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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung einer Bestimmung des Tir RaumOG 1997 betreffend Festlegung von Freizeitwohnsitzen im Flächenwidmungsplan mangels unmittelbarer Beeinträchtigung rechtlich geschützter Interessen der Antragstellerin durch die an den Verordnungsgeber gerichtete GesetzesbestimmungSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Mit ihrem auf Art140 Abs1 B-VG gestützten Individualantrag vom 31. Juli 1997 begehrt die Antragstellerin, den letzten Satz des §15 Abs3 des Gesetzes vom 12. März 1997, mit welchem das Tiroler Raumordnungsgesetz 1997, LGBl. für Tirol 10/1997 (im folgenden: TROG 1997), geändert wird (1. Tiroler Raumordnungsgesetz-Novelle), "LGBl. 13/1997" (richtig: LGBl. für Tirol 28/1997, enthalten im 13. Stück des LGBl. 1997), als verfassungswidrig aufzuheben. Sie erachtet sich durch die Verfassungswidrigkeit der bekämpften Gesetzesbestimmung unmittelbar in ihren Rechten verletzt, da diese Gesetzesbestimmung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides für sie wirksam geworden sei.
Zur Begründung ihrer Antragslegitimation führt die Antragstellerin aus, sie sei Eigentümerin eines Grundstückes in 6414 Mieming, das als Bauland gewidmet und mit einem Einfamilienhaus bebaut sei, in dem sie ihren Hauptwohnsitz habe. Die Antragstellerin beabsichtige konkret und aktuell die Errichtung eines Neubaues auf dieser Liegenschaft, der von ihren Kindern als Freizeitwohnsitz benützt werden solle. Auf diese Weise wolle sie sicherstellen, daß sie im Alter von ihren Kindern betreut werden könne. Die Errichtung eines solchen Neubaues werde ihr jedoch durch die bekämpfte Bestimmung des TROG 1997 versagt, weil die Gemeinde Mieming bereits einen 8 v.H. übersteigenden Anteil der Freizeitwohnsitze an der Gesamtzahl der Wohnungen in der Gemeinde aufweise. Aufgrund der bekämpften Gesetzesbestimmung dürfe daher keine Baubewilligung für die Schaffung eines derartigen neuen Freizeitwohnsitzes erteilt werden. Weiters führt die Antragstellerin aus, daß ein Bauverfahren nicht anhängig sei; sie beabsichtige konkret und aktuell, die Liegenschaft mit einem Neubau als Freizeitwohnsitz zu bebauen. Abgesehen von einem eindeutig als unzumutbar angesehenen Verwaltungsstrafverfahren bestünde für die Antragstellerin nur die Möglichkeit, die durch die behauptete Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bestimmung bewirkte Rechtsverletzung über ein förmliches Bauansuchen nach den §§27 und 28 der Tiroler Bauordnung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Die Antragstellerin müßte diesfalls allein zum Zweck der Geltendmachung der behaupteten Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bestimmung die nach der Tiroler Bauordnung für ein Bauansuchen erforderlichen Planunterlagen durch einen Architekten anfertigen lassen, was der Verfassungsgerichtshof nach ständiger Rechtsprechung als unzumutbar werte. Der Antrag enthält darüber hinaus Darlegungen zur Rechtslage und jene Erwägungen, aus welchen die bekämpfte Regelung als verfassungswidrig erachtet wird.
2. Die Tiroler Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie die Zurück-, in eventu die Abweisung des Individualantrages begehrt.
Sie hält dem Antrag u.a. entgegen, daß sich der gesamte §15 Abs3 TROG 1997 und somit auch dessen - von der Antragstellerin bekämpfter - letzter Satz ausschließlich an die Gemeinde, deren Planungsbefugnis in Bezug auf Freizeitwohnsitze dadurch gesetzlich näher geregelt werde, richte. Normadressat dieser Bestimmung sei somit ausschließlich die Gemeinde, welche Flächenwidmungspläne zu erlassen habe.
3. Die Antragstellerin erstattete unter dem 22. Mai 1998 eine Äußerung.
II. §15 TROG 1997 idF der
1. TROG-Nov., LGBl. für Tirol 28/1997, (der angefochtene Teil ist hervorgehoben) lautet:
"§15
Beschränkungen für Freizeitwohnsitze
(1) Freizeitwohnsitze sind Gebäude, Wohnungen oder sonstige Teile von Gebäuden, die nicht der Befriedigung eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnisses dienen, sondern zum Aufenthalt während des Urlaubs, der Ferien, des Wochenendes oder sonst nur zeitweilig zu Erholungszwecken verwendet werden. Als Freizeitwohnsitze gelten nicht:
a) Gastgewerbebetriebe zur Beherbergung von Gästen sowie Kur- und Erholungsheime, die von öffentlichen Einrichtungen, Betrieben oder Einrichtungen der freien Jugendwohlfahrt erhalten werden;
b) Gebäude mit höchstens drei Wohnungen mit insgesamt höchstens zwölf Betten, die während des Jahres jeweils kurzzeitig an wechselnde Personen vermietet werden (Ferienwohnungen); entsprechende Neubauten, für die die Baubewilligung erst nach dem 1. Februar 1996 rechtskräftig erteilt worden ist, gelten jedoch nur dann nicht als Freizeitwohnsitz, wenn der Vermieter der Ferienwohnungen im betreffenden Gebäude seinen Hauptwohnsitz hat;
Ferienwohnungen in Gebäuden, die in einem räumlichen Naheverhältnis stehen und eine einheitliche Gesamtplanung aufweisen, sind zusammenzuzählen;
c) Wohnräume, die der Privatzimmervermietung dienen.
Sind in einem Gebäude oder in Gebäuden, die in einem räumlichen Naheverhältnis stehen und eine einheitliche Gesamtplanung aufweisen, Ferienwohnungen und Wohnräume, die der Privatzimmervermietung dienen, untergebracht, so darf die Zahl der Betten insgesamt zwölf nicht überschreiten.
(2) Als Freizeitwohnsitze dürfen nur mehr Wohnsitze verwendet werden, für die eine Feststellung über die Zulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz nach §16 Abs3 oder eine entsprechende Feststellung nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1994 in der Fassung LGBl. Nr. 81/1993 oder in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 4/1996 vorliegt. Darüberhinaus dürfen neue Freizeitwohnsitze durch Vorhaben im Sinne des Abs4 erster Satz im Wohngebiet und in Mischgebieten geschaffen werden, wenn dies durch eine entsprechende Festlegung im Flächenwidmungsplan für zulässig erklärt worden ist. Hiebei ist für das betreffende Grundstück die höchstzulässige Anzahl an Freizeitwohnsitzen festzulegen.
(3) Die Schaffung neuer Freizeitwohnsitze darf nur insoweit für zulässig erklärt werden, als die geordnete räumliche Entwicklung der Gemeinde entsprechend den Aufgaben und Zielen der örtlichen Raumordnung dadurch nicht beeinträchtigt wird. Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:
a) die Siedlungsentwicklung;
b) das Ausmaß des zur Befriedigung des Wohnbedarfes der Bevölkerung erforderlichen sowie des hiefür verfügbaren Baulandes;
c) das Ausmaß der für Freizeitwohnsitze in Anspruch genommenen Grundflächen, insbesondere auch im Verhältnis zu dem zur Befriedigung des Wohnbedarfes der Bevölkerung bebauten Bauland;
d) die Gegebenheiten am Grundstücks- und Wohnungsmarkt sowie die Auswirkungen der Freizeitwohnsitzentwicklung auf diesen Markt;
e) die Art, die Lage und die Anzahl der bestehenden Freizeitwohnsitze;
f) die Auslastung der Verkehrsinfrastruktur sowie der Einrichtungen zur Wasserversorgung, Energieversorgung und Abwasserbeseitigung, die Auswirkungen der Freizeitwohnsitze auf diese Infrastruktur und deren Finanzierung sowie allfällige mit der Schaffung neuer Freizeitwohnsitze entstehende Erschließungserfordernisse.
Die Schaffung neuer Freizeitwohnsitze darf nicht mehr für zulässig erklärt werden, wenn der Anteil der aus dem Verzeichnis der Freizeitwohnsitze nach §16 Abs5 sich ergebenden Freizeitwohnsitze an der Gesamtzahl der Wohnungen entsprechend dem endgültigen Ergebnis der jeweils letzten Häuser- und Wohnungszählung 8 v.H. übersteigt.
(4) Die Baubewilligung für Neubauten, die ganz oder teilweise als Freizeitwohnsitze verwendet werden sollen, sowie für Zubauten und die Änderung des Verwendungszweckes von bisher anderweitig verwendeten Gebäuden, Wohnungen oder sonstigen Gebäudeteilen, durch die Freizeitwohnsitze neu geschaffen werden sollen, darf unbeschadet der sonstigen Bewilligungsvoraussetzungen nur erteilt werden, wenn für das betreffende Grundstück eine Festlegung nach Abs2 zweiter und dritter Satz vorliegt und die höchstzulässige Anzahl an Freizeitwohnsitzen auf diesem Grundstück nicht überschritten wird. Maßgebend ist die Anzahl der Freizeitwohnsitze auf Grund rechtskräftig erteilter Baubewilligungen. Bescheide, mit denen entgegen dieser Bestimmung die Baubewilligung erteilt wird, leiden an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler.
(5) Weiters dürfen Wohnsitze auf Grund einer Ausnahmebewilligung des Bürgermeisters nach diesem Absatz oder einer entsprechenden Ausnahmebewilligung nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1994 in der Fassung LGBl. Nr. 81/1993 oder in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 4/1996 als Freizeitwohnsitze verwendet werden. Die Ausnahmebewilligung ist nur zu erteilen:
a) auf Antrag des Erben oder Vermächtnisnehmers, wenn die Voraussetzungen nach §5 lita des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996, LGBl. Nr. 61, in der jeweils geltenden Fassung vorliegen und der betreffende Wohnsitz dem Antragsteller oder anderen Personen nicht anderweitig der Befriedigung eines Wohnbedürfnisses dient;
b) auf Antrag des Eigentümers des betreffenden Wohnsitzes oder des sonst hierüber Verfügungsberechtigten, wenn ihm auf Grund geänderter Lebensumstände, insbesondere auf Grund beruflicher oder familiärer Veränderungen, eine andere Verwendung des Wohnsitzes nicht möglich oder zumutbar ist, der Wohnsitz anderen Personen nicht anderweitig der Befriedigung eines Wohnbedürfnisses dient und der Antragsteller insbesondere im Hinblick auf seine persönlichen oder familiären Verhältnisse oder seine Rechtsbeziehung zum Wohnsitz ein Interesse am Bestehen des Wohnsitzes hat.
(6) Der Inhaber einer Ausnahmebewilligung im Sinne des Abs5 erster Satz darf den Freizeitwohnsitz nur für sich, seine Familie und seine Gästen verwenden. Die entgeltliche Überlassung des Freizeitwohnsitzes ist nicht zulässig.
(7) Um die Erteilung der Ausnahmebewilligung im Sinne des Abs5 erster Satz ist schriftlich anzusuchen. Der Antrag hat den betreffenden Wohnsitz zu bezeichnen und die zur Beurteilung des Vorliegens der Bewilligungsvoraussetzungen erforderlichen Angaben zu enthalten. Die Richtigkeit dieser Angaben ist vom Antragsteller durch geeignete Unterlagen nachzuweisen oder, soweit ihm dies nicht möglich ist, anderweitig glaubhaft zu machen. Der Bürgermeister hat über den Antrag mit schriftlichem Bescheid zu entscheiden. Der Bescheid, mit dem die Ausnahmebewilligung erteilt wird, ist aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für deren Erteilung nicht mehr vorliegen.
(8) Wer einen Wohnsitz als Freizeitwohnsitz verwendet oder anderen zur Verwendung als Freizeitwohnsitz überläßt, ohne daß eine Feststellung über die Zulässigkeit der Verwendung des betreffenden Wohnsitzes als Freizeitwohnsitz im Sinne des Abs2 erster Satz, eine Baubewilligung im Sinne des Abs4 erster Satz oder eine Ausnahmebewilligung im Sinne des Abs5 erster Satz vorliegt, begeht eine Verwaltungsübertretung. Dies gilt nicht, wenn auf den betreffenden Wohnsitz eine der Voraussetzungen nach §16 Abs1 lita zutrifft und
a) die Frist für die nachträgliche Anmeldung nach §16 Abs1 noch offen ist oder
b) eine rechtzeitige Anmeldung des Wohnsitzes nach §16 Abs1 oder eine entsprechende Anmeldung nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1994 in der Fassung LGBl. Nr. 81/1993 oder in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 4/1996 erfolgt und das Verfahren darüber noch nicht abgeschlossen ist.
(9) Eine Verwaltungsübertretung begeht ferner, wer einen Freizeitwohnsitz, für den eine Ausnahmebewilligung im Sinne des Abs5 erster Satz vorliegt, anderen als den im Abs6 genannten Personen oder Personen entgeltlich zur Verwendung als Freizeitwohnsitz überläßt.
(10) Verwaltungsübertretungen nach den Abs8 und 9 sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 500.000,-- Schilling zu ahnden.
III. Der Verfassungsgerichtshof
hat über die Zulässigkeit des Antrages erwogen:
1. Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art140 Abs1, letzter Satz, B-VG ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Anfechtungsberechtigt ist also von vornherein nur ein Rechtsträger, an oder gegen den sich das anzufechtende Gesetz wendet, der diesem gegenüber Normadressat ist (VfSlg. 8009/1977, 12571/1990).
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die rechtlich geschützten Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteter Weise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht
(VfSlg. 13765/1994, 14716/1996).
2. §15 Abs3 TROG 1997 regelt i.V.m. seinem §16 die Verwendung und Schaffung neuer Freizeitwohnsitze. Gemäß §15 Abs2 TROG 1997 dürfen neue Freizeitwohnsitze nur im Wohngebiet und in Mischgebieten geschaffen werden, wenn dies durch eine entsprechende Festlegung im Flächenwidmungsplan für zulässig erklärt worden ist. Die näheren Voraussetzungen für eine derartige Festlegung im Flächenwidmungsplan sind in §15 Abs3 leg.cit. geregelt.
Die angefochtene Gesetzesbestimmung richtet sich wie die Tiroler Landesregierung in ihrer Äußerung zutreffend vorbringt, nicht unmittelbar an die Antragstellerin, sondern an den Verordnungsgeber. Die angefochtene Bestimmung enthält lediglich Determinanten betreffend der Festlegung von Freizeitwohnsitzen im Flächenwidmungsplan. Es ist daher ausgeschlossen, daß die Antragstellerin durch die von ihr bekämpfte Gesetzesbestimmung unmittelbar in rechtlich geschützten Interessen beeinträchtigt werden könnte (vgl. VfSlg. 12571/1990, 13266/1992, 13635/1993, 14340/1995, 14781/1997).
3. Der Antrag erweist sich sohin schon aus diesem Grunde als nicht zulässig und war zurückzuweisen, sodaß nicht zu prüfen war, ob allenfalls weitere Zurückweisungsgründe vorliegen.
IV. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Raumordnung, Wohnsitz Freizeit-European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:G371.1997Dokumentnummer
JFT_10018870_97G00371_00