TE UVS Stmk 1993/09/03 30.11-148/93

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Veröffentlicht am 03.09.1993
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch sein Einzelmitglied

Dr. Gerhard Wittmann über die Berufung des Herrn H.-P. K., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen, Politische Expositur Bad Aussee, vom 9.3.1993, GZ.: 15.1 1992/20, wegen des Verdachtes einer Übertretung nach dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG), wie folgt entschieden:

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG insofern eingestellt, als dem Berufungswerber vorgeworfen wurde der Verfahrensanordnung vom 2.10.1992 nicht entsprochen zu haben.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen, Politische Expositur Bad Aussee vom 9.3.1993, GZ.:

15.1 1992/20 wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe es als Zulassungsbesitzer des PKWs mit dem amtlichen Kennzeichen BA 4 GDA unterlassen, der Verfahrensanordnung vom 2.10.1992 nachzukommen, worin ihm aufgetragen worden sei, binnen zwei Wochen der Behörde nähere, überprüfbare Umstände über die Existenz und den angeblichen Aufenthalt jener Person, die sein Fahrzeug am 16.7.1992 von 22.20 Uhr bis 23.45 Uhr in

B A, Chplatz 2, in Richtung Hauptplatz gelenkt haben soll, zur Tatzeit in Österreich bekanntzugeben. Dadurch habe der Berufungswerber eine Verwaltungsübertretung gemäß § 103 Abs 2

2. Satz KFG begangen und wurde über ihn gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe von S 500,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 1 Tag Ersatzarrest) verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis brachte der Berufungswerber fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung ein und führte im wesentlichen aus, daß er der Behörde fristgerecht den Namen, das Geburtsdatum und die Anschrift der Person bekanntgegeben habe, welche am 16.7.1992 sein Fahrzeug im Halteverbot abgestellt habe. Auf die Verfahrensanordnung vom 2.10.1992 hin habe er der Behörde fristgerecht mitgeteilt, daß er seiner Auskunftspflicht bereits nachgekommen sei.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:

Da in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurde, konnte von der Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung gemäß § 51e VStG abgesehen werden, zumal eine solche in der Berufung auch nicht ausdrücklich verlangt wurde.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Liezen, Politische Expositur Bad Aussee, vom 15.9.1992 wurde der Berufungswerber als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen BA 4 GDA aufgefordert, der Behörde darüber Auskunft zu erteilen, wer dieses Fahrzeug am 16.7.1992, von 22.20 Uhr bis 23.45 Uhr in Bad Aussee, Chlumeckyplatz 2 in Richtung Hauptplatz gelenkt hat. Die Lenkerauskunft wurde am 22.9.1992 beim Postamt Bad Aussee hinterlegt. Am 29.9.1992 langte der Vordruck über die Lenkerauskunft wieder bei der belangten Behörde ein. In der Lenkerauskunft gab der Berufungswerber an, daß das Fahrzeug zum relevanten Zeitpunkt von Frau M. D. P., wohnhaft in CC-J. O. E., CEBU, Philippinen, gelenkt wurde. Mit Schreiben vom 2.10.1992 forderte die belangte Behörde den Berufungswerber in einer Verfahrensanordnung auf, binnen 14 Tagen mittels eines Meldezettels den Nachweis zu erbringen, ob sich Frau M. D. P. auch tatsächlich zum Tatzeitpunkt in Bad Aussee aufgehalten habe. Desweiteren wurden vom Berufungswerber die Reisepaßdaten von Frau M. D. P. zur Überprüfung ihrer Identität angefordert. Auf dieses Schreiben antwortete der Berufungswerber mit Schreiben vom 14.10.1992 und gab bekannt, daß er seiner Auskunftspflicht gemäß § 103 Abs 2 KFG bereits nachgekommen sei und eine weitere Verpflichtung zur Auskunft nicht bestehe. Am 12.11.1992 erließ die belangte Behörde eine Strafverfügung und verhängte über den Berufungswerber wegen einer Übertretung gemäß § 103 Abs 2 2. Satz KFG eine Geldstrafe von S 500,--. Nachdem der Berufungswerber gegen diese Strafverfügung Einspruch erhob, erließ die belangte Behörde nach einer am 4.2.1993 durchgeführten Einvernahme des Berufungswerbers das bereits oben angeführte Straferkenntnis. Gemäß § 103 Abs 2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu nennen, die die Auskunft erteilen kann; diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Der Berufungswerber teilte der belangten Behörde auf ihr Verlangen hin mit, daß Frau M. D. P., wohnhaft in CC-J. O. E., CEBU, Philippinen, das auf ihn zugelassene Kraftfahrzeug zum fraglichen Zeitpunkt gelenkt hat. Damit ist er seiner Verpflichtung gemäß § 103 Abs 2 KFG nachgekommen. Bezeichnet der Berufungswerber als Entlastungszeugen eine Person, die sich ständig oder überwiegend im Ausland aufhält, muß die Behörde in einem Verwaltungsstrafverfahren jedenfalls den Versuch unternehmen, mit dieser Person - sofern nicht ein Rechtshilfeabkommen eine andere Vorgangsweise gebietet -  regelmäßig dadurch in Verbindung zu treten, daß sie an die namhaft gemachte Person ein Schreiben mit dem Ersuchen um schriftliche Stellungnahme richtet. Langt innerhalb angemessener Frist - aus welchen Gründen auch immer - eine Erklärung der betreffenden Person bei der Behörde nicht ein, so muß dieser Versuch als gescheitert angesehen werden und die Behörde hat dem Berufungswerber im Rahmen des Parteiengehörs Gelegenheit zu geben, entsprechend seiner erhöhten Mitwirkungspflicht den Entlastungsbeweis in anderer Weise - etwa in der Form, daß er selbst eine schriftliche Erklärung des Entlastungszeugen vorlegt oder, wenn es um die Lenkereigenschaft des Beschuldigten im Tatzeitraum geht, durch Glaubhaftmachung zumindest des Aufenthaltes dieser Person in Österreich zum fraglichen Zeitpunkt - zu erbringen (VwGH 30.10.1991, 91/03/0115; 2.9.1992, 92/02/0154). Gemäß § 45 Abs 1 Z 1 hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet. Die belangte Behörde hätte im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren von sich aus einen Versuch unternehmen müssen, mit der namhaftgemachten Entlastungszeugin Kontakt aufzunehmen. Dies ist nicht geschehen. Vielmehr hat die belangte Behörde in einer Verfahrensanordnung den Berufungswerber aufgefordert, von sich aus den Aufenthalt der Entlastungszeugin zum fraglichen Zeitpunkt unter Beweis zu stellen. Der Berufungswerber hatte im gegenständlichen Verfahren jedoch zunächst nur die Verpflichtung, bekanntzugeben, wer das Fahrzeug zum fraglichen Zeitpunkt gelenkt hat. Dieser Verpflichtung ist er vorerst nachgekommen. Die erhöhte Mitwirkungspflicht hätte nur dann bestanden, wenn die belangte Behörde ihrerseits einen Versuch unternommen hätte, mit der Entlastungszeugin in Kontakt zu treten und wenn dieser Versuch gescheitert wäre. Da dies nicht geschehen ist und die Verletzung von Verfahrensanordnungen nicht gesondert strafbar ist, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Verwaltungsübertretung gemäß § 103 Abs 2 KFG nicht als erwiesen angenommen werden. Die belangte Behörde kann jedoch weitere Erhebungen in einem fortgesetzen Verfahren durchführen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Verfahrensanordnung Mitwirkungspflicht
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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