TE UVS Stmk 1993/07/22 30.2-41/93

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Veröffentlicht am 22.07.1993
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat über die Berufung des Herrn P. H., gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 3.2.1993, GZ.: A3 - K - St 384/1991 - 6, wegen Übertretung des Schulpflichtgesetzes 1985, BGBl. Nr. 76 i.d.g.F., nach durchgeführter öffentlicher, mündlicher Verhandlung vom 22.7.1993 wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung hinsichtlich des Schuldausspruches keine Folge gegeben, gemäß § 21 VStG wird jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen.

Text

Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, Übertretungen des § 24 Abs 4 in Verbindung mit § 24 Abs 1 des Schulpflichtgesetzes 1985 BGBl. Nr. 76 i.d.g.F. begangen zu haben.

Hiefür wurde eine Geldstrafe von S 500,-- (1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt und als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens ein Betrag von S 50,-- vorgeschrieben. In seiner rechtzeitigen Berufung brachte der Berufungswerber im wesentlichen vor, daß eine Verletzung der Schulpflicht gegenüber seinem Sohn nicht gegeben sein könne, da für das Schuljahr 1991/92 der Nachweis erbracht werden könne, daß sein Sohn für diesen Zeitraum der Schulpflicht nachgekommen sei. Bei der mündlichen Verhandlung brachte der Berufungswerber weiters vor, daß er auf Anraten der Schulpsychologin, Frau Dr. T., seinen Sohn P. aus der Schule für das Schuljahr 1990/91 herausnehmen habe wollen. Er habe daraufhin seinen Sohn aus der Volksschule K. herausgenommen und ihn häuslich unterrichtet. Dieser häusliche Unterricht sei ihm mit Bescheid des Bezirksschulrates bewilligt worden. Weiters gab er an, daß er am 14.9.1990 beim Bezirksschulrat, Herrn J. L., vorgesprochen habe. Dieses Gespräch sei aufgrund der Aussage der Schulpsychologin Dr. T. erfolgt, die ihm angeraten habe, seinen Sohn P. ein Schuljahr überhaupt aussetzen zu lassen. Er habe dies dem Bezirksschulinspektor mitgeteilt, jedoch sei der Genannte auf seine Bedenken und auch auf die Bedenken der Schulpsychologin nicht eingegangen. Er habe damals jedenfalls nicht beabsichtigt und auch gar nicht angestrebt, daß er für das Schuljahr 1990/91 eine Bewilligung zur Erteilung des häuslichen Unterrichtes erhalte. Vielmehr habe er im Hinblick auf den Rat der genannten Schulpsychologin seinen Sohn vom Schuljahr 1990/91 überhaupt befreien wollen. Für die Erteilung des häuslichen Unterrichtes betreffend das Schuljahr 1991/92 habe er offensichtlich aufgrund der Verkennung der gesetzlichen Lage kein Ansuchen gestellt. Er habe seinen Sohn jedoch in diesem Schuljahr häuslich unterrichtet. Der Nachweis über den häuslichen Unterricht im Sinne des § 11 Abs 4 des Schulpflichtgesetzes stelle  das Zeugnis vom 12.2.1993 dar. Ein Ansuchen zur Erteilung des häuslichen Unterrichtes für das Schuljahr 1991/92 sei von ihm überhaupt nicht gestellt worden. Sein Sohn P. besuche seit dem Schuljahr 1992/93 regulär die Hauptschule in G.-E. Die Prüfungen für das Schuljahr 1991/92, laut vorgelegtem Externistenprüfungszeugnis vom 12.2.1993 wurden im Jahre 1992 abgelegt.

Auf Grund des Ermittlungsverfahrens und dem Akteninhalt wird festgestellt, daß der Berufungswerber aufgrund seines Ansuchens vom 10.9.1990 mit Schreiben des Bezirksschulrates vom 14.9.1990 die Bewilligung erhielt, seinen Sohn P. häuslich zu unterrichten. Am Ende des Schuljahres 1990/91 wurde der Berufungswerber in der Folge ersucht, einen Nachweis im Sinne des § 11 Abs 4 des Schulpflichtgesetzes zu erbringen. Dieser Nachweis wurde vom Berufungswerber nicht erbracht. Ein Ansuchen um Befreiung von der allgemeinen Schulpflicht im Sinne des § 15 des Schulpflichtgesetzes wurde vom Berufungswerber nicht eingebracht.

Der Berufungswerber war zum damaligen Zeitpunkt der irrigen Meinung, sein Sohn sei - insbesondere im Hinblick auf den Rat der Schulpsychologin - von der Teilnahme am Schuljahr 1990/91 überhaupt befreit. Aus diesem Grunde hatte er auch kein Ansuchen für die Erteilung des häuslichen Unterrichtes für das Schuljahr 1991/92 gestellt. Wie der Berufungswerber durchaus glaubwürdig angab, wäre die ganze Angelegenheit nicht zustande gekommen, wäre er hinsichtlich der weiteren Vorgangsweise über sein Ersuchen entsprechend aufgeklärt worden.

Gemäß § 24 Abs 1 des Schulpflichtgesetzes 1985 sind die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten verpflichtet, für die Erfüllung der Schulpflicht, insbesondere für den regelmäßigen Schulbesuch und die Einhaltung der Schulordnung durch den Schüler bzw. in den Fällen der §§ 11, 13 und 22 Abs 4 für die Ablegung der dort vorgesehenen Prüfungen zu sorgen. Gemäß § 24 Abs 4 leg. cit. stellt die Nichterfüllung der in den Absätzen 1 bis 3 angeführten Pflichten eine Verwaltungsübertretung dar und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis S 3.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 2 Wochen, zu bestrafen.

Gemäß § 11 Abs 1 des Schulpflichtgesetzes 1985 kann die allgemeine Schulpflicht unbeschadet des § 12 auch durch die Teilnahme am Unterricht an einer privaten Schule ohne Öffentlichkeitsrecht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 im genannten Schuljahr mindestens gleichwertig ist. Gemäß Abs 2 kann die allgemeine Schulpflicht ferner durch die Teilnahme an häuslichem Unterricht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer in § 5 genannten Schule - ausgenommen dem Polytechnischen Lehrgang - mindestens gleichwertig ist. Gemäß Abs 3 haben die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten die Teilnahme ihres Kindes an einem in Abs 1 oder 2 genannten Unterricht dem Bezirksschulrat jeweils vor Beginn des Schuljahres anzuzeigen. Der Bezirksschulrat kann die Teilnahme an einem solchen Unterricht innerhalb eines Monates ab dem Einlangen der Anzeige untersagen, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, daß die in Abs 1 oder 2 geforderte Gleichwertigkeit des Unterrichtes nicht gegeben ist. Gemäß Abs 4 leg. cit. ist der zureichende Erfolg eines im Abs 1 oder 2 genannten Unterrichtes jährlich vor Schulschluß durch eine  Prüfung an einer in § 5 genannten entsprechenden Schule nachzuweisen, soweit auch die Schüler dieser Schulen am Ende des Schuljahres beurteilt werden. Wird ein solcher Nachweis nicht erbracht, so hat der Bezirksschulrat anzuordnen, daß das Kind seine Schulpflicht im Sinne des § 5 zu erfüllen hat. Gegen die Entscheidung des Bezirksschulrates ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. Wie das Verfahren ergeben hat, wurde dem Berufungswerber mit Schreiben vom 14.9.1990 gemäß § 11 Abs 4 des Schulpflichtgesetzes 1985 BGBl. Nr. 76/1985 für das Schuljahr 1990/91 die Bewilligung erteilt, seinem Sohn P. H. häuslichen Unterricht zuteil werden zu lassen. Bei einer persönlichen Vorsprache wurde vom Berufungswerber beim Bezirksschulrat Graz bekanntgegeben, daß über Anraten der Schulpsychologin sein Sohn P. das Schuljahr überhaupt aussetzen sollte. Dies wurde vom Berufungswerber mit Schreiben an den Bezirksschulrat Graz vom 11.10.1991 mitgeteilt. Auf Grund der durchaus glaubwürdigen Angaben des Berufungswerbers ist davon auszugehen, daß der Genannte insbesondere im Hinblick auf den Rat der Schulpsychologin beabsichtigt hatte, seinen Sohn vom Schuljahr 1990/91 überhaupt zu befreien. Er beabsichtigte im Zuge des Gespräches mit dem Bezirksschulrat, Herrn J. L., auch nicht, für seinen Sohn eine Bewilligung zur Erteilung des häuslichen Unterrichtes für das fragliche Schuljahr zu erhalten. Auf Grund der Mitteilung des Berufungswerbers vom 11.10.1991 an den Bezirksschulrat war der Berufungswerber in weiterer Folge offensichtlich der irrigen Ansicht, keine weiteren Schritte, insbesondere hinsichtlich einer eventuellen Befreiung seines Sohnes von der allgemeinen Schulpflicht im Sinne des § 15 des Schulpflichtgesetzes durchführen zu müssen. Wie auch seitens der Vertreterin der belangten Behörde bei der mündlichen Verhandlung ausdrücklich festgehalten, befand sich der Berufungswerber in einem diesbezüglichen Irrtum, da er offensichtlich der Meinung gewesen war, daß ein Fernbleiben seines Sohnes von der allgemeinen Schulpflicht formlos vorgenommen werden könne. Aus diesem Grunde wurde vom Berufungswerber auch kein Ansuchen gestellt, seinen Sohn im Schuljahr 1991/92 im Sinne des § 11 Abs 2 des Schulpflichtgesetzes häuslich unterrichten zu können.

Die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht für das Jahr 1991/92 durch die Teilnahme seines Sohnes am häuslichen Unterricht, gemäß § 11 Abs 2 des Schulpflichtgesetzes erfolgte somit ohne erforderliche Bewilligung. Desgleichen war sein Sohn für das Schuljahr 1990/91 vom Schulbesuch weder gemäß § 14  Schulpflichtgesetz zurückgestellt noch gemäß § 15 des Schulpflichtgesetzes befreit.

Gemäß § 5 Abs 2 VStG entschuldigt die Unkenntnis von Verwaltungsvorschriften, der der Täter zuwidergehandelt hat nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Die Unkenntnis eines Gesetzes kann nur dann unverschuldet angesehen werden, wenn jemand die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Selbst guter Glaube kann einen Schuldausschließungsgrund dann nicht herstellen, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der zuständigen Behörde anzufragen. Im vorliegenden Fall ist insbesondere auch im Hinblick auf die vom Berufungswerber mit der Schulbehörde geführte Korrespondenz nicht von einem Schuldausschließungsgrund im Sinne obiger Ausführungen auszugehen, sind ihm zumindest doch Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Handelns bekannt gewesen bzw. hätten ihm bei erforderlicher Sorgfalt zumindest bewußt werden müssen. Es ist daher im vorliegenden Fall von einem Verschulden des Berufungswerbers auszugehen, wobei dieses jedoch aufgrund besonderer Gegebenheiten - wie oben dargestellt - als geringfügig anzusehen ist. Da auch die Folgen der Übertretung letztlich unbedeutend sind, konnte unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden.

Auf Grund all dieser Erwägungen war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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