Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied
Dr. Michael Herrmann über die Berufung des Herrn A P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 8.3.1993, GZ.: 15.1-1992/2627, wegen einer Übertretung des Steiermärkischen Jagdgesetzes 1986, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) wird die Berufung dem Grunde nach abgewiesen.
Hinsichtlich der verhängten Strafe wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, daß über den Berufungswerber gemäß § 19 VStG eine Strafe von S 2.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 2 Tage Ersatzarrest), welche binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten ist, verhängt wird.
Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf den Betrag von S 200,--; dieser ist binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.
Das angefochtene Straferkenntnis wird dahingehend ergänzt, als dem Spruch der Satz "So wurde der Gamsabschuß nur zu 25 % erfüllt" hinzugefügt wird.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Berufungswerber zur Last gelegt, daß auf Grund einer Anzeige des Bezirksjägermeisters des Jagdbezirkes L festgestellt worden sei, daß er als Jagdberechtigter im Jagdrevier Eigenjagd "K-hütte", Reviernummer 125261453, dafür verantwortlich sei, daß der Abschußplan für das Jagdjahr 91/92 nicht erfüllt worden sei, obwohl er durch die Bezirkshauptmannschaft Liezen am 28.12.1991 nachweislich - mit Rückscheinbrief übernommen am 20.12.1991 - aufgefordert worden sei, den vorgeschriebenen Abschuß bis zum Ende der Schußzeit zu erfüllen.
Hiedurch habe er eine Übertretung der §§ 77, 56 Abs 2 und 56 Abs 6 lit a des Steiermärkischen Jagdgesetzes 1986 (Stmk. JagdG.) begangen und wurde hiefür eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- (3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. In seiner rechtzeitigen Berufung vom 15.3.1993 führte der Berufungswerber im wesentlichen aus, daß ihn gemäß § 56 Abs 6 Stmk. JagdG. eine angemessene Frist - auch in der Schonzeit - zugebilligt hätte werden müssen. In Anbetracht der damaligen Schnee- und Witterungsverhältnisse könne bei der ihm gewährten Frist von 11 Tagen nicht von angemessen gesprochen werden. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt hiezu nachfolgendes fest:
Gemäß § 56 Abs 1 Stmk. JagdG. hat der Jagdberechtigte (bei nicht verpachteten Eigenjagden der Jagdausübungsberechtigte, bei verpachteten Jagden der Pächter oder Jagdverwalter) den Wildabschuß so zu regeln, daß der Abschußplan erfüllt wird, die berechtigten Ansprüche der Land- und Forstwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden gewahrt werden und durch den Abschuß eine untragbare Entwertung des eigenen und der angrenzenden Jagdgebiete vermieden wird. Innerhalb dieser Grenzen soll die Abschußplanung bewirken, daß ein in seinen Altersklassen gesunder Wildstand aller heimischen Wildarten in angemessener Zahl erhalten bleibt.
Gemäß § 56 Abs 2 Stmk. JagdG. hat der Abschuß von Schalenwild - das Schwarzwild ausgenommen - sowie von Auerwild, Birkwild und Murmeltieren auf Grund eines genehmigten Abschußplanes stattzufinden. Der Abschußplan ist ein Pflichtabschußplan, dessen Gesamtabschußzahlen weder unter - noch überschritten werden dürfen. Beim Auer- und Birkwild sowie bei den Murmeltieren darf der Abschußplan nicht über-, wohl aber unterschritten werden. Die Jagdberechtigten haben für die Erstellung und Erfüllung der Abschußpläne zu sorgen. Der Abschußplan ist alljährlich - für Schalenwild bis zum 1. Mai, für Auer- und Birkwild bis zum 1. April - zahlenmäßig getrennt nach Wildarten und Geschlecht dem zuständigen Bezirksjägermeister vorzulegen. Über den erfolgten Abschuß ist eine Abschußliste zu führen, die auf Verlangen vorzulegen ist. Fallwild, das ist Wild, welches nicht im Zuge der Jagdausübung erlegt wurde, ist bis zum Ende der Schußzeit auf den Abschußplan anzurechnen. Um Lebendfang ist bei der Bezirksverwaltungsbehörde anzusuchen; jedes entnommene Stück Schalenwild - auch verwertbares Fallwild - ist mit einer Wildplombe zu versehen. Gemäß § 56 Abs 6 Stmk. JagdG. hat, wenn der Abschußplan nicht erfüllt wird, die Bezirksverwaltungsbehörde dem Jagdberechtigten unverzüglich aufzutragen, den fehlenden Abschuß binnen einer festzusetzenden angemessenen Frist auch in der Schonzeit durchzuführen. Wurden über den Wildbestand, der für die Feststellung des Abschußplanes gemeldet wurde, offenbar unrichtige Angaben gemacht oder wurde der Aufforderung, den fehlenden Abschuß unverzüglich nachzuholen, nicht fristgerecht entsprochen, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde folgende Maßnahmen einzeln oder nebeneinander zu verfügen:
a)
Strafen gemäß § 77,
b)
Tätigung des vorgeschriebenen Abschusses durch
vertrauenswürdige Personen auf
Kosten des Jagdberechtigten,
c)
die einstweilige Verfügungen gemäß § 73,
d)
Aufteilung des nicht getätigten Abschusses auf die
angrenzenden Jagdgebiete nach Einholung des Einverständnisses der dortigen Jagdberechtigten,
e) bei verpachteten Jagden die Auflösung des Pachtvertrages. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, daß die Sinnhaftigkeit des festgesetzten Abschußplanes im nachhinein nicht diskutiert werden kann, und der Jagdberechtigte alle für ihn zumutbaren Anstrengungen unternehmen muß, diesen fristgerecht zu erfüllen. Der Jagdberechtigte muß mit dem Abschuß so zeitig beginnen, daß er von vornherein damit rechnen kann, ihn spätestens innerhalb der behördlich festzusetzenden angemessenen Nachfrist erfüllen zu können. Daher ist bei Nichterfüllung des Abschußplanes nicht dessen Sinnhaftigkeit, sondern nur dessen Erfüllbarkeit Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens, wobei es gemäß § 5 Abs 1 VStG dem Beschuldigten obliegt, dessen Unerfüllbarkeit trotz rechtzeitiger und ausreichender Jagdanstrengungen darzutun.
In diesem Sinne ist eine Nachfrist nach § 56 Abs 6 Stmk. JagdG. dann als angemessen anzusehen, wenn sie den für Abschüsse wildbiologisch vertretbaren Zeitraum zur Gänze einräumt. Kann der fehlende Abschuß innerhalb dieses Zeitraumes aus vorhersehbaren und im Dispositionsbereich des Jagdberechtigten gelegenen Umständen nicht nachgeholt werden, ist dies vom Jagdberechtigten zu verantworten, da sich andernfalls jeder Verpflichtete durch vorsätzliche Untätigkeit der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit entziehen könnte. Laut Gutachten des jagdrechtlichen Amtssachverständigen vom 29.7.1993 war die Setzung einer längeren Nachfrist bis in den Jänner 1992 aus wildbiologischer Überlegung grundsätzlich abzulehnen, da in dieser Zeit die Nahrung spärlich ist und jeder zusätzliche Energieaufwand, wie ihn jede Bejagung hervorrufen würde, für jedes Wild negative Folgen hätte. Dies wurde auch vom Berufungswerber mit seiner Stellungnahme vom 15.9.1993, wonach eine Verlängerung der Schußzeit tatsächlich katastrophale Auswirkungen nach sich ziehen würde, zustimmend zur Kenntnis genommen.
Überdies war die Unerfüllbarkeit des Abschußplanes innerhalb der einzuräumenden Nachfrist vorhersehbar und vom Berufungswerber innerhalb seines Dispositionsbereiches selbst herbeigeführt worden, da die Abschußquote bei verspätetem Abschußbeginn recht erheblich (um 75 %) unterschritten wurde und im gegenständlichen Jagdrevier auf Grund seiner exponierten Lage mit frühzeitigen und strengen Wintereinbrüchen - daher mit erheblichen Behinderungen in der späteren Abschußzeit - gerechnet werden muß.
Der Berufungswerber hätte daher glaubhaft machen müssen, daß er in der witterungsbeständigeren Zeit, zu Beginn des Herbstes, alle ihm zumutbaren Anstrengungen unternommen und Vorkehrungen getroffen hätte, um trotz der Möglichkeit eines frühen und strengen Wintereinbruches mit einer Erfüllung des Abschußplanes spätetens in der Nachfrist rechnen zu können. Dies ist mit dem bloßen Hinweis auf die waidmännische Fragwürdigkeit der Bejagung von Gemsen Ende August und Anfang September nicht geschehen, zumal nicht dargetan wurde, daß ab Mitte September zum Ausgleich geeignete verstärkte Abschußbemühungen stattgefunden hätten, bzw. daß die Gemsen bereits ab diesem Zeitpunkt aus unvorhersehbaren Gründen nicht mehr im betreffenden Jagdrevier anwesend gewesen wären. Ein Fehlen von Schäden bzw. das Verhalten anderer Abschußberechtigter ist kein Rechtfertigungsgrund für die zumindest fahrlässige Nichterfüllung von Abschußplänen. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Der Schutzzweck der übertretenen Normen dient der Schaffung und Aufrechterhaltung eines ausgewogenen und gesunden Wildbestandes unter zusätzlicher Berücksichtigung der Vermeidung von land- und forstwirtschaftlichen Schäden. Diese Schutznorm hat der Berufungswerber durch das ihm vorgeworfene Verhalten verletzt und ist die von der Behörde erster Instanz verhängte Strafe diesbezüglich als angemessen anzusehen.
Als erschwerend war nichts, als mildernd die bisherige Unbescholtenheit zu werten.
Auch die vom Berufungswerber selbst bekanntgegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (mtl. S 25.000,--, Haus mit Grund, sorgepflichtig für Gattin und 3 Kinder) waren nicht geeignet, eine Änderung der Strafhöhe herbeizuführen.
Eine Herabsetzung der Strafe erfolgte allein aus dem Grunde, da dem Berufungswerber nunmehr nur die Nichterfüllung des Gamsabschusses (25 % erfüllt) zur Last gelegt wird. Hinsichtlich des ebenfalls nicht erfüllten Abschusses bei Rot- und Rehwild, erfolgte keine fristgerechte Verfolgungshandlung. Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 14.4.1992 wurde dem Berufungswerber lediglich zur Last gelegt, den Gamsabschuß nur zu 25 % erfüllt zu haben. Eine Präzisierung des angefochtenen Straferkenntnisses ist daher nur in diesem Punkte möglich gewesen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.