TE UVS Niederösterreich 1993/09/15 Senat-AM-92-058

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Veröffentlicht am 15.09.1993
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Dazu VwGH vom 20.12.1993, Zl 93/02/0286, Behandlung der Beschwerde abgelehnt. Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, dahingehend Folge gegeben, als die verhängte Strafe von S 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) auf S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) herabgesetzt wird.

 

Der Berufungswerber hat gemäß §64 Abs1 und 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, statt S 80,--nunmehr S 50,-- als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens der Bezirkshauptmannschaft binnen 2 Wochen zu zahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist ist der Strafbetrag zu bezahlen (§59 Abs2 AVG).

Text

Die Bezirkshauptmannschaft xx hat gegen Herrn Dr H A das Straferkenntnis vom 25. Juni 1992, 3-****-91, erlassen. Herrn Dr A wird darin zur Last gelegt, er sei am 23. Juli 1991 um 09,00 Uhr als Lenker des PKW W ******* im Gemeindegebiet von Z******* auf der *autobahn bei km ***, Fahrtrichtung S*******, schneller als mit der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h gefahren. Aus diesem Grund hat die Bezirkshauptmannschaft gemäß §20 Abs2 iVm §99 Abs3 lita StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von S 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) ausgesprochen. Gemäß §64 Abs2 VStG wurden noch an Kosten des Verfahrens der Behörde erster Instanz 10 % der verhängten Geldstrafe, somit S 80,-- vorgeschrieben. Dabei begründet die Bezirkshauptmannschaft ihre Entscheidung damit, daß die Geschwindigkeitsüberschreitung aufgrund der Angaben der einschreitenden Gendarmeriebeamten als Meldungsleger erwiesen sei. -

Der Zivilstreifenwagen sei hinter dem Fahrzeug des Beschuldigten (und einem weiteren Fahrzeug) in einem gleichbleibenden Abstand auf einer Strecke von ca 1,5 bis 2 km nachgefahren. Vom geeichten Tachometer des Zivilstreifenwagens sei dabei eine Geschwindigkeit von 160 bis 165 km/h abgelesen worden.

 

Gegen diese Entscheidung hat der Beschuldigte rechtzeitig berufen. Er machte geltend, daß beim damals stark herrschenden Verkehr eine Überschreitung der höchstzulässigen Fahrgeschwindigkeit gar nicht möglich gewesen sei und beantragte die Durchführung eines Lokalaugenscheines an einem Wochentag zur Vorfallszeit während der Hauptreisezeit in den Schulferien. Daß der Beschuldigte nicht höher als mit der gesetzlich erlaubten Höchstgeschwindigkeit gefahren sei, könne der Mercedes-Fahrer, Kennzeichen LL .., welcher unmittelbar hinter dem Beschuldigten gefahren und ebenfalls angehalten worden sei, als Zeuge bestätigen. Weiters stelle der Beschuldigte in Frage, daß das verfolgende Zivilstreifenfahrzeug überhaupt einen geeichten Tachometer aufgewiesen habe, da das Fahrzeug nicht mit dem Kennzeichen BG **** unterwegs gewesen sei. - Ein im Verwaltungsstrafakt befindliches Schreiben des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 25. Februar 1992, GZ P *****/92 bestätige bloß eine geeichten Tachometer für das Fahrzeug BG ****. Schließlich sei das gegenständliche Gendarmeriefahrzeug mit demselben Reifensatz bereits mehr als 50.000 km gefahren, sodaß daher für die Messung ein Sicherheitsabzug von 25 % vorzunehmen sei. Zu diesem Vorbringen ist seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ in rechtlicher Hinsicht auszuführen:

 

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß das Nachfahren mit dem Dienstfahrzeug und das Ablesen des damit ausgestatteten Tachometers grundsätzlich ein taugliches und zulässiges Beweismittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit darstellt und bei entsprechendem Ausmaß der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung auch dem Umstand, daß der Tachometer des Dienstfahrzeuges nicht geeicht gewesen sei, keine Bedeutung zukommt (vgl VwGH 3. Juli 1986, Zl 86/02/0044).

 

Da im Gegenstand vom Beschuldigten nicht bestritten eine Nachfahrt auf einer Gesamtwegstrecke von ca 1,5 km in gleichbleibendem Abstand erfolgte, und dabei vom Tachometer des Dienstfahrzeuges eine Fahrgeschwindigkeit von wenigstens 160 km/h abgelesen werden konnte, erscheint die angelastete Verwaltungsübertretung auch nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates als erwiesen:

 

Der Rechtfertigung des Beschuldigten ist zwar insoweit Rechnung zu tragen, daß eine Geschwindigkeitsmessung durch Ablesen eines Fahrzeugtachometers nicht unbedingt einen Nachweis für die exakte Fahrgeschwindigkeit darstellt. Beim Ablesen der Geschwindigkeit kann es sich dabei nur um einen Ungefährwert handeln, wogegen die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit darunter oder darüber gelegen sein kann (vgl VwGH 25.11.1985, 85/02/0175).

 

Um nun sämtliche möglicherweise zu Ungunsten des Betroffenen auftretenden Fehler und Meßungenauigkeiten auszugleichen, ist ein Sicherheitsabzug von 15 % vorzunehmen (OLG Düsseldorf, 18.12.1987, 5 SS (OWI) 187/86-43/86IV). - Ein Sicherheitsabzug von 25 %, wie ihn der Beschuldigte für erforderlich hält, ist zu hoch gegriffen.

 

Da der Beschuldigte auf der Autobahn am Tatort maximal mit 130 km/h hätte fahren dürfen, ist die angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung auch unter Berücksichtigung eines entsprechenden Sicherheitsabzuges von 15 % der vom Tachometer des Dienstfahrzeuges abgelesenen Fahrgeschwindigkeit jedenfalls als erwiesen anzusehen. Bei einer abgelesenen Fahrgeschwindigkeit von 160 km/h ist der Beschuldigte nämlich auch bei einem Sicherheitsabzug von 15 % wenigstens mit 136 km/h und somit zu schnell gefahren. Bei einer erwiesenen Geschwindigkeitsüberschreitung ist in rechtlicher Hinsicht keinerlei Toleranzgrenze eingeräumt (VwGH 15.11.1976, 955/76).

 

Die Durchführung eines Lokalaugenscheines an einem Wochentag während der Hauptreisezeit in den Schulferien, ist nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht aussagekräftig und hat zu unterbleiben, da die Klärung der Frage, ob bei einem Lokalaugenschein die momentane Verkehrsdichte eine Überschreitung der höchstzulässigen Fahrgeschwindigkeit am Tatort ermöglicht die Frage, ob der Beschuldigte damals zur Tatzeit am Tatort die angelastete Verwaltungsübertretung tatsächlich begangen hat, in keiner Weise beantwortet.

 

Ebenso kann die Befragung eines der Behörde unbekannten Fahrzeuglenkers der Marke Mercedes mit dem Kennzeichen LL .., wie vom Beschuldigten beantragt, entfallen, da dieser Zeugenaussage zur Frage, ob eine laut dem Tachometer des Dienstfahrzeuges gefahrene Geschwindigkeit von 160 km/h eine Geschwindigkeitsüberschreitung darstelle oder nicht, nichts zweckdienliches entnommen werden kann. Wie bereits oben dargestellt, ist die angelastete Verwaltungsübertretung auch bei einem 15 % Sicherheitsabzug als erwiesen anzusehen. Es liegt im Wesen der freien Beweiswürdigung, daß weitere Beweisanträge nicht mehr berücksichtigt werden müssen, wenn die Behörde sich wie im Gegenstand aufgrund der vorliegenden Beweise ein klares Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann (VwGH 25.6.1953, 2771/52, Slg 3046 A).

 

Zur Strafhöhe war zu erwägen:

 

Nach eigenen Angaben des Beschuldigten bezieht dieser als Rechtsanwalt ein monatliches Einkommen von ca S 20.000,-- netto. Er besitzt kein Vermögen, ist aber für seine Ehegattin und zwei Kinder sorgepflichtig.

 

Der Schutzzweck der verletzten Gesetzesbestimmung des §20 Abs2 StVO 1960 wurde beeinträchtigt. Erfahrungsgemäß kommt es nämlich durch Überschreiten der höchstzulässigen Fahrgeschwindigkeit von 130 km/h auf der Autobahn immer wieder zu schweren unnötigen Verkehrsunfällen.

 

Strafmildernd war die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschuldigten zu werten, straferschwerend dagegen kein Umstand.

 

Bei der Strafbemessung ist aber auch davon auszugehen, daß nicht nur der Beschuldigte selbst, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer von der Begehung gleichgelagerter Verwaltungsübertretungen abgehalten werden sollen, sodaß eine generalpräventive Wirkung entsteht.

 

Bei Berücksichtigung all dieser Umstände ist der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ der Ansicht, daß mit der nunmehr verhängten Geldstrafe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) das Auslangen gefunden werden kann. Diese Strafe erscheint noch schuld- und tatangemessen und hält sich nunmehr im untersten Bereich des vom Gesetz vorgesehenen Strafrahmens (bis zu S 10.000,--/Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 2 Wochen).

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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