TE UVS Niederösterreich 1993/08/30 Senat-KR-92-025

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Veröffentlicht am 30.08.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 AVG, BGBl Nr 51/1991, iVm §31 Abs1 VStG, BGBl Nr 52/1991 Folge gegeben und der erstinstanzliche wegen Verfolgungsverjährung Bescheid behoben.

 

Gemäß §45 Abs1 Z2 VStG wird die Einstellung des Verfahrens verfügt.

Text

Aufgrund einer Privatanzeige aus Anlaß mehrerer grober Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung und der daraufhin durchgeführten Erhebungen der Gendarmerie des Postens P******* war der Beschuldigte verdächtig, am 30.1.1991 in der Zeit zwischen 19,00 und 20,00 Uhr einen dem Kennzeichen nach näher bezeichneten PKW auf der B * von B************* über W****-I********, P*********, W***** bis nach R******** zum Gasthaus K*** in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. Der am Gendarmerieposten P******* um 21,11 und 21,13 Uhr durchgeführte Alkomattest war positiv (1,19 und 1,22 mg/l).

 

Dieser Sachverhalt wurde am 1.2.1991 vom Gendarmerieposten P******* der Bezirkshauptmannschaft xx angezeigt.

 

Mit Ladungsbescheid vom 18.4.1991 wurde dem Angezeigten zur Last gelegt:

 

"Angaben zur Tat:

Zeit:                 30.01.1991 - 20,20

Ort:                  R********

                      Gemeindestraße vor dem Haus Nr **

Fahrzeug:             PKW - ** ***I

 

Begangene Tat und dadurch übertretene Verwaltungsvorschrift:

 

Das Fahrzeug gelenkt, obwohl Sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden haben.

 

Übertretung gemäß §99 Abs1 lita, §5 Abs1 StVO 1960"

 

Gleichzeitig wurde er unter Androhung der Rechtsfolgen des §41 Abs3 VStG aufgefordert, am 13.5.1991 um 09,00 Uhr auf der Bezirkshauptmannschaft xx zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen.

 

Der Beschuldigte ist zum Ladungstermin in Begleitung seines Rechtsfreundes erschienen und hat den festgestellten Alkoholwert mit geringem Alkoholkonsum während mehrerer Fahrtunterbrechungen und mit einem Nachtrunk von 5 Flaschen Bier im Gasthaus K*** in R******** in der Zeit von ca 30 bis max 60 Minuten (Trinkende unmittelbar vor Eintreffen der Gendarmeriebeamten) zu erklären versucht und dafür mehrere Zeugen angeboten. Diese wurden im Rechtshilfeweg (Marktgemeinde S****, BH xy, Marktgemeinde K**********, BH xz, Marktgemeinde P*******, BH xxx) gehört. Danach wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt und abschließend Parteiengehör gewährt.

 

Die Bezirkshauptmannschaft xx hat den Beschuldigten mit Straferkenntnis vom 13.5.1992 wegen der Übertretung nach §99 Abs1 lita iVm §5 Abs1 StVO 1960 mit S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 336 Stunden) bestraft. Sie hat als

Tatzeit 30.1.1991 gegen 19,21 Uhr und als

Tatort Gemeindegebiet W****-I******** auf der B * bei

       Strkm  175.138 und weiter auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nach R********

 

angegeben.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung.

Der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte rügt, daß das Erhebungsergebnis (Zeugenaussagen) nicht berücksichtigt wurde und daß sich die Entscheidung ausschließlich auf die Aussagen des Beschuldigten bei dessen erster Befragung durch die Gendarmerie stützt und begehrt wegen dieses Verfahrensmangels die Einstellung des Verfahrens.

 

Die Bezirkshauptmannschaft xx hat den Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ als Berufungsbehörde zur Entscheidung vorgelegt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat, ausgehend vom Spruch des Straferkenntnisses, der wesentlich von der Formulierung der angelasteten Verwaltungsübertretung im Ladungsbescheid abweicht, das Vorliegen einer fristgerechten Verfolgungshandlung nachgeprüft und die Behörde erster Instanz eingeladen, dazu Stellung zu nehmen. Diese hat dabei in Interpretation eines Erkenntnisses des VwGH die Weiterleitung des Aktes an den Amtsarzt im Hause mit dem Auftrag zur gutächtlichen Stellungnahme als Verfolgungshandlung angesehen, weiters jene Beschuldigteneinvernahme bei der das Ausmaß des Nachtrunkes und die Zeugen dafür ausschließlich Verhandlungsgegenstand war.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Gemäß §31 Abs1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§32 Abs2) vorgenommen worden ist. Die Verjährungsfrist beträgt gemäß §31 Abs2 VStG - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen abgesehen - sechs Monate und ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt. Nach §32 Abs2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigte gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u dgl), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

 

Bei der Umschreibung der für eine Verfolgungshandlung wesentlichen Kriterien in der zuletzt zitierten Gesetzesstelle wird auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten abgestellt, der eine konkrete strafbare Handlung oder Unterlassung anzulasten ist, ferner auf eine bestimmte Tatzeit, den ausrechend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinne des §44a Z2 VStG (siehe dazu die Erkenntnisse verstärkter Senate vom 16. Jänner 1987, Zl 86/18/0073, und vom selben Tag, Zl 86/18/0077).

 

Die Verfolgungshandlung gegen einen Beschuldigten muß daher das ihm zur Last gelegte Handeln - im Falle des Unterlassens durch Beschreibung jener Handlung, die er hätte setzen müssen und nach Auffassung der Behörde rechtswidrigerweise nicht gesetzt hat - unter Berücksichtigung sämtlicher gemäß §44a Z1 VStG im Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmenden Tatbestandselemente der verletzten Verwaltungsvorschrift gemäß §44a Z2 VStG näher konkretisieren und individualisieren.

 

Für die Einholung des medizinischen Sachverständigengutachtens hat sich die Behörde eines "Amtsarztes im Hause" bedient, sie hat dazu nicht die erforderliche nach außen gerichtete Verfolgungshandlung gesetzt, gerade darauf verweist aber das zitierte Erkenntnis des VwGH vom 22.4.1981, 2605/79. Dem Beschuldigten wurde mit dem Ladungsbescheid und in den Rechtshilfeersuchen bei den Zeugeneinvernahmen hinsichtlich Tatort und Tatzeit eine andere Verwaltungsübertretung als im Straferkenntnis zur Last gelegt. Die falsche Tatanlastung wurde erst aufgrund des Ermittlungsergebnisses nach Ablauf der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungszeit berichtigt. Ausschließlich der Vorhalt der Anzeige, in der die Tat hinsichtlich aller, der späteren Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente eindeutig umschrieben ist, verbunden mit der Aufforderung zur Rechtfertigung bzw zur wahrheitsgetreuen Zeugenaussage vor der (ersuchten) Behörde hätte eine die Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung im Sinne des §32 Abs2 VStG dargestellt.

 

Weil es in dem zur Entscheidung vorgelegten Verfahren, wie ausführlich dargelegt, an einer fristgerechten Verfolgungshandlung mangelt, war ohne Eingehen auf das Berufungsvorbringen wie im Spruche zu erkennen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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