TE UVS Niederösterreich 1993/07/07 Senat-MD-93-429

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Veröffentlicht am 07.07.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

Der Berufungswerber hat gemäß §64 VStG, BGBl Nr 52/1991, S 400,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens dem Land NÖ binnen 2 Wochen ab Zustellung dieses Bescheides zu zahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist sind der Strafbetrag und die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu zahlen (§59 Abs2 AVG).

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 29.12.1992, Zl 3-****-91, wurde über Herrn R******* R****** in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma R******* R****** GesmbH, wegen dreier Übertretungen nach der AAV in Verbindung mit dem AnschG eine Geldstrafe in der Höhe von insgesamt S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe im Nichteinbringungsfalle insgesamt 48 Stunden) verhängt.

 

Angelastet wurde ihm,

1.

die Rechtsvorschrift des §86 Abs1 AAV verletzt zu haben, da für die beiden Arbeitnehmer keine - wie vom Gesetz vorgesehen und normiert -  Kästen  vorhanden waren,

2.

für die Arbeitnehmer keine Einrichtung für das Wärmen mitgebrachter Speisen zur Verfügung gestellt zuhaben somit der Bestimmung des §87 Abs1 AAV zuwidergehandelt wurde und daß

3.

für die Arbeitnehmer kein Waschwasser zur Verfügung stand, wie dies in §84 Abs1 AAV gesetzlich vorgeschrieben ist.

 

Dadurch seien die Geldstrafen in der Höhe von insgesamt S 2.000,-- gemäß der Bestimmung des §31 Abs2 litp AnschG zu verhängen gewesen.

 

Gegen diesen Bescheid erhebt der Beschuldigte fristgerecht Berufung, in der ausgeführt wird, daß sowohl ein entsprechender Kasten als auch Waschwasser zur Verfügung steht und hinsichtlich des Punktes 2 des Straferkenntnisses keine Einrichtung für das Wärmen mitgebrachter Speisen vorhanden ist, da in Anbetracht des Umstandes, daß es sich um einen Familienbetrieb handle, kein Bedarf für die Benützung eines Kochers gegeben ist. Weil keine Speisen in das Geschäft mitgebracht würden, werde auch in Zukunft kein Kocher aufgestellt.

Auch als Familienbetrieb  sei man bereit, das Arbeitnehmerschutzgesetz zu achten, fühle sich jedoch trotzdem zu Unrecht bestraft.

 

In einem ergänzenden Vorbringen zu seiner Berufung hält der Rechtsmittelwerber seine Argumentation vollinhaltlich  aufrecht und verzichtete  auf die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

Das am Verfahren mitbeteiligte Arbeitsinspektorat hielt nach Kenntnis des Vorbringens in der Berufung den gestellten Strafantrag vollinhaltlich aufrecht und verzichtete gleichfalls auf die Durchführung einer öffentlichen  mündlichen Verhandlung.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat dazu rechtlich erwogen wir folgt:

 

Vorweg wird folgender Sachverhalt festgestellt:

Die in den Punkten 1 - 3 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft xx angelasteten  Verwaltungsübertretungen werden als erwiesen angesehen.

Hinsichtlich des Punktes 1 verweist der Einschreiter - wie aus dem Akt ersichtlich  - darauf, daß in seinem Geschäft sich ein vom Tischler eingebauter Kleiderschrank mit einer ausreichenden Zahl von Kleiderhaken befindet. In vorliegender Berufung begnügt er sich hinsichtlich dieses angelasteten Sachverhalts mit der lapidaren und nicht näher konkretisierten Feststellung, daß ein Kasten zur Verfügung steht. Näheres Vorbringen, bzw allfällige Beweisanbote oder Eingehen auf die Vorhalte seitens der meldungslegenden Behörde erfolgte nicht und hat der Rechtsmittelwerber im Rahmen seiner ihn treffenden Mitwirkungspflicht nicht dartun können, daß die Angaben des Arbeitsinspektorates nicht der Wahrheit entsprechen.

 

Hinsichtlich des Punktes 2 gesteht der Täter das Nichtvorhandensein zu und führt ergänzend dazu aus, daß er auch nicht gewillt sei, in Zukunft den gesetzmäßigen Zustand herzustellen.

 

Punkt 3 des Straferkenntnisses wird essentiell nicht näher bestritten.

Schon im Einspruch zur Strafverfügung wird ausgeführt, daß man sich mit dem Gedanken nicht anfreunden könne, im Geschäft eine Waschschüssel zu benützen. In vorliegender Berufung wurde auch hinsichtlich dieses Punktes 3 keine nähere Behauptung darüber aufgestellt, daß entweder im Zeitpunkt der Anzeige ein gesetzmäßiger Zustand vorlag bzw daß dieser in der Zwischenzeit wiederhergestellt wurde.

Da dieses Vorbringen hinsichtlich der Punkte 1 und 3 des bekämpften Straferkenntnisses nur als reine Schutzbehauptung zu werten ist, und im übrigen Punkt 2 der Richtigkeit nach nicht bestritten wurde, war der angelastete Sachverhalt als erwiesen anzusehen.

 

In der Sache selbst kommt der Berufung keine Berechtigung zu:

 

Gemäß §86 Abs1 AAV ist jedem Arbeitnehmer zur Aufbewahrung und Sicherung gegen Wegnahme seiner Straßen- und Arbeitskleidung ein ausreichend großer, luftiger und versperrbarer Garderobekasten zur Verfügung zu stellen.

 

Die Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung kennt in diesem Zusammenhang keinen Unterschied zwischen Familienangehörigen bzw guten Bekannten und fremden Personen.

Zweck dieser zwingenden Bestimmung des §86 Abs1 AAV ist es, die Kleidung gegen Einwirkungen, wie Nässe, Staub, Rauch, Dämpfe oder Gerüche zu schützen.

 

Jeder im Betrieb Beschäftigte soll in die Lage versetzt werden, die ihm gehörigen Gegenstände, Kleidung und Wertsachen vor dem Zugriff anderer Personen zu schützen (VwGH 8.9.1964, Zl 640/64). Somit entspricht der Dienstgeber der genannten Norm nur dann, wenn er jedem Dienstnehmer eine selbständiges und von ihm versperrbares Behältnis für dessen Kleidung zur Verfügung stellt (VwGH  7.10.1980, Zl 2608/67).

 

Nach der Bestimmung des §87 Abs1 AAV müssen unter anderem Arbeitnehmern Einrichtungen für das Wärmen mitgebrachter Speisen zur Verfügung stehen.

Dabei ist es einerseits unerheblich, ob diese Wärmeeinrichtung in der Praxis tatsächlich verwendet wird, und ob es sich um Familienangehörige, denen Dienstnehmereigenschaft zukommt, handelt. Diese zwingende, vom Parteienwillen nicht umgehbare Bestimmung richtet sich an den Arbeitgeber als Adressaten im Arbeitnehmerschutzrecht.

Von dieser Verpflichtung könnte der Dienstgeber nur dann befreit sein, wenn eine Ausnahmegenehmigung im Sinne des §97 AAV vorliegt, was im gegenständlichen Fall jedoch nicht zum Tragen kommt.

 

Gemäß §84 Abs1 AAV muß in jedem Betrieb Vorsorge getroffen sein, daß einwandfreies Waschwasser zur Verfügung steht, das in hygienischer Hinsicht den an Trinkwasser zu stellenden Forderungen möglichst nahekommt. Um diesem gesetzlichen Erfordernis nachzukommen bedarf es nicht unbedingt eines eigenen Wasseranschlusses im Betrieb, sondern können für diesen Zweck auch Vorratsbehälter entsprechender Größe verwendet werden.

 

Das Vorbringen, es gebe im gesamten Bereich der S** eine genügende Anzahl von Waschräumen, enthebt den Beschuldigten nicht von seiner Verpflichtung nach §84 Abs1 AAV.

 

Nur im Falle einer gemäß §97 AAV erteilten behördlichen Ausnahme ist der Verweis auf andere, außerhalb des betroffenen Betriebes befindlichen Waschgelegenheiten von rechtlicher Relevanz.

 

In gegenständlichem Verfahren wurde eine im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens liegende Geldstrafe verhängt, die sowohl tat- und schuldangemessen und persönlichkeitsadäquat ist. Da die vorliegenden Verwandtschaftsverhältnisse bei der Strafhöhe schon seitens der Erstinstanz im ausreichenden Maße berücksichtigt wurden, und im vorliegendem Fall von der Schuldform der Fahrlässigkeit auszugehen ist, ist die Strafe ihrer Höhe nach geeignet, den Täter in Zukunft von der Setzung gleichgelagerter Verhaltensweisen abzuhalten, wobei zusätzlich ein generalpräventiver Zweck erfüllt wird.

 

Von der Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß §51e Abs3 abgesehen werden.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die im Spruch angeführten Gesetzesstellen, danach ist der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens für das Berufungsverfahren mit 20% der verhängten Strafe zu bemessen.

 

Der Berufungswerber hat daher insgesamt folgende Beträge zu entrichten:

 

1. verhängte  Geldstrafe                          S 2.000,--

 

2. Kostenbeitrag für das Verfahren I. Instanz     S   200,--

 

3. Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens  S   400,--

                                    ________________________

 

                                    Gesamtbetrag  S 2.600,--

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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