Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl Nr 51, (AVG) F o l g e gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß §45 Abs1 Z3 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52, (VStG) eingestellt.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft xx vom 21. Juli 1992, 3-***-91, wurde über den Beschuldigten N T wegen Übertretung nach §366 Abs1 Z4 Gewerbeordnung 1973, BGBl Nr 50/1974, (GewO 1973) gemäß §366 Abs1 Einleitungssatz GewO 1973 eine Geldstrafe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 5 Tage) verhängt und ihm die Tragung eines anteiligen Kostenbeitrages für das erstinstanzliche Verfahren in der Höhe von S 2.000,-- auferlegt.
In diesem Strafbescheid wird ihm unter Bezugnahme auf §370 Abs3 GewO 1973 angelastet, daß er "als gemäß §9 VStG verantwortliches Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der T Stahlkonstruktionen- und Anlagenbau GesmbH als Gewerbetreibender die angelastete Verwaltungsübertretung neben dem gewerberechtlichen Geschäftsführer zu verantworten habe, da er diese wissentlich geduldet habe".
Die angelastete Tat ist wie folgt umschrieben:
"Tatzeit: 19.12.1990
Tatort: H******, I********straße Nr *
Tatbeschreibung:
Die T Stahlkonstruktionen- und Anlagenbau GesmbH hat die mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft xx vom 28.05.1984 genehmigte Betriebsanlage durch die nachstehend beschriebenen Um- und Zubauten, Maschinenaufstellungen und Lagerungen geändert und nach der Änderung betrieben:
1.)
An die bestehende Halle wurde eine Halle in Stahlkonstruktion im Ausmaß von ca 15 x 40 m angebaut. In die Halle wurde ein ca 45 m2 großer Lackierraum eingebaut, der voll in Betrieb war. Weiters wurde ein Lacklagerraum, ein Kleinteilelagerraum und ein Raum für einen Festbrennstoffkessel durch Errichtung von Wänden abgeteilt. Der Lacklagerraum und der Aufstellungsraum des Heizkessels weisen keine Decke auf. Im Heizraum ist ein Spänexfestbrennstoffkessel zur Erzeugung von Warmluft aufgestellt. Im Heizraum ist Abfallstückholz gelagert. Die angetroffene Asche läßt darauf schließen, daß diverses Verpackungsmaterial bzw im Betrieb anfallendes Abfallmaterial verheizt wird. Die Warmluftverteilung erfolgt über einen Blechkanal im Hallenzubau. Die Be- und Entlüftungsanlage innerhalb des Lackierraumes wies bei laufendem Betrieb nur eine geringe Zu- und Abluftführung auf. Aufgrund diverser Augen- und Lungenreize konnte festgestellt werden, daß entweder die Lüftungsanlage unterdimensioniert ist oder ein entsprechender Filterwechsel längere Zeit nicht vorgenommen wurde.
2.)
Im Altbestand wurde die nie genehmigte Lackieranlage abgetragen. Die Halle wurde durch Errichtung einer Wand (gemauert) in zwei Teile geteilt. Im größeren Teil sind Schweißplätze und diverse Blechbearbeitungsmaschinen aufgestellt. Im kleineren Teil (sogenannte Werkstätte) wurden die Zwischenwände und der Lagerboden abgetragen. In diesem Teil stehen ebenfalls diverse Metallbearbeitungsmaschinen. Weiters wurden in diesem Raum durch Aufstellen von Wänden ein Schleusenraum und ein Heizraum errichtet. Diese Abmauerungen haben jedoch keine Decke und sind mit dem Luftraum der Halle direkt verbunden. In dieser Abmauerung wurden 2 Gaskessel mit einer Leistung von jeweils rund 200 kW aufgestellt. Die Erdgasversorgung dieser Kessel erfolgt über das Ortsnetz. Die Abgase werden in Rauchfänge eingeleitet.
3.)
Im Betrieb wurde noch ein Luftdruckkompressor mit Luftdruckbehälter 500 l, 10 bar, welcher überwachungspflichtig ist, angetroffen.
4.)
Weiters wurden diverse Lagerungen von brennbaren Flüssigkeiten der Gefahrenklasse I (zB Nitroverdünnung) und III (zB Schmieröle) angetroffen.
Diese Änderungen sind geeignet, das Leben oder die Gesundheit der Gewerbetreibenden, der Nachbarn und der Kunden zu gefährden (Pkt 1, 2, 3, 4; insbesondere auch im Brandfall) bzw die Nachbarn durch Geruch (Pkt 1, 4), Lärm (Pkt 2, 3), Rauch (Pkt 1), Erschütterung (Pkt 3) zu belästigen und sind daher gemäß §81 (1) Gewerbeordnung 1973 genehmigungspflichtig. Trotzdem wurde keine entsprechende Genehmigung erwirkt."
In der dagegen erhobenen Berufung vom 25. September 1992 bringt der anwaltlich vertretene Beschuldigte zunächst vor, daß nicht die "T Stahlkonstruktionen- und Anlagenbau Gesellschaft mbH" Inhaberin der gegenständlichen Betriebsanlage sei; die Anlage sei vielmehr vor Durchführung der im Straferkenntnis angesprochenen Änderungen verpachtet worden. Die T Stahlkonstruktionen- und Anlagenbau Gesellschaft mbH habe sohin die Anlage im geänderten Zustand nie betrieben. Diesbezüglich wird in der Berufung auf den seinerzeit abgeschlossenen Pachtvertrag verwiesen, der jedoch im Hinblick auf die mittlerweile erfolgte Konkurseröffnung über beide Gesellschaften (Pächter und Verpächter) nicht mehr vorgelegt werden könne.
Im Zusammenhang mit dem Vorbringen in der Berufung ist festzuhalten, daß der in der Berufung angesprochene Pachtvertrag in Ablichtung im Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ, Senat-WU-92-023, vorgelegt worden ist (Verwaltungsstrafverfahren gegen den gewerberechtlichen Geschäftsführer der T Stahlkonstruktionen- und Anlagenbau GesmbH). Aus diesem Pachtvertrag vom 28. Dezember 1990 geht hervor, daß das Pachtverhältnis am 1. Jänner 1991 beginnen sollte. Der Vertrag selbst wurde zwischen der T Stahlkonstruktionen- und Anlagenbau Gesellschaft mbH als Verpächterin einerseits und der T Anlagenbau Betriebsgesellschaft mbH als Pächterin andererseits abgeschlossen.
Damit ist die Argumentation des Berufungswerbers, wonach die Betriebsanlage zur Tatzeit (19. Dezember 1990) verpachtet und von der Pächterin betrieben worden sei, eindeutig widerlegt. Außerdem ist noch festzuhalten, daß der Beschuldigte zur Tatzeit handelsrechtlicher Geschäftsführer sowohl von der T Anlagenbau Betriebs Gesellschaft mbH als auch von der T Stahlkonstruktionen- und Anlagenbau Gesellschaft mbH gewesen ist (Firmenbuchauszug des Handelsgerichtes Wien).
Unabhängig von den Fragen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit war in rechtlicher Hinsicht zum angefochtenen Strafbescheid folgendes festzustellen:
Gemäß §44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Es ist demnach rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und die Identität der Tat, zB nach Ort und Zeit, unverwechselbar feststeht.
"Unverwechselbares Feststehen der Identität der Tat" bedeutet, daß im Spruch, genauer in der Tatumschreibung, eines Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden muß, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen; außerdem muß der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.
Ist im Spruch eines Straferkenntnisses die Tat so umschrieben, daß die Zuordnung zu mehreren Tatbeständen möglich ist, so verstößt der Spruch gegen §44a Z1 VStG (vgl VwGH vom 29.1.1987, Zl 86/08/0208).
Gemäß §366 Abs1 Z4 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die gemäß dem Einleitungssatz des Abs1 dieser Bestimmung mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§81 GewO 1973).
§366 Abs1 Z4 GewO 1973 beinhaltet somit zwei verschiedene Deliktsfälle. Einerseits wird die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung unter Strafe gestellt, andererseits der konsenslose Betrieb der geänderten Anlage nach der erfolgten Änderung.
Die Tatumschreibung im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses läßt nicht erkennen, welcher Deliktsfall des §366 Abs1 Z4 GewO 1973 dem Beschuldigten zum Vorwurf gemacht wird. Es ist fraglich, ob er dafür bestraft werden soll, weil eine genehmigte Betriebsanlage ohne Genehmigung geändert worden ist, oder weil die Betriebsanlage nach der konsenslosen Änderung betrieben wurde oder für beide Fälle.
Die Tatumschreibung im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses läßt sich somit unter mehrere Tatbestände subsumieren und verstößt somit gegen die Vorschrift des §44a Z1 VStG.
Die Berufungsbehörde ist zwar berechtigt im Rahmen der ihr nach §66 Abs4 AVG zustehenden Befugnisse Tatbestandsmerkmale zu ergänzen bzw zu ändern, jedoch nur im Rahmen einer tauglichen Verfolgungshandlung. Darunter wird jede von der Behörde nach außenhin in Erscheinung tretende Amtshandlung verstanden, die sich bereits auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezieht und gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtet ist. Wird eine derartige Verfolgungshandlung nicht innerhalb der vom §31 Abs2 festgesetzten Frist - 6 Monate - gesetzt, kommt eine Bestrafung nicht mehr in Betracht.
Da nach der Aktenlage keine taugliche Verfolgungshandlung innerhalb der Frist des §31 Abs2 VStG gesetzt worden ist, ist im Gegenstand Verfolgungsverjährung eingetreten. Es war daher schon aus diesem Grund ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung (§51e Abs1 VStG) spruchgemäß zu entscheiden.