Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, hinsichtlich Teil 1) des bekämpften Bescheides Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis in diesem Punkt aufgehoben.
Gemäß §45 Abs1 Z3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, wird die Einstellung des Strafverfahrens in diesem Punkt verfügt.
Hinsichtlich Teil 2) des angefochtenen Straferkenntnisses wird der Berufung gemäß §66 Abs4 AVG iVm §21 Abs1 VStG dahingehend Folge gegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird. Bezüglich dieses Bescheidpunktes wird jedoch eine Ermahnung ausgesprochen.
Die Bezirkshauptmannschaft xx hat gegen Herrn D***** B******** das Straferkenntnis vom 16. Juli 1992, 3-*****-91, erlassen. Darin wird Herrn B******** als Lenker des KKW ** ***N zur Last gelegt, er habe am 22. November 1991 um 12,05 Uhr in S**P***** auf der M*********** Straße 7-11, Fahrtrichtung E*****platz
1.
bei einem Verkehrsunfall an der Feststellung des Sachverhaltes nicht mitgewirkt, obwohl sein Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand und
2.
nicht die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall mit Sachschaden ohne unnötigen Aufschub verständigt, obwohl sein Verhalten am Unfallsort mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand und ein gegenseitiger Identitätsnachweis von Name und Anschrift nicht erfolgte.
Aus diesem Grund hat die Bezirkshauptmannschaft folgende Verwaltungsstrafen ausgesprochen:
Zu 1) gemäß §4 Abs1 litc iVm §99 Abs2 lita
StVO 1960 S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden)
zu 2) gemäß §4 Abs5 iVm §99 Abs3 litb StVO 1960
S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden).
Gemäß §64 Abs2 VStG wurden noch an Kosten des Verfahrens der Bezirkshauptmannschaft 10 % der verhängten Geldstrafen, insgesamt somit S 400,-- vorgeschrieben.
Gegen diese Entscheidung hat der Beschuldigte rechtzeitig berufen. Dabei machte er geltend, daß er nach dem Verkehrsunfall wegen regen Verkehrsaufkommens den zweitbeteiligten Unfallslenker nicht wahrgenommen habe. Aus diesem Grund sei er zur Polizeiwachstube am R******platz gefahren und habe dem dortigen Polizeibeamten den Sachverhalt geschildert. Eine Anzeige habe er deshalb nicht erstattet, weil diese aufgrund des Gespräches mit dem Polizeibeamten als nicht besonders zielführend erschienen sei. Der Beschuldigte habe somit geglaubt, dem Gesetz zu genügen.
Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates für das Land NÖ als Berufungsbehörde ist dem Verwaltungsstrafakt 3-*****-91 der Bezirkshauptmannschaft xx zu entnehmen:
Laut der Anzeige der Bundespolizeidirektion xy vom 22. November 1991 wartete der nunmehrige Beschuldigte als Lenker des KKW ** ***N am 22. November 1991 gegen 12,05 Uhr verkehrsbedingt mit seinem Fahrzeug in **** S**P***** auf der M********** Straße 7-11, Fahrtrichtung E*****platz. Dabei übersah ein nachfolgender Fahrzeuglenker das angehaltene Fahrzeug und fuhr diesem auf, wobei an dem Fahrzeug des schuldtragenden Lenkers Sachschaden entstand. Da Herr D***** B******** als Unfallopfer jedoch seine Fahrt ohne Kontaktaufnahme mit dem Unfallgegner fortsetzte, verständigte der Unfalllenker die nächste Polizeidienststelle vom Vorfall.
Einer schriftlichen Stellungnahme des Herrn D***** B******** vom 29. Jänner 1992 ist weiters zu entnehmen, daß dieser sogleich nach dem Verkehrsunfall den Polizeiposten am R******platz kontaktierte. Aufgrund der Information des Beamten, daß es beinahe unmöglich sei, den schuldtragenden Fahrzeuglenker ohne Kenntnis der Autonummer auszuforschen, habe Herr B******** von einer Anzeige Abstand genommen.
Diese Darstellungen des nunmehrigen Beschuldigten finden in einer Stellungnahme der Bundespolizeidirektion xy, Wachzimmer R****** vom 29. Februar 1992, Rh ***/92, eine Bestätigung. Der damals diensthabende Beamte erklärt dazu, daß er zwar eine Anzeige habe entgegennehmen wollen, der nunmehrige Beschuldigte jedoch auf die Erstattung derselben verzichtet habe.
Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates für das Land NÖ als Berufungsbehörde war dazu zu erwägen:
Zu der unter Punkt 1) angelasteten Verwaltungsübertretung:
Obwohl Herr D***** B******** an dem Verkehrsunfall vom 22. November 1991 um 12,05 Uhr kein Verschulden hatte, galt er dennoch im Sinne des §4 Abs1 StVO 1960 als mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehender Unfallsbeteiligter.
Unfallsbeteiligte Personen haben dabei gemäß §4 Abs1 litc StVO 1960 an der Feststellung des Sachverhaltes an sich mitzuwirken.
Die Pflicht zur Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes reicht dabei aber nur so weit, als dies zur Feststellung von Sachverhaltselementen, insbesondere zur Sicherung von Spuren oder sonstiger konkreter Beweismittel erforderlich ist (VwGH 27.10.1977, 2002/76).
Im Hinblick auf die konkrete Sachlage und den klaren Umstand, daß den nunmehrigen Beschuldigten am gegenständlichen Verkehrsunfall keinerlei Verschulden traf, kann von einer derartigen Mitwirkungspflicht des Beschuldigten im gegenständlichen Fall nicht gesprochen werden, sodaß die angelastete Verwaltungsübertretung auch nicht gegeben erscheint.
Hinzu kommt, daß die Feststellung des Sachverhaltes je nach den Umständen des Einzelfalles bei der unter Punkt angelasteten Verwaltungsübertretung unterschiedliche Verhaltensweisen bedingt. Es bedarf daher für jeden Einzelfall der Konkretisierung nicht nur der Tatzeit oder des Tatortes, sondern auch hinsichtlich jenes Verhaltens, daß dem Beschuldigten als Nichtmitwirkung an der Ermittlung der dem Unfall charakterisierenden Sachverhaltselemente angelastet wird. Dem Spruch muß daher gemäß §44a VStG klar zu entnehmen sein, durch welche konkrete Tathandlung (oder Unterlassung) es der Beschuldigte unterlassen hat, an den Feststellungen des Sachverhaltes dadurch konkret mitzuwirken, daß er ein Sicherheitswacheorgan in die Lage versetzt hätte, ohne weitere Erhebungen Anzeige zu erstatten. Im gegenständlichen Bescheidspruch fehlt aber eine derartige Tatkonkretisierung zur Gänze, sodaß der Berufung schon aus diesem Grunde hinsichtlich dieses Bescheidpunktes ebenfalls Folge zu geben ist.
Aus diesem Grund ist das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich Bescheidpunkt 1) spruchgemäß zur Einstellung zu bringen.
Hinsichtlich der unter Punkt 2) angelasteten Verwaltungsübertretung war dagegen zu erwägen:
Gemäß §4 Abs5 StVO 1960 haben, wenn bei einem Verkehrsunfall wie im Gegenstand nur Sachschaden entstanden ist, die unfallbeteiligten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf nur dann unterbleiben, wenn die genannten Personen bzw jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.
Daß bei dem gegenständlichen Verkehrsunfall Sachschaden entstanden ist und daß ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift nicht erfolgt ist, wird von dem Beschuldigten im Gegenstand nicht bestritten.
Entgegen der Rechtsmeinung des Beschuldigten kann die Berufungsbehörde aber nicht finden, daß dieser der Meldepflicht gemäß §4 Abs5 StVO 1960 ordnungsgemäß entsprochen hätte:
Der Meldepflicht wird nur dann entsprochen, wenn der Inhalt der Verständigung den Polizeibeamten in die Lage versetzt, eine vollständige Meldung zu erstatten. Eine vollständige, ihren Zweck erfüllende Meldung ist aber nur möglich, wenn die Verständigung neben den Personalien des Beschädigers genaue Angaben über Unfallort, Unfallzeit, Beschädigendes und beschädigtes Objekt (Fahrzeug, Gartenzaun) unter anderem und Unfallursache enthält. Wird das Kennzeichen des beschädigten Fahrzeuges nicht angegeben, obwohl der Beschädiger in der Lage gewesen wäre, dieses abzulesen, dann ist die Meldung unvollständig und hat der Beschädiger seiner Meldepflicht nicht entsprochen. Durch dieses Verhalten wird das Tatbild des §4 Abs5 erfüllt.
In dieser Hinsicht wird vom Beschuldigten auch keineswegs bestritten, daß er im Gegenstand von einer Anzeige Abstand genommen hat, sodaß die angelastete Verwaltungsübertretung an sich als erwiesen anzusehen ist.
Dabei bleibt aber nach Ansicht der Berufungsbehörde im besonderen Maße zu berücksichtigen, daß es sich im Gegenstand beim Beschuldigten ja nicht um den Beschädiger, sondern um das schuldlose Unfallopfer handelt. - Zwar hat der Beschuldigte auch nach Ansicht der Berufungsbehörde der Verpflichtung nach §4 Abs5 StVO 1960 formal nicht entsprochen, es stellt sich jedoch die Frage, ob die Verhängung einer Verwaltungsstrafe im Gegenstand nicht unbillig wäre.
Gemäß §21 Abs1 VStG kann die Berufungsbehörde von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten wie im Gegenstand geringfügig scheint und die Folgen der Übertretung wie im Gegenstand unbedeutend sind.
Die Berufungsbehörde kann aber nicht umhin klarzustellen, daß der Beschuldigte dem Grunde nach eine Verwaltungsübertretung begangen hat, sodaß bei weiteren gleichartigen Fehlverhalten des Beschuldigten in Hinkunft wohl mit der Verhängung einer Geldstrafe vorzugehen wäre.
Vorerst kann jedoch nach Art des Vorfalles nach Ansicht der Berufungsbehörde mit dem Ausspruch einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden.
Es entfällt daher für den Beschuldigten sowohl die Bezahlung der Strafbeträge zu den Bescheidpunkten 1) und 2) in Höhe von ingesamt S 4.000,-- sowie der anteiligen Verfahrenskosten der Behörde I Instanz in Höhe von S 400,--, also des vorgeschriebenen Gesamtbetrages von S 4.400,-- zur Gänze.