungsbefugte nicht dafür gesorgt habe, daß am 08.11.1991 um 06,35 Uhr, im Ortsgebiet von L***** auf der LH * nächst dem Haus Wienerstraße 4, das Zugfahrzeug - ein LKW mit dem Kennzeichen *-*****T und der von diesem LKW gezogene Anhänger mit dem Kennzeichen **-****4, das höchstzulässige Gesamtgewicht überschritten hätten. (Überschreitung des zulässigen Höchstgewichtes beim LKW um 7,592 t und beim Anhänger um 5,786 t)

 

Begründend wurde dazu noch ausgeführt, daß die Verantwortung der Beschuldigten nicht geeignet gewesen wäre, die Behörde davon zu überzeugen, daß sie kein Verschulden an der angelasteten Verwaltungsübertretung treffe. Die Strafe sei innerhalb des gesetzlich zur Verfügung stehenden Strafrahmens verhängt worden und nach Abwägung der in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe sowie der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse dem Verschulden angemessen.

 

Dagegen richtet sich das vom ausgewiesenen Vertreter der Berufungswerberin innerhalb offener Frist erhobene Rechtsmittel der Berufung. Das Straferkenntnis wird damit zur Gänze angefochten und geltend gemacht, daß das durchgeführte Ermittlungsverfahren mangelhaft geblieben, bzw unrichtig sei und nicht im Einklang mit der Beweislage stünde, ebenso sei die vorgenommene rechtliche Beurteilung unrichtig.

 

Zur Mangelhaftigkeit des Verfahrens wird ausgeführt, daß die Beschuldigte sich damit verantwortet habe, daß sie sämtlichen in ihrem Unternehmen beschäftigten Fahrzeuglenkern die ausdrückliche Weisung erteilt habe, von einem Verstoß gegen §101 Abs1 lita Kraftfahrgesetz Abstand zu nehmen und eine Überladung der Fahrzeuge zu unterlassen. Die Erstbehörde habe dieser Verantwortung keinerlei Rechnung getragen sondern lediglich kursorisch festgestellt, daß bei Durchsicht aller Vormerkungen der Arbeitnehmer (?) festgestellt worden sei, daß diese stets rechtskräftig bestraft wurden. Diese Begründung sei unzulässig und nicht ausreichend um mit der in einem Strafverfahren erforderlichen Sicherheit die Bestrafung eines Beschuldigten herbeizuführen. Die Behörde vermeine weiter, daß bei Durchsicht aller Vormerkungen anderer Personen auf den Schuldgehalt der Beschuldigten geschlossen werden könne. Es sei aber unzulässig, alle Vormerkungen der Arbeitnehmer beizuziehen, ohne diese zu präzisieren und anzugeben, in welchen Strafverfahren und zu welchen Geschäftszahlen, wegen welcher Delikte, welche Kraftfahrer bzw Dienstnehmer der Beschuldigten zu welchen Strafen wann rechtskräftig verurteilt worden seien. Dies wäre aber insofern erforderlich, als der überwiegende Teil im Zusammenhang mit den vorliegenden Strafverfahren stehenden Verwaltungsstrafsachen gegen die Kraftfahrzeuglenker noch nicht rechtskräftig beendet seien. Es wäre weiter erforderlich, die Vormerkungen der Arbeitnehmer anzuführen und anzugeben, welche Verwaltungsstrafverfahren allenfalls nur wegen unterlassener Rechtsmittel Rechtskraft erlangt hätten.

 

Die Schuld der Berufungswerberin sei jedenfalls damit nicht ausreichend begründet, daß kursorisch auf allenfalls bestehende, längere Zeit zurückliegende, jedenfalls vor dem Tatzeitpunkt in diesen Verfahren liegende unter Umständen bereits verjährte Delikte zurückgegriffen werde und diese der nunmehrigen Entscheidung gleichsam schuldbegründend zugrundegelegt werden.

 

Darüberhinaus habe es die Behörde unterlassen, festzustellen, wem nun tatsächlich Anordnungsbefugnis im Unternehmen der Berufungswerberin zukomme. Wie den Gesetzesmaterialien ausdrücklich entnommen werden kann, sei es in vielen Fällen weder dem Zulassungsbesitzer noch dem Lenker eines Fahrzeuges zuzumuten, jeden Beladungsvorgang zu überwachen. Die Behörde habe nicht überprüft, ob und bejahendenfalls wem die Anordnungsbefugnis für die Beladung der Lastkraftwagen der Berufungswerberin zukomme. Tatsächlich habe diese, da sie ja nicht zu jedem Zeitpunkt jeden Beladungsvorgang überwachen könne, die Anordnungsbefugnis in ihrem Unternehmen dem ebenfalls im Betrieb mitarbeitenden Sohn übertragen, welcher vielfach selbst und persönlich die Beladungen der Lastkraftwagen vornehme. Wie die Fahrer der Lastkraftwagen habe sie auch ihren Sohn ausdrücklich darauf hingewiesen, Überladungen nach Tunlichkeit zu vermeiden. Die Behörde habe es jedenfalls unterlassen, eine Prüfung der Delegierung der Verantwortlichkeit vorzunehmen und den mit dieser Verantwortung betrauten (also ihren Sohn) über die Beladungsvorgänge im Betrieb und seine Verantwortlichkeit hiefür zu vernehmen. Dies stelle jedenfalls einen erheblichen Verfahrensmangel dar, weshalb dieser geeignet war, eine unrichtige rechtliche Beurteilung insbesondere der Schuld der Berufungswerberin herbeizuführen.

 

Das angefochtene Straferkenntnis führe darüberhinaus in seiner Begründung in unzulässiger Weise globalisierend aus, daß sich die Schuld der Fahrzeuglenker auch auf jene der Beschuldigten erstrecke, da bei jeder Überprüfung der Fahrzeuge festgestellt werde, daß diese überladen seien und die Arbeitnehmer rechtskräftig wegen dieser Überladungen bestraft worden seien; weshalb es nicht glaubwürdig wäre, daß die Arbeitnehmer die ausdrückliche Weisung erhalten hätten, diese Fahrzeuge nicht zu überladen.

 

Wie bereits oben im Berufungsschriftsatz ausgeführt, sei aber nicht bei jeder Überprüfung der Fahrzeuge festgestellt worden, daß diese überladen sind, sondern stehe vielmehr im überwiegenden Teil der Strafverfahren eine rechtskräftige Erledigung noch aus. Es sei daher nicht zulässig, in übergreifender Weise Feststellungen aus noch nicht rechtskräftigen Entscheidungen dem vorliegenden Strafverfahren zugrundezulegen.

 

Die in der Begründung des angefochtenen Bescheides angeführte mangelhafte Glaubwürdigkeit der als Zeugen einvernommenen LKW-Fahrer, die unter Wahrheitsverpflichtung als Zeugen angegeben hätten, die Berufungswerberin hätte ihnen den mündlichen Auftrag erteilt, die Fahrzeuge nicht zu überladen, sei im übrigen durch nichts begründet und stehe in krassem Widerspruch eben zu den Zeugenaussagen. Die Beschuldigte überprüfe ja die Wiegescheine wöchentlich und ermahne ihre Fahrer regelmäßig, die Fahrzeuge nicht zu überladen. Wenn nun mit dem angefochtenen Straferkenntnis dieser Verantwortung und den unter Wahrheitsverpflichtung abgelegten Zeugenaussagen der Wahrheitsgehalt abgesprochen werde, so erfolge dies im Gegensatz zum Akteninhalt und sei daher nicht geeignet, die Schuld der Beschuldigten ausreichend zu begründen, zumal Anhaltspunkte für Falschaussagen der Zeugen nicht vorhanden wären. Schon aus diesem Grunde müßte das Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt werden, da auf Basis der zitierten Zeugenaussagen eine Strafe mangels Schuld nicht verhängt werden könne.

 

Darüberhinaus sei der angefochtene Bescheid auch in seiner rechtlichen Beurteilung unrichtig, §101 Abs1 lita Kraftfahrgesetz besage, daß, sofern ein von der Person des Lenkers oder Zulassungsbesitzers verschiedener für die Beladung eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers Anordnungsbefugter vorhanden ist, dieser dafür zu sorgen habe, daß Abs1 lita bis c eingehalten wird. Wie bereits ausgeführt, habe die Beschuldigte als Zulassungsbesitzerin des Lastkraftwagens ausdrücklich die Anordnungsbefugnis ihrem Sohn delegiert, dessen Aufgabenbereich unter anderem auch die Beladung der Lastkraftwagen umfasse. Der Verwaltungsgerichtshof billige der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten mit entsprechender Anordnungsbefugnis gemäß §9 Abs2 VStG ausdrücklich verwaltungsstrafrechtlich entlastende Bedeutung zu. Unter einem Anordnungsbefugten im Sinne des §101 Abs1 lita Kraftfahrgesetz müsse eine Person verstanden werden, die damit befaßt sei, die Beladung vorzunehmen und den Ablauf des Beladungsvorganges zu gestalten und solcherart insbesondere auch die Menge des Ladegutes bestimmen kann. Ungeachtet des Umstandes, daß die Beschuldigte ausdrücklich entgegengesetzte Weisungen, nämlich nicht zu überladen erteilt habe, habe sie darüberhinaus einen Anordnungsbefugten mit der entsprechenden Aufgabe und Verantwortung betraut. Im Hinblick auf die vom Verwaltungsgerichtshof anerkannte entlastende Bedeutung einer derartigen Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten bleibe für eine Bestrafung der Berufungswerberin kein Raum, sodaß die angefochtenen Straferkenntnisse ebenfalls aus diesem Grunde rechtswidrig seien und mit der ständigen Rechtsprechung nicht im Einklang stünden. Im Straferkenntnis werde weiters ausgeführt, daß die innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens festgesetzte Strafe nach Abwägung der in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, sowie den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse dem Verschulden angemessen sei. Sowie weiters, daß bei der Strafbemessung weder strafmildernde noch straferschwerende Umstände berücksichtigt werden konnten. Diese beiden Sätze in der Begründung seien widersprüchlich und offenbar Stehsätze, die ohne Abwägung des Einzelfalles kritiklos als Begründung aus dem Textverarbeitungsprogramm herangezogen würden. Sofern keine strafmildernden oder straferschwerenden Umstände berücksichtigt werden können, könnten auch bei der Festsetzung der Strafe Erschwerungs- und Milderungsgründe nicht herangezogen werden; das Straferkenntnis führe hier nicht aus, was mit dieser "contradictio in se" bezweckt werden solle.

 

Das angefochtene Straferkenntnis sei somit seinem gesamten Inhalte nach rechtswidrig und stünde mit der bestehenden Gesetzeslage nicht in Einklang, da es sich auf ein mangelhaftes Verfahren gründe, in welchem sowohl Beweismittel nicht erhoben worden, als auch die erhobenen Beweise unrichtigerweise und denkunmöglich gewürdigt worden seien. Es werde daher beantragt, dem erhobenen Rechtsmittel Folge zu geben, daß angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat hiezu erwogen:

 

Aufgrund des Berufungsvorbringens, die Rechtsmittelwerberin hätte als Zulassungsbesitzerin ausdrücklich ihre Anordnungsbefugnis an ihren ebenfalls im Betrieb beschäftigten Sohn, dessen Aufgabenbereich unter anderem auch die Beladung der Lastkraftwagen umfasse, delegiert, weshalb dieser im Sinne des §9 Abs2 VStG für das angelastete Delikt verantwortlich sei, ersuchte die Berufungsbehörde den ausgewiesenen Vertreter der Beschuldigten hiefür einen entsprechenden Nachweis vorzulegen; welcher daraufhin mitteilte, daß die Übertragung der Agenden laut eidesstattlicher Erklärung vom 17. August 1992 mit Wirkung vom 1. Juli 1991 in den Verantwortungsbereiches des Sohnes der Beschuldigten mündlich erfolgt sei. Eine schriftliche Bestellungsurkunde sei nicht angefertigt worden. Damit liegt allerdings keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten bzw eine Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Haftung vor. Hiefür wäre ein aus der Zeit vor der Deliktsbegehung stammender Zustimmungsnachweis des verantwortlichen Beauftragten notwendig gewesen. Von einem aus der Zeit vor der Deliktsbegehung stammenden Zustimmungsnachweis kann aber nur dann gesprochen werden, wenn ein die Zustimmung zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten betreffendes Beweisergebnis schon vor der Begehung der Tat vorhanden war (entsprechende Urkunde, Zeugenaussage und dgl). Da dies auf ein erst nach diesem Zeitpunkt zustandegekommenes Beweisergebnis nicht zutrifft, genügt zur Erbringung des vom Gesetzgeber geforderten Zustimmungsnachweises jedenfalls nicht die Berufung auf eine erst im Verwaltungsstrafverfahren abzulegende Zeugenaussage des verantwortlichen Beauftragten, mit der die Zustimmung zur Bestellung unter Beweis gestellt werden soll.

 

Entgegen der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses geht die Berufungsbehörde allerdings nicht davon aus, daß die Beschuldigte ihren Kraftfahrern bzw Arbeitnehmern keine ausdrückliche Weisung, die Fahrzeuge nicht zu überladen, erteilt hat, sondern wird den Angaben der Berufungswerberin - die vorbrachte, die Wiegescheine der LKW-Ladungen regelmäßig zu überprüfen, wobei es ihr bei derart vielen Fahrzeugen aber nicht möglich sei, bei der Beladung jedes einzelnen dabei zu sein und ständig zu kontrollieren, jedenfalls aber bestünde eine Anweisung an ihre Arbeitnehmer, die Lastkraftwagen nicht zu überladen - durchaus Glauben geschenkt. Mit einer solchen Anweisung allein hat die Berufungswerberin ihrer Sorgfaltspflicht allerdings nicht Genüge getan, es bedarf hiezu vielmehr eines wirksamen Kontrollsystems betreffend die erteilte Anweisung mit begleitenden Maßnahmen, welches dann geeignet sein muß, derartige Übertretungen wie die vorliegende fast gänzlich zu vermeiden. Die von der Berufungswerberin erteilte generelle Weisung, nicht zu überladen, ist deshalb nicht geeignet nachzuweisen, daß sie kein Verschulden im Sinne des §5 Abs1 VStG trifft, welches ihre Strafbarkeit ausschließen würde.

 

Die Berufungsbehörde hält der Rechtsmittelwerberin jedoch zugute, daß der Transport von Kiessand mit einem beachtlichen Unsicherheitsfaktor hinsichtlich des Gewichtes behaftet ist, weshalb im Zweifel nur eine solche Menge geladen werden dürfte, die auch unter Annahme des höchsten Gewichtes des Sandes das höchste zulässige Gesamtgewicht des Fahrzeuges nicht überschreitet. Da hiefür aber immer Lenker mit entsprechender fachlicher Kenntnis bzw die Mitwirkung von fachkundigen Personen bei der Beladung notwendig wäre, welcher Umstand eine privatwirtschaftlich orientierte betriebsinterne Ablauforganisation vor gewisse Probleme stellen kann, wird dieser Umstand bei der Strafbemessung als strafmildernd bewertet, wozu noch kommt, daß auch die Erstbehörde keine erschwerenden Umstände feststellen konnte, womit unter Beachtung der von der Berufungswerberin im Verfahren selbst angegebenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse die verhängte Geldstrafe auf das im Spruch des Berufungsbescheides angeführte Ausmaß herabgesetzt werden konnte.

 

Gemäß §51e Abs2 VStG konnte von der Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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