TE UVS Niederösterreich 1993/10/05 Senat-SB-92-041

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Veröffentlicht am 05.10.1993
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Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl Nr 51, Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben.

 

Gemäß §45 Abs1 Z2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl Nr 52, wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 13. Mai 1992 in L, S*****gasse **, als Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges PKW N ***.*** der Bezirkshauptmannschaft xx über deren schriftliche Anfrage vom 22.4.1992 nicht innerhalb von zwei Wochen darüber Auskunft erteilt, wer dieses Kfz zuletzt vor dem 7.4.1992, 13,40 Uhr, in K, Gemeinde G*****, B******straße nächst Haus E********straße *, abgestellt hat, sodaß dieses dort zum angegebenen Zeitpunkt gestanden sei. Wegen Übertretung des 103 Abs2 KFG 1967 wurde über den Berufungswerber gemäß §134 Abs1 KFG 1967 eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) verhängt. Die dem Berufungswerber angelastete Verwaltungsübertretung wurde durch das Ergebnis der durchgeführten Erhebungen der erlassenden Behörde als ausreichend erwiesen angenommen.

 

In der fristgerecht erhobenen Berufung wurde im wesentlichen angeführt:

 

§103 Abs2 KFG 1967 enthalte keine Bestimmung, wonach die Behörde ein Straferkenntnis darauf stützen könne, daß die erteilte Auskunft deswegen strafbar wäre, da sie nicht schriftlich erfolgt sei. Durch die fernmündliche und fristgerecht erteilte Auskunft sei vom Zulassungsbesitzer der Auskunftsverpflicht entsprochen worden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat Ermittlungen durchgeführt, die folgendes ergaben:

Im Zusammenhang mit der Lenkeranfrage hat der Berufungswerber mit dem Sachbearbeiter der gegenständlichen Verwaltungsstrafsache mit der Bezirkshauptmannschaft xx ein Telefonat geführt und dabei möglicherweise die von der Bezirkshauptmannschaft xx schriftlich angeforderte Lenkerauskunft mündlich erteilt.

Der Zeitpunkt des Anrufes war nicht feststellbar. Es ist daher im Zweifel zugunsten des Berufungswerbers davon auszugehen, daß der Anruf innerhalb von zwei Wochen innerhalb der Zustellung der Lenkeranfrage erfolgte.

Ob er dabei vom Sachbearbeiter ausdrücklich auf die Notwendigkeit einer schriftlichen Lenkerauskunft hingewiesen wurde, konnte nicht mit Sicherheit festgestellt werden.

Unabhängig davon geht aus dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft xx vom 22.4.1992, mit dem vom Berufungswerber die Erteilung einer Lenkerauskunft für den Tatzeitpunkt 7.4.1992, 13,40 Uhr gefordert wurde, eindeutig hervor, daß diese schriftlich binnen 2 Wochen ab Zustellung der Behörde zu erteilen ist.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land hat erwogen:

 

§103 des KFG 1967 regelt die Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers. Im Abs2 dieses Paragraphen wird festgelegt, daß die Behörde Auskünfte darüber verlangen kann, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen.

 

§13 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG schreibt in Abs2 vor, daß Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind, oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, schriftlich einzubringen sind. Zufolge der Bestimmung des §24 VStG gilt §13 AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren.

 

§134 Abs1 des KFG 1967 bestimmt:

"Wer den Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

 

Die im §103 Abs2 angeführten Erhebungen sind zufolge der Bestimmung des §123 Abs4 KFG 1967, außer bei Gefahr im Verzug, schriftlich oder telefonisch durchzuführen. Dabei hat die Behörde im Sinne des §39 Abs2 letzter Satz AVG vorzugehen, dh die Behörde hat sich bei diesen Verfügungen von Rücksichten auf mögliche Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen.

 

§1 Abs1 VStG schreibt vor, daß als Verwaltungsübertretung eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Das heißt, daß ein bestimmtes Verhalten als Tatbild einer Verwaltungsübertretung entweder in Form eines Gesetzes oder durch Verordnung bestimmt sein muß.

 

Auf den vorliegenden Fall angewendet bedeutet dies, daß die mündliche oder fernmündliche Beantwortung einer schriftlichen Anfrage im Sinne des §103 Abs2 KFG 1967 im KFG 1967 selbst ausdrücklich für strafbar erklärt werden müßte, um im Fall einer nicht schriftlichen Beantwortung eine Verwaltungsstrafe verhängen zu können. Wenngleich man - wie oben dargestellt - durchaus zu dem Ergebnis kommt, daß die Bestimmung des §13 Abs2 AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren gilt und daher eine schriftliche Anfrage auch schriftlich zu beantworten ist, fehlt es doch im Kraftfahrgesetz 1967 an einer entsprechenden Strafbestimmung für die Mißachtung dieser Vorschrift. In diesem Zusammenhang mag es dahingestellt bleiben, ob unter Anbringen im Sinne des §13 Abs2 AVG tatsächlich die Beantwortung einer schriftlichen Anfrage im Verwaltungsstrafverfahren gemeint ist.

 

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ ist zwar die Nichtbeantwortung einer Lenkeranfrage im Sinne des §103 Abs2 KFG durch die Bestimmung des §134 Abs1 KFG 1967 mit Strafe bedroht, nicht aber die Nichteinhaltung der Formvorschrift der Schriftlichkeit im Fall einer schriftlichen Anfrage seitens der Behörde.

 

Der Berufungswerber hat daher die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen, weshalb das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Strafverfahren einzustellen war.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß §51e Abs2 VStG abgesehen werden, da im wesentlichen eine Rechtsfrage angeschnitten wurde.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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