TE UVS Stmk 1993/09/07 30.13-190/93

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Veröffentlicht am 07.09.1993
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Einzelmitglied Dr. Erwin Ganglbauer über die Berufung des Arbeitsinspektorates Graz vom 24. September 1992 gegen den Bescheid des Magistrates Graz vom 15. September 1992, GZ.: A 4 - St 251/1-1992/2010, wie folgt entschieden:

Die Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) abgewiesen

und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Am 6.2.1991 fand eine Überprüfung der Arbeitszeitsaufzeichnungen der Bezirksstelle L. des Ö. R. K. durch das Arbeitsinspektorat Graz statt. Dieses erstattete wegen des Verdachtes mehrerer Verstöße gegen die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes am 21.5.1991 Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz. Mit Rechtshilfeersuchen vom 13.6.1991 der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz an den Magistrat Graz wurde behördlicherseits erstmalig der Verdacht geäußert, daß für die angezeigten Übertretungen Dr. R. G. verantwortlich sei. Diese Vorwürfe wurden Dr. R. G. mit Ladungsbescheid vom 26.6.1991 zur Kenntnis gebracht. Ihm wurde zur Last gelegt, er sei als Obmann des Ö. R. K., Landesverbandes Steiermark und damit als gemäß § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener für folgende Überschreitungen des Arbeitszeitgesetzes verantwortlich:

A.) die Höchstgrenze der zulässigen Tagesarbeitszeit von 12 Stunden wurde bei folgenden Arbeitnehmern überschritten:

1.) G. L. arbeitete am 19.12.1990 von 08.00 Uhr - 20.00 Uhr und am 20.12.1990 von 03.10 Uhr bis 04.00 Uhr sowie von 08.00 Uhr bis 20.00 Uhr,

2.) K. P. arbeitete am 4.12.1990 von 00.30 Uhr bis 20.00 Uhr, am 6.12.1990 von 01.50 Uhr bis 20.00 Uhr, am 7.12.1990 von 06.15 Uhr bis 20.00 Uhr und am 31.12.1990 von 08.00 Uhr bis

22.30 Uhr, 3.) B. F. arbeitete am 6.12.1990 von 07.00 Uhr bis 22.30 Uhr, B.) der Arbeitnehmer K. P. überschritt die zulässige Wochenarbeitszeit von 60 Stunden in der Woche vom 1.12.1990 bis 7.12.1990, und zwar betrug sie laut Aufzeichnungen 84 Stunden,

C.) für den Arbeitnehmer K. P. betrug die erforderliche ununterbrochene Ruhezeit nach Beendigung der Tagesarbeitszeit, welche durch Kollektivvertrag zugelassen wurde und für männliche Arbeitnehmer mindestens 10 Stunden betragen muß, in der Zeit von Montag, dem 3.12.1990 um 20.00 Uhr bis Dienstag, dem 4.12.1990 00.30 Uhr nur 4 Stunden 30 Minuten, von Mittwoch, dem 5.12.1990 um 20.00 Uhr bis Donnertag, dem 6.12.1990 um 01.50 Uhr nur 5 Stunden 50 Minuten und von Montag, dem 31.12.1990 um 22.30 Uhr bis Dienstag, dem 1.1.1991 06.00 Uhr nur 7 Stunden 30 Minuten. Es seien daher betreffend A 1 bis A 3 die Bestimmungen der §§ 5 Abs 1 und 28 Abs 1 AZG, BGBl. Nr. 461/69 i.d.g.F., betreffend Punkt B die §§ 5 Abs 1 und 28 Abs 1 AZG und betreffend Punkt,

C) § 12 Abs 1 und 28 Abs 1 AZG verletzt worden. Dr. R. G.

rechtfertigte sich damit, daß die Verantwortung für die im übrigen nicht bestrittenen Verwaltungsübertretungen nicht ihn als Präsidenten des Ö. R. K., Landesverband Steiermark, sondern den Bezirkssekretär und Bezirksrettungskommandant J. R. zur Last gelegt werden müssen, welcher durch seine Bestellung als Bezirksrettungskommandant die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung übernommen habe. Mit Straferkenntnis des Magistrates Graz vom 15. September 1992, GZ. A 4 - St 251/1- 1992/2010, wurde in Anlehnung an die Auffassung des Herrn Dr. R. G. hinsichtlich der Punkte A 1(20.12.1990), A 2 (31.12.1990) sowie C das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt. Hinsichtlich der anderen vorgeworfenen Punkte wurde das Verfahren wegen Verfolgungsverjährung gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt. In der Berufung vom 24.9.1992 durch das Arbeitsinspektorat vertrat dieses die Auffassung, daß Dr. R. G.0 sehr wohl gemäß § 9 Abs 1 VStG verantwortlich sei, da J. R. keine Zustimmungserklärung gemäß § 9 Abs 4 VStG abgegeben habe. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat nach der am 7. September 1993 durchgeführten öffentlichen, mündlichen Verhandlung und nach Einvernahme des Zeugen J. R. erwogen:

Zur Vertretung des Landesverbandes Steiermark des Österreichischen Roten Kreuzes nach außen ist unbestrittenermaßen der Präsident Dr. R. G. befugt. Dr. G. ist seit über 40 Jahren in verschiedenen Funktionen ehrenamtlich für das Ö. R. K., Landesverband Steiermark, tätig und übt diese Funktion neben seinem Brotberuf als Rechtsanwalt aus. Er trägt unbestrittenermaßen die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung gemäß § 9 Abs 1 VStG. Fraglich war, ob hinsichtlich der Bezirksstelle Leibnitz des Ö. R. K., Landesverband Steiermark, die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung in Zusammenhang mit festgestellten Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes im Dezember 1990 beim Bezirksrettungskommandanten J. R. lag, ob dieser daher als verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs 2 letzter Satz VStG anzusehen ist und ob er dieser Bestellung nachweislich im Sinne des § 9 Abs 4 leg cit zugestimmt hat. J. R. wurde mit Dienstvertrag vom 1.4.1970 zum Bezirkssekretär der Bezirksstelle L. des Ö. R. K., Sektion Steiermark, bestellt und mit Wirkung vom 1.9.1977 zum Bezirksrettungskommandanten vom Präsidenten Dr.R. G. ernannt. Als solcher war er sowohl gegenüber dem Rettungspersonal als auch dem Verwaltungspersonal weisungsbefugt bzw. verpflichtet. Bei Dienstantritt im Jahr 1970 wurde er zur Einhaltung der Dienst- und Besoldungsordnung für Angestellte im Verwaltungsdienst des Ö. R. K., Landesverband Steiermark, verpflichtet. Die konkreten Aufgaben eines Bezirkssekretärs, seine dienstrechtliche Stellung in der Hierarchie sowie seine Weisungsrechte sind in diesem Schriftstück nicht erwähnt. Dies erfuhr er bei Dienstantritt aus dem Auszug eines Protokolls einer im Jahr 1963 oder 1965 stattgefunden habenden Vollzugsausschußsitzung des Landesverbandes Steiermark des Ö. R. K., welche in einer Sammelmappe in der Dienststelle aufgelegt war. Ebenfalls aufgelegt an der Dienststelle war ein Exemplar des Arbeitszeitgesetzes. Spezielle Schulungen betreffend den Arbeitnehmerschutz, insbesondere über die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes, erhielt Herr R. durch seinen Dienstgeber nicht. Er bildete sich jedoch aus Eigeninitiative in verschiedenen WIFI-Kursen über Belange des Arbeitnehmerschutzes fort, wobei allerdings die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes nur kursorisch gestreift wurden. In der Folge wurden die Verpflichtungen des Bezirksrettungskommandanten in verschiedenen ab 1977 herausgekommenen Dienstordnungen des Ö. R. K. definiert und präzisiert, wobei die zum Tatzeitpunkt und auch derzeit gültige Dienstordnung des Ö. R. K. vom 30.6.1989, beschlossen auf der 126. Arbeitsausschußsitzung, in Abschnitt C,

II. 3.), die Aufgaben des Bezirksrettungskommandanten wie folgt definiert:

3.) Bezirksrettungskommandant

Der Bezirksrettungskommandant wird, soweit die Satzungen eines Landesverbandes nichts anderes vorsehen, vom Präsidenten des Landesverbandes über Vorschlag der Bezirksstelle ernannt und abberufen und ist in der Regel mit dem Bezirkssekretär identisch. Er leitet unter Mitarbeit des im Abschnitt A, Absatz III/3 genannten Personenkreises den Dienstbetrieb des RKT im Bereich der Bezirksstelle, wobei ihm folgende Aufgaben obliegen:

-

Überwachung des laufenden Betriebes sowie Dienstaufsicht über

die Mitarbeiter der Dienststelle

-

Diensteinteilung

-

Überpüfung der Tätigkeit der Mitarbeiter

-

Überwachung der Ausrüstung der Sanitätseinsatzwagen

sowie der Dienststelle

-    Überwachung der Funktionstüchtigkeit, Pflege und Wartung

der Geräte sowie     Überwachung der Verkehrs- und Betriebssicherheit, Pflege und Wartung der Sanitätseinsatzwagen

-

Überwachung der hygienischen Maßnahmen

-

Erstellung der Alarmpläne der Bezirksstelle im Einvernehmen mit     dem Leiter der  Bezirksstelle und dem Landesrettungskommandanten

-

Aus- und Weiterbildung des Personals; eigene Fortbildung."

Daraus geht eindeutig hervor, daß J. R. als Bezirksrettungskommandant für die Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes auf der Bezirksstelle L. des Landesverbandes Steiermark des Ö. R. K. verantwortlich war, daß er den dort tätigen hauptberuflichen und ehrenamtlichen Mitarbeitern gegenüber weisungsbefugt war und daß es keinen Anlaß gibt, an seiner grundsätzlichen Eignung an der Erfüllung dieser Aufgaben zu zweifeln. Aus den vorliegenden Unterlagen geht aber ebenso hervor, daß J. R. einer verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung im Sinne des § 9 Abs 4 VStG niemals zugestimmt hat. Die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung für etwaige Verstöße gegen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes 1967 i.d.g.F. im Dezember 1990 trägt daher ganz allein der Präsident Dr. R. G. Im Verlauf der mündlichen Verhandlung am 7. September 1993 wurde von seiten des Berufungswerbers die Berufung vom 24. September 1992 dahingehend eingeschränkt, daß lediglich begehrt wurde, Dr. R. G. als gemäß § 9 Abs 1 VStG Verantwortlichen dafür zu bestrafen, daß G. L. am Mittwoch, dem 19.12.1990 von 08.00 Uhr bis 20.00 Uhr und am Donnerstag, dem 20.12.1990 von 03.10 Uhr bis 04.00 Uhr sowie von 08.00 Uhr bis 20.00 Uhr gearbeitet und die gemäß § 5 Abs 1 letzter Satz zulässige Tagesarbeitszeit von 12 Stunden überschritten habe.

Diesem eingeschränkten Begehren war aus folgendem Grund kein Erfolg beschieden:

G. L. ist hauptberuflicher Arbeitnehmer des Landesverbandes Steiermark des R. K. Es gilt für ihn folgender Schichtbetrieb innerhalb eines Rades von vier Wochen:

1.

Woche Dienst von 08.00 Uhr bis 20.00 Uhr

2.

Woche Dienst von 07.00 Uhr bis 19.00 Uhr

3.

Woche Dienst von 07.00 Uhr bis 17.00 Uhr

4.

Woche Dienst von 06.00 Uhr bis 12.00 Uhr; danach wieder von vorne.

In der Nacht ist die R.-stelle L. nur von ehrenamtlichen Mitarbeitern besetzt. Wenn diese kurzfristig absagen oder ausfallen, springt ein hauptberuflicher Arbeitnehmer des R. K. ein. Dies war in der 51. Lohnwoche des Jahres 1990, welche am Montag, dem 17.12. und am Sonntag, dem 23.12.1990 endete, der Fall. Hiezu werden ausschließlich Leute herangezogen, die in der betreffenden Woche den Turnus von 06.00 Uhr bis 12.00 Uhr haben. Sie beginnen ihren Nachtdienst um 20.00 Uhr bis zum nächsten Tag um 06.00 Uhr und haben darauffolgend 24 Stunden dienstfrei bis zum übernächsten Tag um 06.00 Uhr, an welchem der normale Dienstbetrieb wie vorgesehen weitergeht. Ein solcher Fall lag auch am 19. und 20.12.1990 vor. G. L. verrichtete an der Bezirksstelle Dienst am 19.12.1990 von 06.00 Uhr bis 12.00 Uhr und von 20.00 Uhr bis 06.00 Uhr morgens des 20.12.1990. In dem gemäß § 2 Abs 1 Z 2 AZG relevanten ununterbrochenen Zeitraumes von 24 Stunden vom 19.12.1990 - 06.00 Uhr bis zum 20.12.1990 - 06.00 Uhr betrug seine Tagesarbeitszeit somit 16 Stunden und überschritt daher die gemäß § 5 Abs 1 letzter Satz leg cit zulässige Tagesarbeitszeit von 12 Stunden beträchtlich. Die von G. L. tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten gehen aus der Aussage des Zeugen J. R. sowie aus dem von ihm in der Verhandlung zur Einsicht vorgelegten Dienstplan hervor. In der Anzeige vom 21. Mai 1991 durch das Arbeitsinspektorat Graz wurde offenbar einerseits die 51. und die 52. Lohnwoche 1990 verwechselt, andererseits nur die Zeit des tatsächlichen Einsatzes am 20. Dezember 1990 von 03.10 Uhr bis 04.00 Uhr zur Berechnung der Tagesarbeitszeit herangezogen. Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark ist es jedoch nicht ausreichend, wenn einem Beschuldigten Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz an zwei Kalendertagen (= Zeitraum 48 Stunden) vorgeworfen werden, die tatsächlich geleistete Arbeitszeit mit der geleisteten Arbeitszeit laut Tatvorwurf aber nur in geringem Ausmaß übereinstimmt. Im konkreten Fall trifft das gerade noch für die Zeit von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr am 19. Dezember 1990 und von 03.10 Uhr bis 04.00 Uhr am 20. Dezember 1990 zu, das ist ein Zeitraum von 4 Stunden 50 Minuten.

Inhalt des Arbeitszeitgesetzes ist die Dauer und die zeitliche Lagerung der Arbeitszeit. Es war daher das Verfahren einzustellen, weil Dr. R. G. die Tat, welche ihm vorgeworfen wurde, jedenfalls nicht begangen hat. Für die Tat, welche er tatsächlich zu verantworten hat, kann er nach fast drei Jahren wegen Verfolgungsverjährung gemäß § 31 Abs 2 VStG nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden.

Schlagworte
Tatzeit
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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