Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch seine Mitglieder Dr Irene Hollinger als Vorsitzende, Dr Ernst Schopf als Berichter und Mag Werner Romano als Beisitzer über die Berufung des Herrn Anton R, vertreten durch RA-Partnerschaft gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 12. Bezirk, vom 4.8.1993, Zl MBA 12-S/131/92, wegen Übertretung zu den Punkten 1) bis 3) §12 Abs2 1. Satz Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung in Verbindung mit §31 Abs2 litp Arbeitnehmerschutzgesetz und §9 Abs1 VStG entschieden:
Gemäß §66 Abs4 AVG wird der Berufung in der Schuldfrage keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich mit der Abänderung bestätigt, daß der Beschuldigte die Taten als "Vorstandsmitglied und somit als gemäß §9 Abs1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Arbeitgeberin, K GenmbH mit Firmensitz in Wien, begangen hat.
In der Straffrage wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als die Geldstrafen auf S 5.000,-- zu 1), S 10.000,-- zu 2) und S 15.000,-- zu 3) und die Ersatzfreiheitsstrafen auf 60 Stunden zu 1), 120 Stunden zu 2) und 180 Stunden zu 3) herabgesetzt werden. Dementsprechend verringern sich die erstinstanzlichen Strafkostenbeiträge auf insgesamt S 3.000,--.
Gemäß §65 VStG hat der Berufungswerber keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Begründung:
Mit angefochtenem Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten zur Last gelegt, er habe es als Vorstandsmitglied der K GenmbH mit Firmensitz in Wien und somit als gemäß §9 Abs1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ zu verantworten, daß, wie anläßlich einer am 29.10.1990 durch das Arbeitsinspektorat für den 10. Aufsichtsbezirk durchgeführten Erhebung im Betrieb der K Österreich, F W, S, festgestellt wurde, folgende Arbeitnehmerschutzbestimmungen nicht eingehalten worden seien:
1) Im Bereich der ständigen Arbeitsplätze in der Sportabteilung betrug die Luftgeschwindigkeit 0,2 m - 0,5 m/sec
2) Im Bereich der ständigen Arbeitsplätze der Parfumerieabteilung betrug die Luftgeschwindigkeit 0,4 m/sec
3) Im Bereich der ständigen Arbeitsplätze in der Konfektionsabteilung betrug die Luftgeschwindigkeit 0,7 m/sec
Er habe dadurch gegen die im Spruch genannten Normen verstoßen, weswegen über ihn Geldstrafen von jeweils S 20.000,-- zu 1), zu 2) und zu 3), im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 10 Tagen zu 1), zu 2) und zu 3) verhängt und erstinstanzliche Strafkostenbeiträge von 10% der verhängten Geldstrafen zur Zahlung vorgeschrieben wurden.
Innerhalb offener Frist erhob der Beschuldigte dagegen eine Berufung, in welcher er ausführte, die Feststellungen des Arbeitsinspektorates seien in keiner Weise nachvollziehbar. In conkreto wandte sich der Berufungswerber diesbezüglich gegen die Zugrundelegung eines Meßprotokolles über Klimamessungen der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt betreffend einer Messung vom 11.4.1990 und gegen seine Verwertung für vorliegenden Fall. Weiters verwies der Berufungswerber darauf, daß bereits eine entsprechende Reinigung der Luftkanäle, Luftauslässe und der Klimageräte durchgeführt worden sei, sowie daß entsprechende Abdeckungen auf der Rastdecke über diversen dauernden Arbeitsplätzen montiert worden seien, um etwaige doch bestehende Luftbewegungen zu beseitigen. Die diesbezüglich durchgeführten Maßnahmen seien mit dem zuständigen Arbeitsinspektor abgesprochen und zum vereinbarten Zeitpunkt durchgeführt worden. Seitens des Arbeitsinspektorates für den 10. Aufsichtsbezirk wurde der Behörde am 5.11.1990 folgendes bekanntgegeben:
"Anläßlich einer am 29. Oktober 1990 durchgeführten Erhebung im oa Betrieb mußten folgende Übertretungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl Nr 218/1983, festgestellt werden:
1. Im Bereich der ständigen Arbeitsplätze in der Sportabteilung betrug die Luftgeschwindigkeit 0,2 m - 0,5 m/sec (AAV, §12 (2) 1. Satz).
2. Im Bereich der ständigen Arbeitsplätze der Parfumerieabteilung betrug die Luftgeschwindigkeit 0,4 m/sec (AAV, §12 (2) 1. Satz).
3. Im Bereich der ständigen Arbeitsplätze in der Konfektionsabteilung betrug die Luftgeschwindigkeit 0,7 m/sec (§12 (2) 1. Satz, AAV).
Entsprechend den Bestimmungen des §12 (2) 1. Satz der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl Nr 218/1983, darf die Luftgeschwindigkeit bei Arbeiten mit geringer körperlicher Beanspruchung nicht mehr als 0,1 m/sec betragen.
Tätigkeiten des Verkaufspersonals sind als Arbeiten mit geringer körperlicher Beanspruchung anzusehen."
In der öffentlich mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien wurde seitens des Beschuldigten zu Beginn folgendes ausgeführt:
Der Beschuldigtenvertreter führte aus:
"Zunächst wird ausgeführt, daß der K nicht verpflichtet gewesen wäre, die beanstandeten Umstände zu beheben. Gemäß §102 Abs4 AAV sind nur solche Maßnahmen durchzuführen, die ohne erheblichen Kostenaufwand und Betriebsstörungen durchzuführen sind. Der Betriebsanlagengenehmigungsbescheid war vor Inkrafttreten der AAV und daher hätten die Maßnahmen einen Eingriff in die erworbenen Rechte des K bedeutet. Obwohl diese Verpflichtung nicht bestand, wurden trotzdem mit einem Kostenaufwand von S 380.000,-- Maßnahmen gesetzt. Beweise dafür, Lokalaugenschein und Zeuge H. Vorgelegt wird ein Schreiben an das AI vom 11.10.1991, betreffend vom Kaufhaus S.
Beantragt wird die zeugenschaftliche Einvernahme des Ing G, pA
technische Abteilung K S zum Beweis wie oben."
Der Vertreter des Arbeitsinspektorates gab an:
"Bemerkt wird, daß die heute erwähnten Maßnahmen nach den Tatzeitpunkt gesetzt wurden. Ich verweise auch auf §102 Abs4 AAV, wonach Maßnahmen gesetzt werden müssen, wenn es um Beseitigung von das Leben, die Gesundheit oder die Sittlichkeit der Arbeitnehmer gefährdenden Mißständen handelt. Nach unserer Auffassung handelt es sich bei der Beanstandung um einen Mißstand, der die Gesundheit der Arbeitnehmer gefährdet, noch dazu wo es sich um ständige Arbeitsplätze handelt."
Der Beschuldigtenvertreter entgegnete darauf, daß dies nicht richtig sei, weil die Luftgeschwindigkeiten, wenn sie überhaupt aufgetreten sind, nur kurzfristig waren. Beweis: medizinisches Sachverständigengutachten.
Herr Dipl Ing M gab zeugenschaftlich einvernommen folgendes an:
"Ich kann mich noch im wesentlichen an die Vorfälle erinnern. Ich habe damals Erhebungen im K in S gemacht. Ich habe mich zunächst angemeldet und habe ersucht, daß der Betriebsrat mich bei meinem Rundgang begleitet. Ich habe die Erhebungen anhand des Protokolles vom 8.5.1990 der AUVA gemacht. Ich bin anhand dieses Protokolles durch das Warenhaus gegangen. Um ein repräsentatives Ergebnis hinsichtlich der Arbeitszeit und der Orte, wo sich der Arbeitnehmer während dieser Arbeitszeit aufhält, zu bekommen, habe ich mit den Abteilungsleitern und den Arbeitnehmern Gespräche gesucht und sie gefragt, wo sie hauptsächlich arbeiten. Ich ging dann von Abteilung zu Abteilung und habe dann die Messungen an den mir gezeigten Arbeitsplätzen durchgeführt. Ich habe auch Gespräche in der Richtung geführt, ob es nicht möglich wäre, Arbeitsplätze zu verlegen, damit diese nicht in Bereichen sind, wo Ausstromöffnungen der mechanischen Zugluftführung liegen. Es wurde mir während dieser Erhebungen gesagt, daß es eine eigene technische Abteilung gibt, die für die Behebung dieser Mängel zuständig ist, und wurde mir auch gesagt, daß Gespräche mit dem zuständigen Ing H geführt werden.
Ich habe das Meßprotokoll während der Erhebungen und der Messungen bei der Hand gehabt und feststellen können, daß ich die gleichen Meßwerte erzielt habe wie im Meßprotokoll der AUVA eingetragen waren. Ich habe daher von der Erstellung eines Meßprotokolles Abstand genommen.
Über Befragen des Berichters gebe ich an:
Ich habe die Luftgeschwindigkeit mit einem Luftgeschwindigkeitsmesser gemessen. Ich habe die Luftgeschwindigkeit ungefähr in Augenhöhe gemessen. Bei der Messung handelt es sich um keine Dauermessung, sondern ist es eine Momentanmessung. Allerdings dauert es einige Zeit, bis der Wert auf der Skala eingependelt ist. Nach ungefähr 15 Sekunden kann man sagen, daß der Wert eingependelt ist. Ich versuche ein möglichst objektives Bild bei den Messungen zu bekommen und ziehe ich daher bei den Messungen sowohl Firmenvertreter als auch Organe des Betriebsrates bei und auch die Arbeitnehmer. Von keinen dieser Parteien wurde vorgebracht, daß es sich um besonders günstige oder besonders schlechte Verhältnisse handelte, es war ein ganz normaler Arbeitstag. Ich hatte nicht den Eindruck, daß es an dem Tag wo ich die Messungen durchführte, besondere Umstände vorgelegen wären, weder waren die Türen zu einer besonderen Verkaufsveranstaltung geöffnet, noch waren zB ein besonderes Aggregat aufgestellt, was die Luftgeschwindigkeiten verstärken hätte können. Daß ein ganz normaler Arbeitstag vorgelegen ist, schließe ich auch daraus, daß meine gemessenen Werte mit den von der AUVA gemessenen so genau übereinstimmen, obwohl zwischen den beiden Messungen doch eine gewisse Zeit lag. Ich habe mich auch hinsichtlich der Meßpunkte an das Protokoll der AUVA gehalten. Da einige Meßpunkte nicht in der Skizze eingetragen waren, habe ich des Betriebsrates bedurft, damit mir die Meßpunkte genau gezeigt werden können. Es handelte sich damals um ständige Arbeitsplätze. Nach Beendigung meiner Zeugenaussage möchte ich noch angeben, daß ich durch die AUVA am 6.11.1992 wiederum Messungen im F W veranlaßt habe, und im Zuge dieser Messung wurde bei vergleichbaren Meßpunkten wie am 11.4.1990 eine Luftgeschwindigkeit von 0,5 m/s festgestellt. Diese Werte liegen nach wie vor über den gesetzlich zulässigen Werten. Was die gesamte Klimaanlage betrifft, so ist diese meiner Auffassung nach veraltet und wird ersucht, auf den K einzuwirken, daß die Mißstände endlich behoben werden.
Über Befragen des Beschuldigtenvertreters gebe ich an:
Ob die Behebung der Mißstände eine gesamte Auswechslung der Klimaanlage bedarf, weiß ich nicht, dies ist Sache des Fachmannes."
Herr Ing Robert H gab zeugenschaftlich einvernommen folgendes an:
"Ich war bei der Messung am 29.10.1990 nicht dabei. Ich erfuhr zur Jahreswende 1990/1991 durch die Anzeige von den Mißständen bezüglich der zu hohen Luftgeschwindigkeiten. Ich bekam daraufhin von der Geschäftsführung den Auftrag, die Anlage zu reparieren. Ich hob mir die Unterlagen und die Akten aus, um zu sehen, was man bei dieser alten Anlage machen könne, auch versuchte ich Finanzmittel aufzutreiben. Schon im Winter 1991 gab ich den ersten Reparaturauftrag die Regleranlage Instand zu setzen, dies wurde auch durchgeführt. Als zweiten Reparaturauftrag gab ich dann in Auftrag, im Obergeschoß die Anlage zu reinigen. Auch dies wurde durchgeführt. Im Sommer 1991 kam es zu einer neuerlichen Messung durch die AUVA und ergab diese Messung eine deutliche Besserung im Obergeschoß. Die Gesamtreparatur zog sich allerdings in die Länge, sodaß es im Frühherbst, 7.10.1991, zu einer Besprechung im Haus mit dem Arbeitsinspektorat, den Betriebsräten und mit mir kam. Es wurde die zweite Sanierungsphase besprochen und fixiert. Es wurden die Erdgeschoßanlage gereinigt und bei den fixierten Arbeitsplätzen (wie zB bei Packtischen) wurden in der Zwischendecke Abschirmungen aus Stoff eingezogen. Mit Jahreswechsel 1991/92 war die Gesamtreparatur der Anlage beendet. Ich sprach im Jänner 1992 noch mit der Betriebsrätin und diese teilte mir im Zuge dieses Gespräches mit, daß jetzt alles in Ordnung sei.
Über Befragen des Berichters gebe ich an:
Es handelte sich um eine alte Anlage, ich kann nicht bezweifeln, daß es zu Mißständen gekommen ist. Nach der Reparatur habe ich mich auch noch bei dem technischen Leiter und dem Betreuer der Anlagen erkundigt, wie die Anlage nun läuft und er hat mir mitgeteilt, daß jetzt alles in Ordnung ist.
Über Befragen des Beschuldigtenvertreters gebe ich an:
Bei der Regelungsanlage fand eine richtige Reparatur statt, da diese nicht ordnungsgemäß funktioniert hat. Die Reinigungsarbeiten dienten dazu, den ursprünglichen Zustand der Anlage annähernd herzustellen. Mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln ist eine weitere Verbesserung der Anlage nicht mehr möglich. Man könnte die Anlage nur als Ganze austauschen. Dies würde aber Kosten allein für die Anlage in der Höhe von S 7,000.000,-- Schilling verursachen. Dazu kommt noch, daß bei Austausch die Zwischendecke und Beleuchtungen entfernt werden müßten und nach Austausch der Anlage wieder angebracht werden müßten, was zusätzlichen finanziellen Aufwand bedeutet. Durch die Reparaturen und Reinigungsarbeiten die durchgeführt wurden, sind Kosten in der Höhe von ca S 400.000,-- aufgelaufen. Bei der Besprechung Anfang Oktober wo auch der Arbeitsinspektor dabei war, wurden nach der Besprechung alle Arbeiten erledigt, über die Konsens zwischen mir und dem Arbeitsinpsektor bestanden.
Über Befragen des Vertreters des Arbeitsinspektorates gebe ich an:
Man ist nicht mehr an mich herangetreten mit Beschwerden hinsichtlich der Zugluft. Auch der Betriebsrat ist nicht mehr mit Beschwerden an mich herangetreten.
Über weiteres Befragen des Berichters gebe ich an:
Die rythmischen Schwankungen, im Gutachten erwähnt, sind durch den Schaden an der Regleranlage und die Verschmutzung der Luftkanäle herbeigeführt worden. Nach Ende der Reinigungs- und Reparaturarbeiten haben diese rythmischen Schwankungen zwar nicht aufgehört, aber sie sind stark reduziert. Die Klimaanlage arbeitet nach wie vor nicht mit 0,1 m/s. Die ständigen Arbeitsplätze sind mit Stoffbahnen in der Zwischendecke geschützt und wenn man die ständigen Arbeitsplätze verlegen würde, müßte man diesen Schutz ebenfalls umbauen.
Über Befragen des Beschuldigtenvertreters führe ich aus:
Das Einziehen von Stoffbahnen in den Zwischendecken erfolgte im Zuge der schon genannten Reparatur- und Reinigungsarbeiten. Die Klimaanlage ist ca 22 Jahre alt. Ich war damals schon im Betrieb beschäftigt. Die Klimaanlage entsprach den damaligen Stand der Technik und war bescheidgemäß installiert. Die Klimaanlage wurde seitdem nicht wesentlich umgebaut."
Der Sachverständige, Dipl Ing H, gab folgende Stellungnahme ab:
"Zunächst ist es einmal erforderlich festzustellen, wo genau Messungen durchgeführt wurden, entweder im Luftkanal selbst, an der Ausblasöffnung (= Luftgitter). In diesen beiden Meßpunkten ist die Messung relativ genau und hängt von dem Zustand der Anlage ab. Wird im Raum selbst gemessen, hängt die Luftgeschwindigkeit von vielen Umständen ab, etwa ob Türen oder Fenster offen sind, ob eine Person vorbeigeht oder das Meßgerät bewegt wird. Die Luftgeschwindigkeit von 0,1 m/s ist mit einem Hauch zu vergleichen. Mißt man in einem geschlossenen Raum, dann spielt die Raumtemparatur und auch die Luftfeuchtigkeit in diesem Raum in wesentlichen keine Rolle. Dies gilt auch für den Luftdruck. Diese Parameter haben nur im definierten System eine Bedeutung.
Über Befragen des Berichters gebe ich an:
Ich bin im Magistratsbereich tätig als Sachverständiger für Lüftungsanlagen. Bei Betriebsanlagengenehmigungen gehe ich zwar mit, eine Raummessung habe ich dienstlich noch nicht durchgeführt. Als Interesse habe ich mir einmal ein Meßgerät ausgeborgt und wir haben im Luftkanal Messungen durchgeführt. Einmal habe ich auch privat zu Hause eine Messung im Luftkanal durchgeführt. Die Messung einer Luftgeschwindigkeit geht recht schnell von statten. Bei Verwendung von einer Lüftungsanlage dürfte bei einer Messung eigentlich nicht eine Schwankung von 0,1 bis 0,5 m/s im selben Meßpunkt geschehen. Dies könnte müßte dann auf andere Umstände zurückzuführen sein, aber nicht auf die Lüftungsanlage. Bei Verwendung einer Lüftungsanlage mit einem Regler oder einer mehrstufigen Anlage kann es zu solchen Schwankungen dann kommen, wenn während der Messung eine Regelstufe geschaltet wird. Bei einem großen System mit langen Luftleitungen dauert es einige Minuten vom Beginn der Schaltung bis zur Steigerung der Luftgeschwindigkeit. Es kann durchaus sein, daß innerhalb der Meßminute gerade eine Steigerung stattfindet, jedoch ist es unwahrscheinlich, daß dies gerade jedesmal der Fall ist bei verschiedenen Meßpunkten zu verschiedenen Meßzeiten.
Über Befragen des Beschuldigtenvertreters gebe ich an:
In einem Verkaufsraum eines Großkaufhauses während der Verkaufszeit bei aktivem Betrieb können Meßschwankungen zB durch Öffnen von Türen oder vorbeigehende Personen etc entstehen. Es wäre auch möglich, daß Einflüsse vom Meßgerät selbst ausgehen, die diese Schwankungen verursachen (etwa Batterieschwankungen, Eichung des Gerätes). Um ganz genau die Luftgeschwindigkeit zu messen, die von einer Lüftungsanlage ausgeht, ist daher von der Person, die die Messung durchführt darauf zu achten, daß Türen und Fenster geschlossen sind und sonst keine Bewegung stattfindet. Diese Meßbedingungen (Zustand der Umgebung) müßten festgehalten werden. Eine Luftgeschwindigkeit von 0,1 m/s ist mit normalen Anlagen gar nicht zu erreichen, es sei denn man verwendet großflächige Diffusionsdecken. Es ist aber von der AAV ein relativ hoher Luftwechsel erforderlich und in einem großen Kaufhaus wird daher ein 6 bis 8facher Luftwechsel angestrebt. Die Anlagen werden daher so gebaut, daß beim Luftgitter eine höhere Luftgeschwindigkeit ist, im Arbeitsbereich selbst ein angenehmes Raumklima, wobei die gesetzlich geforderten 0,1 m/s meiner Erfahrung nach immer überschritten werden. Diese Erfahrung habe ich durch Erzählungen von Anlagenbauern, ich habe diesen Erfahrungswert nicht meßtechnisch nachgeprüft. Das subjektive Wohlbefinden hängt nicht nur von Luftgeschwindigkeit ab, hängt aber auch von der Raumtemperatur und von der Luftfeuchtigkeit ab und sind diese zu berücksichtigen.
Bei einer Zuluft- und Abluftanlage ist die Raumtemperatur nicht so wesentlich, wie bei einer reinen Abluftanlage. Hier wirkt der Raum quasi als Luftkanal und wird die Luft nicht von der Luftanlage hereingeholt, sondern von wo anders und spielt daher die Raumtemperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftdruck daher eine größere Rolle, bewegt sich aber bei ca 10 %. So eine Temperaturänderung ist jedoch innerhalb von einer Minute in dieser Anlage, in einem Verkaufsraum nicht möglich, sodaß es auf ein Meßergebnis keinen wesentlichen Einfluß haben kann.
Ich kenne gegenständliche Anlage nicht. Ich kann aber sagen, daß bei einer ca 20 Jahre alten Anlage, die damals nach dem Stand der Technik gebaut wurde, diese wahrscheinlich nicht auf die Bestimmungen der damals noch nicht existierenden AAV ausgelegt war. Ein Adaptieren der Anlage dahingehend, daß die Luftgeschwindigkeiten den gesetzlich vorgeschriebenen entsprechen, ist nur mit hohem finanziellen Aufwand möglich, dh mit einfachen Mitteln und Ausbau und Veränderung einiger Bestandteile ist es nicht geschehen, sondern man müßte die komplette Anlage austauschen."
Der Beschuldigtenvertreter führte abschließend aus:
"Der Beschuldigtenvertreter legt vor: Betriebsanlagenbescheid vom 7.1.1974, Baubewilligungsbescheid vom 24.3.1975, Kollaudierungsbescheid vom 13.6.1975, Bauvollendungszeugnis vom 13.6.1975 und Verhandlungsschrift vom 20.11.1973.
Auf Einvernahme der Zeugen Herrn N J, Herrn N H, Frau N A (Betriebsrat), sämtliche Angstellte pA F, S zum Beweis darüber, daß die Messungen während aufrechten Verkaufsbetriebes und Verkaufstätigkeit durchgeführt wurden, die Änderungen der Luftgeschwindigkeiten daher durch vorbeigehende Kunden, Personal, aufgehende Türen etc verursacht war."
Der Vertreter des Arbeitsinspektorates führte aus:
"Das heutige Verfahren hat ergeben, daß die Anlage schadhaft war, insbesonders wird vom Zeugen H zugestanden, daß der Regler der Anlage schadhaft war. Es wurden daher Sanierungsarbeiten durchgeführt, um auch insbesonders die Mißstände im Bereich der ständigen Arbeitsplätze zu beheben. Zu §102 AAV führe ich aus, daß die Gesundheit der Arbeitnehmer durch die Zugluft gefährdet wurde. Außerdem war es sehr wohl möglich durch punktuelle Maßnahmen eine Verbesserung des Raumklimas bei den ständigen Arbeitsplätzen zu erreichen. Außerdem fand die Messung durch die AUVA am 11.4.1990 statt und hätten seit diesem Zeitpunkt durch das Meßprotokoll die Mißstände bekannt sein müssen. Es wurde aber erst nach Strafanzeige Ende des Jahres 1990 mit der Behebung der Mißstände begonnen."
An der ordnungsgemäßen Durchführung der Meßung durch Herrn Dipl Ing M besteht nach seiner unter Wahrheitspflicht und der Strafsanktionsdrohung des §289 StGB abgegebenen Zeugenaussage vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien im Zusammenhalt mit den Ausführungen des Zeugen Ing Robert H und des Sachverständigen, Dipl Ing H, kein Zweifel. So konnte der Zeuge detailgetreu und nachvollziehbar schildern, wie er zu den gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden Ergebnissen kam und erscheinen die Ergebnisse seiner Untersuchung auch mit den Ausführungen des Ing H betreffend dem unzweifelhaften Feststehen von Mißständen sowie den Ausführungen des Sachverständigen betreffend der Durchführung von Messungen und der dabei vorliegenden Voraussetzungen im Einklang zu stehen. Der Wahrheitsgehalt der Aussagen des Dipl Ing M und des Dipl Ing H bzw der Aussage des Ing Robert H betreffend damaliger Mißstände wurde seitens des Beschuldigten in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nach deren Kenntnisnahme nicht angezweifelt. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien geht somit davon aus, daß die bereits von der Behörde erster Instanz ihrer Entscheidung zugrundegelegten Meßergebnisse des Dipl Ing M betreffend gegenständlichen Tattag der Realität entsprechen und geht in ihrer Entscheidung somit von dem im Spruch des Straferkenntnisses geschilderten diesbezüglichen Sachverhalt aus. Gemäß §12 Abs2 AAV darf die Luftgeschwindigkeit bei Arbeiten mit geringer körperlicher Belastung nicht mehr als 0,1 m/sec betragen. Gemäß §31 Abs2 litp Arbeitnehmerschutzgesetz begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der aufgrund des §24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den aufgrund des §27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen bis zu S 50.000,-- zu bestrafen.
Gemäß §102 Abs3 AAV finden die in den Abs1 und 2 nicht angeführten Bestimmungen des 2. Hauptstückes dieser Verordnung auf bestehende Betriebe, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung den für sie in Betracht kommenden Vorschriften über den Dienstnehmerschutz entsprochen haben, nur insofern Anwendung, als die dadurch bedingten Änderungen ohne wesentliche Beeinträchtigung des Betriebes durchführbar sind, es sei denn, daß es sich um Beseitigung von das Leben, die Gesundheit oder die Sittlichkeit der Arbeitnehmer offenbar gefährdenden Mißständen handelt, oder daß die gestellten Anforderungen ohne unverhältnismäßigen Kostenaufwand und ohne größere Betriebsstörung durchführbar sind. Gemäß Abs4 finden die im Abs3 angeführten Bestimmungen dieser Verordnung auf bestehende Betriebe, für die aufgrund einer bundesgesetzlichen Vorschrift eine Bewilligung erteilt wurde, insofern Anwendung, als die dadurch bedingten Änderungen ohne wesentliche Beeinträchtigung der durch den Bewilligungsbescheid erworbenen Rechte durchführbar sind, es sei denn, daß es sich um Beseitigung von das Leben, die Gesundheit oder die Sittlichkeit der Arbeitnehmer offenbar gefährdenden Mißstände handelt, oder daß die gestellten Anforderungen ohne unverhältnismäßigen Kostenaufwand und ohne größere Betriebsstörung durchführbar sind. Das Gleiche gilt für sonstige Betriebe, insoweit für diese aus Gründen des Dienstnehmerschutzes von der Behörde bestimmte Anordnungen getroffen worden sind.
Der Sachverhalt, wie er von der Behörde erster Instanz aufgrund der Messungen des Dipl Ing M als erwiesen angenommen wurde und wie er auch gegenständlicher Entscheidung zugrundegelegt wurde, erweist sich als Übertretung der im Spruch genannten Normen. Hinsichtlich des Einwandes des §102 AAV ist festzustellen, daß Zugluft im festgestellten Ausmaß sich jedenfalls als einen die Gesundheit der Arbeitnehmer offenbar gefährdenden Mißstand darstellt, ist doch eine permanente Aussetzung einer Zugluft in erhöhtem Ausmaß allein nach den allgemeinen Erfahrungen des menschlichen Erfahrungsgutes eine gesundheitliche Gefährdung der beschäftigten Arbeitnehmer im Hinblick auf allfällige Erkältungen, aber auch rheumatische Erkrankungen. Dies auch insbesonders im Hinblick darauf, daß der normierte Grenzwert von 0,1 m/sec im Bereich der Sportabteilung um 100 bis 400 %, im Bereich der Parfumerieabteilung um 300 % und im Bereich der Konfektionsabteilung um 600 % überschritten wurde.
Diesbezüglich bedarf es keiner weiteren Beweisaufnahme. Eine Anwendung des §102 AAV kam somit nur insoweit in Betracht, als der Berufungswerber verpflichtet gewesen wäre, die Mißstände zu beseitigen, da es sich um eine offenbare Gefährdung der Gesundheit der Arbeitnehmer handelte.
Hinsichtlich der weiteren Beweisaufnahme, die der Berufungswerber beantragte, wird darauf verwiesen, daß aufgrund der Ergebnisse der öffentlichen mündlichen Verhandlung eine ordnungsgemäße Messung angenommen wurde, weshalb eine Einvernahme dieser Zeugen zu den gestellten Beweisthemen nicht mehr erforderlich war. Der Berufung war somit in der Schuldfrage keine Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich zu bestätigen. Die Strafen wurden im Hinblick auf die strafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers herabgesetzt und wurden auch die verschiedenen Meßergebnisse berücksichtigt, doch kam eine weitere Herabsetzung der Strafe aus folgenden Gründen nicht in Betracht:
Die Taten schädigten, wenn auch in verschiedener Intensität, in nicht unerheblichem Ausmaße das Interesse am Schutz der Arbeitnehmer vor nachteiliger Beeinflussung am Arbeitsplatz. Deshalb war der Unrechtsgehalt der Taten, wenn auch angesichts der unterschiedlichen Windgeschwindigkeiten unterschiedlich zu bemessen, nicht gering.
Auch das Verschulden des Berufungswerbers konnte nicht als gering eingestuft werden, da weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe, oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurde seitens der erkennenden Behörde unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Berufungswerber keine Angaben machte und unter Berücksichtigung einer anhand der beruflichen Stellung des Berufungswerbers und seines Alters durchgeführten Schätzung von überdurchschnittlichem Einkommen, Vermögenslosigkeit und dem Bestehen von gesetzlichen Sorgepflichten ausgegangen. Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf die jeweilige gesetzliche Strafdrohung stellen sich die nunmehr verhängten Geldstrafen als durchaus angemessen und keineswegs zu hoch dar, zumal sie sich ohnedies im untersten Bereich der möglichen Strafzumessung bewegen.